Party.San 2015 - Schlotheim

09.09.2015 | 19:23

06.08.2015, Flugplatz Obermehler

POWERMETAL.de präsentiert: Das Party.San 2015. Wieder drei Tage extremster Metal voll auf die Zwölf, absolut sympathisch organisiert ohne unnötigen Schnickschnack.

Wie bereits in den vergangenen Jahren präsentiert POWERMETAL.de die Zeltbühne: Dort, wo nachts die Metaldisco die Metalschar zum gemeinsamen Abfeiern anzieht wie das Licht die Fliegen, brodelt tagsüber der Untergrund. Bei guten Konzerten muss hier der Schweiß die Zeltwände runterlaufen. Und weil wir den Underground gerne unterstützen, bekommt die Tentstage wie immer ihre eigene Seite.

Freitag, 8. August 2015

Tentstage, Krach, ICHORID. Durch die wogenden Mengen, die sich in das immer kleiner wirkende Zelt quetschen, um der sengenden Sonne zu entgehen, wabern irgendwann dann auch schließlich die Töne dieses Geschwaders; mit mehr oder minder durchschnittlichem Erfolg. Die Geschwindigkeit sitzt zwar und Motivation ist bei der Band offensichtlich vorhanden, allerdings wirken hier nur die ersten paar Reihen tatsächlich am Geschehen interessiert. Der Rest ist irgendwie mehr dabei als mittendrin. Möglicherweise liegt dies noch an der Uhrzeit, vielleicht ist dies aber auch der Band zuschulden. Aufwand wird allerdings sichtlich geliefert. Hochtempo-Death-Metal mit leichten Core-Allüren wissen hier allerdings noch nicht so richtig zu begeistern. Immer mal wieder drängt sich der Menge ein Part so auf, dass tatsächlich mal hier und da die Haare geworfen werden, aber insgesamt bleibt das Ganze eher etwas nüchtern. Dabei lässt sich die Band an sich nicht viel zuschulden kommen: Die Griffe sitzen und erfordern offensichtlich einiges an Talent, allerdings sorgt dies auch für eine mehr konzentrierte als ausgelassene Stimmung, die sich vielleicht hätte übertragen können. Zur falschen Zeit am richtigen Ort.
[Johannes Lietz]

Nun kommt die alte Schule auf der Zeltbühne zum Zuge: SPEEDBREAKER ist angetreten, um Speed Metal von der Straße inklusive Mitgrölcharakter zu zelebrieren. Wenn auch zum allerletzten Mal: Bereits im Vorfeld haben die Düsseldorfer via Facebook angekündigt, sie seien nicht gewillt, die Band weiterzuführen, auch wenn es ausdrücklich kein böses Blut innerhalb der Truppe gebe. Und das nach gerade Mal vier Jahren Bandgeschichte. Also dann, noch einmal das Gaspedal durchgedrückt, ein letztes Gitarrensolo gespielt und hoch die Tassen!

Und wir bleiben sogleich bei der alten Schule, wenn auch in etwas anderer Form: Die Leute von NOCTURNAL WITCH musizieren zwar erst seit sechs Jahren gemeinsam, bewegen sie sich musikalisch allerdings ganz auf den Oldschool-Pfaden zwischen Thrash und Black Metal. Optisch etwas an die schwedischen Kollegen von Niefelheim erinnernd – schwarze Tünsche um die Augen, nur nicht ganz so riesige Nieten am Arm – dürfen die Jungs aus dem thüringischen Neustadt an der Orla bei ihrem halbstündigen Heimspiel dem Publikum im Zelt ihre Sicht auf die wahren Düstermetall-Ursprünge präsentieren. Eisig klirrende Gitarren inklusive.

Um viertel nach Acht ist es dann Zeit für die heimlichen Headliner des Tages: Im brechend vollen Zelt sind es gefühlte 50 Grad, als FÄULNIS-Sänger Seuche wie zumeist barfuß die Bühne betritt. Mal wieder im Redneck-artigen Outfit mit Hosenträgern, weißem Unterhemd und entsprechendem Schnauzbart, reckt er den Mikrofonständer in die Höhe, nur um diesen kurz darauf auch schon wieder durch die Gegend zu schleudern. Los geht’s mit 'Scheiße, Rückfall' und reichlich Strobolicht. Ansonsten wird Schwarzmetall ohne jeglichen Schnickschnack präsentiert. Oder vielleicht eher TON STEINE SCHERBEN meets Black’n‘Roll. Seuche tritt gegen die eine oder andere Box, feuert das zahlreiche Publikum an und schaut immer wieder ziemlich apathisch aus der Wäsche. Seine heisere Stimme zu Songs wie 'Weil wegen Verachtung' tut ihr übriges. Von einem Unverbesserlichen in der letzten Reihe heißt es angeblich "geile Musik, aber das sind alles Zecken" – doch das dürfte für FÄULNIS sicherlich nichts weiter als ein Kompliment sein. Zum Abschluss gibt es farblich passend zum Feinripp noch 'Weiße Wände'. Nach insgesamt einer halben Stunde ist der morbide Spaß allerdings schon wieder vorbei. Aber der erste größere Festivalauftritt unterstreicht eindrucksvoll, dass FÄULNIS längst mehr als ein Geheimtipp ist. Tags drauf wird sich zur Autogrammstunde am POWERMETAL.de-Stand noch eine lange Schlange bilden. Seuche muss permanent über den Tisch klettern, um für gemeinsame Fotos zu posieren, lässt für diesen Spaß aber sogar die letzten Minuten von TOXIC HOLOCAUST sausen. Mit dem eigenen Auftritt zeigt sich der auf den ersten Blick zwar verkorkst wirkende, in Wahrheit aber stets ziemlich sympathische Hamburger zufrieden: "Das war wie Kampfsport ohne Gegner."
[Carsten Praeg]

Um 21:20 Uhr ist es dann Zeit für den offiziellen Headliner: HELLISH CROSSFIRE, ihres Zeichens Black-Thrasher aus Nürnberg, machen ihrem Namen alle Ehre und mischen mit einem Höllensound, welcher sich durch kratzig infernale Gitarren auszeichnet, das Publikum vor der Undergroundstage des Partyzeltes mächtig auf. Wie erwartet, lässt das Leder-Nieten-Ketten-Kommando mit seiner Old-School-Show wie aus dem Metalhandbuch die Bühne regelrecht in Flammen aufgehen: dynamisches Bühnenbild, voller Körpereinsatz sowie gute Inszenesetzung der Musik durch satanisch rotes und blaues Bühnenlicht. Passt!
[Scott Kutting]

Samstag, 8. August 2015

Nachdem COWEBOY BOB & THE TRAILER TRASH schon um 10 Uhr "morgens" die müden Festivalgänger traditionell mit Rock'n'Roll aus ihren Zelten geschubst haben, geht es auf der Tentstage nach fünf Stunden Pause  weiter: Newcomer-Thrash-Metal ist bekannterweise ein äußerst zweischneidiges Schwert. Viele versuchen einfach zu schnell, Riffs aus den Achtzigern zu imitieren, ohne die Leidenschaft und blanke Brutalität darin wirklich fangen zu können. Wenn es hart auf hart kommt, werden sogar Metalcore-Elemente eingestreut. Wer auf diesen traurigen Tatbestand keine Lust mehr hat, ist bei PRIPYAT allerdings mehr als wohl geborgen. Extrem schnell, extrem treibend und mit unglaublicher Energie geladen fliegen die Musiker über die Bühne und versprühen dabei sowohl durch Musik als auch Attitüde einfach so viel Spaß am ganzen Geschehen, dass niemand sich diesem entziehen kann. Sehr starkes Riffing und ewig hämmernde Drums, die keine Ermüdung irgendeiner Art vorweisen wollen; wirklich mitreißend. Anders kann man den Auftritt wohl kaum beschreiben. Geboten wird hier feinster Thrash der rohen Sorte, vollendet ausgeführt und live perfektioniert. Die Show von PRIPYAT stellt sich als eine der kürzesten, aber auch mit Abstand als eine der besten des gesamten Festivals heraus. Bei Gelegenheit unbedingt antesten!
[Johannes Lietz]

Der Auftritt der Dortmunder LIFELESS wird überschattet von massiven Technikproblemen. Zu Anfang klappt nicht wirklich viel und die Männer aus NRW versuchen, mit kurzen Ansagen die Leute bei der Stange zu halten, damit diese nicht gleich wieder aus dem Zelt verschwinden. Das funktioniert bei einigen Zuschauern, aber auch bei vielen wiederum nicht. Weshalb sich das Venue wesentlich leerer präsentiert als bei den anderen Gruppen auf dieser Stage. Als es dann endlich losgeht, ist nur noch Zeit für drei bis vier Lieder. Aber die Old-School-Deather machen das Beste daraus und spielen sich die Finger wund, um die Stimmung wieder hochzuziehen. Spätestens beim letzten Song 'Under The Sign Of The Iron Cross' ist ihnen das gelungen und die verbliebenen Zuschauer feiern eine Band, die trotz aller Widrigkeiten ihren Gig noch durchgezogen hat. Soviel Einsatz verdient Respekt!
[Adrian Wagner]

Wieder einmal füllt sich die Tentstage mit wartender Menge, die sich auf die knappen aber nicht minder wertvollen Auftritte freut, die sich zwischen die Veteranen klemmen dürfen. Dieses Mal füllt sich wieder eine kleine Genreecke: mit DEATHRITE findet der Oldschool-Death-Metal einen äußerst starken Vertreter. Treibende Beats und schwermetallisches Riffing gepaart mit dem patentiertem Geschrei des Genres: Die Band bietet all das, was ein Fan sich erhofft und mehr. DEATHRITE schafft es, ein distinktives Flair in ihre Musik einzuhauchen, das einfach mitreißt. Manchmal muss man allerdings sagen, dass die Songs Anstalten machen, schneller zu werden, um diesen Schritt dann geflissentlich zu überspringen. Prinzipiell ist das natürlich nicht schlecht, sorgt aber für gelinde Überraschung, gefolgt von minimaler Enttäuschung. Wenn die Musik anfängt, loszufeuern, dann allerdings auch wirklich. Hier wird alles geboten, was man sich so unter dem klassischen Oberbegriff Oldschool-Death vorstellt. Allerdings ohne wirklich redundant zu wirken und gerade in diesem Genre ist die Gefahr dazu oft groß.  Das relativ kurze Set vergeht wie im Fluge und macht definitiv Lust auf mehr. Gerade für eine solch junge Band wirkt DEATHRITE erstaunlich eingespielt. Bei jeder Gelegenheit mal reinschauen.
[Johannes Lietz]

Schade, dass die Nordlichter von OPHIS "nur" im Zelt spielen. Denn ihr melancholischer Death Doom Metal verdient es eigentlich, auf der großen Bühne dargeboten zu werden. In der Kürze der Zeit, die den Tentstage-Truppen zur Verfügung steht, reicht es bei den Hamburgern nur für drei längere Songs. Sänger Philipp verrät mir nach dem Auftritt, dass sich auch der Ansprechpartner bei der GEMA über die kurze Setlist gewundert habe. Aber im Doom ticken die Uhren eben etwas anders und da sind Tracks mit einer Spielzeit jenseits der zehn Minuten völlig normal. Langweile muss aber niemand bei dem Vierer fürchten, denn seine Lieder sind mit allerlei Oldschool-Death-Metal angereichert und mischen eine explosive Melange aus hypnotischer Entschleunigung und einem brachialen Todesblei-Gewitter. Die Hütte ist voll, während Songs wie 'Somnolent Despondency' und 'The Halls Of Sorrow' aus den Boxen wabern. Und trotzdem kommen wieder und wieder neue Leute heran, die das abgefeuerte Doom-Feuerwerk nicht verpassen wollen. Viel zu schnell geht der Auftritt vorbei, aber hinterlässt einen sehr guten Eindruck von einer Band, die man auch nach ihren Gigs immer für ein Schwätzchen anhauen kann und die sich stets Zeit für die eigenen Zuschauer nimmt. OPHIS empfiehlt sich in jedem Fall für die große Bühne.
[Adrian Wagner]

MANTAR gilt schon eine Weile als Geheimtipp. Allerdings kein sonderlich gut gehüteter. Die Hamburger Musiker scheinen sich dessen auch durchaus bewusst zu sein, was sich schon deutlich in der Atmosphäre direkt vor dem Konzert anbahnt. Die meisten jungen Bands in der geräumigen Tentstage geben sich direkt mühe ihr knapp bemessenes 30 Minuten Programm so voll wie möglich auszunutzen und so viel mit dem Publikum zu interagieren wie nur irgend möglich. MANTAR lässt sich dagegen erst einmal Zeit. Nebel wallt auf. Das Licht verändert rhythmisch die Farben. Und dann geht es richtig los. Immer wieder unterhaltsam, zu sehen, wie viel Klang sich doch aus der Kombination eine einzige Gitarre plus Schlagzeug herausholen lässt. Die Stimmung ist jedenfalls großartig. Vielleicht gerade, weil die Zeit so knapp bemessen ist. Natürlich können dementsprechend nur wenige Songs dargeboten werden, aber der „Death By Burning“-Klassiker 'Astral Kannibal' musste natürlich aufgeführt werden. Mit absolutem Erfolg nebenbei. MANTAR zementiert mit diesem Gig weiterhin die Position als extrem starke Liveband mit Flair für das ungewöhnliche. Roh, sludgy, quadratisch, praktisch, gut. Bedenkenlos weiter zu empfehlen und ein würdiger Abschluss für dieses Jahr.
[Johannes Lietz]

Redakteur:
Carsten Praeg

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