On A Dark Winter's Night - Oberhausen

17.01.2008 | 07:22

29.12.2007, König-Pilsener-Arena

Direkt nach dem Vollfressen an Weihnachten und vor dem Vollsaufen an Silvester liegt eine weitere Möglichkeit, mal richtig die Sau rauszulassen: das "On A Dark Winter's Night"-Festival in der König-Pilsener-Arena in Oberhausen. Präsentiert von Schattenreich und Sonic Seducer vereint das Festival eine illustre Kombination verschiedener Bands auf einer Bühne. So auch dieses Jahr, wo besonders den Auftritten von NIGHTWISH und der LETZEN INSTANZ entgegen gefiebert wurde. Doch bevor es soweit war, gab es noch einige Hürden zu nehmen:

Tage vorher zitterten wir, ob wir es überhaupt nach Oberhausen schaffen würden oder ob uns die Bahn mit ihrer Streikerei nicht vielleicht doch einen Strich durch die Rechnung machen könnte. Umso erleichterter ist die Stimmung, als der Zug tatsächlich pünktlich losfährt und ankommt. Alles scheint glatt zu laufen, doch es kann ja noch so viel schief gehen. Ein Achsenbruch eines LKW zum Beispiel. Passiert jeden Tag, klar, aber dumm, wenn dieder LKW dann NIGHTWISH gehört und deren Bühnenkram befördert. Resultat: der Beginn der Veranstaltung wird zuerst um eine Stunde, dann um eine zweite verschoben. Der Informationsfluss ist eher gering, so dass sich schnell Unmut breitmacht, vor allem bei den Fans, die seit dem Morgen vor der Halle warteten, um einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Der Innenraum wird aber noch bearbeitet, so dass die gesamten angerückten Besucher in den Gängen der Sitzplätze warten müssen. Als dann doch endlich die Barrieren fallen, ist Freude und Drängelei groß. Gewartet werden muss dann allerdings doch noch einmal 30 Minuten, dann geht endlich das Licht aus, und die zu vernehmenden Schreie zeichnen sich nicht nur durch Freude, sondern vor allem auch Erleichterung aus.

Die Ehre, das Festival musikalisch zu eröffnen, gebührt an diesem Abend VAN CANTO, der laut eigener Aussage "einzigen A-capella-Metal-Band". Bestehend aus fünf Mannen und einer Dame darf hier geheadbangt werden, obwohl das einzige Instrument ein Schlagzeug ist. Der Rest wird alles stimmlich erzeugt. Eine witzige Idee, die auch erstaunlich gut funktioniert. Okay, das MANOWAR-Cover hätte sich das Sextett wirklich sparen können, aber ihre eigenen Lieder kommen gut an und werden eindrucksvoll dargeboten. Besonders die stimmlich erzeugten Gitarren kommen hier gut an, ebenso wie die stimmliche Leistung von Sängerin Inga Scharf. Nach etwa 20 Minuten muss die Combo die Bühne bereits wieder verlassen, kann aber sicher sein, Eindruck hinterlassen zu haben.

Marco Hietala hat viel zu tun an dem Abend, denn er steht nicht nur mit NIGHTWISH auf der Bühne, sondern auch mit TAROT, die als nächstes an der Reihe sind und ihren Soundcheck selber durchführen. Auch sie dürfen nur fünf Lieder spielen und wählen diese hauptsächlich von ihrem letzten Album "Crows Fly Black". So darf die Single 'Ashes To The Stars' als Schlusslicht des Sets natürlich nicht fehlen, doch ein besonderes Highlight is außerdem das rhythmische 'Veteran Of Psychic Wars', das gänzlich von Zweitsänger Tommi Salmela bestritten wird. Im großen und ganzen ein solider Auftritt der Finnen, doch richtig will der Funke zum Publikum leider nicht überspringen. Am Ende der Lieder wird zwar freundlich geklatscht, ansonsten lässt der Großteil des Publikums den Auftritt eher an sich vorüberziehen.

Ein ähnliches Schicksal ereilt auch die Elektro-Combo JESUS ON EXTASY. Sänger Dorian ist sichtlich verärgert über die Lethargie im Publikum und gibt sein Bestes, um die Stimmung etwas zu heben. Bei den Hit 'Alone' und vor allem 'Assassinate Me' wärmt sich das Publikum auch tatsächlich etwas auf. Dabei haben die Essen wirklich einiges zu bieten auf der Bühne, nur die etwas übertrieben geposte Tanzshow von Keyboarderin Ophelia Dax wirkt eher amüsant als sexy. Ansonsten gibt es eher nicht viel an der Performance auszusetzen, doch die Electro-Fans sind in der Arena an diesem Abend deutlich in der Minderheit.

Als nächstes geht es direkt mit der zweiten Electro-Band des Abend weiter: DOPE STARS INC. Ich verziehe mich allerdings während diesem Auftritt in die anliegenden Räume, um die Stände und vor allem auch den Andrang für die anstehende NIGHTWISH-Autogrammstunde zu begucken. Müde sehen die vier Finnen aus, nur Schwedin Anette freut sich mal wieder ohne ersichtlichen Grund wie ein Keks. Höflich sind dann letztendlich aber alle zu ihren Fans, doch der Andrang ist einfach zu groß, als dass alle Anstehenden in der zur Verfügung stehenden Zeit abgefertigt werden könnten.

Immerhin kann man sich auch mit anderen Finnen trösten, denn AMORPHIS machen ebenfalls Station auf dem Festival. Die Dreadlocks von Sänger Tomi Joutsen reichen dem attraktiven Herren nun ein ganzen Stück über den Po und auch gesanglich hat der Mann an dem Abend wieder einiges zu bieten. Egal ob die aktuelle Single 'Silent Waters' vom gleichnamigem Album, den Überhit 'House Of Sleep' oder alte Favourites wie 'Alone' - hier sitzt alles. Auch die anderen Mitstreiter in der Band, allen voran natürlich Songwriter Esa Holopainen, liefern eine solide Show ab und durchweg Spaß macht und leider viel zu schnell vorbei ist.

Warum die eher unbekannte Band BLIND nach einem Hammeract wie AMORPHIS die Bühne entern darf wird wohl für immer ein Rätsel bleiben, denn auch wenn die Jungs durchaus sympathisch rüberkommen, so kann ihr 08/15-Rock nicht hundertprozentig überzeugen. Gesanglich versucht man anscheinend ein wenig Davey von AFI nachzuahmen und auch musikalisch wird hier Rock mit einen verstreuten Punk-Elementen geboten. Solide ist der Auftritt allemal, nur eben nichts Besonderes. Immerhin weiß man sich zu promoten, denn falls es einen Festival-Besucher gibt, der noch immer nicht weiß, dass er auf die Webseite der Band gehen, dem Street-Team beitreten und natürlich das Album kaufen soll, der hat den Auftritt von BLIND wohl eher an der Bar verbracht.

Der heimlichen Headliner des Abends ist für viele Besucher die LETZTE INSTANZ, die für SAMSAS TRAUM eigesprungen waren. Und so entpuppt sich der Gig nicht nur als eine gelungene Showdarbietung, sondern als der Stimmungskracher überhaupt. Selbst die Leute auf den Sitzplätzen stehen zum größten Teil auf, während die Ansammlung vor der Bühne sowieso nicht mehr zu halten ist. Lieder wie 'Tanz', 'Das Stimmlein' oder sie Single 'Wir sind allein' entfachen wahre Mitsingorgien von Seiten des Publikums, während die Arena bei Balladen wie 'Das schönste Lied der Welt' im Feuerzeug-Meer ertrinkt. Sänger Holly und seine Mannen danken es mit noch mehr Energie und einer anwandfreien Darbietung, die ihnen viele neue Fans bescherrt haben dürfte (mich eingeschlossen). Definitv das Highlight des Abends!

Dann endlich war es so weit und mit NIGHTWISH sollte das Festival einen würdigen Abschluss finden. Bereits beim Opener 'Bye Bye Beautiful' wird die im Laufe des Konzerts immer wieder in Erscheinung tretene Pyro eingesetzt und die finnisch/schwedische Combo liefert ein Set mit normaler Konzertlänge ab. Setlistmäßig konzentriert man sich hier eher auf das letzte Album "Dark Passion Play", aber auch einige Lieder von "Once" und "Century Child" sind zu finden, und mit 'Sacrament Of Wilderness' hat man sogar etwas ganz altes im Gepäck. Anette meistert ihren ersten offiziellen Auftritt auf deutschem Lande (den Geheimgig in Hamburg rechnen wir mal nicht mit) gut, erfreut das Publikum mit ein paar Brocken Deutsch und regt immer wieder zum Mitmachen an. Dennoch bleiben die Leute auf den Sitzplätzen auf diesen hocken, viel mitgemacht wird auf den Rängen leider nicht. Dafür hat man vor der Bühne umso mehr Spaß, und der Blick der Leute, die schon vorzeitig gehen müssen, um eben noch einen Zug/Bus/ähnliches zu bekommen, spricht Bände.

Zurückblickend kann gesagt werden, dass den Veranstaltern wieder einmal ein Festival größtenteils gelungen ist. Das einzige wirklich Manko ist definitiv der Mangel an Informationen und die durchweg überforderten Helfer, die die Besucher bei Fragen eigentlich nur von einem zum anderen und wieder zurück schickten. Gerade nach dem ganzen Verspätungs-Chaos hätten sich viele mit Sicherheit klarere Ansagen bezüglich Zeitplan der Bands und Autogrammstunden gewünscht. Überhaupt wäre eine Running Order außerhalb des Backstage-Bereichs wünschenswert, denn ansonsten nimmt man unweigerlich an dem Spiel "Zu welcher Band könnte das aufgebaute Equipment gehören?" teil. Davon abzusehen wurde das "On A Dark Winter's Night" 2007 nach langen Wartezeiten doch noch ein netter Abend mit einem guten Line-up. Allerdings sind mir persönlich diese riesigen Hallenkonzerte im Endeffekt doch etwas zu groß und zu unpersönlich.

Redakteur:
Ricarda Schwoebel

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