OF MICE & MEN - Köln

15.05.2014 | 22:02

26.04.2014, Underground

Die US-Metalcore-Truppe OF MICE & MEN ist zur Zeit eines der heißesten Eisen der Szene. Besonders für das junge Publikum scheint die Band sehr anziehend zu sein. Anders kann ich mir den U-18-Aufmarsch und Jugendschutz-freundlichen Konzertschluss um halb 10 nicht erklären.

Das Kölner Underground ist bereits einige Wochen vor der Show restlos ausverkauft. Dem ungemütlichen Wetter zum Trotz stehen schon gegen 17 Uhr gut 80 Kids vor den geschlossenen Toren des Clubs. "Kids" ist in dem Fall genau das richtige Wort, denn ich bezweifle, dass die meisten Wartenden sich schon legal Schnaps oder Zigaretten beim Netto um die Ecke kaufen können. Einige verloren wirkende Eltern am Rand der Szenerie bestärken diesen Eindruck.

Diese Tour scheint eine Vereinigung von Ex-Sängern aufgelöster Szene-Helden zu sein. OF MICE & MEN-Sänger Austin Carlile brüllte einst auf dem Debüt der Electro-Metalcore-Verschnitt-Vorreiter ATTACK ATTACK! rum. Er wurde von Caleb Shomo ersetzt, der wiederum nach dem Ende der Band mit BEARTOOTH eine Neue am Start hat. ISSUES setzt sich zwar nicht aus alten ATTACK ATTACK!-Mitgliedern zusammen, dafür aber aus welchen von WOE, IS ME. Da beide Bands zu ihren Lebzeiten relativ erfolgreich waren, ist es irgendwie doch kein wirkliches Wunder, dass sie unter den Kids schon recht bekannt sind.

BEARTOOTH gibt um Punkt halb 7 den Einstieg in den Abend. Der harte Sound der Jungs überrascht vielleicht den einen oder anderen ATTACK ATTACK!-Liebhaber. Keine Keyboards, kein Trance, dafür Metalcore ohne viele Extras. Die präsentierten Nummern klingen organisch und liegen mit Nu Metal-Zitaten bei der Gitarrenarbeit voll im Trend. Das Publikum zeigt sich bei den Texten der vier Songs der "Sick" EP sehr textsicher und nimmt ebenso neues Material gut auf. Von so einer Hingabe können die meisten Newcomer nur träumen. Sänger Caleb Shomo und seine Jungs legen sich ordentlich ins Zeug und haben die euphorischen Publikumsreaktionen verdient. Gute 25 Minuten lang arbeitet BEARTOOTH daran, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen.

Jedoch scheinen die Fans noch gespannter auf die nächste Band ISSUES zu sein, welche zum ersten Mal in Europa auf Tour ist. Mir persönlich gibt die Truppe mit ihrem Mix aus LIMP BIZKIT, Breakdowns und Justin Timberlake-R'n'B nur wenig. Was ich der Band allerdings attestieren muss, ist, dass sie das Publikum voll im Griff hat. Geboten werden Songs der ersten EP "Black Diamonds" und dem Debüt "Issues". Dabei scheinen besonders die Songs des Albums innerhalb des halbstündigen Sets gut anzukommen. Das Gesangsduo Tyler Carter und Michael Bohn bildet den Mittelpunkt der Performance, während der Rest der Band lediglich wie Statisten wirkt. Doch kann das ebenso an der kleinen Bühne liegen, die dem Sextett nur wenig Platz für Bewegung liefert. Gute Performance einerseits, zu schmalziges Schema-F-Songwriting auf der anderen Seite.

Doch ist es klar, dass das Publikum nur auf Austin Carlile und OF MICE & MEN gewartet hat. Schon bei den ersten Takten des Intros zu 'Public Service Announcement' ist das Publikum in Höchstform und in Bewegung. Was in den nächsten 55 Minuten folgt, gleicht einem triumphalen Siegeszug für den Nu Metal/Metalcore-Mix der US-Band. Die gesamte Gruppe gibt das gesamte Set hindurch Gas, doch sticht Sänger und Teenieschwarm Carlile besonders hervor. Stets ist er im Mittepunkt des Geschehens und im Fokus der weiblichen Fans, die kreischend Fotos von ihm machen. Scheinbar ist es ein kleinerer Graben als ich dachte, der Metalcore und Boyband-Histerie trennt.

Geboten wird ein guter Schnitt aus "Restoring Force" und dem Vorgänger "The Flood". 'Second & Sebring' ist der einzige Song vom Selbstbetitelten Debüt. Doch haben das wohl eh nur die wenigsten Anwesenden vor gut sechs Jahren aktiv mitbekommen. Ich selber habe OF MICE & MEN damals im Vorprogramm von AUGUST BURNS RED genau in der selben Location gesehen und war nicht wirklich begeistert. Was OF MICE & MEN heute abliefert ist allerdings um einige Klassen besser als damals. Die Show ist sehr kurzweilig und macht auch Spaß, wenn man weiter hinten steht. Dies liegt besonders an den vielschichtigeren Nummern von "Restoring Force", die die Truppe von ihrer ganz melodischen Seite zeigen.

Nach der Zugabe des neuen Favoriten 'You're Not Alone' verabschiedet sich eine durchgeschwitzte Band vom genauso durchgeschwitzten Publikum. Weit vor 22 Uhr wird die Jugend in die Nacht (oder die Arme der vor der Halle wartenden Eltern) entlassen. OF MICE & MEN hat heute einen mehr als guten Job gemacht und sich in den letzten Jahren als Liveband sehr zum Positiven gebessert. Ehrlich gesagt habe ich keine dermaßen starke Performance erwartet.

Redakteur:
Sebastian Berning

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