Mortiis/Deathstars - Leipzig

10.05.2007 | 11:01

27.04.2007, Hellraiser

Viele junge Mädchen pressen sich an diesem Abend im Hellraiser in Engelsdorf bei Leipzig vor die Bühne, und dabei ist hinter ihnen noch ausreichend Platz. Aber sie wollen unbedingt vorn stehen und diese schicken Jungs anhimmeln, die gegen 20.30 Uhr aber noch längst nicht auf der Bühne stehen. Beginn ist schließlich erst um 21 Uhr, und der wird von MORTIIS sogar eingehalten. Die Gruppe bildet den Support für DEATHSTARS. Die meisten Mitglieder der beiden Bands entsprechen den äußeren Vorstellunger junger Gothics: Schlanke bis dünne Figur, meist längere, dunkle Haare, zum Teil auch femineres Äußeres, und hinzu kommt ihre teilweise arrogante Art auf der Bühne. Sie spielen mit ihrem Aussehen und ihrem Musikerstatus mit den Fans, die sie wohl am liebsten gleich ausziehen würden.

Doch MORTIIS überzeugen nicht nur optisch die jungen Mädchen in der vordersten Reihe. Der Name MORTIIS steht dabei gleichzeitig für den Namen des Sängers als auch für die Band. Der Finne war der ursprüngliche Bassist der Black-Metal-Band EMPEROR, doch er verließ sie noch vor der ersten, offiziellen CD. 1993 nahm er sein erstes Solo-Album auf. In all den Jahren entwickelte sich ein Mythos über diesen Mann oder vielmehr "Troll", denn sein ständiger Begleiter war eine Troll-Make-Up-Maske, die er mittlerweile aber nicht mehr trägt. Musikalisch erinnert seine Musik nicht mehr an Black Metal, es ist eher in die Gothic-Ecke einzuordnen. Beeinflusst wurde seine Musik dabei vor allem von SKINNY PUPPY und den NINE INCH NAILS. Teils ruhige, aber auch aggressive Musik mit genügend rockigen Elementen, die besonders live zur Geltung kommen, prägen seinen Stil.
Doch dass der "Troll" heute ohne Maske vor dem Publikum steht, stört dabei keinen. Mit schnelleren Beats und recht rockigem Rhythmus bewegen sie trotzdem wenige, offensichtlich ältere Metalanhänger, von denen einer sogar ein Shirt der Black-Metal-Band BURZUM trägt, zum Mitmachen und Headbangen. Doch das wird bei weitem von der starken Selbstinszenierung des MORTIIS-Sängers übertroffen, der sich und die Fans zur Abkühlung gerne mit Wasser bespuckt. Sein Oberteil ist am Ende nicht nur vom Wasser nass, denn auf der Bühne herrscht jede Menge Aktion. Gerade auch die beiden Gitarristen geben ihr bestes, singen zwischenzeitlich auch den ein oder anderen Refrain mit und blicken dem Publikum gerne auch mit ihren arrogantesten Gesichtsausdrücken entgegen. Zwischendrin gibt der Sänger kurze Zwischenansagen, danach geht es meist noch härter und rockiger weiter. Ein drittes Mal spuckt er ins Publikum und dann war es das schon fast. Nach einer Dreiviertelstunde machen sie die Bühne frei für DEATHSTARS und verabschieden sich mit einem klassischen "Thank You".

Nach einer kurzen Umbaupause geht es auch schon weiter mit dem Hauptakt des heutigen Abends: DEATHSTARS. Die Band, die sich 2000 aus Mitgliedern der Death-Metal-Band DISSECTION und SWORDMASTER sowie der Black-Metal-Band OPHTHALMIA gegründet hat, ähnelt einer Mischung aus RAMMSTEIN und etwas elektrolastigerem wie COVENANT. Metallastiger Growl-Gesang kommt dabei eher kaum mehr vor. Die Hardcore-Fans pressen sich währenddessen weiterhin an die vorderste Front des Bühnenrandes. Mit Beginn des erstes Liedes 'Motherzone' herrscht dann auch schon Bewegung auf der Bühne. Häufig werden die Positionen der einzelnen Bandmitglieder gewechselt und auch der DEATHSTARS-Sänger kommt dabei ins Schwitzen. Seinem verstörten Blick und dem vielen Glitzer in seinem Gesicht schadet das allerdings nicht. Auch die Fans kümmert es nicht, was er über die "Deutschen" so sagt. Es geht weiter mit Liedern wie 'New Dead Nation' oder 'Last Ammunition'. Auf der Bühne wird gerockt und DEATHSTARS strahlen dabei jede Menge Sexappeal aus. Besonders der Gitarrist, der ein bauchfreies Hemd trägt, animiert vor allem die weiblichen Fans mit lasziven Blicken und coolen Posen. Diese sehen unter anderem so aus, dass er sich lässig mit seiner Gitarre hinstellt und sich manchmal durch sein blondes, schulterlanges Haar fährt. Neckisch wirkt auch sein Bauchnabelpiercing, oder wenn der DEATHSTARS-Sänger sich hinter ihn stellt und sich fest an seinen Po presst. Die Aufforderungen des Gitarristen zum Mitmachen an das Publikum glücken dabei. Doch eigentlich sind diese nicht nötig, die Zuschauer sind auch so begeistert und bewegen sich zu dem rockigen Sound von DEATHSTARS. Es werden weiterhin Lieder wie 'Greatest Fight', 'Little Angel' oder 'Play God' gespielt. Zum Schluss kommt 'Damn Me', ein Anti-Song für Adolf Hitler und dessen Familie. Auch hier fallen die Bewegungen der Band sehr "militärisch" aus. Sie marschieren. Alle drei Gitarristen dabei in einer Reihe. Nach über einen Stunde verlassen die Jungs schon die Bühne. Doch die Fans wollen mehr. Auf die Zugabe müssen sie auch nicht lange warten. DEATHSTARS kommen recht schnell zurück auf die Bühne, doch diesmal sind zwei der drei Gitarristen oberkörperfrei und auch der Sänger zeigt sich freizügiger. Über den Zuspruch der Fans freut sich der Kopf der Band und auch in den Reihen der Zuschauer hört man lautes Gegröhle. Wer sich bis jetzt noch nicht in Extase getanzt hat, hat bei den letzten drei Songs, 'Virtue', 'Cyanide' und 'Revolution Exodus', noch einmal die Möglichkeit dazu. Zum letzten Mal gehen alle DEATHSTARS-Mitglieder extrem ab, geben ihr bestes, begeistern mit rockigem Sound. Dabei bilden sie noch einmal eine T-Form auf der Bühne, das heißt die Gitarristen stehen hinter dem Sänger. Doch bevor die Band wirklich geht, muss ihr blonder Gitarrist mit dem Bauchnabelpiercing einigen Mädels in der ersten Reihe noch ein imaginäres Küsschen zuwerfen. Wenigstens dafür muss sich schließlich das stundenlange Pressen an den vordersten Bühnenrand gelohnt haben, denn voll war es im Hellraiser in Engelsdorf bei Leipzig an diesem Abend nicht.

Redakteur:
Franziska Böhl

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