Mortification - Ludwigsburg

30.06.2001 | 07:19

24.06.2001, Rockfabrik

Vorbericht:

MORTIFICATION, die Legende des White Metal und die Pioniere des frommen Death Metal gaben sich am 24.06.2001 die Ehre, die Ludwigsburger RoFa mit Hits und Klassikern dieses Metiers zu bombardieren. Keiner, der sich je mit Death Metal intensiver befasst hat, wird um die Mannen von Frontman, Gründungsmitglied und White Metal Ikone Steve Rowe herumgekommen sein. Insbesondere das 1992er Nuclear Blast Debut „Scrolls of the Megilloth“ mit der gleichnamigen Gindcore/Death Metal Hymne, dürfte auch heute noch, 10 Jahre danach den meisten Death Metal Anhängern ein Summen im Ohr und Glitzern in den Augen verursachen. Für Furore und Aufsehen dürften heute wie damals die durchwegs christlichen Aus- und Ansagen insbesondere Steve Rowes gesorgt haben, weshalb die Band unter den in der Szene häufig satanisch, düster oder auch „heidnisch“ inspirierten Vertreten hervorsticht. MORTIFICATION können heute auf mehr als 10 Jahre Bandgeschichte zurückblicken, die wohl mehr als bewegt waren. Neben vielen Lineup Wechseln und anfänglichen Schwierigkeiten in der Szene (wie Morddrohungen aus Skandinavien), war wohl die 1996 diagnostizierte Leukämieerkrankung Steve Rowes das für ihn und die Band einschneidenste Geschehen. Der stets durch seine positive Art auffallende Frontman stürzte in eine tiefe Krise, die ihm beinahe das Leben gekostet hätte. Mehr als einmal stand Steve Rowe an den Pforten des Todes und mehr als einmal wurde ihm von den behandelnden Ärzten der Tod prophezeit. Zum Höhepunkt der Krankheit gab man ihm zunächst noch 2 Wochen, dann 2 Tage und zuletzt nur noch wenige Stunden. Man hatte ihn von ärztlicher Seite aufgegeben und in die Pflege, die wohl eher Sterbebegleitung sein sollte, von Krankenschwestern aus der Kirchengemeinde Rowes gegeben. Nach eigenen Aussagen Steve Rowes erlag er aber nicht im Kampf seiner Krankheit, sondern wurde unter der ständigen Begleitung von Gebeten und dem Zuspruch von Fans und Christen aus aller Welt durch ein Wunder geheilt. Diese Erfahrungen hat er in neueren Liedern häufig verarbeitet.
So konnte er, wie er selbst sagte, durch ein Wunder zusammen mit Lincoln Bowen (Guitar) und Adam Zaffarese (Drums) an diesem Abend vor ca 250 begeisterten Fans aufspielen und diesen seine White Metal Klassiker, von „Brutal Warfare“, über „Scrolls Of The Megilloth“, „Grind Planetarium“ und „Your Life“, bis hin zu „Martyrs“ und „Metal Blessing“, um die Ohren jagen. Mit entsprechend fanatischem Gejubel wurde er dann auch begrüßt.

Konzertbericht:

Wenn man ohne große Erwartungen irgendwo hinfährt, so wird man meistens nicht enttäuscht. Wenn dann die Band aber wider Erwarten einen Hammer Gig spielt, dann kommt man leicht ins Schwärmen. So erging es mir am letzten Sonntag. Mit einer neuen CD und neuem Drummer im Rücken fuhren MORTIFICATION ein gutes Brett! Aber der Reihe nach...

Zunächst standen die Schweizer DETONATION (http://www.detonation.ch/) auf der Bühne. Sie waren für mich ein völlig unbeschriebenes Blatt. Doch die Stilbeschreibung (Thrash, Speed, Hardcore, Punk und Death) weckte die Neugierde. Zudem waren die Jungs stets um gute Stimmung bemüht. Live war sehr interessant zu sehen, daß die 3 Jungs ohne Basser auftreten (Drums + 2 Gitarren). Diesen ersetzte der Drummer durch seine häufigen Bass-Drum Kicks. Ein guter Auftritt der Jungs den man durchaus als ausbaufähig einstufen kann.

Nun folgte schon der Auftritt von MORTIFICATION. Wahrscheinlich war Steve Rowe etwas fertig und wollte früher ins Bett kommen. Ich war jedenfalls auch gespannt, in welchem Gesundheitszustand man ihn zu Gesicht bekommen würde. Im Gegensatz zu vor 2 Jahren konnte er aber schon das ganze Konzert ohne Hilfe stehen und hinterließ somit einen relativ gesunden Eindruck. So wie er sich jedenfalls gab, mit seinen lockeren Sprüchen und den derben Vocals, konnte man seine Krankheit schnell vergessen.

Los ging´s mit „Metal Blessing“ vom neuesten Werk „The Silver Chord Is Severed“. Schon nach den ersten Klängen war einem klar: Das gibt ein gutes Konzert! Nicht wenige bescheinigen dem neuen 16jährigen Drummer einen guten Groove und genau dieser fehlte MORTIFICATION meiner Meinung nach in der letzten Zeit. Sein Schlagzeugspiel animierte direkt zum mitwippen. Guter Einstieg ins Konzert und auch das darauffolgende „Acces Denied“ passte gut danach. Lincoln (Gitarre) zeigte sich wieder top fit und hüpfte, sprang und moshte (seine Harre sind wieder länger geworden) auf der Bühne herum, während das Publikum es ihm gleichtat.

Es machte wirklich Spaß und man wünschte sich, die gut besuchte Rockfabrik wäre noch voller gewesen. Aber es wurde immer besser, denn jetzt folgte ein erstes Glücksgefühl, als „Brutal Warfare“ vom Debut Album erklang. FETT !!! Dieser Song ist halt sowieso geil, interessant war es auch zu sehen, daß Adam dem erstklassigen Schlagzeugspiel vom damaligen Drum Helden Jayson Sherlock kaum nachstand.

In meinem Alter (ähem..) guggt man sich ja Konzerte schon lieber von etwas weiter hinten an und spielt so ne Art Musikerpolizei. Aber ab und an gelingt es einer Band, daß ich plötzlich um Jahre jüngere und nach vorne presche. Das war jetzt der Fall, schließlich sollte noch „Nocturnal“ (einer ihrer geilsten Songs, vom „Scrolls Of The Megilloth“ Album) folgen.

Und genau dieser kam jetzt. Wir (mein Bruder und ich, sowie einige anderen vor der Bühne) flippten total aus. „Nocturnaaaaaaaaal..... Creatures.... Of The.... Niiiiiiiiight..“, fett fett fett... Danke MORTIFICATION, danke! Mit „Grind Planetarium“ („Post Momentary Affliction“ 1993) folgte ein nächster geiler Song und wir waren begeistert von der sehr geilen Setlist. Der Sound war hier richtig gut und der Song kam ziemlich fett. Doch jetzt kam der absolute Höhepunkt, Steve fragte, wer denn noch was mit Bands wie BARREN CROSS und STRYPER anfangen kann. Es waren einige Fans anwesend, die laut los brüllten und denen die 80er Mucke sehr wohl bekannt ist. Für uns alle war es ein großes Erlebnis jetzt „Black Snake“ von BLOODGOOD zu sehen. Dieser Song befindet sich auch auf der „Live Planetarium“ CD von 1993. Nochmal rasteten wir total aus und schreiten uns die Kehle aus dem Leib. Mit „Your Life“ setzte man die Reise durch die Alben fort und dieser Song groovte auch ziemlich gut. So langsam war ich jetzt aber so fertig (ihr wisst schon, das Alter...), daß ich mir das ganze wieder von weiter hinten betrachten wollte. Es folgte „Chapel Of Hope“ vom 96er Werk „Envision Evangelene“. Dieser Song passte auch sehr gut in die Setlist, mal weniger Tempo (zum entspannen), dafür wieder ziemlich groovig. Danach kamen „Dead Man Walking“ (vom 2000er Werk „10 Years Live not Dead“) und „Buried Into Obscurity“ („Envision Evangelene“).

Nun folgte wieder ein interessantes Stück: „At War With War“ (von der „Triumph Of Mercy“). Steve erwähnte zuvor, daß Black Metal ziemlich beliebt ist und so sang er dieses Stück auch Black Metal mässig, was sehr gut rüberkam. Vielleicht hätte man die Gitarre auch noch höher stimmen sollen... Coole Einlage!

Dafür kam bei „Scrolls Of The Megilloth“ der Gesang leider etwas schwach rüber. Aber ansonsten war es ein perfekter Auftritt, bei dem nur die 95er Scheibe „Primitive Rhythm Machine“ ausgelassen wurde. Standesgemäß wurde das Konzert mit „God Rulz“ abgeschlossen und mit „I´m A Revolutionary“ vom neuesten Werk „The Silver Chord Is Severed“ (von der coolen Übersetzerin als „Seven Fourtyseven“ übersetzt – Steve hielt zwischen den Songs kurze Ansprachen, wo er über seine Krankheit erzählte und das MORTIFICATION in Süd Afrika im Fernsehen 10 Millionen (??!!!) Zuschauer hatten, während Lincoln Bibeln ins Publikum warf – YEAH !! die 80er sind zurück !!! Es wurde übrigens keiner verletzt...) als Zugabe fand dieser bemerkenswerte Auftritt seinen äußerst gelungenen Abschluss.

Es folgten die „Christen Punker“ EXACT, die ich mir rein Interessehalber (und wegen des Berichts) kurz anschauen wollte. Dafür holten sie das optimale heraus: Mit sympathischen und witzigen Ansagen, Songtitel wie z. B. „Swingerclub“ (oder z. B. einem Anti Big Brother Song), oder sinnlosem Geschwafel über nicht bestandene Führerscheinprüfungen (wegen technischen Problemen) machten den Auftritt unterhaltsam und amüsant. Somit herrschte gute Stimmung und man sollte sich diese junge Band mal bei Gelegenheit anschauen!

Fazit:

Es war begeisternd diesen kleinen Mann vom südlichen Zipfel der Welt zusammen mit seinen aktuellen Begleitern einmal wieder in Deutschland zu hören und zu sehen. Es ist ein Wunder, dass er wieder einmal bei uns zu Gast war und man kann nur staunen, mit wieviel Mut, Energie und Beharrlichkeit er seine Vision von einer extremen Metalband, der eine gute Botschaft und Lebensbejahende Aussagen wichtiger als Erfolg und das Mitschwimmen im großen „wir hassen alles und jeden“ Strom sind, verfolgt und im Vertrauen auf seinen Gott diesen Traum jeden Tag neu lebt.
Leider war diese Tour wahrscheinlich die letzte von MORTIFICATION, da Steve Rowes Gesundheitszustand solche Anstrengungen auf Dauer nicht mehr erlaubt und so wird der ein oder andere Fan dieses Konzert mit einem Träne im Auge (die auch eine Freudenträne über das gelungene Set sein könnte) verlassen haben.

MetalM und MetalS

Redakteur:
Stefan Lang

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