Morgana Lefay - Berlin

29.04.2007 | 18:42

31.03.2007, Kato

Eigentlich kann man nur immer wieder den Kopf schütteln, wenn man sieht, welchen enormen Einfluss Plattenfirmen auf den Erfolg einer Band haben können - sofern sie ihn denn ausüben. Denn MORGANA LEFAY sind wohl eines der deutlichsten Beispiele dafür, dass qualitativ hochwertige Alben kein Garant für kommerziellen Erfolg sind, und den hätten die fünf Schweden allemal verdient. Seit inzwischen auch schon über zwanzig Jahren gibt es die Band - von einer kurzen Unterbrechung aufgrund von Namensstreitigkeiten mal abgesehen -, und fast schon genauso lange veröffentlichen Charles Rytkönen & Co. eine großartige Platte nach der anderen. Doch der verdiente Erfolg blieb bislang aus - was nicht zuletzt wohl auch das Verdienst ihrer Plattenfirma Black Mark ist. Jüngstes Beispiel für die fehlende Unterstützung ist wohl die Tatsache, dass das neue Album "Aberrations Of The Mind" kaum zu bekommen war. In Berlin konnte man beispielsweise sämtliche einschlägigen Läden absuchen, ohne auch nur ein einziges Exemplar zu finden. "Ach, halb so wild", denkt man sich, "kauf ich mir das Album eben auf der anstehenden Tour." Aber auch da hat man die Rechnung ohne Black Mark gemacht, denn nicht einmal am Merchandising-Stand gab es ein neues MORGANA LEFAY-Album. "Die letzte CD habe ich vor zwei Tagen verkauft", war daraufhin die Aussage des Mannes am Stand. Wie auch immer - inzwischen habe auch ich eine Original-CD auftreiben können (ja, es gibt sie wirklich!), und so können wir uns jetzt dem eigentlichen Grund dieses Artikels, dem Konzert von MORGANA LEFAY in Berlin, zuwenden.

Bevor die Schweden an der Reihe sind, dürfen noch drei Bands auf die Bühne, und den Anfang machen hierbei GORGONS EYES aus Berlin. Da ich vor knapp drei Jahren das wohl immer noch aktuelle Album "The Battle Rages On" in die Finger bekommen habe, und da ich es auch durchaus für gut befunden habe, war ich gespannt, wie sich die Metal-Traditionalisten live präsentieren würden. Los legen die vier Berliner mit 'Higher Than Eagles', und sie lassen gleich darauf auch noch 'Warriors' folgen, bevor Sänger Harald ein paar Worte an das noch recht spärliche Publikum richtet. Die Band lässt sich dadurch aber nicht verunsichern - immerhin haben sich direkt vor der Bühne ein paar bang-freudige Fans postiert, die richtig Spaß am Auftritt von GORGONS EYES haben. Die Band gibt aber auch ihr Bestes, um den Leuten einen guten Auftritt zu bieten, und als bei 'Proud And Strong' dann Mitgrölen angesagt ist, kommt sogar etwas Stimmung auf. Weiter geht es danach mit dem Titelsong des im September erscheinenden Albums "Inglorious Birth", und wie schon die vorangegangen Songs, so weiß auch dieses Stück durchaus zu gefallen. Im Vergleich zum Vorgänger sind die neuen Stücke deutlich abwechslungsreicher, und so gibt es bei dieser Nummer beispielsweise auch einen Akustikteil, den Harald selbst spielt. Einen Song von "The Battle Rages On" gibt es mit 'Sailors In Blood' aber auch noch, bevor GORGONS EYES mit 'Spirit Of Steel' auch schon zum Ende ihres etwa halbstündigen Auftritts kommen. Die Fans direkt vor der Bühne singen zwar noch ein Weilchen vor sich hin und hätten wohl auch noch gern eine Zugabe gehört, aber diese gibt es an diesem Abend nicht. Schade eigentlich, denn zum einen hätte ich noch gern 'Valhalla' gehört, und zum anderen haben GORGONS EYES ihre Sache auch sehr gut gemacht - wer mit einem hohen Trueness-Faktor kein Problem hat, der kann an dieser Band viel Freude haben.

Die zweite Band an diesem Abend ist dann SERENITY aus Österreich, die in Berlin im Gegensatz zu GORGONS EYES keinen Heimvorteil genießt, und auch mit True Metal haben die Tiroler nicht viel am Hut. Sie haben sich viel mehr einer Melange aus Progressive Metal und Melodic Power Metal hingegeben und bedienen damit eine eher etwas andere Zielgruppe. Ein zusätzliches Problem, mit dem SERENITY zu kämpfen haben, ist, dass ihr Debütalbum "Words Untold & Dreams Unlived" erst in diesen Tagen erscheint und daher an diesem Abend noch niemand die Songs kennen kann. Das erste Stück 'Forever' war zwar auch schon auf dem vielfach ausgezeichneten Demo "Engraved Within" zu finden, aber wirklich bekannt ist es beim Publikum nicht. Dementsprechend verhalten sind die Reaktionen, doch dadurch lassen sich SERENITY nicht irritieren. Überhaupt lassen sich die Tiroler nicht allzu schnell aus der Ruhe bringen, wie man ein paar Minuten später feststellen kann. Nach einer kurzen Ansage von Sänger Georg, in der er auch auf das neue Album hinweist, geht es mit 'Canopus 3' weiter, und während diesem Song kommt dann die Crew von SACRED STEEL auf die Bühne - mit Tisch und Stühlen bepackt - und macht es sich erstmal zwischen den Musikern gemütlich (ja, beim letzten Konzert einer Tour muss man mit solchen Aktionen rechnen). Nachdem die "Scherzkekse" wieder verschwunden sind, können sich SERENITY wieder voll und ganz auf ihre Musik konzentrieren, und es gibt nun 'Reduced To Nothingness' zu hören. Nachdem Georg mehr oder weniger erfolgreich versucht hat, für etwas mehr Stimmung im Publikum zu sorgen, folgt mit 'Circle Of My Second Life' noch ein weiterer Song vom neuen Album. Da aber auch diese Nummer natürlich beim Publikum noch nicht bekannt ist, fallen die Reaktionen eher verhalten aus. Doch ganz anders sieht das dann anschließend bei dem SAVATAGE-Cover 'Edge Of Thorns' aus, denn diesen Song kennt selbstverständlich jeder, und dementsprechend begeistert gehen die Fans auch mit. Das ist für eine Band wie SERENITY, die großartiges eigenes Songmaterial hat und dieses auch noch gut darbietet, recht bitter. Denn wenn man beim Großteil des Publikums nur mit einer Cover-Version so richtig punkten kann, dann ist normalerweise etwas verkehrt. In diesem Fall liegt das Problem wohl in der Tatsache, dass die Tour für SERENITY einige Wochen zu früh kam - nach der Veröffentlichung von "Words Untold & Dreams Unlived" hätte sie sicherlich mehr Sinn gemacht. Die Tiroler machen aber das Beste daraus und verabschieden sich mit einer ganz neuen Nummer, 'Rust Of Coming Ages', die es noch nicht einmal auf das Album geschafft hat. Aber das spielt an diesem Abend ja sowieso keine Rolle. Wie auch immer, mir persönlich hat der Auftritt von SERENITY jedenfalls sehr gut gefallen; nur der Band hätte ich gewünscht, dass sie mehr Feedback bekommt.

Deutlich mehr Zuspruch erfährt die dritte Band an diesem Abend, SACRED STEEL. Dies äußert sich zum einen dadurch, dass sehr viel mehr Leute den Weg vor die Bühne finden, und zum anderen gehen die Fans auch von Beginn an gleich begeistert mit. Nach dem obligatorischen Intro vom Band geben die Schwaben um Sänger Gerrit sofort ordentlich Gas - der erste Song heißt nicht nur 'Maniacs Of Speed', sondern er ist auch Programm für die nächsten 45 Minuten. 'Battle Angel' vom Debütalbum schlägt in die gleiche Kerbe, und so erwischen SACRED STEEL einen Einstand nach Maß. Gerrit begrüßt dann erstmal das Publikum, bevor es mit dem "Hämmerchen der Zerstörung" ('Hammer Of Destruction') weitergeht. Bei der Ankündigung des nächsten Songs verweist er dann gar auf seinen vierjährigen Sohn, der den Chorus zu Hause schon fleißig mitträllern würde. 'Sacred Bloody Steel' sorgt aber auch sonst für Erheiterung, da während des Stücks zwei Musiker von SERENITY in riesigen Umzugskartons auf die Bühne kommen und dort ein wenig ihr Unwesen treiben. Mit 'Lust For Blood' kehrt dann wieder halbwegs Ordnung in das Bühnengeschehen - wenn auch nicht für allzu lange Zeit. Zu Beginn von 'Open Wide The Gate' spielen die Herren Musiker nämlich alles mögliche, aber nicht den Song - was Gerrit in Rage bringt. Beim zweiten Anlauf klappt es dann aber wunderbar, und auch 'Heavy Metal To The End' wird von den Fans begeistert aufgenommen. Vor allem bei denen, die direkt vor der Bühne stehen, kommt diese Nummer hervorragend an, da sie den Chorus lautstark ins Mikrofon brüllen dürfen. Als Ballade angekündigt und von Gitarrist Jonas eingeleitet, folgt anschließend eines der Highlights des aktuellen Albums, nämlich das episch angehauchte 'Black Church', das mich auch live absolut überzeugt. Danach gibt es mit 'Dark Forces Lead Me To The Brimstone Gate' einen Live-Klassiker der Band, und auch das folgende 'Slaughter Prophecy' ist inzwischen aus dem Programm von SACRED STEEL nicht mehr wegzudenken. Allerdings macht sich bei diesem Stück bei Gerrit erneut Unmut über seine Bandkollegen breit, da sie seiner Meinung nach nicht richtig bei der Sache wären - "Darf ich vorstellen - meine Ex-Band!" -, und so verlässt er auch die Bühne, um im Publikum weiterzusingen. Dabei er spaziert er durch die Reihen, und beinahe jeder darf mal ins Mikrofon brüllen. Zum Ende des Auftritts scheinen sich SACRED STEEL aber wieder zu versöhnen, und so gibt es mit 'Wargods Of Metal' einen würdigen Abschluss. Die Fans vor der Bühne sind bei diesem Live-Kracher regelrecht aus dem Häuschen, und so fordern sie natürlich lautstark nach einer Zugabe. SACRED STEEL lassen sich auch nicht lange bitten, und es gibt noch den Live-Kracher 'Metal Is War' zu hören. Während dieses Stücks stürmen - wie gewöhnlich - ein paar Fans die Bühne, um zusammen mit Gerrit den Song zu grölen. Doch auch danach hat das Publikum noch nicht genug, und so lassen sich die Schwaben zu einer weiteren Nummer überreden: 'Metal Reigns Supreme'. Gerrit gibt sich zunächst etwas unvorbereitet ("Auf welcher Scheibe ist denn das?") und merkt an, dass sie den Song auch nicht geprobt hätten ('Wenn's scheiße ist - selber schuld!"), aber im Großen und Ganzen bieten sie diese Nummer sehr überzeugend dar. Überhaupt präsentieren sich SACRED STEEL an diesem Abend in bestechender Form, und auch wenn man Gerrit & Co. - so wie ich - schon häufiger live erlebt hat, hat man doch immer wieder Spaß mit den Schwaben.

Eine Umbaupause später ist es dann endlich so weit, und MORGANA LEFAY kommen auf die Bühne, um zu beweisen, dass sie trotz drei hervorragender Vor-Bands zu Recht als Headliner auftreten. Nachdem das Intro vom Band verklungen ist, starten sie auch gleich mit 'I Roam' vom 2005er-Album "Grand Materia". Das Publikum geht auch sofort begeistert mit und feiert die Band lautstark ab. Man merkt auch gleich, dass MORGANA LEFAY eben doch eine Band für kleinere Clubs und nicht unbedingt für größere Festivalbühnen sind, denn der Funke springt gleich zu Beginn über, und so haben sowohl die Fans vor der Bühne als auch die Musiker auf der Bühne sehr viel Spaß. Apropos Spaß - sehr amüsant ist auch an diesem Abend wieder die Schuhmode, die Gitarrist Tony zur Schau stellt, wobei man dieses "Sportschuh goes Birkenstock"-Modell gesehen haben muss und nicht wirklich beschreiben kann. ;-)
Weiter geht es nach einem kurzen "Hallo Berlin!" von Charles mit einem weiteren "Grand Materia"-Stück, nämlich 'Angels Deceit', bevor mit 'Face Of Fear' ein erster Song vom neuen Album "Aberrations Of The Mind" folgt. Man kann zwar feststellen, dass aufgrund des eingangs erwähnten Problems nicht alle mit diesem Stück vertraut sind, aber das tut der Stimmung keinen Abbruch - MORGANA LEFAY werden auch weiterhin enthusiastisch abgefeiert. Danach gibt es erstmal eine kurze Unterbrechung, da ein SACRED STEEL-Roadie mit einem Tablett Wodka für die Band auftaucht, das die Musiker auch tapfer leeren (Charles: "Hau weg die Scheiße!"). Noch ahnen sie ja nicht, dass es nicht bei diesem einen Tablett bleiben soll - in der Folge kommt nämlich fast nach jedem weiteren Song jemand mit einem solchen Tablett auf die Bühne. Irgendwann fängt dann auch Charles zu schwächeln an ("This is a conspiracy.") und gibt seinen Wodka an Fans in der ersten Reihe weiter. Musikalisch geht es aber natürlich auch weiter, und zwar zunächst mit 'End Of Living' vom 1999er-Album "The Seventh Seal", das damals ja unter dem Namen LEFAY aufgenommen wurde. Mit 'Another Dawn' folgt noch ein etwas älterer Song, bevor mit 'Over And Over Again' der zweite neue Song kommt. Im Vergleich zu den übrigen Stücken auf "Aberrations Of The Mind" ist diese Nummer eher melodisch ausgerichtet, und so finden die Fans hier auch relativ schnell Zugang. Bei den extrem eingängigen Songs 'The Source Of Pain' und 'In The Court Of The Crimson King' stellt sich diese Frage erst gar nicht, da sie ja allgemein bekannt sind und dementsprechend lautstark mitgegrölt werden. Man kann kaum glauben, dass dies überhaupt noch zu toppen ist, aber es ist tatsächlich möglich, und zwar zum einen mit 'The Boon He Gives', bei dem Charles gesangliche Unterstützung von SACRED STEELs Gerrit bekommt, und zum anderen mit 'Maleficium'. Hier gibt es selbstverständlich auch wieder die üblichen Singsang-Spielchen, und das Berliner Publikum lässt sich hier auch nicht lange bitten (dass Gerrit auch hier noch einmal auf die Bühne kommt und mit einer eher unqualifizierten Textvariante zu glänzen versucht, lassen wir mal außen vor). Schade ist dann nur, dass sich MORGANA LEFAY nach diesem Stück und gerade einmal guten 60 Minuten schon verabschieden wollen - was das Publikum natürlich nicht einsehen will. Es verlangt lautstark nach einer Fortsetzung des Auftritts, und es hat auch Erfolg damit. MORGANA LEFAY kommen noch einmal zurück und spielen zuächst 'To Isengard'. Allerdings tun sie das nicht in der gewohnten Besetzung, denn Gitarrist Peter und Schlagzeuger Pelle tauschen für den Moment die Instrumente, was sich aber auf die Darbietung keineswegs negativ auswirkt. Trotzdem wird der Tausch danach wieder rückgängig gemacht und es geht im gewohnten Line-up weiter - mit dem Opener des neuen Albums, 'Delusions'. Anschließend hat Bassist Fredrik ein paar Problemchen mit seinem Monitor, was ihn zu der Aussage "My monitor is breaking the law" hinreißt. Seine Mitstreiter fackeln da nicht lange, und nehmen dies zum Anlass, den entsprechenden JUDAS PRIEST-Song zu spielen. Da eine Cover-Version selten allein kommt, gibt es als Nachschlag noch 'Balls To The Wall' von ACCEPT zu hören, bei dem sich auch mal wieder Gerrit ins Bühnengeschehen einklinkt. Doch MORGANA LEFAY haben auch noch eigene Stücke am Start, wie beispielsweise 'The Master Of The Masquerade', das absolut frenetisch bejubelt wird. Anschließend ertönt bereits Musik vom Band, so dass man das Gefühl hat, dass es das nun wirklich war, aber mit 'My Funeral Is Calling' halten die Schweden noch eine letzte Zugabe bereit. Danach ist aber dann endgültig Schluss, und MORGANA LEFAY verabschieden sich. Insgesamt bleibt also festzuhalten: MORGANA LEFAY sind und bleiben eine absolute Live-Macht - man kann die Schweden nämlich noch so oft gesehen haben, sie reißen einen immer wieder mit. Und zu kritisieren hat man in der Regel nicht viel - höchstens, dass sie ma wieder den einen oder anderen Song nicht gespielt haben (z.B. 'Rooms Of Sleep'), aber bei einem stetig ansteigenden Back-Katalog ist das natürlich nicht zu vermeiden.

Setlist:
I Roam
Angels Deceit
Face Of Fear
End Of Living
Another Dawn
Over And Over Again
Hollow
The Source Of Pain
In The Court Of The Crimson King
The Boon He Gives
Maleficium
To Isengard
Delusions
The Master Of The Masquerade
My Funeral Is Calling

Redakteur:
Martin Schaich

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