Metal Forever Festival - Böblingen

22.02.2007 | 15:41

30.12.2006, Böblinger Sporthalle

Ein Festival für die gute Sache, mit vielen Bands aus dem Hardrock- und Powermetalsektor. Das Metal Forever Festival, übrigens die letzte Veranstaltung in der Böblinger Sporthalle, brachte viele gute Gründe mit, den vorletzten Tag im Jahr mit Metal ausklingen zu lassen. Organisatorisch lief alles bestens, obwohl einiges doch hätte anders gemacht werden können. Doch das wichtigste, die Bands, liefen ohne größere Probleme ab, und da leider nur sehr wenige Leute kamen, wurde es ein fast familiäres Festival unter einem guten Zeichen.

Achja, die Mainstage, auf der sich in letzter Zeit auch Legenden wie IN FLAMES, CHILDREN OF BODOM und SLAYER auf der letzten gemeinsamen Tour die Beine vertraten. Dass hier die großen Gigs steigen würden, war von Anfang an klar, und so sollte hauptsächlich hier die Luzi abgehen, als wäre sie Schmitts Katze persönlich. Es gab Lichtgeräte, ein um einiges größeres Soundpult, was dann natürlich auch mit einem entsprechend größeren Sound einherging. Links und rechts von Bierständen flankiert genau der richtige Ort, um das Festival zu genießen. Wer wollte, konnte sich somit mit seinem Bier an die Begrenzung der Sitzplätze, die leider abgeschlossen waren, lehnen und auf die nächste Band warten. Oder, aufgrund einer leider nicht aus allen Nähten platzenden Halle, die Band selber von da aus genießen.

BLACK ABYSS

Da betrat man nichts ahnend das Mainstage-Areal, schaute sich ein bisschen um ... und stellte fest, dass da schon eine Band zu spielen begonnen hatte. Und besonders bei BLACK ABYSS ist es sehr schade, dass das irgendwie noch keinen richtig interessierte. Dafür fühlten sich die Jungs aus dem Schwäbischen Gmünd sichtlich wohl auf der Bühne, allen voran Bassist Andreas Siegl, der sich austobte, als ob er gerade einen Fünfzehn-Stunden-Stau aus den Knochen polieren musste. Nur Gitarrist Stefan Haum war heut ein bisschen faul, was die anderen Bandmitglieder allerdings schnell wettmachten. Vor der Bühne hatten sich noch sechs Mitglieder des Fanclubs versammelt, die so genannten Maniacs, die damit auch fast die gesamte Publikumsarbeit leisteten, obwohl es sich doch langsam füllte. Bei mir zumindest hatte sich die Band mit sympathischen Ansagen und guter Musik einen Platz in meiner "To Buy"-List erarbeitet.

JUSTICE

Die Franken mit dem Faible für wilde Bartfarben hatten sich ein denkbar ungünstiges Festival für ihren Thrash/Death-Metal ausgesucht. Wo sonst überall Power Metal und Hard Rock gespielt wurde, fielen die härteren Klänge doch ein bisschen aus der Reihe, was sich in doch sehr verhaltenden Publikumsreaktionen äußerte. Trotz allem wussten die Jungs auf der Bühne zu überzeugen. Mit fränkischer Heiterkeit, einer guten Lichtshow sowie hervorragenden Sound machten die Bandmitglieder in der sehr spontanen Show eine hervorragende Figur, die die paar Leute, die sich vor der Bühne eingefunden hatten, auch entsprechend zu würdigen wussten. Wer sich also schon ganz am Anfang von Mitsingrefrains und verständlichem Gesang erholen wollte, hatte bei JUSTICE die perfekte Gelegenheit, eine Gelegenheit, die die Band hervorragend zu ergreifen wusste.

EVIDENCE ONE

Guten Power Metal zu machen ist schwer. Power Metal, der dann auch nicht zu schnell langweilig wird, noch schwerer. Zum Glück verstehen die Leute um EVIDENCE ONE das Geschäft doch ganz gut, und so hatte sich mit der Band aus Deutschland eins der ersten Highlights des Tages eingeschlichen, um damit auch prompt eines der größten Publikumszuläufe des ganzen Festivals zu bekommen. Eingängigkeit, Abwechslung und Spitzenmelodien bestimmten fortan das Programm. 'Written In Blood', 'Thunder Hits The Ground', 'Virus In My Vains', alles Songs, die gut abgefeiert wurden, ganz wie sie es verdient hatten. Obwohl der Gesang manchmal etwas dumpf aus den Boxen kam, wusste die Show durch eine agile Band sowie durch ein gutes Lichtspektakel zu glänzen. Das Ganze verbunden mit einer gewissen Publikumsnähe, und EVIDENCE ONE unterstrichen ihren Status als großartige Power-Metal-Band.

MY DARKEST HATE

Der plötzliche Besucherschwund zeigte: Auch der Death Metal von MY DARKEST HATE war auf diesem Festival eher weniger gefragt. Schade eigentlich, machte das Baby von SACRED STEEL-Mastermind Jörg M. Knittel und Ex-PRIMAL FEAR-Drummer Klaus Sperling eigentlich alles richtig, was man auf der Bühne richtig machen kann. Mit einer guten Songauswahl wurden die Köpfe von so machen Anwesenden zu Brei zerschlagen, und wäre das Festival entsprechend, das Publikum wäre abgegangen als ob es kein Morgen mehr gäbe. So hatten halt nur vereinzelte Headbanger Spaß, und obwohl sich die Anzahl der Nackenschmerzen aufgrund ausgiebigen MY DARKEST HATE-Abfeiern in Grenzen hielten, mit gutem Sound und guter Lichtshow hatten die Todesmetaller doch so einige überzeugen können.

JADED HEART

Nun kam endlich die Gelegenheit, Neuankömmling Johan Fahlberg bei JADED HEART singen zu hören. Dass er seinen Job nicht schlecht macht, hatte er bei "Helluva Time" bereits eindrucksvoll bewiesen, mit dem Live-Auftritt hatte er nun endlich den erwarteten Punkt am Ende des Satzes gesetzt. Obwohl er aussieht wie ein Freund von mir, der ein bisschen wie Ville Vallo von HIM aussieht, machte Johan stimmungstechnisch alles richtig, und konnte die zurück gekehrte Meute durchaus begeistern. Sound und Licht sowie die Agilität der Band reihten sich auch in die Riege der "Besser geht's nicht"-Bands ein, und mit Songs wie 'Caught In A Web', 'Unholy', 'Feels Like Home' und dem ANASTACIA-Cover 'Paid My Dues' konnte sowieso nichts schief gehen. Mir persönlich fehlte mein Lieblingssong 'Jaded', aber das ist eine Einzelmeinung und trübte in keinster Weise die gute Show von JADED HEART, die vom Publikum auch entsprechend aufgenommen wurde.

MAJESTY

Die MANOWAR-Klonband spaltet wie kaum eine andere, aber eins konnten sie heute eindrucksvoll beweisen: Bühnentechnisch wissen die Jungs einfach, was sich gehört. Auch wenn der Sound anfangs da so gar nicht mitspielen wollte. So gab es eine völlig übersteuerte Gitarre und ein Gesang, der das Meisterstück fertig brachte, zu leise und gleichzeitig zu schrill zu sein. Gerüchte besagen, das nach dem Gig einige angepisste Worte vom Mann an der Klampfe zu hören waren. Doch spätestens ab dem fünften Song hatte der Mensch am Mischpult ein Einsehen, und so gab's eine hervorragende Show, in der tatsächlich mehr gespielt als gepost wurde. Vor allem das ältere Material, was in rauen Mengen von der Bühne gefeuert wurde, erfreute sich bei den Anwesenden einer großen Begeisterung. Vor allem das 2002er-Werk "Sword & Sorcery" wurde sehr stark bedacht. Neben dem Titeltrack des Albums erfreuten uns die Majestäten mit Krachern wie 'Metal To The Stadium' und 'Metall II Metal'. An dem Auftritt dürften wirklich nur Bandhasser etwas auszusetzen gehabt haben.

CHINCHILLA

Die Band vom Festivalorganisator Udo Gerstenmeyer durfte sich mit dem Hassobjekt eines jeden Autofahrers auseinander setzen: unserem knabberwütigem Freund, dem Marder. Und so wartete und wartete und wartete man erstmal ein bisschen, bis endlich die ersten Töne erklangen und das Publikum die ganze Vorfreude entladen konnte. Und dass die Band so richtig gut drauf war, bewies Sänger Thomas Laasch mit herrlicher Sprücheklopferei, dessen Opfer zumeist TOKIO HOTEL wurde, sowie einer Bühnenbeweglichkeit eines Bruce Dickinson. Mit guter Stimme und guter Gitarren gab es Stücke wie 'The Call', 'Madtropolis', 'Father Forgive Me' oder 'Take No Prisoners'. Der Power Metal wurde dankbar angenommen, das Publikum freute sich, die Band freute sich, und in irgendeinem Busch, ganz weit weg, freute sich ein sehr zufriedener und satter Marder.

VENGEANCE

Oh Mann, was für ein Auftritt. So viel Souveränität, so viel Spielfreude, so viel Rock 'n' Roll hatte ich schon lange nicht mehr erlebt. Aber erst mal der Reihe nach: Leon Goewie, seines Zeichens Sängers und Träger von Hosen, in denen man auf gar keinen Fall eine Erektion kriegen sollte, wandelte während des Soundchecks zielsicher auf die Bühne, griff sich das Mikro und erwähnt beiläufig: "We are Rock 'n' Roll, we don't need a Soundcheck." Was übersetzt übrigens soviel heißt wie: "Ich scheiß auf Soundcheck." Und dann ging's auch los. Angestachelt von dieser Coole-Sau-Nummer gingen die Songs auch sofort dahin, wo sie hingehörten: in den Körper, um eben diesen in absolute Ekstase zu versetzen. Aber die absolute Lässigkeit ging weiter. Denn egal ob in einem albernen Sultanskostüm mit viel zu großen Hut und Schuhen oder bei einem plötzlichen Gitarrenausfall, die Holländer von VENGEANCE wirkten einfach cool und lässig bis zur letzten Sekunde, in der sich Leon Goewie eine geniale Methode ausgedacht hatte, um das Publikum den letzten Rest Energie zu klauen. Einfach eine Wasserflasche nehmen, auf den Kopf setzen, und den Inhalt erst dann über den ganzen Körper verteilen, bis auch die letzte Reihe sich die Lunge aus dem Leib und an die nächste Wand geschrieen hatte. Der helle Wahnsinn und genau die richtige Band, um für den Headliner DEMON die Menge ins Nirvana zu transportieren.

DEMON

Gut, gegen die Stimmungskanonen von VENGEANCE kamen DEMON einfach nicht an. Wollten sie auch nicht. Die Legenden aus England wußten, dass sie Songs dabei haben, die einfach jeden im Publikum begeistern. Sei es 'The Plague' oder, natürlich, 'Don't Break The Circle', jeder Song brachte die Anwesenden in den ganz persönlichen Tempel der Glückseligkeit. Und so füllte die Band den Auftritt ausschließlich mit ihrem Charisma und ihrem unsterblichen Songmaterial. Das Publikum wusste das, feierte jede Ansage, jeden Song frenetisch ab, und da ist es egal, welches Alter man gerade erreicht hatte. Wie viele Bands gibt es noch, die ausschließlich mit ihrer Aura eine Halle zum Brodeln bringen können? Wie auch immer, DEMON bewiesen ganz klar, warum sie die Headliner-Position innehatten, und nutzten sie auch in vollen Zügen. Ein starker Auftritt von einer starken Band.

SINNER

Der Rausschmeißer des Abends hieß Mat Sinner, und wer immer noch nicht aus dem letzte Loch pfiff, dem wurde von SINNER der endgültige K.O.-Haken verpasst. Dabei wurde tief in die Albenkiste gegriffen, um mit alten Songs wie 'Knife In My Heart' (ich liebe das Cover des dazugehörigen Albums, 'Dangerous Charm') oder 'Germany Rocks' gleich eine kleine Nostalgiewelle über den Auftritt zu legen. Aber auch die neue Platte "Mask Of Sanity" bekam einen Kurzauftritt, bevor dann das BILLY IDOL-Cover 'Rebell Yell' auf dem Programm stand. Als perfekte Mitsingnummer getarnt (wer kennt den Refrain nicht?) erwies sich der Titel als richtiger Gassenhauer, der sowohl Publikum als auch Band erfreute, und eine perfekte Überleitung zum Highlight des Abends bildete. PRIMAL FEAR-Sänger Ralf Scheepers fand sich in die Hallen der Böblinger Sporthalle ein, um den berühmtesten PRIMAL FEAR-Song, 'Metal Is Forever' mit einigen anderen Sängern des Festivals, wie Ferdy Doernberg, VENGEANCEs Leon Goewie, der seine Wassernummer nun mit Bier zeigte oder den schon recht orientierungslosen JADED HEART-Sänger Johan Fahlberg darzubringen, was dem ganzen Festival einen genialen Abschluss verschaffte.

Redakteur:
Lars Strutz

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