Metal Bash Festival 2016 - Neu Wulmstorf bei Hamburg

25.07.2016 | 12:35

21.05.2016, Schießsportanlage

Und wieder mal ein Kessel Buntes aus Thrash-, Death-, Black- und Traditionsmetal vor den Toren Hamburgs auf dem METAL BASH 2016.

In diesem Jahr findet das METAL BASH nicht wie gewohnt am ersten, sondern erst am dritten Wochenende des Wonnemonats Mai statt, um großen Veranstaltungen wie z. B. dem Hamburger Hafengeburtstag aus dem Weg zu gehen. Diese Entscheidung war goldrichtig, denn nicht nur der Platz ist schon am frühen Vormittag erstaunlich gut gefüllt. Das Wetter ist an diesem 21. Mai premium, oder, wie man im Norden sagt, "Kaiserwetter", mit praller Sonne und herrlichen 24 Grad. So kann bei einem ersten veganen Erfrischungsgetränk auf Hopfenbasis ein phantastischer Tag voller unglaublich guter Live-Musik beginnen!

Was kommt einen in den Sinn, wenn man spontan nach SHADOWBANE gefragt wird? GLORYFULL, BLACK HAWK, METAL INQUISITOR oder auch PARAGON, die den heutigen Tag co-headlinen werden. Oder mit anderen Worten: Alles was des Liebhabers Herz in Sachen melodischen Teutonenstahl höher schlagen lässt. Powermetal an der Grenze zum True, heftiges Gitarren-Duett auf fettem Drum/Bass-Fundament und eine Frontröhre, die Härte und Melodie immer siegessicher über die Distanz führt. Zur Mittagszeit heute viel zu früh platziert machen die Hamburger vor der eigenen Haustür aber mehr als das Beste draus: Sie bestrafen alle, die noch nicht auf dem Platz sind, durch einen Hammer-Set nach dem Motto "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben".
Setlist SHADOWBANE: Intro, Tear Down The Walls, Beyond The Winds Of War, Under Bleeding Skies, Traitor, After The Fallout, Source Of Grief, King Of The Kill, Dystopia

Mit THE COMMITTEE tritt mit Sicherheit die ungewöhnlichste Band des Tages auf die Bühne. Von schwarzen Strumpfmasken verhüllt, zu denen man ebenso schwarze Uniformen trägt, zelebriert man Doom Black Metal. Gefrontet von einem düsteren Sensenmann, der sein Werkzeug nie aus der Hand legt und uns ständig das Gefühl vermitteltn uns gleich alle holen zu wollenn dröhnt diese Formation der Unbekannten soundtechnisch tiefer gelegt als Stuttgart 21. Vor allem was "The Mediator" am Tieftöner für ein Soundgewitter entfacht ist hörens- und durchaus sehenswert. Sicherlich ist das Image der Band, die bewusst provozierend mit dem Stalinismus und der frühen Sowjetunion kokettieren grenzwertig, Abwechslung bringen die Düsterheimer allemal ins Festival.

Die DRUNKEN SWALLOWS bewegen sich immer noch extrem stark im Fahrwasser der KNEIPENTERRORISTEN, die von den jungen Ostholsteinern seit Jahren bei jeder erdenklichen Gelegenheit supportet werden. So spielt man heute auch wieder zahlreiche kurze gemeinsame Pausen-Auftritte im Festzelt – unplugged und bierseelig, wie es sich zur Attitüde gehört. Zudem dürfen die fünf Deutsch-Punkrocker aber auch wieder elektrisch auf der großen Bühne herumtoben. Nach dem obligatorischen RAMONES-Intro geht es 'Im Sturzflug durch die Republik' mit Songs vom neuen Album und mit dem durchaus gelungen RAMONES-Cover 'Pet Cemetary' weiter. Es folgt zu guter Letzt die Verabschiedung von Gitarrist Robi, der die Band verlässt, mit (Achtung: Überraschung!) der gesamten KNEIPENTERRORISTEN-Mannschaft als Verstärkung. War okay und tut nicht weh.

Die aus Berlin kommenden SPACE CHASER haben sich über die letzten Jahre eine feine und sehr treue Fanbase in der Republik erspielt. Irgendwo zwischen Speedmetal und Oldschool-Thrash, der zumindest mich immer wieder an OVERKILL erinnert, überzeugen die Traditionalisten sehr schnell das Publikum. Richtig steil geht die Meute zum Schluss, als noch AGENT STEEL und IRON MAIDEN in Hammer-Versionen gecovert werden. Gerade bei 'Aces High' beweist Sänger Siegfried Rudzynski, dass er bei weitem nicht nur schrill und hoch kann, klasse Jungs!

Die NITROGODS sind immer Garanten für eine bärige Stimmung mit Ihrem Mix aus Bikerrock ('Gasoline'), traditionellem Metal ('Black  Car Drivin´ Man') und südstaatengetränktem Blues ('At Least I'm Drunk'). Getreu ihrem Motto "Three men are enough!" geben die ehemaligen PRIMAL FEAR-Mucker Henny Wolter (g) und Klaus Sperling (d) mit Bassist und Frontmann Oimel wieder einmal eine Lehrstunde in Sachen ehrlicher, handgemachter Musik ohne Schnörkel und vor allem ohne "doppelten Boden". Und so bekommen auch all jene Clicktrack-Verwender, Laptop- und Playback-Artisten verbal ihr Fett weg im gar nicht so freundlich getexteten 'Lipsynch Stars'. Natürlich dürfen Klaus' legendäres Solo auf der Bierflasche, Oimels stets rauh verschmitzte Ansagen und Hennys Homage an seine alte Band THUNDERHEAD (Hammerversion von 'Take It To The Highway') nicht fehlen, bevor die Band

nach einer knappen Stunde viel zu früh die Bühne räumen muss. Dieses basische Powertrio ist auf jedem Festival dieser Art für die doppelte Spielzeit gut!

SYNDEMIC haben wieder ein neues Album in Arbeit und sind, wie schon 2014, viel zu hoch auf dem Billing. Ihr Death Metal ist weiterhin okay, aber weder Songs noch Performance sind irgendwie inspirierend. Wenn man sich vor Ohren hält, wer hier heute bereits zu viel ungünstigeren Zeiten abgeliefert hat, beschleicht einen leichter Unmut.

Schon kurz nach dem Ableben von MOTÖRHEAD-Legende Lemmy Kilmister Ende Dezember letzten Jahres hatte METAL BASH-Veranstalter Jörn Rüter angekündigt, aus diesem Anlass seine Tributeband MOTÖRMENT zu reaktivieren und auf dem diesjährigen Event eine spezielle Lemmy- und Philty-Gedächtnis-Show zu spielen. So ist auch von vornherein klar, dass es nichts Neues von "Aftershock" oder "Black Magic" geben wird, sondern sich die Setlist auf die ganz alten Goodies konzentrieren wird. Und die hat das Trio verdammt gut drauf! War Jörn vor dem Auftritt noch etwas nervös, wie er unserem Magazin gestand, weil er seit acht Jahren seinen "guten alten Rickenbaker-Bass" nicht mehr in Händen hatte, ist davon spätestens nach dem Opener 'Iron Fist' und der direkt folgenden Granatenversion von 'Ace Of Spades' nichts mehr zu merken. Souverän unterstützt von Ray Curtis Coxx (g) und Ex-PARAGON-Schlagzeuger Chris Gripp zelebriert man ein knapp einstündiges Gedenken an die Hochzeit von Lemmy und Co., wie es besser hätte nicht gelingen können. Alt- und Neufans der Motorköpfe feiern ihre alten Idole noch einmal standesgemäß headbangend und bierduschend ab - so wie es sich gehört!
Setlist MOTÖRMENT: Iron Fist, Ace Of Spades, We Are The Roadcrew, No Class, Stone Dead Forever, R.A.M.O.N.E.S., Over The Top, The Hammer, Orgasmatron, Bomber, Overkill, Motörhead

Co-Headliner dieses Jahr ist das Hamburger Teutonenstahl-Schlachtschiff PARAGON. Da heute die spezielle 25-Jahre-Jubiläums-Show und das neue Tonwerk "Hell Beyond Hell" gleichzeitig präsentiert werden, legen sich die Hanseaten mächtig ins Zeug und beweisen, dass die Besetzung als Co-Headliner des heutigen Tages mehr als eine richtige Entscheidung war. Beim hammerharten 'Impaler' übernimmt Ex-Schlagzeuger Chris Gripp (TORMENT, MOTÖRMENT) den Druck von hinten und Bandgründer Martin Christian Wöbke (KNEIPENTERRORISTEN) die Leads an den sechs Saiten – eine schöne Geste. Doch auch sonst bleibt man dem Publikum in den großzügigen siebzig Minuten nichts schuldig. Das epische 'Masters Of The Seas' kommt noch dramatischer als auf dem Tonträger aus den Boxen und mächtige Klassiker wie 'Gods Of Thunder' harmonieren perfekt mit brandneuem Stoff der Marke 'Rising Forces'. Nachdem die 'Armies Of The Tyrant' noch einmal Schädel spalten ist der 'Thunderstorm' dann gefühlt viel zu früh zu Ende. Weiter so PARAGON, ein Prost auf die nächsten Fünfundzwanzig!
Setlist PARAGON:Intro (Last Day On Earth), Abducted, Hellgore, Gods Of Thunder, Rising Forces, Hell Beyond Hell, Across The Wastelands, Black Hole, Tornado, Palace Of Sin, Impaler (mit Chris Gripp & Martin Christian), Masters Of The Seas, Armies Of The Tyrant, Thunderstorm

Als The Demolition Man, Mantas und Abaddon die Bühne erklimmen und mit 'Welcome To Hell' nicht nur das Motto der nächsten anderthalb Stunden festnageln, sondern ein musikalisches und optisches Inferno vom Zaun brechen, das auch die letzten Zweifler – so es diese heute überhaupt hier geben sollte – mundtot macht, ist klar: The real VENOM is back! (...auch wenn sie sich aus rechtlichen Gründen den kleinen Zusatz "Inc." Im Namenszug geben müssen.). 'Don't Burn The Witch', 'Raise The Dead' und '7 Gates Of Hell' schlagen in die Magengrube, machen Gänsehaut und treffen auf den Punkt wie ein Hammerschlag auf den Scheitel. Hat der Schreiber dieser Zeilen diese Band seit 35 Jahren als roh, ungeschliffen und ungestüme Macht im Kopf, kommt heute noch eines dazu: Die Gewissheit, dass es kaum eine bessere Live-Formation als dieses Trio im Genre gibt. 'Poison' ist der Rock 'n' Roll, den MOTÖRHEAD immer gesucht haben. Und nicht erst bei 'Sons Of Satan' wird klar, was für ein brillanter Metal-Gitarrist Mantas eigentlich ist, wahrscheinlich der auf ewig am meisten unterschätzte überhaupt. Sein bescheidener Hinweis, dass ein kleines Werk aus seiner Feder möglicherweise ein ganzes Metal-Genre kreiert hat, passt da nur bestens ins Bild, denn er spricht von 'Black Metal'! Mit diesem Trio, das wahrlich nicht nur mich in dieser Intensität und Tiefe überrascht und völlig von Hocker gehauen hat, hat das METAL BASH den großartigsten Headliner seiner Festivalgeschichte gehabt. Dies zu toppen wird im nächsten Jahr wahrlich schwer sein.
Setlist VENOM INC.: Welscome To Hell, Angel Dust, Don't Burn The Witch, Leave Me In Hell, Blackened Are The Priests, Carnivorous, Buried Alive, Raise The Dead, 7 Gatesf Hell, In Nomine, Bloodlust, Poison, 1000 Days In Sodom, Live Like An Angel, Warhead, Sons Of Satan, Witching Hour, Zugabe: In League With Satan, Die Hard, Black Metal, Countess Bathory

Ein Dank für die Fotos zu diesem Bericht geht an Wolfgang Kühnle. Die komplette Bilderstrecke findet Ihr auf seiner Website (www.Fotowolle.de)

Redakteur:
Martin Rudolph

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