M'era Luna - Hildesheim

27.08.2011 | 10:25

13.08.2011, Flugplatz Drispenstedt

Gothics, EBM-Tänzer und allerlei bunte Gestalten treffen sich zum jährlichen Kostümfest, begleitet von unterschiedlichsten Musikstilen.

Zu MONO INC. haben Viele bereits ihre Zelte abgebaut und genießen die letzten Stunden auf dem Festivalgelände. Pünktlich zum Auftritt sind die Regenwolken verschwunden – das sei immer so. Als Sänger Martin Engler mit einer Akustikgitarre 'The Passenger' anstimmt, singen die Fans kräftig mit uns jubeln in die Kamera, als Schlagzeugerin Katha Mia auf die Bühne kommt, um eine neue Folge des bandeigenen TVs zu drehen. Danach geht es wieder elektronisch weiter, der Mitsingfaktor bleibt dennoch hoch. Das Highlight des Sets stellt 'Voices Of Doom' dar, allerdings fehlt hier wirklich eine weibliche Sängerin auf der Bühne. Martin läuft fleißig über die Bühne und stachelt seine Anhänger weiter an und macht Werbung für die anstehende Tour im Herbst. Mit 'Get Some Sleep' ist das Konzert vorbei. Ein angenehmer Weckruf der Hamburger. Danach fängt es auch schon wieder an, zu regnen. Was auch sonst?
[Pia-Kim Schaper]

 

Im Hangar wirds am Nachmittag dagegen elektronisch. Die deutschen Old-School-EBMler von TYSKE LUDDER marschieren auf. Einige Bildschirme und eine Leinwand zieren das Bühnenbild, auf denen werden Kriegsszenen eingespielt. Das passt auch zur harten Musik, die die nur mäßig gefüllte Halle beschallt. Auch das martialische Aussehen der Band und Titel namens 'Wie der Stahl gehärtet wurde' und 'Panzer' machen einen etwas seltsamen Eindruck. Zumindest auf den ersten Blick sind die Melodien doch recht eingängig und gehen recht schnell in die Beine. So dauert es nicht allzu lange, bis fast alle tanzen und die halbe Stunde beschwingt zu Ende geht.
[Matthias Köppe]

END OF GREEN scheinen noch nicht ausgeschlafen zu sein. Unmotiviert präsentieren sie sich ihren Fans, die das nicht stört: Sie singen mit, vorne wird getanzt, Hände gehen in die Höhe. Sänger und Gitarrist Michael Huber spricht kaum mit seinen Anhängern, hält es aber für nötig, sich für seine Bräune zu entschuldigen. Er wäre nicht im Urlaub, auf dem Friedhof schiene auch die Sonne. Es lebe das Klischee. Mit 'Goodnight Insomnia' bringen sie das Highlight des Auftrittes sehr früh. Das Gelände füllt sich immer mehr, der Leistung der Band ist das allerdings nicht zuzuschreiben. END OF GREEN liefern die mit Abstand schlechteste Performance des Festivals ab – da helfen auch keine Rettungsversuche der Gitarristen des Bassisten mehr.
[Pia-Kim Schaper]

Danach gilt es, einen Geheimtipp abzuchecken: TYING TIFFANY sind hierzulande noch eher unbekannt, obwohl die Italiener doch schon einige Alben vorweisen können. Der Hangar wird noch ein wenig leerer als zuvor, was aber der Spielfreude der Band keinen Abbruch tut. Ab dem ersten Moment wird eine energetische Show geboten, von Elektronik getrieben und mit Gitarren versetzt. Dazu eine Sängerin, die wie ein Wirbelwind umhergeht, dass es nur so eine Freude ist. Ihr verzerrter Gesang klingt fast hypnotisch, es könnte fast noch eine Party werden. Nur leider machen nur wenige mit, die Aufforderung zum Tanze verhallt zu oft ungehört. Schade drum, denn Songs wie 'Still In My Head' oder 'Bunny Funny Bunny' hätten es verdient, mehr Aufmerksamkeit zu finden. Mit  'Show Me What You Got' folgt dann noch ein eingängiger Titel. Trotzdem wird die Band wohl noch länger ein Geheimtipp bleiben, doch die, die heute dabei sind, werden dieses tolle Ereignis nicht so schnell vergessen.
[Matthias Köppe]

Die Party des Festivals schmeißen TANZWUT. Mit 'Ihr wolltet Spaß' machen sie eine klare Ansage. Überall auf dem Gelände wird getanzt, die größte Meute steht natürlich vor der Bühne und feiert jeden einzelnen Kommentar des redseligen Fronters Teufel ab. Zu 'Das Meer' fordert er die Zuschauer auf, mit den Armen ein Meer zu bilden und die Wolken wegzuschieben. So ganz gelingt das nicht, 'Zauberspruch', 'Lügner' und 'Wächter' werden trotzdem abgefeiert. Teufel wird nicht müde, immer wieder Werbung für das kommende Album "Weiße Nächte" zu machen, das im September erscheint. Mit dem Die Ärzte-Cover von 'Bitte Bitte'  spricht Teufel alle Perversen an – davon scheint es viele zu geben. Das Publikum auch bei 'Wie ein Vulkan' und 'Arzt' textsicher. TANZWUT beschränken sich auf ihre Hits und bringen leider keine neuen Titel. Mit 'Schattenreiter' endet der Auftritt traditionell.



Bei GOTHMINISTER stinkt es im Hangar extrem nach Sprengstoff. Die Norweger sparen auch nicht an Pyros und qualmen die Halle damit mächtig zu. Auf der Bühne steht ein großes Podest, auf dem Sänger Björn Alexander Brem Position bezogen hat, um die Fans zum Tanzen aufzufordern. Das ist eigentlich nicht nötig, denn im gut gefüllten Hangar zappeln die Zuschauer allenorts ab. GOTHMINISTER fahren harte Geschütze auf und lassen zu 'Stonehenge' ein Monster von der Decke. Mit 'Beauty After Midnight' und 'Dusk 'till Dawn' geht die Party weiter und findet in der aktuellen Single 'Liar' ihren vorläufigen Höhepunkt. Die Band macht ordentlich Stimmung und feiert auf der Bühne fast so wie die Fans unten. Do You Believe In 'Monsters' ist die zentrale Frage des Tages und natürlich kommt wieder die finstere Gestalt von der Decke.

Auf der größen Bühne ist es ebenfalls elektronisch: PROJECT PITCHFORK feuern Konservenmusik aus den Boxen. Die Fans stört das überhaupt nicht und sie feiern bis hinter den Soundturm. 'Fire And Ice', 'Timekiller' und 'Souls' heißen die Hits des Tages. Jubel kommt vor allem auf, als Steve Naghavi von AND ONE die Bretter besteigt und Sänger Peter Stilles unterstützt. Dirk Scheuber und Jürgen Jansen an den Reglern gehen ebenfalls mächtig ab und stacheln die Fans weiter an. Die springen, recken die Hände in die Luft und klatschen den Takt mit. Über das Gelände verteilt tanzen hier und dort ein paar Fans. Peter und seine Truppe sind sichtlich zufrieden.
[Pia-Kim Schaper]

Mit TIAMAT rockt es im Hangar nun dem Ende entgegen. Die Schweden sind sichtbar gut drauf und lassen das die Anwesenden auch sofort spüren. Nach dem spritzigen Anfang mit 'Fireflower/Summer By Night' und dem ruhigeren 'Cain' geht es weiter mit einem wahren Feuerwerk an bekannten Hits. Mit 'Whatever That Hurts', 'Divided' und dann 'Vote For Love' zieht das Tempo gleich wieder scharf an. Mastermind Johan Edlund hält sich mit großartigen Ansagen zurück, die Zeit ist auch recht knapp bemessen. Aber das Publikum wird trotzdem fortwährend animiert, sich im Rhythmus zu bewegen, mitzuklatschen oder ähnliches. Das gelingt durchaus gut, denn mit 'Brighter Than The Sun' gibt es nun einen Song mit ordentlich Tempo und zudem eines der wohl größten und beliebtesten Stücke zu hören. Einfach nur großartig. Das aktuelle Album 'AMANETHES' wird danach nur mit 'Until The Hellhounds Sleep Again' gewürdigt. Mit 'Phantasma De Luxe' und 'Cold Seed' verabschiedet sich die Truppe schon wieder von der Bühne. Verwunderte Blicke auf die Uhr beweisen, dass das eigene Zeitgefühl nicht trügt und noch einige Zeit übrig ist, hier also nur Zugabe-Rufe provoziert werden sollen. Diese kommen prompt und natürlich lässt man sich da auch nicht lumpen. Und ein Gastsänger hat sich auch gleich mit eingefunden, um Herrn Edlund bei 'Sleeping Beauty' zu unterstützen. Doch danach kommt das unweigerliche Ende: 'Gaia' ist der klassische Abschluss eines TIAMAT-Konzertes, so auch heute. Das ist noch mal episch lang und erzeugt Gänsehaut. Der tosende Applaus der zahlreichen Fans beendet ein tolles Konzert, das man sich auch mal auf der großen Bühne wünschen würde.

Setlist

Fireflower / Summer by Night
Cain
Whatever That Hurts
Divided
Vote for Love
Brighter Than the Sun
Until the Hellhounds Sleep Again
Phantasma De Luxe
Cold Seed
-------------------
The Sleeping Beauty
Gaia

[Matthias Köppe]

 

Kuschelig wird es beim Auftritt der VNV NATION. Die sanften, romantischen Electro-Töne sprechen vor allem die Pärchen an, die überall eng umschlungen das Geschehen auf der Bühne verfolgen oder sich in innigen Küssen verlieren. Sänger Ronan Harris beackert jeden Winkel auf den Brettern und hat die Anhänger mit sympathischen Ansagen schnell in der Hand. Jedes Lied wird kräftig beklatscht und einige Fans singen mit, wenn sie nicht gerade schmusen. Vor der Bühne ist dennoch Party und trotz der romantischen Stimmung tanzen ein paar Fans zu Hits wie 'Preasure'. Zu 'Protection' ist der Kuschelfaktor besonders hoch. Harris stellt stolz seine Truppe vor und jeder einzelne wird ausgiebig bejubelt. VNV NATION präsentieren ein abwechslungsreiches Set und sich selbst in bester Verfassung.
[Pia-Kim Schaper]

Die Performance von MY DYING BRIDE können wir aus arbeitstechnischen Gründen nur kurz besuchen. Schließlich sind in der Nacht noch einige hundert Kilometer zu bewältigen. Aber erst einmal begrüßen wir die Briten noch artig, die den Abschluss im Hangar bilden. Und von der ersten Sekunde ergießt sich die ganze Traurigkeit das Daseins durch den Raum. Man findet es geradzu schade, dass es nicht drinnen regnen kann. Doom-Metal vom allerfeinsten durchdringt alles und jeden. Leider bekommen wir dann nur 'The Sexuality Of Bereavement', 'Bring Me Victory' und das wunderschöne 'Like Gods Of The Sun' mit, um uns dann endgültig aus Hildesheim zu verabschieden. Eigentlich schade bei dieser Ausnahmeformaton, aber es wird sicher Gelgenheiten geben, das Verpasste noch einmal nachzuholen.
[Matthias Köppe]

Wenn es bei VNV NATION kuschelig war, tropft bei HURTS der Schmalz von der Decke. Die Schmachtfetzen der Briten schlagen ein – falls man das so sagen kann –, obwohl sich Viele gefragt haben, was diese Band eigentlich auf dem M'era Luna zu suchen hat. Aber irgendwie passen sie doch hierher und haben mit einem Streichquartett und einer ordentlichen Lichtshow auch gut was zu bieten. Die vielen Paare bleiben gleich in ihrer Umarmung und Sänger Theo Hutchcraft reißt sie nicht groß mit Ansagen aus ihren Welten. Schon an zweiter Stelle bringen HURTS ihren Radiohit 'Wonderful Life'. Mutig, aber mit ihrem ordentlichen Backup-Katalog beweist die Truppe ihre Qualität: 'Happiness', 'Blood Tears And Gold' und 'Illuminated' sind die weiteren Hits des Abends. Theo beackert die komplette Bühne und hat sich mit einem schwarzen Hemd auch gut in Schale geworfen. Nach gut 80 Minuten beenden HURTS einen guten Auftritt und beweisen, dass sie ein würdiger Headliner dieses Gothic-Festivals sind. Die meisten Fans machen sich zur angenehmen Tageszeit von 22 Uhr auf den Heimweg. Alle anderen suchen sich nach diesem Konzert etwas zum Kuscheln.

Redakteur:
Pia-Kim Schaper
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