MAGNUM - Augsburg

27.04.2016 | 20:35

26.04.2016, Spectrum

Einer der gemütlichsten Live-Clubs erlebt eine der besten Melodic Rock-Bands.

Langsam muss man ja eigentlich ein wenig Angst haben. Ich meine, natürlich ist MAGNUM an sich sowieso immer einen Besuch wert, aber nachdem einige Rocker uns im Alter von 69 Jahren verlassen haben, und Sänger Bob Catley auch bald auf diese Anzahl Lebensjahre zurückblicken können wird, muss man eine Show der melodischen Briten unbedingt besuchen. So mache ich mich heute auf ins Spectrum nach Augsburg, einem meiner absoluten Lieblingsorte für Konzerte. Eine große Bühne, ein sehr gemütlicher Saal und ein immer gut aufgelegtes und entspanntes Publikum sorgen regelmäßig für tolle Erlebnisse in der Fugger-Stadt. Und auch der Schneefall kann mich nicht abhalten.

So treffe ich pünktlich kurz vor halb Acht, dem angekündigten Konzertbeginn, ein. Zu meiner Überraschung dröhnt aber bereits Live-Musik aus der Halle. Wie jetzt? Aber MAGNUM ist das nicht. Tatsächlich gibt es doch eine unangekündigte Vorband. Ich frage mich durch und erfahre, dass die Rocker wohl RED'S COOL heißen oder so. Ich höre mir noch die letzten Minuten an, bevor die Band die Bühne verlässt. Was ich höre ist guter, aber auch nicht ungewöhnlicher Hard Rock. Das muss ich mir wohl mal in Ruhe anhören, anstatt im hinteren Bereich eines Clubs in den Eintreffen-und-Begrüßen-Minuten, wo ich von der musikalischen Darbietung eher wenig mitbekomme.

Um etwa zwanzig Minuten nach Neun betritt dann MAGNUM die Bühne. Unaufgeregt, routiniert und gelassen, lächelnd und einladend, hier kommt eine Truppe, die das alles bereits häufig erlebt hat und die genau weiß, was von ihr erwartet wird. So gibt es gleich erst einmal zum Aufwärmen 'Soldier Of The Line' und danach 'On A Storyteller's Night'. Natürlich ist die Stimmung sofort da. Die Band gönnt sich viel Licht, baut mehr auf die Präsenz der Musiker als auf Effekte. Catley steht dabei ganz vorne und auf Tuchfühlung mit dem Publikum. Seine rhythmischen Bewegungen sind sicher nicht mehr die eines jungen Mannes, aber dafür einfach hinreißend überzeugend und ansteckend. Obendrein bleibt der gute Bob, der mit seinen Tanzbewegungen auch schon desöfteren für verwunderte Blicke gesorgt hat, da man sich nicht vorstellen kann, wie er trotz seiner merkwürdigen Einsätze den Takt halten kann, gut in selbigem. Ich erinnere mich noch lebhaft eine seiner Akustikshow, bei der er mich jedesmal aus dem Konzept gebracht hat. Aber dabei immer perfekt sang!

Letzteres tut er auch heute, zumindest beinahe. Bob Catley ist eindeutig einer der besten Sänger der Rock- und Metalszene, was er heute unterstreicht. Wohlgemerkt geht er stramm auf die 70 zu. Der Rest der Band ist jünger, vor allem die Rhythmussektion besteht ja nicht aus Gründungsmitgliedern, und die anderen beiden "alten" Hasen stehen nicht so im Rampenlicht. Selbst Tony Clarkin an der Gitarre, und die Männer an den sechs Saiten stehen immer irgendwie im Mittelpunkt, hält sich wie üblich vornehm zurück, aber irgendwann im Laufe des Abends, zwischen Catleys Tätscheln der Damen in der ersten Reihe und Publikumsanimationen, zwischen Klassikern und neuen Gassenhauern, ja, irgendwann lächelt er sogar einmal. Kann er auch ruhig, denn im Laufe des Sets tauen die Anwesenden noch mehr auf.

Tatsächlich werden auch die neuen Lieder bejubelt und mitgesungen, von denen MAGNUM glücklicherweise viele spielt. Verglichen mit dem letzten Gig, den ich vor vier Jahren gesehen habe, gibt es nur acht Überschneidungen, und das sind nicht mal nur Klassiker! Das lobe ich mir, die Briten leben nicht nur in der Vergangenheit. Granaten wie 'Freedom Day', 'Blood Red Laughter' oder 'Dance of the Black Tattoo' sind auch zu gut, um sie einfach zu vergessen. Dummerweise gilt das aber auch für Dutzende weiterer Lieder. So gibt es keinen einzigen Song von "Wings Of Heaven". Schade, aber ich würde mich schwertun, einen Song dafür rauszuschmeißen.

Im zweiten Teil der Show folgen dann doch noch einige der alten Hits, immer wieder aber unterbrochen von aktuellen Stücken. Und gegen Ende des Auftritts baut auch Bob Catley ein wenig ab. Jedenfalls meine ich, 'The Spirit' von ihm bereits souveräner gehört zu haben. Trotzdem geht mit dem unvermeidlichen 'Kingdom Of Madness' nach über 100 Minuten ein großartiger Auftritt einer der besten Melodic Rock Bands der Welt zu Ende. Schade. Die Anwesenden im Spectrum hätten sicher noch gekonnt. Aber die Tour geht ja noch weiter, wer die Chance haben sollte, MAGNUM zu sehen, sollte nicht zögern. Und dann gibt es ja noch das diesjährige Rock Of Ages Festival, bei dem es ein Wiedersehen geben wird. Ich freue mich jetzt schon!

Setliste: Soldier of the Line, On a Storyteller's Night, Sacred Blood “Divine” Lies, Freedom Day, Dance of the Black Tattoo, Crazy Old Mothers, Blood Red Laughter, Your Dreams Won't Die, How Far Jerusalem, Unwritten Sacrifice, Twelve Men Wise and Just, Les Morts Dansant, All England's Eyes, Princess in Rags (The Cult), Vigilante, Zugaben: The Spirit, Kingdom of Madness

Redakteur:
Frank Jaeger

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