Live aus Wacken - Wacken

02.08.2005 | 09:52

05.08.2005, Black Stage

Pilotprojekt aus Wacken: "Live"-Bericht von der Black Stage.

Samstag:

ZYKLON
So langsam neigt sich meine Kondition schon dem Ende zu. Mit einem mordsdicken Schädel wache ich auf. Wieviel is dat? Viertel vor ZYKLON! Also auf zur Black Stage, wo sich schon eine größere Meute eingefunden hat. Ein mystisches Intro kommt mit viel Bass aus den Boxen, dann betreten die Skandinavier die Bühne. Als das Quartett losbrettert, ist die Meute schlagartig wach und bangt zu 'Worm World' los. Wie gewohnt drückt die Doublebass mächtig, dennoch sind die Gitarren relativ klar zu hören. Sänger und Bassist Secthdamon trägt wie so oft das bandeigene Shirt mit den acht Zacken, während Drummer Trym wie zu alten Black-Metal-Zeiten alles niedertrümmert. Er variiert zwar nicht viel im Tempo, dafür hält er gekonnt die hohe Geschwindigkeit. Vom EMPEROR-Erbe ist nicht viel übrig geblieben, hier regiert purer Death Metal. Zu 'Suptle Manipulation' lässt Fronter Secthdamon den Propeller kreisen, ansonsten feuert er öfter die Crowd an, die – so gut es angesichts der frühen Mittagsstunden geht – die Fäuste zurück streckt. Kleine Jubelstürme bei 'Psyklon Aeon', ehe 'Two Thousand Years' den Fuß vom Gaspedal nimmt. Nebel zieht über die Bühne – mich aber zieht's dann doch zum Frühstücksstand. Ein Kaffee muss her, obwohl ZYKLON zum Wachwerden recht gut geeignet sind. So, wie man ihr Geknüppel eben kennt.
(Carsten)

SUFFOCATION
Hachja, so lässt sich's leben: die erste Band um 14 Uhr, da kann man noch in aller Ruhe frühstücken und mal die Duschen beehren. Das Schlammschwimmen zur schwarzen Bühne hin wird dafür aber mit dem optischen Genuss von SUFFOCATION belohnt, die ich mal eben so als eine der einflussreichsten Todesbleigießereien in den US of A titulieren würde. Das machen besonders Songs wie 'Pierced From Within' oder das von mir sehnlichst erwartete 'Effigy Of The Forgotten' klar, die nun wirklich alles an die Wand (bzw. in den Matsch) blasen. Vom Sänger gibt’s New York-Slang in ebenso atemberaubender Geschwindigkeit wie die Blast-Parts aus der P.A. huschen, und bei den schön zahlreich vorhandenen Frickeleinlagen kommt auch der letzte Fan der American School of Death Metal auf seine Kosten. Hurgh!
(Rouven)

DISSECTION
Mal ehrlich: geschissen auf Fragen nach dem Sound, der anwesenden Meute oder ob man zu Leuten wie Jon die Pommesgabel guten Gewissens in die Luft recken sollte. Das einzige, was alle interessiert, ist die Frage, ob die Jungs auch nach acht Jahren Abstinenz noch was reißen können. Die Diskussionen um die beiden neuen Songs machen deutlich, wie kontrovers DISSECTION nach ihrem "Rebirth" von den Fans aufgenommen werden. Auch 'Starless Aeon' und das grandiose 'Xepher-I-Set' kommen zum Zuge, fügen sich fast schon beängstigend gut in den bisher bekannten Sound der Truppe ein und machen deutlich, dass rein musikalisch mit den Schweden absolut zu rechnen sein wird. Alleine schon die riesengroße anwesende Menge beweist, welch großes Interesse nach wie vor an dieser Band besteht – so wie ich das beurteilen würde, wurden heute höchstens notorische Nörgler, Moralapostel und Ewiggestrige enttäuscht: Pech gehabt.
Das Wetter war im Übrigen symptomatisch für dieses Wochenende, Regen und strahlender Sonnenschein im nervigen Wechselspiel. Zumindest der sonnige Teil erschien etwas ironisch, als wollte der Kosmos Jon für sein "Dies Irae" auf eben jenen betrafen. Der Egozentriker hatte am insgesamt gesehen fast perfekten Gig jedoch sichtlich seine Freude, die er dann durch das Zertrümmern seiner Klampfe auslebte … hoffentlich haben die Leute im Publikum die anfliegenden Trümmerteile gesehen.
(Rouven)

MARDUK
Da Panzertruppenkommandant Morgan Steinmeyer nach und nach die ganze Besatzung ausgetauscht hat, kann man sich schon fragen, wo der Weg von MARDUK hingeht. Insofern bin ich schon auf den Gig gespannt, da ich die Band das erste Mal mit neuer Besatzung sehe. Trotz der Sonne geben die Schweden von der ersten Sekunde an Vollgas. Leider fällt ziemlich schnell auf, dass Gefreiter Mortuus seinem Vorgänger Leutnant Legion bei weitem nicht das Wasser reichen kann. Ihm fehlen einfach das Charisma und die Ausdrucksstärke. So ist es im Endeffekt Morgan selber, der durch sein Stageacting die Show zumindest halbwegs rettet. Dass MARDUK musikalisch beispielsweise mit dem tödlichen Trio 'Slay The Nazarene', 'Panzer Division Marduk' und 'Baptism By Fire' immer noch überzeugen können, steht dabei außer Frage. Aber das Feeling der alten Besatzung will einfach nicht aufkommen. Vorher war die Band im Back Metal live eine Macht - jetzt sind sie "nur" noch gut. Dafür spricht auch die eher verhaltene Reaktion des Publikums. Insofern fahren die Panzer zurzeit nur mit halber Kraft. Wollen wir hoffen, dass sich das in Zukunft wieder ändert.
(Herbert)

KREATOR
Mille und Konsorten sind wieder bestens in Form. Auch in WACKEN können sie wieder voll überzeugen und liefern den Beweis: Man muss nicht alles niedertrümmern, um bei den Extreme-Metal-Fans zu punkten. Sei es Ventors Drumspiel (absolut Dave Lombardo würdig) oder die genialen Soli von Sami Yli-Sirniö: KREATOR spielen in der Champions League des Thrash Metal! Die "Bücklings"-Haltung hat mittlerweile Basser Speesy übernommen, der seinem Chef während der letzten Tour wohl zu oft auf die Schulter geschaut hat. Die Songauswahl ist auch wieder mit der Creme de la Creme der letzten 20 Jahre gespickt: Ob 'Extreme Aggressions', 'People Of The Lie', 'Suicide Terrorist' oder 'Phobia' – keine Phase wird ausgelassen. Die Fans gehen trotz eisigen Temperaturen mit. Lustig ist auch der Anfang von 'Extreme Aggressions', als man die ersten zwei Minuten vor lauter rotem Rauch weder Mille, noch die restlichen Mitglieder sieht. Nach 70 Minuten ist dann Schicht im Schacht, und die True-Metal-Fans können sich auf ein mit Klassikern gespicktes Konzert von ACCEPT einstellen.
(Tolga)

ENDSTILLE
Zum Abschluss gibt es in Wacken noch mal etwas für jeden Geschmack: Auf der Black Stage schmachten SENTENCED ein letztes Mal in Deutschland, auf der Party Stage "ridern" TORFROCK "übär Bärch un' Tal" – und auch die W.E.T. Stage wird von Norddeutschen beackert. "Moin!" ächzt Sänger Iblis ins Mikro, ehe ENDSTILLE losknüppeln. Die Kieler beweisen bereits seit Freitag echte Fannähe und campieren auf Zeltplatz C. Bei ihrem Gig drängt sich alles ins Zelt, was noch seinen Weg durch den inzwischen Kniehohen Matsch findet. Matsch ist im Übrigen auch der Sound auf der Zeltbühne. Zwar liefern ENSTILLE eh "nur" reines Geboller. Doch wenn die Zeltwände beben und man nur noch unkoordiniert Doublebass von zwei Seiten hört, ist das recht nervig. Von Lars Wachtfels' sägenden Gitarren-Riffs vernimmt man fast gar nichts. Und das liegt nicht nur an dem Stil des Sturmkommandos, denn anschließend bei GODDESS OF DESIRE verlassen Tolga und ich nach nur einem Song ob der Akustik genervt das Zelt. Doch zurück zu den Kielern, die ein gewohnt aggressives Set runterholzen. Bis zwischenzeitlich wirklich "Endstille" herrscht: Der Sound fällt für ein paar Minuten aus, die High-Speed-Drummer Timm alias Mayhemic Destructor nutzt, um grinsend ein Foto von der abgehenden Menge zu schießen. Zweiter Anlauf, neues Glück und Geholze bis zum Ende. Da stehen die Patronengürtel reihenweise zu Berge.
(Carsten)

Redakteur:
Rouven Dorn

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