Keep It True XV - Lauda-Königshofen

22.05.2012 | 15:03

27.04.2012, Tauber-Franken Halle

Die Kultveranstaltung schlechthin mit jeder Menge Stahl und waschechten Sensationen.





Irgendjemand muss das Festival ja eröffnen, und dass es mit CAUCHEMAR die einzige Band ist, die ich nicht kenne, lässt mich natürlich gespannt schon früh am Freitag in der Halle stehen. Interessant ist schon mal, dass da eine junge Dame das Mikrophon ergreift, die in einen dunklen Umhang gehüllt entweder auf Okkult-Rock hinweist, was doof wäre, oder auf Doom, was gut wäre. Dass es dann doch nicht gut wird, liegt aber nicht am Stil, denn es ist in der Tat Doom-Metal, aber so toll singt Miss Giroux leider nicht. Dass man sich dann noch an dem CANDLEMASS-Klassiker 'Under The Oak' vergreift, ist möglicherweise auch nicht der weiseste Entschluss gewesen. Insgesamt sicher okay zum Stöbern in den Auslagen des Metal-Marktes, aber leider auch nicht mehr. Als Show muss der dunkle Umhang genügen, so dass man auch visuell nichts verpasst, wenn man gerade nach Schnäppchen sucht. Nicht wirklich schmerzhaft, aber am Ende des Festivals wohl Platz 19.

[Frank Jaeger]














Die elend lange Warteschlange zum Auftakt mit CAUCHEMAR schreckt meine Wenigkeit ab, so dass das Festival für mich mit dem Sverige-Trupp PORTRAIT seinen Anfang nimmt. Mit ihrem aktuellen Werk "Crimen Laesae Majestatis Divinae" konnte die Band mit ihrem nicht mehr ganz so neuen Sänger Per Karlsson restlos überzeugen. Und auch auf den Bühnenbrettern PORTRAIT aus dem schwedischen Kristianstad so schnell nichts vor. Man greift vor allem auf die Stücke des starken aktuellen Albums zurück. 'Beast Of Fire', 'Der Todesking' sowie das leckere 'Bloodbath' werden aus meiner Perspektive heute Mittag besonders packend umgesetzt. Das Zusammenspiel der Band hat im Vergleich zur Frühzeit der Band nochmals an Tightness gewonnen, so dass die KIT-Fans entsprechend gut abgehen - trotz der sich breit machenden Schwüle in der Halle. Der einzige klitzekleine Wermutstropfen ist für mich, dass das gutklassige Debüt - abgesehen von 'The Adversary' - gemieden wird. Ansonsten sind PORTRAIT in dieser spielerischen Verfassung jederzeit einen Konzertabstecher wert!

Setlist: Beast of Fire, Infinite Descension, Bloodbath, Darkness Forever, The Nightcomers,The Adversary 

[Martin Loga]

 

 

 

 

Die reformierten Dänen WITCH CROSS, die ursprünglich bereits 1979 (!) in Underground-Kreisen von sich hören machten, können nicht gerade auf einen üppigen Backkatalog zurückgreifen. Lediglich ein einziges Album namens "Fit For Fight" brachte man 1984 (neben zahlreichen Demos) zustande. Die Dänen tummeln sich musikalisch irgendwo in der Schnittmenge ganz alter SCORPIONS (anno 1980/1982) und diverser alter NWoBHM-Recken. Gerade die beiden Stücke 'No Angel' und 'Are You There' von der gleichnamigen Single machen live durchaus Laune. Dies liegt in erster Linie an Shouter Kevin Moore, der die alten Nummern überzeugend umsetzt. Gerade die speedigen Stücke, wie beispielsweise 'Nightlife In Tokyo', werden jederzeit mit Spaß in den Backen dem Publikum präsentiert. Die Dänen spielen am Ende ihres Auftritts sogar einen neuen Song namens 'Demon In The Mirror' ehe man sich von der versammelten Bangerschaft verabschiedet. Alles in allem haben WITCH CROSS einen kurzweiligen, motivierten Auftritt geboten, der mit angemessenem Applaus bedacht wird.

Setlist: Axe Dance, Killer Dog/Alien Savage, Fight The Fire, No Angel, Rocking The Night Away,Light Of A Torch, Face Of A Clown, Nightflight To Tokyo, Are You There, Demon In the Mirror

[Martin Loga]

 

Mit leichter Verspätung betreten unsere italienischen Freunde von ADRAMELCH die Bühne und starten sofort mit dem ersten Knüller des vierundzwanzig Jahre alten Debütklassikers 'Dreams Of Jester' voll durch. Auch wenn der Sound suboptimal ist und die Feinfühligkeit der Nummer ein kleines bisschen im dumpfen Klangbild untergeht, steht das Publikum sofort komplett hinter der sympathischen Band. Denn auch, wenn man ADRAMELCH in den letzten Jahren immer mal wieder auf einem Festival live erleben konnte, verlieren diese fantastischen Nummern nichts von ihrer Ausstrahlung. Weiter im Text geht es mit 'Fearful Visions'. Noch so eine Wundertüte von "Irae Melanox". Die ersten Reihen stehen Kopf und auch auf der Tribüne sieht man viele begeisterte Mitsinger und Luftgitarrenspieler. Die Herren wissen, was dieses Publikum hören möchte. Diese Euphorie flacht aber auch beim Titelsong des zweiten Albums "Broken History" nicht ab. Warum auch? Diese Scheibe steht dem Erstling ja in nichts nach. Sänger Vittorio Ballerio wirkt mit seiner Sonnenbrille zwar etwas seltsam, aber seine gesangliche Darbietung lässt keine Wünsche offen. Weiter im Text geht es mit einem besonderen Leckerli: 'Decay (Saver Comes)', einer weiteren Nummer vom Debüt, welche die Band bislang aber kaum live gespielt hat. Da es sich bei diesem Song um einen persönlichen Favoriten handelt, kann ich wenig zur optischen Darbietung sagen. Mit geschlossenen Augen, singend in Trance verfallen, ist es eben schwer, etwas von der Umwelt wahr zu nehmen. Alleine für das Aufnehmen dieser Nummer in die Setlist gehen außer meinen Daumen auch noch andere Körperteile in die Höhe. Fantastisch. Nun soll eigentlich ein Titel vom aktuellen Meisterwerk kommen, welcher allerdings aufgrund einer Kürzung der Spielzeit ausfällt. Sehr schade, denn ich hätte gern auch etwas von "Lights Into Oblivion" gehört. Immerhin bewegt sich die Band mit dieser Scheibe noch weiter weg vom herkömmlichen Heavy Metal und so wäre es spannend gewesen zu sehen, wie das Publikum auf so eine Nummer reagiert. Es soll nicht sein. Und so kommen wir zum Abschluss noch in den Genuss zweier weiterer Tracks vom Erstling. Namentlich 'Was Called Empire' und 'Zephirus'. Zwei weitere Titel, bei denen ein nicht unerheblicher Teil der Menge nicht nur zu einem Chor mutiert, sondern auch noch zu einer komplett verzauberten, Adrenalin schwangeren Jubeltraube. Man sieht es den glücklichen Gesichtern der Musiker an, wie viel ihnen diese Reaktionen bedeuten. Das sind wahre Künstler, deren Herz aufgeht, wenn sie mit ihrer Kunst andere Menschen erfreuen können. Und genau das ist ihnen heute erneut gelungen. Ich denke, nicht nur ich hätte die Band gern zu späterer Stunde mit einer etwas längeren Setliste genossen, aber das ist unken auf ganz hohem Niveau. Wann holt mal endlich jemand diese Band auf eine vernünftige Tour?

Setlist: Dreams Of A Jester; Fearful Visions; Broken History; Decay (Saver Comes), Was Called Empire; Zephirus

[Holger Andrae]



Auch wenn ihr Comeback nur ein halbes neues Album war, warfen die Finnen von OZ im vergangenen Jahr mit "Burning Leather" ein richtig heißes Eisen ins Feuer, das in unserem Soundcheck auch prompt den zweiten Platz erreichen konnte. Dass ich mich zu den ersten Klängen der Herren um Frontmann Ape De Martini gespannt vor die Bühne begebe, liegt jedoch nicht darin begründet, sondern vielmehr darin, dass diese Herren es seinerzeit gemeinsam mit BATHORY geschafft hatten, mir den nordischen Metal mit ihren Beiträgen auf den legendären "Scandinavian Metal Attack"-Samplern schmackhaft zu machen. Somit ist die Rückkehr dieser Band für mich eines der Comebacks des vergangenen Jahres und ich erwarte von dem Quintett nicht mehr und nicht weniger als einen brandheißen, energiegeladenen und intensiven Gig, der ähnliches Mitsingpotential offenbart, wie es sonst vielleicht bei Kalibern der Marke ACCEPT der Fall ist. Was soll ich sagen? Genau diese Erwartung wird auch rundum erfüllt. Mit dem bisher besten Sound des Festivals knallen uns die fünf Finnen - neben Frontmann Ape ist mit Basser Jay C. Blade und Drummer Mark Ruffneck auch die Rhythmusgruppe original - einen Hit nach dem anderen um die Ohren. Die beiden neuen Gitarristen Costello Hautamäki und Markku Petander riffen sich rockig und aggressiv durch die Botanik, während Apes Sirene die dämpfige Luft in kleine Würfel schneidet. In die Dreiviertelstunde, die ihnen gegeben ist, packen die finnischen Abrissunternehmer insgesamt neun Stücke, die sich bis auf einen Titel auch alle auf der "Burning Leather" finden. Den Anfang machen dabei die Klassiker 'Search Lights' und 'Gambler', die sofort für die richtige Stimmung und ausgiebiges Mitsingen in der Halle sorgen. Der folgende Dreierblock widmet sich neuen Songs, darunter auch die großartige Single 'Dominator', die kaum weniger Zuspruch erhält als die Songs aus den Achtzigern. Mit 'Megalomaniac' kehren die Herren jedoch exakt dorthin zurück, nämlich zu ihrer Klassikerparade, die natürlich im finalen Doppelschlag mit den aus unzähligen Kehlen frenetisch  mitgesungenen Hits 'Turn The Cross Upside Down' und 'Fire In The Brain' kulminiert. Nein, OZ lässt heute Nachmittag in der Tat keine Wünsche offen, und für mich steht schon jetzt fest, dass dieser Auftritt zu den ganz großen Glanzlichtern des Festivals gehören würde. Besser kann man klassischen, rockenden und energiegeladenen Heavy Metal nämlich einfach nicht unters Volk bringen.

Setlist: Search Lights, Gambler, Let Sleeping Dogs Lie, Dominator, Seasons in the Darkness, Megalomaniac, Third Warning, Turn the Cross Upside Down, Fire in the Brain

[Rüdiger Stehle]

 

Einen ziemlich deutlichen stilistischen Bruch erfährt das verweilende Publikum sodann, als die US-Amerikaner von MYSTIC FORCE den Staffelstab von OZ übernehmen. Komplexer und progressiver Power Metal ist jetzt angesagt, und nach solch einer schweißtreibenden Rock'n'Roll-Attacke kann das nur wirklich funktionieren, wenn alles passt. Der Sound, die Songauswahl und die Form der Band. Da sind wir dann allerdings auch schon bei den kleinen Häkchen, die dazu führen, dass der Auftritt der Band um das einzig verbliebene Gründungsmitglied Keith Menser (Bass) zwar durchaus gefällig ist, aber leider die Stimmung nicht halten kann, die eben noch bei OZ herrschte. Das lag zum einen am etwas dumpfen und undifferenzierten Sound, und zum anderen natürlich auch daran, dass die Band deutlich komplexeres Songmaterial am Start hat, das eben nur dann richtig funktioniert, wenn das Publikum mit den Stücken vertraut ist und der Klang passt. Dennoch müht sich die Truppe mehr als redlich und schafft es im Verlauf des Auftritts, immer mehr Leute auf ihre Seite zu ziehen, was sie nicht zuletzt ihrem neuen, relativ jungen Frontmann Ryan Rawlings (auch bei FALLEN MARTYR aktiv) verdankt, der die Gesangspassagen seiner drei Vorgänger sehr würdig intoniert und sich alle Mühe gibt, das Publikum zu motivieren. Was die Setlist angeht, weiß die Band natürlich, was das KIT-Publikum erwartet, und so wird die Phase vom eben neu aufgelegten Debüt "Take Command" bis hin zur "Shipwrecked With The Wicked"-EP ausgiebig bedacht. 'Take Command', 'Awakened By The Dawn' und 'Answers Of The Mystery' finden in einer fein ausgesuchten Setlist ebenso Platz wie späteres Material vom Schlage 'The Eternal Quest' und 'Idiosyncrasy'. Das beste Feedback vom Publikum bekommt naturgemäß mit 'Shipwrecked With The Wicked' auch der größte Hit der Bandgeschichte, den die Truppe um Keith Menser wirklich toll interpretiert, doch auch der brandneue Song 'Modern Day Fury' kommt sehr gut an. Ja, was soll ich sagen? Trotz der schwierigen Rahmenumstände gelingt MYSTIC FORCE ein toller Auftritt, mit dem sich die rundum sympathische Band auch viele lobende Worte und positive Reaktionen verdient hat. Dass die fünf Bandmitglieder danach noch oft strahlend auf dem Gelände gesehen werden, spricht eine deutliche Sprache, dass sich hier jemand riesig freut, dabei sein zu dürfen.

Setlist: Take Command, Idiosyncrasy, Closer to the Truth, Identical Strangers, Awakend By The Dawn, Answers of the Mystery, Among Infinity, Modern Day Fury, Shipwrecked With The Wicked, A Step Beyond, Eternal Quest

[Rüdiger Stehle]

 

Flüssiges TNT, essbares Kerosin, C4 im Kaugummi. Ganz egal, welche Substanzen sich SLOUGH FEG-Frontturner und Gitarrist Mike Scalzi vor Auftritten durch die Blutbahn jagt, es reicht, die nächste Stunde zu einer Lehrstunde in Sachen unvergesslicher Liveenergie zu machen. Schon mit 'Death Machine' brettert man gewaltig flott nach vorne und macht von Anfang an klar, dass Energieabbau angesagt ist. Die nicht eben kleine Meute vor der Bühne dankt es und geht euphorisch und mit gestreckter Faust mit, sogar vereinzelte Moshpits bilden sich. Der optische Widerspruch unter den Bandmitgliedern dagegen lässt von Anfang an schmunzeln, denn während Adrian Maestas am Bass komplett in weiß eine Mischung aus jungem David Coverdale und Clockwork Orange bildet hüpft, springt und rennt Mike mit und ohne Gitarre über die Bühne wie ein Derwisch, posiert vor den Kameras oder wirft sich auch mal in die wilde Meute. Zwischen all dem bleibt ihm sogar Zeit sich mehrfach umzuziehen und die exaltierte Diva zu mimen. Dabei kommt glücklicherweise die Musik nicht einen Moment zu kurz - und die hat es in sich. Nicht nur einmal habe ich in Verbindung mit Liveauftritten der Band gehört, sie bringe die Energie der jungen IRON MAIDEN auf die Bühne, das beschreibt perfekt was hier passiert. Herrliche Gitarrenläufe, Doppelte Leads, Soli bis der Arzt kommt und eine Spielfreude, die auch für drei weitere Bands reicht. Dabei bringen vor allem etwas ältere Feger wie 'Traders and Gunboats' (mit Widmung an Gerrit von SACRED STEEL, der sich darüber neben mir ein Loch in den Bauch freut) die Meute zum Kochen. Das abschließende, zwischen die Bandklassiker vom "Traveler"-Album eingebaute 'Diamonds And Rust' treibt das Energielevel ein letztes Mal zur Explosion, ehe man ein glückliches, zufriedenes Publikum zurücklässt. So bleibt nur festzustellen, dass SLOUGH FEG die wohl derzeit beste Liveband des Planeten sind und diesen Anspruch wieder einmal gekonnt verteidigten.

Setlist: Death Machine; 95 Thesis; Materia Prima; Free Market Bavarians; Ape Uprising; Lycantropic Fantasies; The Telltale Heart; Traders & Gunboats; Tiger! Tiger!; Final Gambit / Diamonds And Rust / High Passage/Low Passage / Final Gambit

[Simon Volz]

 

Als vorletzte Band serviert uns das kanadische Quartett SWORD kraftvollen US-Metal. Geht das überhaupt? US Metal aus dem Ahornland? Ja, das funktioniert wunderbar. Zumindest, wenn man SWORD heißt. Die Band um Ausnahmesänger Rick Hughes hat mit ihren beiden Alben "Metalized" und "Sweet Dreams" in der zweiten Hälfte der 80er zwei erstklassige Werke der alten METAL-CHURCH und SAVATAGE-Schule abgeliefert und ist seither in einem der vielen schwarzen Löcher verschwunden, die großartige Musiker vergangener Tage aufsaugen. Da ich für den zu erwartenden Headliner-Auftritt meiner Götter von PSYCHOTIC WALTZ Kräfte sammeln will, beschließe ich den Auftritt der Schwerter von der Tribüne aus zu begutachten. War ich im Vorfeld skeptisch, ob der hohen Platzierung im Tagesbilling, so darf ich etwas erstaunt feststellen, dass die Halle sehr gut gefüllt ist als die Jungs mit 'Outta Control' ihren Auftritt beginnen. Sofort fällt auf, dass Rick nichts von seiner Gesangeskunst vergessen hat. Der gute Mann hat einfach eine unglaublich kraftvolle Reibeisenstimme. Da fragt man sich schon, weshalb da keine andere Band nach SWORD angeklopft hat. Mit dieser Röhre veredelt man jede Scheibe. Das Publikum scheint dies genauso zu sehen, denn bereits bei dieser ersten Nummer ist bis kurz vor dem Mischpult extrem ausgelassenes Fistraisen zu beobachten. Angestachelt von diesem Empfang legen die Jungs mit 'The Trouble Is' und 'Where To Hide' zwei weitere fette Briketts nach. Gitarrist Mike Plant posiert, als hätte er die ganzen Jahre auf den großen Bühnen dieser Welt gespielt und Drummer Dan Hughes zimmert brachial die Takte ins Fell. Eine Augenweide, wenn nicht Basser Mike Larock die falschen Klamotten aus seinem Kleiderschrank gezogen hätte. Ich bin kein Fashion-Experte, aber die Farbkombination Pink/Weiß erscheint mir für diesen Anlass etwas unpassend. Aber das werden diverse Spandexträger anders sehen. Insofern halte ich dazu jetzt meine Finger still und konzentriere mich auf die akustische Darbietung. Und diese ist sehr gut. Der saftige Sound unterstützt so machtvolle Riffbrecher wie 'Dare To Spit' oder 'Stoned Again'. Nach einer Weile fehlt mir allerdings etwas Abwechslung und auch in der Menge unter mir scheint der Adrenalinspiegel nicht mehr ganz so arg zu schwitzen. Ein Umstand, der sich erst bei den beiden Hits der Band im Finale noch einmal ändern soll. 'Evil Spell' und 'F.T.W.' sind aber auch über zwanzig Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung noch erstklassige Mitreißer. Da kocht die Halle für zehn Minuten noch einmal. Und auch mich reißt es von der Bank hoch. Und dies, obwohl ich meine alten Knochen doch schonen wollte. Vorsätze sind wie Eiswürfel im Whisky. Überflüssig. Das kann dann die Zugabe 'Runaway' auch nicht mehr toppen.

Insgesamt ein sehr schöner Auftritt einer Band, von der wir hoffentlich noch ein weiteres Album zu hören bekommen werden.

Setlist: Outta Control; The Trouble Is; Where to Hide; Children of Heaven; Dare To Spit; The End of the Night; Prepare To Die; Until Death Do Us Part; The Threat; Sweet Dreams; Stoned Again; Stuck in Rock; Land of the Brave; Evil Spell; F.T.W.Runaway

[Holger Andrae]

15 lange Jahre ist es her, dass PSYCHOTIC WALTZ als Headliner in Deutschland aufgetreten ist. Die Gigs mit NEVERMORE & SYMPHONY X waren kaum mehr als ein lockerer Aufgalopp. An diesem KIT-Freitag aber wollen die Amis und der Wahlösterreicher Devon Graves wieder jene Magie versprühen, die ihre oft überlangen Konzerte so ungewöhnlich gemacht haben. Und schon die ersten Takte des Openers 'Ashes', dem mit 'Out Of Mind' und 'Tiny Streams' gleich zwei "Into The Everflow"-Knaller folgen, sorgt dafür, dass man die ersten Zentimeter vom Boden abhebt. Devon hat mehr Ausstrahlung als alle anderen Frontherren des Tages zusammen. Und muss dafür nicht einmal etwas tun. Mit Jeans, Blazer und rotem Hemd wirkt er sehr elegant und zieht alle Blicke auf sich. Wobei Dan Rock und Brian McAlpine mindestens genauso sehenswert sind. Was die Herren auf ihren Saiten abziehen, ist kaum mit drögen Buchstaben zu reflektieren. Dabei ist es auch egal, ob die Herren Songs vom gigantischen Debüt "A Social Grace", dem leicht unterschätzten Drittwerk "Mosquito" oder dem fantastischen "Bleeding" intonieren.


16 Jahre nachdem der Autor die Band zuletzt gesehen hat, sind sie genauso tight, spielfreudig und magisch wie einst im September 1996. Die Setlist ist zu Beginn überraschend arm an "A Social Grace"-Songs und zeigt, dass Songs wie 'Cold', 'Shattered Sky', 'Mosquito', 'Northern Lights', 'Locust', 'Faded' oder das völlig geniale 'Morbid' sich kaum hinter den Göttergaben von "Into The Everflow" und "A Social Grace" verstecken müssen. Wenn Devon anmerkt, dass wir Fans gerade bei "Mosquito"-Nummern besonders abgehen, hat er damit durchaus Recht. Die sind nun einmal eher zum Mitsingen und Fistraisen geeignet. Dagegen sprechen 'Into The Everflow' (von einem PM.de-Leser neben mir als "bester Song aller Zeiten" geadelt), 'Freakshow', 'In This Place' oder 'Another Prophet Song' eher auf der mystischen Ebene an, laden zum Schweben ein und sorgen dafür, dass man Raum & Zeit verliert. Zumindest als Fan der Band. Es ist nicht zu übersehen, dass die Band die Masse durchaus spaltet und diverse Metaller im Laufe des Sets kopfschüttelnd, schulterzuckend oder schlicht müde den Rückzug antreten. Für die Fans hingegen ist es ein unvergesslicher Abend. Devon ist ein großartiger, lockerer Entertainer, der ganz souverän durchs Programm führt und dabei auch für den ein oder anderen Lacher gut ist ('I thank Oliver Weinsheimer from the depth of my soul to the tip of my penis') und kleinere Pausen elegant überspielt, in dem er aus dem Leben der Bandmitglieder plaudert. So erfahren wir auch, dass er Drummer Norman Isolierband zu Hause gelassen hat, für den Fall, dass die Kinder im Bauch seiner Frau zu früh raus wollen. 'Ducttape always helps.' Amerikaner glauben fest daran. Als Devon erklärt, dass die Band wegen Brians Rollstuhl nicht die Bühne für Zugaben verlassen wird und man sich das einfach vorstellen und 'Zugabe' rufen darf, naht nach mehr als zwei Stunden das Ende. Ein Ende, das jeden möglichen, noch offenen Wunsch erfüllt: '...And The Devil Cried', 'Nothing', 'Spiral Tower'. Ein gigantischer Auftritt eines mehr als würdigen Headliners. Absolut fantastisch.

Setlist: Sleeping Dogs, Ashes, Out Of Mind, Tiny Streams, In This Place, Mosquito, Faded, Locust, Northern Lights, Haze One, Into The Everflow, Hanging On A String, My Grave, I Remember, Morbid, Cold, Shattered Sky, Drift, Freedom?, Freakshow, All The Voices, Mindsong, Another Prophet Song, Halo Of Thorns, Nothing,
I Of The Storm, ...And The Devil Cried, Spiral Tower


[Peter Kubaschk]

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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