Hole In The Sky - Bergen

18.09.2004 | 11:38

25.08.2004, Hulen/ Garage/ USF Verftet

Den Lautstärkenrekord stellen unter den neunzehn dieses Jahr beim Hole In The Sky engagierten Bands ungeschlagen ZYKLON auf. Ihr Auftritt im "Garage" am Donnerstag beendet den zweiten Festivalabend. Nicht viel Neues, dafür aber souverän Gespieltes setzt es von "Aeon" und "World Ov Worms". Es ist schon ein wenig gewagt die Jungs in einem Kellerclub mit tiefhängender Decke spielen zu lassen. Im Vergleich zum Soundcheck am Nachmittag (da hat man's wirklich nicht ohne Ohrstöpsel ausgehalten) wurde der Schalldruck nun ordentlich zurückgeschraubt. Trotzdem fühlt man sich irgendwie halb erdrückt von der ZYKLONischen Soundwand. Fast ehrfürchtig benimmt sich das Publikum, eher konzentriert den komplexen Songkonstruktionen und unzähligen Melodielinien lauschend, als fanatisch dazu abgehend. Der halbe Saal ist eh voll Musiker, die interessiert und neidisch die Künste des Überfliegers auf der Bühne beobachten. Einer meint: "Wenn man selber Musiker ist, kann man schon Depressionen bekommen, wenn man denen beim Spielen zuschaut."

Vielleicht liegt die Zurückhaltung im Publikum ja auch darin begründet, dass sich ein Großteil der Anwesenden schon bei KEEP OF KALESSIN bis aufs Letzte ausgepowert hat. Was da los war... Zunächst einmal wird der Einmarsch der Viererkombo um Bandgründer und ?erhalter Obsidian C. von lauten "Attila!"-Rufen begleitet. Männer?! Ja, es sind tatsächlich tiefmännliche Stimmen, die da ununterbrochen nach dem ungarischen ABORYM-Hühnen verlangen. Soviel Begeisterung für einen Sänger erlebt man sonst wohl kaum in der Black-Metal-Szene. Es ist aber auch ein mitreißendes Erlebnis diesem schwarz weiß angemalten Ungetüm zuzusehen, wie es seinen Schlund auftut zu großen gekeiften Worten und sich dabei bizarrst verrenkt. Noch beeindruckender wird es, wenn sich dieser Koloss über die Absperrung schwingt und zwischen der ersten und zweiten Publikumsreihe einschlägt, eifrig weiterkeifend. So etwas erlebt man heutzutage nur noch selten bei Konzerten, wo die Abstände zwischen Fans und Band immer größer werden. Aber das "Garage" ist diesbezüglich sowieso ein ganz kultiger Ort, denn die Absperrung besteht hier lediglich aus ein paar Metallständern und Bühne und Publikum sind auf gleicher Höhe. Da kann man seinem Idol noch direkt in die Augen schauen. Doch zurück zur Musik! Und dafür ist bei KEEP OF KALESSIN schließlich Obsidian C. zuständig, der neben Attila hier fast unterzugehen droht. Dabei sind es doch gerade seine märchenhaften Melodien, die sich so unwiderstehlich im Ohr festsetzen - traumhafte Gitarrensoli in jedem Song. Es jagen einem ja schon eiskalte Schauer den Rücken herunter, als er vor dem Gig alleine auf die Bühne kommt und zehn Minuten seine Gitarre stimmt. Gepaart mit Attilas einzigartiger Stimme plus Geschwindigkeit und Härte (dafür sorgen Bassist Kenneth und der an Stelle von Frost zurückgekehrte Drummer Vyl) macht das eine ganz fantastische Mischung, der sich eigentlich kaum ein Metalfan entziehen können sollte. Diese Band lässt nichts zu wünschen übrig, außer, dass ihnen endlich mal mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird!

Für einiges Aufsehen sorgte die folgende Band bereits mit ihrer ersten Veröffentlichung "Chtonian Livecode", von dem sowohl der Song 'Book Of Black Earth' als auch das Video dazu in Norwegen rauf und runter gespielt wurden. Ein bisschen erinnert der Stil an die neusten Glanztaten von BEHEMOTH, mit denen CHTON ja auch schon auf Tour waren. Ihr ansonsten saftiger Death Metal leckt aber leider zur Mitte des heutigen Abends an überzeugender Wucht. Die Songs klingen irgendwie alle verwaschen, echte Hits lassen sich neben 'B.O.B.E.' nicht ausmachen. Das Lob für technische Präzision muss daher leider auch ausfallen. Zudem ist mir noch nicht ganz klar, wo CHTON mit ihrem Death Metal und künstlerischen Anspruch, der ja im Moment offensichtlich in Richtung ägyptische Götterwelt und Totenbuch der Ägypter zielt, hinwollen. Diesen Themen nehmen sich ja bereits NILE und BEHEMOTH an. Aber davon mal abgesehen, liefern CHTON zumindest ordentlich harte Musik, die zum Abgehen animiert. Vor allem Sänger Terje wirkt da äußerst aktivierend! Mit ihm hat die Band einen echten Glücksgriff gelandet. Der kahlköpfige Charakterkopf scheint wirklich mit Leib und Seele in den Songs aufzugehen, brüllt und schreit unermüdlich und lässt seine Angriffslust (wenn nichts anderes griffbereit ist) am Mikroständer aus, den er provokativ Richtung Publikum schwingt. Derweilen tut der Rest konzentriert seine Arbeit. Die eine Hälfte spart wohl noch ihre Reserven, denn halb KEEP OF KALESSIN sind auch bei CHTON zu Gange und müssen folglich heute zwei Gigs spielen. Daneben flitzt Torstein von MANES headbangend über seine sieben Saiten. So gesehen lässt das Bandlineup ja kaum Kritik zu, schließlich handelt es sich ausnahmslos um erfahrene und geniale Musiker. Bei anderen Anlässen haben die Trondheimer bereits bewiesen, was sie live drauf haben. Und dem Publikum hat's ja heute auch gefallen. Danach gingen am Merch-Stand die CHTON-Shirts weg wie warme Semmeln.

Setlist Chton:
Crawling Chaos
Enemie
Chtonian Livecode
Flies To Faeces
Unholy Communion
Procession
Hammered (Down)
Book Of Black Earth

Aufmerksamkeit ganz anderer Art erregen Syrach mit dem Gastauftritt der OCTAVIA-Sängerin Silje. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten bei der Stimmfindung kann sie mit ihrem tiefen warmen Gesang die kühlen Norweger verzaubern. Mir persönlich hat aber der erste Teil der Doom-lastigen Show noch besser gefallen, wo Sänger Ripper allein den Ton angab und die katatonischen Gitarren den melancholischen Metal aus Bergen anführten. Es sieht fast so aus, als würde sich die kleine Hafenstadt zu einem neuen Zentrum für Doom-Metal entwickeln; THE ENTITY schlagen ja in die selbe Kerbe und beide Bands boten hier Vielversprechendes.

Setlist Syrach:
Are You Able To Breath Fire
The Firm Grip Of Death
Stigma Diabolicum
The Twilight Enigma

Die passende Eröffnung für diesen Abend der harten Musik im Garage lieferten MANIFEST. Kompromiss- und rastlos gehen die Sportsfreunde aus Trondheim zu Werke. Anders ist ihre SLAYER-orientierte Death-/Thrash-/Grind-Mache auch kaum zu charakterisieren. Man könnte vielleicht noch von polyrhythmisch sprechen. Auf jeden Fall ist das genau das Richtige für solche, die auf Free Fight (eine Kampfsportart, wo alles erlaubt ist) abgehen. Der wild gewordene Sänger kommt gleich mal mit einer Handbandage auf die Bühne gestürmt. Er und sein "partner in crime" an der Gitarre (bei jeder Pause grinsen sie sich so verstohlen an) lassen ihren Aggressionen freien Lauf. Nach dem gut einstündigen Gig sieht man ihnen an, was sie geleistet haben: Wasserfälle von Schweiß gehen da zu Boden. Danach weiß auch das Publikum, woran es heute ist: diese Nacht wird lang und alles andere als kuschelig!

Zwischenbilanz: 8 Bands haben bereits aufgespielt, davon war keine eine echte Enttäuschung. Viele aus ganz Norwegen oder noch von weiter her angereiste Fans wurden schon mit den Auftritten von RED HARVEST und KEEP OF KALESSIN überglücklich gemacht. (An dieser Stelle ein Gruß an Stein und Øystein aus Trondheim! Thanks for sharing your large music knowledge with me!) So gesehen war das Hole In The Sky jetzt schon ein voller Erfolg. Ist denn da eine Steigerung überhaupt noch möglich?

Redakteur:
Wiebke Rost

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