Headbangers Open Air - Brande-Hörnerkirchen

15.08.2011 | 18:17

28.07.2011, Der Garten

Die größte Gartenparty der Welt.

Eine gewisse Tradition hat es beim HOA ja durchaus schon, dass der Opener am Freitag und Samstag oftmals mehr Leute vor die Bühne lockt als die paar direkt danach auftretenden Bands. Ob dahinter das Kalkül steht, dass die müden Bangerscharen möglichst bald vom Zeltplatz vor die Bühne gelockt werden sollen, um dort die Bands zu unterstützen und natürlich auch für Action und Umsatz zu sorgen, das ist mir nicht bekannt. Schlimm wäre es indes nicht, denn letztlich profitiert ja Jeder davon, wenn sich das Volk auf die Socken macht und die Musiker anfeuert.

Heute ist es wie im vergangenen Jahr wieder eine entstaubte NWoBHM-Kulttruppe, die den Samstagsreigen eröffnen darf, und ähnlich wie 2010 JAMESON RAID, so sind es dieses Mal die Sunderland-Recken von SPARTAN WARRIOR, welche müde Menschen munter machen sollen. Der Platz vor der Bühne ist für die frühe Stunde auch schon wirklich stattlich gefüllt, und so kann die für elf nächtliche Stunden unterbrochene Party endlich weitergehen. Was im Gegensatz zu etlichen halbgaren bis fragwürdigen Reunions der vergangenen Jahre im Falle SPARTAN WARRIOR auf jeden Fall mal positiv auffällt, ist, dass von der originalen Besetzung heute immerhin noch vier Fünftel auf den Brettern stehen. Lediglich der ursprüngliche zweite Gitarrist Paul Swaddle wurde inzwischen durch Mark Chapple ersetzt, wohingegen die Herren Dave und Neil Wilkinson, Tom Spencer und Gordon Webster nach wie vor am Start sind. Den Einstieg in das Konzert wählen die Herren mit dem Debüt-Kracher 'Stormer' und dem Titelstück des letztjährigen Comeback-Albums "Last Man Standing" goldrichtig. Dass das neue Album den Klassikern das Wasser reichen kann, das beweist flugs das ebenfalls aktuelle 'Flesh And Blood', bevor wieder abwechselnd das Debüt "Steel 'N Chains" (1983) und der tolle, selbstbetitelte Nachfolger von 1984 zum Zuge kommen. Auf der Bühne merkt man den optisch natürlich nicht mehr ganz jung aussehenden Herrschaften das Alter auf keinen Fall an, und besonders erfreulich ist eben, dass altes und neues Material keinerlei nennenswerte Qualitätsunterschiede aufweisen. Jetzt muss sich die Band nur noch bemühen, auch das schöne Debütalbum wieder auf den Markt zu bringen, denn eines ist sicher: Heute hat der spartanische Krieger etliche neue Freunde gefunden, die das Album noch brauchen. Die beiden an sich erhältlichen Alben waren am Merch-Stand jedenfalls in Windeseile ausverkauft.

Setlist: Stormer, Last Man Standing, Flesh And Blood, Steel 'n' Chains, Sentenced To Die, Hunted, Never Take Me Alive, Witchfinder, French Girls, Mercenary.

[Rüdiger Stehle]

 

Aufgrund der zahlreichen Absagen ist es oft der Not geschuldet, dass beim HOA immer wieder ziemlich unbekannte Truppen spielen, von denen wir viele noch nicht gesehen haben. Dass aber eine Band ausgegraben wird, von der ich noch nicht einmal gehört habe, das passiert dann doch eher selten, verleiht dem Ganzen aber einen nicht zu unterschätzenden Reiz. Wenn ich dann allerdings im Programmheft lesen muss, dass diese mir unbekannten Schweden von SYRON VANES in den Achtzigern über 100.000 Schallplatten verkauft haben sollen, dann komme ich schon ins Grübeln. Zumal die reformierte Band seit acht Jahren wieder aktiv ist, wundert es mich doch, die Truppe um den schwer tätowierten Sänger und Gitarristen Rimmy Hunter bisher überhaupt nicht auf dem Schirm gehabt zu haben. Als die Band dann loslegt, relativiert sich das vermeintliche Versäumnis, denn damals wie heute ist der von den Schweden gewählte Stil nicht ganz der meine. Mit stets deutlich spürbaren musikalischen Einflüssen aus Sunset-Strip-Glam und Sleaze ist die Band deutlich weniger hart als ihr Outfit es vermuten lässt. Zwar braten bei den neueren Songs vom Album "Insane" die Gitarren ganz ordentlich, doch sowohl Rimmys Gesang als auch die kompositorische Seite der Band haben wenig zu bieten, was mich wirklich fesseln würde. Eine nett rockende Band für zwischendurch, mehr ist das dann aber doch nicht.

[Rüdiger Stehle]

 

Als Ronnie James Dio noch unter den Lebenden weilte, habe ich mich für eine Band wie ASTRAL DOORS allenfalls am Rande interessiert. Warum sollte man ein Imitat hören, wenn es doch davon auch ein Original gab, das nach wie vor tourte und starke Platten veröffentlichte? Doch mit dem viel zu frühen Tod des Großmeisters setzte bei mir auch in dieser Hinsicht eine gewissen Nachdenklichkeit ein, die dazu führte, dass ich heute die so genannten Epigonen mehr schätzen kann als früher. Denn irgendjemand muss die Fackel ja weiter tragen, wenn die alten Helden nicht mehr sind. Hätten gute Kopien nicht ihre Berechtigung, dann würde heute niemand mehr Mozart und Bach hören, und wenn jemand der Musik des Herrn Dio nachfolgen möchte, dann doch bitte jemand, der dies so gut kann wie diese Schweden. Frontmann Nils Patrik Johansson ist aber auch genau der Richtige, um eine solche Band zu führen. Mit seinem eher schüchternen, zurückhaltenden Auftreten und dem schlichten Outfit eines Metalfans ginge der Mann schon fast als Anti-Star durch, hätte er da nicht diese großartige Stimme, welche jener seines großen Vorbild meist zum Verwechseln ähnelt. Auch kompositorisch orientiert sich die Band am Schaffen Dios, und zwar vorwiegend am Frühwerk seiner Soloband und an den Werken RAINBOWs, eher seltener an der entsprechenden BLACK SABBATH-Phase. Doch auch diese hat etwa beim bärenstarken Opener 'Evil Is Forever' ihre Spuren hinterlassen. Das folgende 'Time To Rock' ist ein perfekter Mix aus DIO-Klassikern und RAINBOW-Ohrwürmern und auch im weiteren Verlauf ist stets klar erkennbar, dass diese Band antritt, um ein großes Vermächtnis mit neuem Leben zu erfüllen, indem sie offen und ungeniert zitiert, die Songs aber stets auch mit den eigenen Bezügen aus dem schwedischen Melodic Metal würzt. Klar, das ist weder innovativ noch auch nur eigenständig, doch je mehr alte Legenden unserer Szene uns für immer verlassen, desto wichtiger werden Bands wie ASTRAL DOORS werden.

Setlist: Evil Is Forever, Time To Rock, New Revelation, Of The Son And The Father, Black Rain, Slay The Dragon, Power And The Glory, Cloudbreaker

[Rüdiger Stehle]

 

Neben den obligatorischen britischen, amerikanischen und skandinavischen Bands, gehört es beim HOA seit jeher zum guten Ton, auch etwas exotischere Bands, insbesondere aus den romanischen Ländern zu buchen, und hier beweisen die Veranstalter oft ein zielsicheres Händchen für echte Legenden aus den entsprechenden Ländern. Hatten wir in den vergangenen Tagen mit BARON ROJO und TIERRA SANTA zwei spanische Vertreter an exponierter Stelle des Billings, so dürfen heute mit VULCAIN echte Veteranen des französischen Stahls die Tricolore hochhalten. Die Band, die schon in den frühen Achtzigern als Frankreichs Antwort auf MOTÖRHEAD und TANK gehandelt wurde, nutzt die Gelegenheit und weiß mit ihrem rüden, energischen Stil das interessierte Publikum zu überzeugen. Neben den genannten britischen Institutionen des rockigen und punkigen Heavy Metals, zählen sicher auch VULCAINs Landsleute von TRUST mit deren sozialkritischem und räudigem Frühwerk zu den Haupteinflüssen der Gebrüder Puzio. Hier wird gerockt und gerollt, dass die Schwarte kracht, es geht brachial und schnörkellos, keineswegs aber uneingängig oder allzu knüppelnd zur Sache. Es lässt sich auch ein Phänomen beobachten, das mir schon öfters aufgefallen ist: Je weniger melodisch gesungen wird, desto einfacher ist es für den meist auf die englische Sprache geeichten Metalfan, sich mit dem Klangbild einer anderen Sprache anzufreunden. So gibt es im Gegensatz zum Auftritt von TIERRA SANTA kaum jemanden, der sagt, dass ihn die Sprache hier stören würde. In Sachen Setlist geben die drei Franzosen vor allem die essentiellen Songs aus der Frühphase zum Besten. Ganz besonderes Augenmerk bekommt dabei mit ganzen sieben Songs das Debüt "Rock And Roll Secours". Dazu gibt es noch drei vereinzelte Songs von anderen Scheiben, wobei die Neunziger komplett ausgespart werden. Die wenigen Altfans freuen sich darüber und bei denen, die VULCAIN-Fans werden wollen, kommt die Songauswahl auch gut an. So kann die Band gewiss sein, beim deutschen Publikum in bester Erinnerung zu bleiben.

Setlist: Vulcain, L'Enfer, Les Damnés, Pile Ou Face, Les Droits De L'Homme, Avec Jous, Le Fils De Lucifer, Ebony, Fuck The Police, Rock And Roll Secours.

[Rüdiger Stehle]

 

Das nächste große Glanzlicht folgt auf dem Fuße, denn Mike Scalzi und seine drei Mitstreiter lassen sich nicht lumpen. Sie haben den Festival-Auftritt mit einer feinen Europa-Tour durch Irland, Deutschland, Polen, England und Portugal verbunden und so spürt man vom ersten Moment an, dass die Band bis in die Haarspitzen motiviert ist. Genau so und nicht anders erwarte ich das von einer Band wie SLOUGH FEG und gerade Frontmann Mike zelebriert ... nein, er lebt den musikalischen Wahnsinn auf der Bühne voll aus. Er tobt wild über die Bühne, schneidet Grimassen, macht Faxen, wechselt mehrmals sein schräges Outfit (von Hemd mit Schlips über den bemalten freien Oberkörper und diverse wechselnde Kopfbedeckungen bis hin zum Neil-Diamond-Glitzerhemdchen) und turnt mit Gitarre und Mikro durch die Gegend, als übe er für das kommende "Ape Uprising!". Manche Zuschauer geben sich ob der extrovertierten und ausgeflippten Darbietung der San-Francisco-Institution etwas irritiert, aber letztlich hat das Quartett doch leichtes Spiel, das Publikum mitzureißen und zu faszinieren. Wer so gelungen keltische Melodielinien, den Spirit der NWoBHM, das Schräge von BROCAS HELM und den ganz eigenen SLOUGH-FEG-Spirit der Hooklines herbei zaubert und dabei vor Energie und Spielfreude fast zerspringt, der hat einen definitiven Ehrenplatz in der Ruhmeshalle des Heavy Metals sicher. Da ist es dann auch egal, ob die Band ein Zehnminutenepos der Marke 'Ape Uprising', die zaghaft eingeleitete und sich toll steigernde Ode an San Francisco 'Second Coming' oder aber flotte, rockende Kracher wie 'Free Market Barbarian' oder 'Tiger, Tiger' anstimmt: Das Konzert wird zum Triumphzug und es bleibt kein Auge trocken, kein Nacken unbeschadet. Nur schade, dass sich dieser Ausnahmestatus der Band nicht in einer höhren Platzierung im Billing niederschlägt, denn eines ist gewiss: Nicht alle Bands, die noch folgen sollen, werden in der Lage sein, den Adrenalinpegel ähnlich hoch zu halten.

[Rüdiger Stehle]

 

Das gilt beispielsweise schon gleich für die folgende Band MORE, oder was von ihr übrig ist. Das heute aufspielende Quintett besteht nämlich zum Einen aus den ehemaligen Mitgliedern Barry Nicholls (mit Tony-Marshall-Gedächtnis-Frisur) am Bass, Andy Burton am Schlagzeug und dem aktuellen PRAYING MANTIS- und früheren MORE-Sänger Mike Freeland. Zum Anderen sind an den Gitarren Paul Stickles von DANGEROUS BREED sowie Produzenten-Legende Chris Tsangarides dabei. Die fünf Musiker bieten dabei in erster Linie Songs ihrer Alben "Warhead" und "Blood And Thunder" an, wobei insbesondere die beiden Titelstücke sowie 'We Are The Band' vom Publikum ganz gut aufgenommen werden. Ansonsten ist die Stimmung aber eher verhalten. Das mag natürlich daran liegen, dass sich recht viele Leute bei dieser Band eine Auszeit nehmen, aber auch bei denen, die vor der Bühne weiter ausharren, scheinen die MORE-Songs weitgehend unbekannt zu sein. Gerade bei den jüngeren Nummern wie 'Scream' und 'My Obsession' will der sprichwörtliche Funke nicht wirklich überspringen, was ein Stück weit auch am Auftreten der Band liegen mag. Aber die fünf Musiker haben noch einen Trumpf im Ärmel: Nachdem Chris Tsangarides vor guten 20 Jahren auch beim "Painkiller"-Album von JUDAS PRIEST beteiligt war, spielen sie kurzerhand 'A Touch Of Evil' und prompt sind natürlich alle wieder wach. Der Fünfer schiebt noch schnell den LED-ZEP-Klassiker 'Whole Lotta Love' nach, bevor er mit 'Atomic Rock' einen ganz passablen, aber keineswegs überzeugenden Auftritt beendet.

[Martin Schaich]


Weiter geht es dann mit BEEHLER, der nicht mehr ganz neuen Band des ehemaligen EXCITER-Schlagzeugers und -Sängers Dan Beehler. Allan Johnson wird am Bass durch einen sehr jungen Musiker vertreten, während die Gitarren von Scott Walsh und Sean Brophy bedient werden. Den Gesang übernimmt wie zu EXCITER-Zeiten auch hier Dan höchstpersönlich, und er macht seine Sache erwartungsgemäß richtig gut. Bei der Songauswahl hat man sich vor allem auf die ersten drei EXCITER-Scheiben "Heavy Metal Maniac", "Violence & Force" und "Long Live The Loud" konzentriert, und darüber kann man sich wohl kaum beschweren. Außer den entsprechenden Titelsongs gibt es somit Nummern wie 'Scream In The Night', 'Iron Dogs', 'Stand Up And Fight' und 'Evil Sinner' zu hören, und natürlich darf auch das großartige 'Pounding Metal' nicht fehlen. Songs von diesem Kaliber werden vom Publikum selbstverständlich begeistert aufgenommen, und so wird vor der Bühne fleißig mitgegrölt und noch fleißiger head-gebangt. Hin und wieder streuen BEEHLER auch ein eigenes Stück ein, aber auch 'Destroy' oder 'Messages To The Dead' kommen ganz gut an. Somit haben alle Beteiligten - ob auf oder vor der Bühne - sehr viel Spaß an diesem kurzweiligen Auftritt und die Zeit vergeht wie im Flug. Mit 'I Am The Beast' sowie dem MOTÖRHEAD-Cover 'Iron Fist' beenden Dan Beehler & Co. schließlich ihr einstündiges Set und hinterlassen jede Menge zufriedene Gesichter.

Setlist: Violence & Force, Scream In The Night, Iron Dogs, Destroy, Heavy Metal Maniac, Messages To The Dead, Stand Up And Fight, War Is Hell, Pounding Metal, Long Live The Loud, Evil Sinner, World War III, I Am The Beast, Iron Fist (MOTÖRHEAD-Cover).

[Martin Schaich]


Dass wir es bei John Cyriis ganz gewiss nicht mit einem gewöhnlichen Metal-Frontmann zu tun haben, das ist uns allen schon seit Urzeiten klar. Der Chefufologe verstört nicht nur seit langen Jahren mit kreativen Verschwörungstheorien, sondern er hat sich insbesondere in den verganenen Monaten nicht nur Freunde gemacht. Die Reunion mit seinen ehemaligen Bandkollegen von AGENT STEEL hätte ein Triumphzug werden können, wären dem Unterfangen nicht die Befindlichkeiten des Sängers dazwischen gekommen. So kam es zu Konzertabsagen, dem Vernehmen nach nicht realisierbaren Forderungen des Frontmannes und letztlich dazu, dass die Gitarristen Juan Garcia und Bernie Versailles die Notbremse zogen und ihre gemeinsame Band gefrustet auf Eis legten, um künftig dem Schlamassel um den Sängerposten und rechtlichen Fragen aus dem Weg zu gehen. All das werfen weite Teile der Metalszene nun John Cyriis vor und es darf als sicher gelten, dass der Gute an der Misere nicht ganz unschuldig ist.

Dass es indes dann soweit ging, dass es im Vorfeld des HOA gar Boykottaufrufe und Vorwürfe gegen die Festival-Veranstalter gab, wie man denn "so einen Menschen" und dessen neue Band S.E.T.I. verpflichten könne, das ging mir dann - bei allem Verständnis für den Ärger einiger Betroffener - doch zu weit. Daher lasse ich es mir heute auch nicht nehmen, den Co-Headliner dieses Samstagabends mit seinen vier jungen Mitstreitern auf der Hörnerbühne anzuschauen. Gespannt, aber sicher nicht euphorisch oder mit allzu großen Erwartungen ausgestattet. Was sogleich auffällt, ist, dass Herr Cyriis es nicht verlernt hat, sich und seine Abgedrehtheit effektiv in Szene zu setzen. Zu den erklingenden, sehr lange dauernden Space-Intros wird der Eingang der hölzernen Bühne bei ansonsten völliger Dunkelheit in gelbes Licht getaucht, so dass wir uns unweigerlich an den einen oder anderen Alien-Mystery-Thriller erinnert fühlen. Durch dieses Tor schreiten dann schon bald die vier Musiker gefolgt von einem John Cyriis, der mit Kurzhaarschnitt samt "Widow's Peak" der Marke Ingo Appelt und gehüllt in einen mächtig warmen Anorak die Bühne erklimmt und die Wartenden mit etwas abseitig wirkenden Worten begrüßt.

John Cyriis legt Wert darauf, zu betonen, dass wir es hier mit dem Original zu tun hätten, und dass er es sei, der nun mit seiner Band S.E.T.I. das Erbe von AGENT STEEL in die Zukunft tragen wird. Diese Attitüde nimmt ihm mancher Anwesende sichtlich übel, doch es kommt seitens des Publikums weder zu Buhrufen noch zu sonstigen Unmutsäußerungen. Die Spannung der Anwesenden scheint zu groß zu sein und so harrt die Meute der Dinge, die da noch kommen mögen. Als die Band gleich darauf mit 'Unstoppable Force' und 'Let It Be Done' in ihr Set einsteigt, wird vieles klar: Zum Einen liefern die jungen Herren von S.E.T.I. einen blitzsauberen Gig ab, leisten sich technisch keine Schwächen und werden den AGENT STEEL-Songs vollauf gerecht und doch steht unumstößlich fest: Diese Band ist nicht AGENT STEEL und sie hat weder das Charisma noch das Feeling, das altgediente Szenegrößen wie Juan Garcia und Bernie Versailles ausmacht. Das ist etwas, das sich nicht an objektiven Merkmalen festmachen lässt, aber das Gefühl, es hier mit einer Coverband zu tun zu haben, die den Originalsänger als Gast auf die Bühne geholt hat, das lässt sich halt nicht ausschalten.

Andererseits soll aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass sich in den Reihen der "anderen" AGENT STEEL ja ganz streng genommen gar kein Originalmitglied, dafür aber die beiden Musiker befinden, welche den Namen und das Erbe über die Jahrzehnte entgegen alle Widrigkeiten mit viel Mühe am Leben gehalten haben. Hier gab es auch immer die Kritiker, die nicht müde wurden, zu betonen, dass sich die Band für sie nur mit John Cyriis "echt" anfühle. So meine ich, dass wir uns derzeit wohl damit abfinden müssen, dass die Taube auf dem Dach bleiben wird, sich aber zwei Spatzen auf unseren Händen niederlassen, die für sich genommen ja auch etwas wert sind. Denn, um endlich zur Musik und zum Auftritt zurück zu kehren, machen die folgenden Klassiker allesamt klar, dass die Rückkehr des John Cyriis zum aktiven Musizieren definitiv eine Bereicherung für den Metalzirkus darstellt. Seine Stimme ist nach wie vor einzigartig, und auch wenn man ihm hier und da anmerkt, dass ihn der extreme Gesang viel Kraft kostet: Die hohen Screams sitzen hervorragend und nach anfänglichen Soundproblemen kommen spätestens ab 'Children Of The Sun', vor allem aber bei 'Bleed For The Godz' auch die melodischeren Passagen sehr schön zur Geltung. Außerdem zeigt Herr Cyriis mit den offiziell unveröffentlichten Stücken 'Legion' und 'Black Sacristy' (letzteres stammt vom PONTIUS PROPHET-Demo), dass er sich nicht ausschließlich auf das auch von der "Konkurrenz" genutzte AGENT STEEL-Programm verlassen will, sondern auch um eine eigene Note bemüht ist.

So bleibt mir nur das Fazit, dass ich den Auftritt trotz einiger zweifelhafter Gefühle ziemlich gelungen fand. Dass diese Band namens S.E.T.I. eine große Zukunft hat und dass Herr Cyriis damit wirklich Willens und in der Lage sein wird, das große Erbe seiner früheren Band anzutreten, scheint mir jedoch momentan eher unwahrscheinlich. Gerne lasse ich mich jedoch eines Besseren belehren.

Setlist: Intro, Space Intro, Unstoppable Force, Let It Be Done, Taken By Force, Agents Of Steel, Rager, Legion, Children Of The Sun, Black Sacristy, Bleed For The Godz, Mad Locust Rising

[Rüdiger Stehle]

 

Mit den Auftritten von STORMWARRIOR und ihrem Stammgast Kai Hansen ist es ja immer so eine Sache: Gäbe es endlich mal ein wirkliches Special-Set, bei dem die Hanseanten gemeinsam die "Helloween"-EP und "Walls Of Jericho" am Stück zocken würden, dann wäre das eine zweifellos spannende Sache, und da wäre ich dann auch mit voller Euphorie von Anfang bis Ende am Start. Wenn es aber so ist, dass diese Kollaboration als Headliner angekündigt ist und es letztlich darauf hinaus läuft, dass wir erst eine Dreiviertelstunde reguläres Material von STORMWARRIOR aufgetischt bekommen und der gute Kai erst am Ende für eine handvoll HELLOWEEN-Klassiker die Bühne erklimmt, dann ist das zwar prinzipiell immer noch eine coole Sache, findet aber schlicht und ergreifend an der falschen Position im Billing statt. Hat man nämlich drei Tage Festival in den Knochen und eben tolle, schweißtreibende Auftritte wie jene von SLOUGH FEG oder BEEHLER hinter sich, dann ist spätestens nach drei Songs der doch arg vorhersehbaren sturmkriegerischen Mischung aus frühen HELLOWEEN und RUNNING WILD der tote Punkt erreicht, weil ich mit den vorwiegend bedachten Sachen vom aktuellen Album "Heathen Warrior" einfach nicht so richtig warm werde. Zum Glück gibt es aber auch älteres Material, insbesondere von "Heading Northe", wobei das mich zu dieser späten Stunde auch nicht mehr gerade biegen kann. Obwohl die Band engagierter schien als vor zwei Wochen beim Bang Your Head. Dabei hätte ich die von mir heiß und innig geliebten Hansen-Klassiker wirklich unheimlich gerne miterlebt, aber irgendwann muss man dem Fesitvalstress Tribut zollen und die Fahne einholen. Da ich euch aber natürlich auch einen Bericht zum weiteren Verlauf des Ereignisses schulde, stelle ich einen treuen Kameraden zur weiteren Begutachtung des hanseatischen Joint Ventures ab, und der weiß dann am nächsten Morgen voll des Lobes zu berichten, dass der Hansen-Kai mit seinen Kumpels das Festival zum guten Schluss nochmals ordentlich in Bewegung bringen konnte. Aber lest selbst ...

[Rüdiger Stehle]

 

Ich muss hier Rüdiger Recht geben, dass STORMWARRIOR als Headliner eigentlich falsch platziert sind. Ich denke, die meisten warteten (oder eben nicht) die erste Hälfte der Show sehnsüchtig auf Kai Hansen. Die Musik ist schon gut, und wer alte HELLOWEEN mag, muss auch STORMWARRIOR zumindest okay finden. Aber natürlich sind die Jungs nicht sehr innovativ. Müssen sie aber auch nicht, denn es gibt nur sehr wenige Band, die den Sound der alten HELLOWEEN und auch RUNNING WILD heute noch so gut spielen. Allerdings wäre es klüger gewesen, STORMWARRIOR am Nachmittag extra spielen zu lassen und dann als Highlight das HELLOWEEN-Set in der Nacht zu platzieren. So sind manche schnell genervt, weil sie nur Kai Hansen sehen wollen.

 

Als nach viel zu langen 45 Minuten STORMWARRIOR Kai Hansen die Bühne betritt, kommt noch einmal Bewegung in den teilweise schon recht müden Mob. Die alten Klassiker von HELLOWEEN vor der Kiske-Ära scheinen hier alle zu kennen und zu mögen. Selbst ein jüngerer Kerl, den ich auf dem HOA kennen gelernt habe, und der mir sagte, er sei nur wegen seinen Kumpels mitgegangen und kenne und möge keine der hier spielenden Bands, geht voll ab und grölt begeistert mit. Und ich muss sagen, es ist ein ungewohntes aber schönes Bild, Kai Hansen nur als Sänger und ohne seine Gitarre zu sehen. Man mag sich vorstellen, es wäre 1985 und man sehe eine geile neue Metalband aus Deutschland.

 

Aber zurück zum Gig. Mit dem Knaller 'Ride the Sky' von der "Walls Of Jericho"-LP eröffnet Hansen das Klassiker-Set und ist sofort der Herr im Haus. Etwas unsicher, ob er Englisch oder Deutsch reden soll, benutzt er oft beides und wirkt auf mich immer noch wie ein junger Kerl der sich tierisch freut, auf so einem Festival spielen zu dürfen. Meiner Meinung nach ist er stimmlich nicht ganz auf der Höhe und ich weiß nicht, ob das Kaugummikauen, das mich etwas nervt, damit zusammen hängt. Aber eigentlich macht dies nichts, denn die Songs sind alle unsterbliche Killer. 'Murderer', 'Warrior' und 'Victim Of Fate' von der ersten HELLOWEEN-EP sind Stücke, die man sonst nicht oft zu hören bekommt. Mit 'Heavy Metal Is The Law' und dem enthaltenen Mitsingpart wird die Stimmung auf hohem Niveau gehalten und mit der Maxi 'Judas' berücksichtigt Kai Hansen dann auch alle drei Veröffentlichungen mit ihm als Sänger.

 

Dass Hansen dann den Hit 'I Want Out' als Zugabe bringt, passt für mich nicht so recht, da dieser Song ja ursprünglich von Michael Kiske gesungen wurde und auf der "Keeper Of The Seven Keys Part II"–Scheibe steht. Es hätte noch genug Songs der ersten Phase gegeben und ich persönlich hätte mich sehr über 'How Many Tears' gefreut. Aber man will wohl mit einem echten Hit den sehr guten Gig beenden.

 

[Andreas Glöggler]

 

 

 

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Redakteur:
Rüdiger Stehle

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