Hammerfall/Masterplan - Berlin

26.02.2003 | 02:45

17.02.2003, Columbiahalle

Auch in Berlin machten die Jungs um Joacim Cans Station, und es sollte das letzte Konzert mit dem Oidium-Comics-Stand werden, wo Jan Oidium das geniale Comic zur "Crimson-Thunder"-CD an den Fan zu bringen versuchte. Ob die Tatsache an diesem Abend für besonders hohe Umsätze gesorgt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Der Stand diente uns jedenfalls als willkommene Anlaufstelle für Gepäckaufbewahrung, Hintergrundinformationen zur Tour, Pausenunterhaltung und vieles mehr – ich hoffe, daß wir durch unsere „Belagerung“ keine potentiellen Käufer vergrault haben ... Von einem der ersten Auftritte in Wien wurde mir aus anderer Quelle berichtet, daß HAMMERFALL – vor allem im Vergleich zu MASTERPLAN, die auf dieser Tour einige neue Fans dazu gewonnen haben dürften – ziemlich müde und ausgebrannt wirken würden. Um so mehr war ich gespannt, ob meine Lieblings-Powermetal-Combo heute abend für die gewohnt gute Show sorgen würde.
[Gastautorin Elke Huber]

Der hartmetallische Abend wurde aber zunächst von DREAM EVIL eröffnet, die mir auf dem letzten Silberling "Evilized" ziemlich gut gefielen. Da wurde einfacher, geradliniger, mit viel Spielfreude vorgetragener Heavy Metal gezockt. Irgendwie cool. Was DREAM EVIL aber trotz der unbestrittenen musikalischen Güte wahrscheinlich immer von HAMMERFALL unterscheiden wird, ist die Bühnenshow. So lächerlich HAMMERFALL mit ihren Outfits und Klischees für viele auch sein mögen, es gehört einfach zu dieser Art Musik. Man erwartet von einer solchen Band wenigstens immer eine Menge wehender Haare und das totale Klischee-Outfit. Das kann DREAM EVIL allerdings nicht wirklich bieten. Sänger Niklas Isfeldt, Gitarrist Frederik Nordström und Bassist Peter Stålfors haben wenig bis gar keine Haare auf dem Kopf und der zweite Gitarrist Gus G. könnte als Beau in einer Haarsprayband der 80er spielen. Bleibt noch Snowy Shaw, der mit seiner blonden Mähne noch am ehesten nach 'true' Metal aussieht. Und die schlichten Klamotten mit schwarzen Jeans und T-Shirts tun ihr übriges, um dem gängigen Metal-Klischee nicht gänzlich gerecht zu werden. Dennoch gehen die Fünf von Beginn an mit einer Menge Engagement zu Werke. Wobei schon der klischeetriefende Opener "Made Of Metal" mit seiner unsterblichen Textzeile "I am so fucking metal and so is my wife..." für gute Laune im Auditorium sorgt. Vor allem wenn das folgende "...I am his wife" dann vom Band tönt. Klar, ich hätte es chicer gefunden, wenn da irgendeine Hupfdohle auf die Bühne gekommen wäre, um den Satz einzuträllern, aber wahrscheinlich wäre da Frau Isfeldt oder Frau Nordström beleidigt. Wie dem auch sei. Das Quintett bot einen 50:50-Querschnitt durch ihre beiden Alben und hatte in den kurzen 30 Minuten potenzielle Hits wie den simplen Hardrocker "Children Of The Night" oder das episch angehauchte "Chosen Ones" zu bieten. Damit gewann die Band mit Sicherheit den ein oder anderen neuen Fan hinzu, denn wer HAMMERFALL mag, kann DREAM EVIL eigentlich gar nicht schlecht finden.

Dann kam der eigentliche Grund meines Besuches in der Columbiahalle. MASTERPLAN haben mit ihrem Debüt ein superbes, extrem abwechslungsreiches und sehr stimmungsvolles Metalalbum vorgelegt, das keinen Vergleich scheuen muss. Und so wurden Roland Grapow, Uli Kusch, Jorn Lande und co. auch gleich äußerst umjubelt empfangen. Den ersten Blickfang stellte aber Jan S. Eckert mit seinem fluoreszierenden Fischgrätenbaß dar. Doch auch die extrovertierte, 'truemetallische' rote Hose von Keyboarder Axel Mackenrott hat einen hohen optischen Reiz. Doch schon nach dem ersten Ton aus der Kehle von Jorn richten sich alle Augen auf diesen Mann. Dieses kräftige Organ ist genau die eigene Note, die MASTERPLAN haben mussten. Jorn klingt wie eine Mischung aus David Coverdale (WHITESNAKE) und Robert Plant (LED ZEPPELIN) in ihren besten Zeiten und hat zudem das nötige Charisma, das ein Frontmann so dringend benötigt. Vom ersten Ton des grandiosen Opener "Spirit Never Die" an kocht die Halle. Und so haben MASTERPLAN leichtes Spiel, obwohl ihr Album zu diesem Zeitpunkt erst etwa drei Wochen auf dem Markt ist. Doch schon jetzt singen zig Kehlen bei "Enlighten Me" oder "Kind Hearted Light" mit. So euphorisch wie das Berliner Publikum die Band begrüßt, ist diese dann auch auf der Bühne. Uli malträtiert sein Schlagzeug mal wieder mit gnadenloser Power und einem wuchtigen Punch, während Meister Grapow virtuos in die Saiten greift. Lustig ist auch Axel an seinen Keys, der sich als wahrhafter Poser vor dem Herren outet und immer, wenn er nix zu tun hat, über die Bühne rennt und sich Luftgitarrenduelle mit Grapow liefert. Sehr schön. Musikalisch gibt es an diesem Abend sogar mehr als man vorher wohl erwartet hat. Neben einigen Highlights aus dem Debüt – um alle zu spielen, hätten sie das komplette Album spielen müssen – gibt es gar ein Medley mit Songs von HELLOWEEN und "Sunset Station" von Jorn's erstklassigen Soloalbum "Worldchanger" und eingestreute Riffs von "Smoke On The Water" und anderen Klassikern. Mehr als einmal hör ich um mich herum Sprüche wie "der beste Sänger, den ich in den letzten Jahren gesehen habe" oder "wow, was für eine Monsterröhre". Ja, ja, Kusch und Grapow haben da zu 100% die richtige Wahl getroffen und sind an diesem Abend auf jeden Fall klare Gewinner.

Als dann ein paar Minuten später Hector auf die Bühne gestiefelt kam, wurde es für mich Zeit zu gehen und den Bericht in vertrauenswürdige Hände zu legen. Damit übergebe ich noch mal an Elke.
[Peter]

HAMMERFALL betraten gegen 22 Uhr die Bühne der zu ca. 2/3 gefüllten Columbiahalle. Ich muß gestehen, daß ich eigentlich kein wirklicher Freund dieser Art von Metal bin und zu meinem ersten HAMMERFALL-Konzert vor ein paar Jahren nur unter Androhung von Freundschaftsentzug genötigt wurde. Komischerweise bin ich seitdem ein Fan, zumindest was die Liveshows betrifft. HAMMERFALL machen für mich „Volksmusik-Metal“: Einmal gehört, kann man jeden Song spätestens zum dritten Refrain mitsingen, und auch der Mitklatsch-Mitschunkel-Faktor ist gegeben. Aber es macht höllisch Spaß! Und genauso sollte es auch an diesem Abend werden. Leider mußten wir auf die wirklich beeindruckende Ritterburg der letzten Tour verzichten. Aber auch der Aufbau mit dem meterhoch erhobenen monströsen Schlagzeug von Anders Johansson (Wurden die Teile wirklich alle gebraucht, oder war das nur Show?) wirkte nicht gerade mickrig, und der Schwerpunkt lag eindeutig auf diversen special effects, von denen gleich zum Intro eines der kultigsten dargeboten wurde: Hector der Krieger eröffnete mit einem riesigen Hammer- und Funkenschlag das Spektakel! Danach wurde auch der Weg zum Fotograben freigegeben (der nette Mann von der Security wollte nicht, daß meine Knipse und ich Verbrennungen erleiden – wär ich auch von selbst nicht drauf gekommen ;-) ) und ich hatte freie Sicht auf das typische HAMMERFALL-Posing, das wohl eines der Trademarks der Band darstellt. Magnus Rosén, der Basser mit dem Yorkshire-Terrier-Zöpfchen (Motto: Ich bange zwar gern, aber ich will nicht, daß mir dabei die Haare ins Gesicht fallen) zeigte uns wieder freudig seine Zahnreihen und findet seine Grimassen wohl besonders true und evil. Daß er als Musiker etwas drauf hat, habe ich bei seinem halbstündigen Soloauftritt auf einem kleinen schwedischen Festival im letzten Jahr erahnen können (auch wenn mich diese Bassvorführung damals nur ca. 5 Minuten auf meinem Platz hielt), und er bekam zwischen „Legacy Of Kings“ und „The Way Of The Warrior“ sein obligatorisches Solo, das ich mir aufgrund der Kürze dann auch dieses Mal komplett angehört habe. Was Magnus zu viel an Haaren auf dem Kopf hat, hat Stefan Elmgren zu wenig, und am späteren Abend durfte auch er mit einem Gitarrensolo seine sicher nicht zu verachtenden Künste zeigen. Trotzdem gehen mir solche Einlagen ehrlich gesagt immer leicht auf die Nerven. Und spätestens seitdem ich herausgefunden habe, daß man zur Musik von HAMMERFALL hervorragend Aerobic machen kann (kein Witz!), kann ich mir denken, warum Oskar Dronjak so ein dünner Heering ist – vermutlich hüpft er zum Warmup täglich zwei Stunden zu HAMMERFALL-Musik auf dem Stepper rum (und ist dann anschließend so ausgepowert, dass er auf der Bühne eigentlich der am wenigsten agile Part ist). Joacim Cans zeigte sich von Anfang an souverän und von seiner besten Seite. Lag es daran, daß der vorherige Tag nicht wirklich gut gelaufen sein soll, oder waren die „Templars of Berlin Germany“ wirklich ein so begeistertes Publikum – sein strahlendes Grinsen nach dem ersten Song „Riders On The Storm“ hätte glücklicher kaum sein können.

Zu „Heeding The Call“ hatte ich mich bereits an den Oidium-Comics-Stand zurückgezogen, von dem aus ich den Rest des Konzerts verfolgen sollte. So ging mir vielleicht manches Detail des Bühnenposings durch die Lappen, aber für den Gesamteindruck war die Position ideal. So sah man auch in Berlin zu „Glory To The Brave“ schwedische (?) Schneeflöckchen rieseln, während des Konzerts so manchen Pyro explodieren, eine sehr energiegeladene Band die nicht gerade kleine Bühne bis in die hinterste Ecke mit stets unterhaltsamem Posing ausfüllen und die Menge jeden Song begeistert abfeiern. Die neue CD war mit 5 Songs gut vertreten, und ich muß sagen, das Material paßt sich so gut an alte Gassenhauer an, daß ich selbst manchmal grübeln mußte, ob sie Hits der Marke „Riders on the storm“ nicht schon immer gespielt haben. Als nicht mehr ganz so überraschende Schlussaktion (da Sänger ganz gerne mal demonstrieren, dass sie ein paar Akkorde beherrschen) durfte Joacim zum letzten Song noch ein wenig auf der Klampfe von Oskar rumspielen – zum Glück übernahm Oskar aber nicht im Gegenzug das Mikrophon.

Ein nicht gerade Metal-Fan aus unserer Runde hat behauptet, HAMMERFALL machen Popmusik, und da ist wohl was dran, denn geboten wurden gute eineinhalb Stunden Unterhaltung der Spitzenklasse. Und auch wenn HAMMERFALL den Metal nicht gerade neu erfunden haben, so sind sie wohl derzeit eine der professionellsten Bands auf dem Sektor, was die optische Umsetzung betrifft. Einziges Manko des Abends waren die etwas zu leise abgemischten Mikros der Background-Sänger, so daß insbesondere bei Hits wie „The Way Of The Warrior“ die Hälfte der Vocals im Refrain zu fehlen schienen. Ansonsten kann man aber von einem durchaus gelungenen Abend sprechen.

Anmerken möchte ich noch, daß ich bei der Setlist im Nachhinein nicht mehr so sicher bin, ob mir da nicht doch irgendwas entgangen ist (weswegen ich mich entschlossen habe an dieser Stelle auf die Setlist vom Konzert in Langen zu verweisen - Peter) – das Bier war sehr lecker an dem Abend und ich war ab einem gewissen Zeitpunkt mehr damit beschäftigt, vermutlich sehr zur Belustigung des zweiten Manns am Oidium-Comics-Stand und des „das ist Popmusik“-Behaupters mächtig abzufeiern, als das Geschehen auf der Bühne bis ins Detail zu verfolgen. Die Gnade von Hector dem Krieger sei mit mir ...

[Gastautorin Elke Huber]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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