HARAKIRI FOR THE SKY, SCHAMMASCH & GROZA - Erfurt

08.02.2023 | 19:47

28.01.2023, Club From Hell

HARAKIRI FOR THE SKY, SCHAMMASCH UND GROZA legen den Club From Hell in Schutt und Asche

Bereits zwei Mal musste coronabedingt die Clubtour der Österreicher verschoben werden, aber heute Abend ist es endlich soweit und die Pforten des Club From Hell in Erfurt öffnen sich für die Fans. Und sie haben den Ruf gehört, denn sie kommen in Scharen. Schon seit einigen Wochen im Voraus ist die Show komplett ausverkauft.

Noch bevor es losgeht, ist der Konzertsaal ordentlich gefüllt. Ursprünglich hätte als Opener GAEREA spielen sollen, jedoch musste das Trio terminlich absagen und wurde von GROZA ersetzt. Die Truppe wird im Netz seit Gründung heiß diskutiert und von Puristen als billige Kopie von MGLA verschrien.

Die Parallelen, wie das Bühnenoutfit oder bestimmte Kompositionselemente, sind durchaus erkennbar, jedoch bin ich der Meinung, dass das Quartett nichtsdestotrotz durchaus neue Ideen mitbringt und eine Daseinsberechtigung in dieser Nische verdient. Von den Kontroversen merkt man im Raum nichts und in typisch vermummter Manier betritt die Band die Bühne. Wenn man keine Erwartungen hat, ist die Überraschung immer am größten. Keine Minute im Set wird man als Zuschauer von Flammen gegrillt, während die Stroboskope auf Höchstanschlag laufen und gleichzeitig das Gehirn von Gitarrengeschredder und Blastbeats in die nächste Dimension fliegt. Ich bin kaum in der Lage in Worte zu fassen, was da vorne passiert, denn auf mich prasseln so viele Reize ein, dass jeder Gedanke mit einer Welle neuer Eindrücke im Keim erstickt wird. Jede Bewegung, jeder Handgriff - alles sitzt und ist präzise aufeinander abgestimmt. Zum Atmen bleibt keine Zeit und die Menschen eskalieren völlig. Zu meiner Freude wird nahezu vollständig das aktuelle Studioalbum "The Redemptive End" herunter gespielt, aber auch der Titeltrack des Debütalbums findet Platz in der Setlist. Ohne die ganzen Bühneneffekte hätte GROZA ebenfalls richtig Bock gemacht, aber diese hieven die Show schließlich auf ein ganz anderes Niveau hoch. Die Truppe reißt den kompletten Saal in Stücke und ist für mich ein absoluter Überraschungskandidat an diesem Abend.

Setlist: Sunken In Styx - Part I : Submersion, Sunken In Styx - Part II : Descent, Elegance Of Irony, Ouroboros, The Redemptive End, Unified In Void, Homewards

Wesentlich minimalistischer, aber optisch ebenfalls sehr ansprechend bereitet sich SCHAMMASCH auf den Auftritt vor. Statt Kerzen und Weihrauch wird vor allem die Nebelmaschine an ihre Grenzen gebracht, aber das passt auch zur Atmosphäre und den dicken, brokat verzierten Kutten der Band. Die Musik ist düster und zugleich spannungsintensiv, wodurch die Show nahezu meditativ wirkt. Eine wahre Wohltat nach der Reizüberflutung bei GROZA. Leider schaffen es nur wenige Songs aus dem Triple-Album "Triangle" auf die Setlist, aber 'Metaonia' konnte nicht fehlen. Mein persönliches Highlight ist immer noch 'Paradigm Of Beauty', eine großartige Psychedelic-Rock-Nummer, die mich sofort an THE DEVIL'S BLOOD erinnert. Mit dem Klargesang und den rockigen Riffs fällt es absolut aus dem Raster, aber trotzdem ist es ein großartiger Song! Mit zwei Songs von der Debütscheibe "The Maldoror Chants: Hermaphrodite" beenden die Schweizer ihre sehr abwechslungsreiche Show.

Setlist: Ego Sum Omega, Golden Light, Rays Like Razors, Paradigm Of Beauty, Qadmon's Heir, Metanoia, Chimerical Hope, Do Not Open Your Eyes

Jetzt ist endlich Zeit für den Headliner des Abends: HARAKIRI FOR THE SKY! Da erst vor Kurzem die ersten Studioalben als Neuauflage wieder erschienen sind, bin ich gespannt, wie viel altes Material gespielt wird. Schon mit 'Sing For The Damage We've Done' als Eröffnungssong trifft die Band direkt den Nerv der Fans und entführt sie in die Abgründe der eigenen Gefühlswelt. Vor allem die Gesangspassagen, die ALCEST-Sänger Neige als Gastmusiker liefert (leider nur aus den Boxen), sorgen für Gänsehautmomente! Binnen kürzester Zeit verschmelzen die ganzen Menschen zu einem großen Haufen aus wildem Kopfgeschüttel und man spürt, wie alle in die Musik abtauchen. Tatsächlich entwickelt sich das Set zu einem Spaziergang in die Vergangenheit und Songs, die ich teilweise seit vielen Tourneen nicht mehr gehört habe, werden wieder gezockt. Auf der einen Seite verstehe ich die Beweggründe von Musikern, wenn sie an ihrem alten Material gerne kleine Veränderungen vornehmen möchten, aber auf der anderen Seite hätte man aus meiner persönlichen Sicht nichts mehr verbessern müssen. Schon vor zehn Jahren ist "Aokigahara" für mich ein perfektes Album gewesen. Deswegen irritiert es, wenn beispielsweise bei 'Homecoming: Denied!' die Klavierpassagen in der Mitte fehlen. Der Song ist noch immer erkennbar, aber ich komme nicht davon los, dass ein essentieller Teil ausgelassen wird. Insgesamt könnte die Band meiner Meinung nach ruhig eine weitere Stunde spielen, um die Liste noch mit vielen tollen Songs aus den anderen Alben zu füllen. Doch leider ist kurz vor Mitternacht schon das ganze Spektakel vorbei.

Setlist: Sing For The Damage We've Done, 69 Dead Birds For Utoya, And Oceans Between Us, Jhator, Dancing On Debris, Homecoming: Denied!, I, Pallbearer, Fire, Walk With Me, Song To Say Goodbye

Dieser Abend hat einige Überraschungen hervorgebracht und ich werde ein paar Tage brauchen, um das alles zu verarbeiten. Trotzdem muss ich nochmals diese sehr spannende Zusammenstellung an Bands loben. Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, die zwei Jahre zu warten!

Redakteur:
Hang Mai Le

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