Fear Factory - München

09.04.2001 | 07:28

04.04.2001, Elser-Halle

FEAR FACTORY auf Tour, um ihr am 23.04.01 erscheinendes neues Album "Digimortal" zu promoten, zwei hoch gehandelte Vorgruppen dazu; ein Pflichttermin, keine Frage.
Gleich vorweg ein großes Lob an die Elser-Halle; ein schönes, modernes Venue mit riesiger Bühne und erstklassiger Technik ist eine Sache, derart freundliches Personal allerdings ist noch viel erfreulicher. Vom Getränkeausschank bis zur Security im Fotograben durchwegs ausgesprochen höfliche Mitarbeiter, das erlebt man viel zu selten.

Eine halbe Stunde vor dem eigentlich anberaumten Konzertbeginn enterten die derzeit hoch gehandelten EARTHTONE 9 die Bühne, zu diesem Zeitpunkt verloren sich vielleicht 500 Gestalten in der Halle. Die Engländer boten eine Mischung als Alternative-Klängen und unterschiedlichsten Hardcore-Elementen, die spielerisch sauber inszeniert wurde und vom Frontmann mit gelungenem Gesang und Gebrüll dargeboten wurde. Leider wurde der an und für sich gute Sound durch viel zu laute Becken verunstaltet und überschritt insgesamt den Rahmen des Erträglichen, was hinsichtlich der noch folgenden Bands keine guten Erwartungen bei mir hervorrief.
Das Publikum nahm die zwar recht netten, aber insgesamt etwas langatmigen Bemühungen des Openers ziemlich teilnahmslos auf, so daß die Truppe sich trotz zweifellos vorhandenen Engagements nach einer halben Stunde wieder von der Bühne zurückzog, ohne irgendeine Wirkung gezeitigt zu haben.
Im Gedächtnis haften blieb allenfalls die Nummer des Schlagzeugers, der mit dem Rücken zum Auditorium agierte und zusammen mit dem Basser noch weiterspielte, als die Roadies bereits mit dem Abbau begannen, um dann in die Arme des Tieftöners zu hechten. Nette Einlage, wirkte aber für meinen Geschmack ziemlich aufgesetzt.
Dennoch, unterm Strich war die Darbietung von EARTHTONE 9 zumindest dazu angetan, die Zuschauer schon einmal ein bischen anzuwärmen.

Von ganz anderem Kaliber allerdings waren da deren nachfolgenden Landsleute von ONE MINUTE SILENCE. Zwar stand dem Quartett ebenfalls nur eine knappe halbe Stunde Spielzeit zur Verfügung, während dieser allerdings kam schon eine gewisse Stimmung auf. Was auch absolut gerechtfertigt war, denn die Briten intonierten ihr Material -eine mitreissende, im Härtegrad deutlich erhöhte Mischung aus CLAWFINGER und den RED HOT CHILLI PEPPERS- mit begeisterndem Engagement. Wie von der Tarantel gestochen fegten die Instrumentalisten herum und nutzten die wie angesprochen sehr große Bühne voll aus, während der Sänger, der ohne weiteres als kleiner Bruder von SICK OF IT ALL-Ikone Lou Koller hätte durchgehen können, mit charismatischem und druckvollem Shouting überzeugte. Das war dynamisch, energisch, hüpf-kompatibel. Dazu noch ein sehr guter, wenngleich leider wieder übertrieben lauter Sound und schon kamen die mittlerweile etwa 700 Anwesenden gehörig auf Touren, zumal das Tier am Schlagzeug mit knüppelhartem und sehr präzisem Spiel ordentlich Dampf machte.
Nichts, was meiner einer auf Platte bräuchte, aber live ein wirklich guter Anheizer, der so richtig Lust auf mehr machte.

Und dann kam die Macht. Was man so mitbekommen hat, müssen FEAR FACTORY wohl unter ihren Deutschland-Gigs den einen oder anderen etwas schwächeren Auftritt gehabt haben. Für ihre Show in München galt dies allerdings absolut nicht!
Von Anfang an machten die Amis einmal mehr unmißverständlich klar, daß sie nicht nur auf Konserve, sondern gerade auch live zu den besten Metal Bands des Planeten gehören. Spielerisch perfekt -allen voran Monsterdrummer Raymond Herrera- und mit ungeheurer Energie und Bewegungsfreude knüppelten sich die Kalifornier durch einen beeindruckenden Set, der praktisch keine Wünsche offen liess.
Sehr stilvolle Lightshow, nach anfänglichen Problemen mit dem Mix exzellenter, druckvoller Sound und Dynamik pur, das versetzte die schlußendlich doch noch gut 900 Fans in echte Begeisterung, wenngleich das stark neometallisch geprägte Publikum nicht ganz die Stimmung entfachte, wie man sie von einem harten Metal-Konzert erwarten darf.
Der liebenswürdige Frontmann Burton C. Bell steigerte sich nach leichten anfänglichen Defiziten -vor allem bei den clean vocals- im Verlauf der Show zu einer gewohnt machtvollen Gesangsdarbietung und lieferte seine übliche Mischung aus Gebrüll mit zahllosen Facetten und klarem, engelsgleichen Gesang ab.
Erfreulicherweise boten FF mit dem heftigen Set-Opener "Acres Of Skin", "Linchpin", dem groovigen "What Will Become" sowie dem Titelsong lediglich 4 Nummern vom noch unveröffentlichten "Digimortal"-Output, ansonsten gab es die Klassiker der Band gleich reihenweise zu hören. Anstatt sich in langen Erklärungen und großem Gesülze zu ergehen, liess das Quartett lieber Taten sprechen und brachte knapp 65 Minuten lang eine Aneinanderreihung von hammerharten, on stage NOCH machtvoller als auf Platte inszenierten Granaten, wobei bis auf "Descent" und "Resurrection" (beide von "Obsolete") ausschließlich knallharte Songs zum Einsatz kamen. Einzig "Martyr" vom `92er "Soul Of A New Machine"-Debüt ging mir noch ab, ansonsten gab es nichts zu bemängeln.
Unterm Strich eine glanzvolle Darbietung einer exzellenten Band. Sicher, angesichts des Eintrittspreises von satten 37 Märkern erfüllt die relativ kurze Spielzeit auf den ersten Blick nicht unbedingt das Kriterium "value for money". Andererseits jedoch gilt in diesem Fall definitiv die Devise "Qualität statt Quantität", denn die Show beeindruckte mit ihrer Intensität und der wie erwähnt exzellenten Setlist; zudem gab es ja auch noch gleich zwei Vorbands, von denen mich persönlich zumindest ONE MINUTE SILENCE absolut überzeugen konnten.
Summa summarum also ein klasse Konzert einer fantastischen Band, abgerundet durch einen guten Auftritt von OMS.

Setlist FEAR FACTORY:

Acres Of Skin
Demanufacture
Self Bias Resistor
Digimortal
Shock
Edgecrusher
Linchpin
Descent
Resurrection
What Will Become
Scapegoat
Replica

Redakteur:
Rainer Raithel

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