Fall Of Summer Festival 2015 - Torcy

07.11.2015 | 20:20

21.09.2015, Île-des-Loisirs, Torcy

POWERMETAL.de besucht die zweite Edition des "Fall Of Summer"-Festivals. Die Franzosen laden zu zwei Tagen intensivsten Metal in kleinem Kreis und gemütlicher Atmosphäre ein.

Tag zwei des "Fall Of Summer" Festivals. Wie üblich startet das Programm wieder mit Lokalmatadoren, in diesem Fall den französischen Death Metallern SKELETHAL. Dieses Mal nur etwas früher, so gegen 11:00 Uhr fällt der Startschuss, und die Truppe brettert ordentlich drauflos. Ob es am guten Bier oder den anstrengenden Pits des vorherigen Tages liegt, kann man nicht sagen, aber es haben sich nur wenige aufgerafft, um die Franzosen gebührend zu preisen. Eigentlich schade, denn der Auftritt war sicher keiner der schlechtesten.

Das Wetter ist trüber als am ersten Tag. Aber das kommt der ersten Band der Blackwaters Stage gerade recht. HAMFERD von den Faröer Inseln, Doom Metaller ihres Zeichens, singt von Gespenstern verunglückter Schiffbrüchiger, welche die Lebenden heimsuchen. Der graue Himmel wie auch der ruhige See im Hintergrund gestatten den fünf Musikern in Anzug und Krawatte das richtige Ambiente auch ohne professionelle Lichtshow zu erzeugen. Professionell ist hingegen die Musik, welche mit sehr viel Gefühl an das noch kleine Publikumsgrüppchen gebracht wird. Vor allem Gesang und Schlagzeug sind äußerst stark. Von tiefen Growls bis hin zur einer wunderschönen hallend-einlullenden Stimme bietet ihr Sänger alles, was man von einer modernen Doomkapelle erwarten kann. Vom ersten bis zum letzten Song fesselt HAMFERD ihre Zuschauer mit schleppenden Songs der härteren Gangart. Grandios!

Um aus der Trance auszubrechen, hat das "Fall Of-Summer"-Bookingteam die Grinder HAEMORRHAGE angeheuert, damit sie die Leute richtig wach rütteln. Mit knackigem Sound und lustigen Kostümen blasten die Vier drauf los. Neben dem furchteinflößenden Chirurgenkostüm und der netten Arzthelferin am Bass ist vor allem der mit nacktem Oberkörper und komplett mit Blut beschmierte Frontmann eine regelrechte Augenweide. Zwar versteht man kein Wort, aber allein seine ausdrucksstarke Mimik und sein theatralisches Auftreten wie auch seine lustigen Tanzeinlagen auf der Bühne sprechen für sich, und man versteht, um was es bei den Songs geht. Spielzeug hat die Grindcoretruppe natürlich auch dabei, ein abgehacktes Bein, eine Flagge mit blutigem Bandwappen und einen Maulkorb für den Sänger. Neben den manchmal groovigen und tanzbaren Riffs sind vor allem die schnellen Blastbeats und überhaupt das tighte Spiel des Schlagzeugers die Pluspunkte des Auftrittes. Leider wird es in der Mitte des Konzerts ein wenig eintönig, was wohl daran liegen könnte, dass die Band nicht gewohnt ist, eine ganze Stunde mit ihrem Material zu füllen. Trotzdem eine willkommene Abwechslung.

Auf der Blackwaters Stage bleibt es lustig, und den Ernst hat man auch verbannt. METALUCIFER ist 100 Prozent true und kommt super beim Publikum an. Musikalisch zwar keine Glanzleistung, wissen die drei Japaner, welche am Tag zuvor als letzte mit Sabbat gespielt haben, wie man das Publikum mit totstumpfem Heavy Metal animiert. Jeder Song klingt gleich und heißt auch gleich; 'Heavy Metal Hunter', -'Samurai' und -'Bulldozer' folgen Schlag auf Schlag und versetzen die Menge in belustigtes Mitgrölen der kinderleichten Refrains.  Die Ansagen sind immer noch so unverständlich wie bei Sabbat, aber wenigstens ist man sich jetzt sicher, dass sie zum Image der Band passen. Genauso wie die plötzlich an den Spitzen rot gefärbten Haare des Sängers, welche farblich sehr modebewusst zu seinen lackroten Puma-Cat-Hightop-Schuhen passen. Schrill ist nicht nur wieder das Aussehen der Metalkrieger aus Japan, sondern auch die hohen Screams des Sängers, mit denen er das Publikum immer wieder zu begeistern weiß. METALUCIFER ist die nicht ernstzunehmende, lockere Einlage vor dem Endspurt des Festivals. Party ist garantiert!

Am späten Nachmittag, auf ähnlichem Slot wie am vorherigen Tag Angel Witch, tritt SATAN aus Großbritannien auf. Die allseits gepriesenen klassischen Metaller eröffnen ihren Auftritt mit der Großtat 'Trial By Fire', den auch schon Blind Guardian coverte. Wer aber denkt, dass damit schon das Pulver verschossen ist, der irrt sich gewaltig. Von Song zu Song vergrößert sich das Publikum und die Refrains werden immer lauter mitgesungen. Die Ansagen sind gut platziert und die Stimme des Frontmanns ist trotz Alter wie frisch geölt. Wahnsinn ist auch das Gitarrenspiel und die Soli, die die Menge nur staunen lassen. Die Erfahrung steht diesen Musikern ins Gesicht geschrieben und so liefern sie eine erstklassige Show mit tollem Zusammenspiel ab. Man sieht ihnen förmlich an, dass sie nach all diesen Jahren noch immer Spaß an der Sache haben, und gerade dies zu sehen macht dem Publikum wiederum Spaß. SATAN sind eine geniale Auflockerung für dieses Festival der etwas härteren Gangart, und passen doch super ins Schema.

Nach der kleinen Erfrischung steht jetzt NILE auf der Bühne. Ihr Auftritt verläuft wie erwartet. Ein klasse Zusammenspiel von hochkarätigen Musikern, die eine druckvolle Soundmauer errichten. Die Soli werden alle sehr sauber gespielt und man hört sie Dank guten Boosts an der Gitarre gut heraus. Nur die Samples sind etwas zu laut und verfehlen so, den ägyptischen Touch in die Musik zu bringen. NILE klingt somit mehr nach typischem Technical Death Metal als nach den ägyptischen Gottesanbetern, die sie sonst sind. Viel Bewegung auf der Bühne ist nicht zu sehen, was wahrscheinlich an der Komplexität der Musik selbst liegt. Die Zuschauer scheint das nicht sonderlich zu stören, da sie eh mit endlosem Headbangen beschäftigt sind. NILE liefert einen rundum guten Gig ab und hat alle Erwartungen erfüllt.

Purer Hass und Aggression! Das beschreibt wohl am besten den Auftritt der amerikanischen Band RAZOR auf dem diesjährigen Fall Of Summer. Den Preis der brutalsten Band des Festivals haben sie sich auch verdient, da die Mosh Pits mit Abstand die gefährlichsten waren. Ein wenig Pech hat das Thrashquartett dann aber mit dem Wetter. In der Mitte des Konzerts fängt es plötzlich an zu Regnen und vor allem in den hinteren Reihen flüchten sich einige Leute in das Merchzelt. Was aber nicht besonders schlimm ist, da man das Konzert auch noch von dort aus gut verfolgen kann und der harte Kern vor der Bühne sich überhaupt nicht von dem bisschen Wasser stören lässt. Stärkster Punkt der Show ist der Fakt, dass RAZOR fast wie von der Platte klingt, auch wenn teilweise die Gitarre ein wenig zu leise war. Ansonsten gibt es nichts zu beanstanden. RAZOR thrasht immer noch wie damals!

Mit Thrash geht es dann auch weiter. Und zwar Thrash der ganz besonderen Art. Das "Fall Of Summer"-Festival dürfte in Zukunft bekannt werden für das Ausgraben von alten Metalperlen wie CORONER. Das Schweizer Trio kommt mit Bombensound auf die Bühne. Leider fällt am Anfang die Gitarre gänzlich aus, was den Gitarristen so verärgert, dass er seinen Mikroständer von der Bühne wirft und Backstage verschwindet. Trotzdem geht das Konzert weiter und nach einigen Sekunden ist die Band wieder komplett und spielt einen Höllengig. Weiterer Pluspunkt ist das makellose Zusammenspiel der Musiker und das innovative Songwriting, das durch die fast alle Veröffentlichungen abdeckende Songauswahl gut zur Geltung kommt. CORONER hat fast das ganze Festival vor der Bühne und fast jeder bewegt sich. Und das erreichen sie fast nur durch ihre Musik, da sie sich selbst eher weniger bewegen. Trotzdem ist die Bühnenshow sehr passend, da die abgestimmte Lichtshow schon fast ein Kunstwerk für sich ist. Erwähnenswert ist auch, dass das Schweizer Trio, zusammen mit einem Keyboarder, der atmosphärische Akzente setzt, auftritt, und somit, neben den komplexen Songs, mehr als eine gewöhnliche Thrash Band zu bieten hat. CORONER hat es drauf!

Nun spielt die Band TRIPTYKON, die mit Coroner die Slots getauscht hat. Dies tut der Show der Band dann auch insofern gut, dass es endlich Nacht geworden ist und somit die Lichtshow ihre volle Wirkung erzielt. Der Sound ist auch klasse und hält mit Coroner mit, ist jedoch viel bassiger und weniger bissig. Passt aber perfekt! Die Menge braucht zehn Minuten und es ist ziemlich kalt, aber danach ist jeder von den Celtic-Frost-Musikern und ihren Bandkollegen total gefangen. Nur wenige Ansagen sind nötig und vor allem die starken Momente in der Mitte vieler Songs reißen die Leute mit. Nach jedem Song ist lautes Jubeln und Geklatsche zu hören und man verliert sich immer mehr in der dunklen Musik der Züricher. Der Auftritt ist, nachdem man sich erstmal eingewöhnt hat, ein echtes Highlight des Festivals.

Headliner des zweiten Abends ist IHSAHN. Nun könnte man meinen, dass dieser Extreme Metal mit seinen komplexen Songstrukturen und avantgardistischen Passagen auf einem eher mit überwiegend altmodischerem Metal bestückten Festival etwas fehl am Platz sei. Doch die moderne Musik von ex-EMPEROR Frontmann IHSAHN schlägt beim "Fall Of Summer"-Publikum ein wie eine Bombe. Gefesselt vom glasklaren Ton und dem eifrigen Musizieren vergeht das erste Drittel des Konzerts wie im Nu. Bewusst, dass viele Emperorfans im Publikum stehen, entschließt sich Ihsahn dann in der Mitte des Sets einige Stücke seiner Black-Metal-Legende aus den 90ern zu spielen. Dafür fordert er aber von der Menge, dass sie gefälligst alles schön laut mitsänge. Was dann natürlich bei den besagten Songs der Fall ist und er, zufrieden nach der EMPEROR-Einlage, im letzten Drittel der Show noch einmal alles gibt. IHSAHN ist nicht nur Musik für die Ohren, sondern auch noch für Augen und Kopf. Auch wenn vielleicht nicht jeder versteht, was dort auf der Bühne musiziert wird, ist dennoch jedem die Genialität IHSAHNs bewusst, und die Zuschauer stehen, wenn vielleicht nicht ganz von der Musik als solche mitgerissen, dann doch staunend vor der Bühne. Definitiv ein würdiger Schluss für das "Fall Of Summer"-Festival 2015.

Redakteur:
Scott Kutting

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