FEUERSCHWANZ, ORDEN OGAN und DOMINUM - München

23.04.2024 | 22:20

20.04.2024, Backstage

Im Fegefeuer bei winterlichen Temperaturen

Bei Regen und Winterwetter ruft FEUERSCHWANZ ins "Fegefeuer", wie der Tourname verlauten lässt. Das verspricht nach dem kühlen Weg zur Location zumindest etwas Wärme, auch wenn vorab klar ist, dass es am Abend keine religiöse Gerichtsbarkeit geben wird, sondern ein ausschweifendes "Metfest". Allerdings verpasst es das Backstage in München die Besucher mit dem wohlig-warmen Getränk zu verköstigen. Schade! Passend zu der mittlerweile eher Power-Metal-mäßigen musikalischen Ausrichtung hat FEUERSCHWANZ die Kollegen von DOMINUM und ORDEN OGAN mit auf Tour genommen.

Erste Band des Abends ist der Newcomer DOMINUM. Diese zeichnet vor allem aus, dass sie im vergangenen Jahr endlich das Zombietum in den Power Metal eingeführt hat. Die Verkleidungen als auch die Musik wissen rasch zu begeistern. Obwohl es erst 19 Uhr ist, ist die Stimmung recht schnell auf einem guten Level. Vor allem Frontmann Dr. Dead sucht den Kontakt zum Publikum und erinnert mit seinem Stageacting dabei irgendwie an Tobias Forge und Tobias Sammet. Der etwas theatralisch-opernhafte Sound des Quartetts scheint die meisten zu überzeugen. Das überrascht etwas, weil die Reaktionen auf die Frage von Dr. Dead, wer das durchaus beachtenswerte Debüt "Hey Living People" von Ende 2023 kennen würde, arg verhalten ausfallen. Dies dürfte sich mit diesem Auftritt wohl geändert haben. Denn der Stimmung nach zu urteilen, wechseln nach dem Konzert am Merchandisestand vermutlich einige Tonträger den Besitzer.

Nach einer kurzen Umbaupause betritt ORDEN OGAN die Bühne. Die im Vergleich zu DOMINUM deutlich größere Bekanntheit der Band sowie die härtere Variante des Power Metals führen spätestens ab dem zweiten Song 'F.E.V.E.R.' vom Album "Ravenhead" zu allgemeinem Headbanging. Die Band begrüßt anschließend das Publikum mit einem fröhlichen "Hallo München", nur um dann festzustellen, dass es korrekterweise "Servus München" heißen muss - was noch korrektererweise eigentlich auch falsch ist, doch dazu später mehr. Dieser Lapsus kann ORDEN OGAN wirklich nicht übel genommen werden. Immerhin stammt die Band aus dem aus bayerischer Sicht weit entfernten Preußen (NRW) und ist nach eigener Aussage seit 2017 nicht mehr in der bayerischen Landeshauptstadt zu Gast gewesen. Da können einheimische Sitten schon mal vergessen werden. Das ändert aber nichts daran, dass das Quintett einen unfassbar sympathischen Auftritt hinlegt. Die Spielfreude kann den Musikern in jeder Sekunde angesehen werden, während sie auf der Bühne auf und ab laufen und ihre Musik in jeder Sekunde authentisch leben. Wie es sich für einen Supportact gehört, liefert ORDEN OGAN ein ziemliches Hit-Feuerwerk ab. Die druckvoll vorgetragenen Stücke nimmt das Publikum dankend an. 'Gunman' oder 'Inferno' werden von vielen textsicher mitgesungen und zu 'Come With Me To The Other Side' bildet sich der erste Pit des Abends. Mit 'The Order Of Fear' wird darüber hinaus die Vorabsingle des gleichnamigen, im Sommer erscheinenden neuen Albums präsentiert. Das Publikum soll währenddessen den Part des "Fear"-Rufens übernehmen. Beim Einüben der Stelle stellt die Band schließlich fest, dass die Phonetik des Wortes "Fear" auch in anderen Zusammenhängen genutzt werden kann: "Was sind zwei plus zwei?", "Wie viele Bier trinkt ihr heute noch?", "Wie viele ORDEN OGAN-Shirts kauft jeder von euch heute?" Die Antwort könnt ihr euch denken. Nach 50 mitreißenden Minuten verabschiedet sich ORDEN OGAN. Es hätten gerne mehr sein dürfen!

25 Minuten später entert FEUERSCHWANZ die Bühne. Vom ersten Ton an ist das Publikum voll da. Es dauerte keine zehn Sekunden bis sich zum Opener 'SGFRD Dragonslayer' der ganze Innenraum in einen Mohspit verwandelt, während die seitlich Höherstehenden aus voller Kehle mitgröhlen. Das ändert sich auch kein bisschen bei den folgenden Songs 'Memento Mori' und 'Untot im Drachenboot'. Im Gegensatz zu ORDEN OGAN wissen die FEUERSCHWANZ-Mitglieder als bayerische Franken natürlich, dass die Begrüßung streng genommen "Servus Minga" lauten muss. Der Hauptmann Feuerschwanz freut sich außerdem sehr, dass sie wieder im Backstage sein dürfen und das gleich auch noch zwei Tage in Folge. Denn im Backstage herrsche eine "besondere Energie". Das dürfte vor allem an der Schwimmbadatmosphäre mit den erhöhten Seiten sowie an der niedrigen Deckenhöhe und dem schmalen Graben liegen. Band und Publikum sind sich dadurch sehr nahe. Das hat jedoch zur Folge, dass FEUERSCHWANZ nicht die gewohnte Feuershow durchziehen kann. Ein bisschen Funkensprühen gibt es natürlich, aber in anderen Locations brennt, raucht und qualmt es deutlich mehr. Dafür kann das Backstage mit anderen Qualitäten aufwarten. In allererster Linie mit seiner ekstatischen Stimmung. Band und Songs werden infernalisch mit Bangen, Pit und großartiger Textsicherheit gefeiert. Ob man will oder nicht, wird man in einem Strom der Begeisterung von vorne bis hinten und von links nach rechts mitgerissen. Die ganze Halle ist eine einzige Party!

Nach ungefähr 2/3 des Sets wird die Stimmung durch das pathetisch-atmosphärische 'Valkyren' etwas heruntergefahren. Heimgebracht werden, wie es in den Lyrics des Tracks so schön heißt, möchte allerdings noch niemand. Trotzdem tut die kurze Drosselung des Tempos als Verschnaufpause allen gut. Lange kann jedoch nicht durchgeatmet werden. Zum 'Knochenkarussell' stellt sich Geigerin Johanna von der Vogelweide in das Auge des Cirlce-Pits und als sich anschließend die Band Sonnenbrillen aufsetzt, beginnt das Publikum schon vor Songbeginn das HAIDUCII-/O-ZONE-Cover 'Dragostea Din Tei' lautstark anzustimmen.

 

Auffällig ist, dass FEUERSCHWANZ mittlerweile auch live die Transformation von den Folk-Rock-Blödel-Barden zur großen Spaß-Power-Metal-Band mit Mittelaltereinschlag vollzogen hat. So gibt es keinen Song  von vor dem Album "Methämmer" aus dem Jahr 2018 mehr, obwohl die Band dieses Jahr mit ihrem großen "Metfest" am 14.12.2024 in Essen ihr 20-jähriges Jubiläum feiert. Das Publikum scheint die Setlist nicht zu stören, sondern es will die krachenderen neuen Sachen hören. Selbst 'Valhalla Calling', welches erst im Mai auf der englischsprachigen Scheibe "Warriors" erscheinen wird, ist als Single bereits bekannt und wird mitgegröhlt. Bei den Zugaben 'Warriors Of The World', 'Rohirrim' und dem 'Elften Gebot' geben Band und Publikum nochmal alles, bevor nach gut 1:45 Stunden eine unfassbare Party zu Ende geht, an deren Ende sich alle einig sind: "Schubsetanz ist Rittersport!"

Redakteur:
Dominik Feldmann

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