Children Of Bodom/Cannibal Corpse - Stuttgart

12.03.2009 | 12:16

02.02.2009, LKA Longhorn

CHILDREN OF BODOM und CANNIBAL CORPSE - ein Garant für einen sehr unterhaltsamen Konzertabend.

CANNIBAL CORPSE als Support der Finnen CHILDREN OF BODOM auf Europatour? Das klingt nach einem Scherz, denke ich zunächst, als ich einen Blick auf die Tourdaten werfe. Doch ich habe tatsächlich richtig gelesen. Die kommerziell wohl erfolgreichste und gleichzeitig eine der stilistisch wohl konstantesten Death-Metal-Formationen des Planeten ist erstmals in Europa als Support-Band unterwegs. Als Anheizer für Front-Aso Alexi Laiho und seine Band.

Pünktlich um 20.00 Uhr beginnen DIABLO aus Finnland ihre Show im gut gefüllten LKA Longhorn. Von Beginn an hält sich die Begeisterung der Anwesenden für die musikalische Darbietung des Quartetts doch sehr in Grenzen. DIABLO erweisen sich aus meiner Sicht als völliger Griff ins Klo und als unwürdige Vorband für eine geschätzte Formation wie CHILDREN OF BODOM (COB) oder die Kult-Deather CANNIBAL CORPSE. Das Songwriting der Finnen wirkt zumeist zerfahren, ja, sogar zusammengestückelt. Wie ein dröger Resteverwerter lehnt sich die Band musikalisch ein wenig an die Landsleute COB an, bastelt einige Metalcore-Riffs hinzu und streut etwas belangloses Keyboard-Geklimper darüber. Nein, nein und nochmals nein: DIABLO haben in diesem Billing nichts verloren. Und so bin ich heilfroh, dass die gloriose Vorstellung dieser chilligen und musikalisch weitestgehend substanzlosen Band nach einer halben Stunde ihr Ende findet. Eine halbe Stunde wertvolle Spielzeit, die man gerne CANNIBAL CORPSE hätte zugestehen können. Aber Moment: Es gibt doch noch ein Schlussstück der Finnen. Als ob dieser Auftritt nicht so schon ein einziges Ärgernis darstellt, vermögen es die Finnen, den weltberühmten ABBA-Hit 'Dancing Queen' derart zu verhunzen, dass selbst Nicht-Fans der schwedischen Pop-Legende das blanke Kotzen hochgekommen sein müsste. Der miese, völlig lustlos ins Mikro gebrüllte und gegrowlte Gesang, das belanglose Arrangement des Stückes selbst - nein! Dass die Stadtjugend im Publikum, deren Altersdurchschnitt irgendwo bei 20 oder 22 Lenzen liegen dürfte, sogar noch Anstandsapplaus von sich gibt, ist wahrhaft nicht nötig. Für mich persönlich waren DIABLO die bei weitem schwächste Vorband, die ich auf meinen letzten zwanzig Konzertbesuchen erlebt habe.

Der Abend kann nur noch besser werden. Und nun prügeln CANNIBAL CORPSE mit einer Präzision, dass die Schwarte kracht. Mit "Evisceration Plague" hat die Band Ende Januar 2009 eine sehr gute Scheibe veröffentlicht, die mit zum Besten gehört, was die Band jemals auf Tonträger gebannt hat.

Das Brüllen und Grunzen des vor der Bühne dicht gedrängten Publikums wird immer lauter, und als dann CANNIBAL CORPSE mit manischer Brutalität und satter Tightness ihre Instrumente bei 'The Time To Kill Is Now' malträtieren, geht die Post schon richtig ab. Das Geschiebe und Gedränge bringt die Nachwuchsmetaller im Publikum, die sich mutmaßlich nicht wegen der altgedienten CANNIBAL CORPSE, sondern vielmehr wegen COB auf diesem Konzert tummeln, schon am Anfang der Show mächtig ins Schwitzen. 'Disfigured' wird verdammt brutal und mit giftigem Gesang des wuchtigen Frontmanns George "Corpsegrinder" Fisher grandios in die Menge gepustet, ehe bei 'Evisceration Plague', dem gewaltigen Titeltrack des aktuellen Albums, hinsichtlich der Bewegung etwas Ruhe im Publikum Einzug erhält. Dafür wird umso fleißiger gebangt, und 'Evisceration Plague' kommt erstaunlich gut bei den Leuten an.

Die nächste Abreibung steht uns ins Haus: 'I Cum Blood' vom legendären "Tomb Of The Mutilated"-Album. Und die Präzision, mit der die Band diesen Brutalo-Klassiker bei heftigem Propellerbanging von Frontbulle George "Corpsegrinder" Fisher und Frickelmeister Alex Webster an der Bassgitarre herunterprügelt, verlangt dem Publikum einiges an Respekt ab. CANNIBAL CORPSE zeigen sich sehr spielfreudig und gut aufgelegt heute Abend.

Bei der Setlist präsentiert sich die Band auf der aktuellen Tour erstaunlich variabel. Wurden beim Konzert in Leipzig zwei Tage zuvor das mächtige 'Pit Of Zombies', 'Devoured By Vermin', 'Covered With Sores' sowie das steinalte 'Born In A Casket' gezockt, so kommt das Stuttgarter Publikum in den Genuss anderer CANNIBAL CORPSE-Kracher. Gerade 'Unleashing The Bloodthirsty' kommt ausgezeichnet beim Publikum an, das nach über einer halben Stunde in den ersten Reihen vereinzelt schon recht abgekämpft dreinblickt. Als dann der immer wieder eingeforderte Klassiker 'Hammer Smashed Face' über uns hereinbricht, sollte auch dem letzten Nicht-Fan im Publikum eines bewusst geworden sein: Dieser Band macht im Death-Metal-Sektor zumindest live kaum eine andere Band etwas vor. Unglaublich, mit welcher Vehemenz und Präzision CANNIBAL CORPSE heuer noch auf der Bühne agieren. Und auch der Sound, den uns der Mann am Mischpult heute Abend beschert, gibt keinerlei Grund für Beanstandungen.

'Stripped, Raped And Strangled' bildet leider auch schon den Schlussstrich unter einer fulminanten Show, die nach 45 Minuten beendet ist. Kräftiger Applaus ist der Band sicher. Hätte man bloß auf die mickrige Opener-Band DIABLO verzichtet, so wäre der Auftritt von CANNIBAL CORPSE um einige Keulenschläge mehr angereichert worden. Aber das hatten wir ja schon.

Setlist:
- The Time To Kill Is Now
- Death Walking Terror
- Disfigured
- Evisceration Plague
- I Cum Blood
- Fucked With A Knife
- Sentenced To Burn
- Make Them Suffer
- Priests Of Sodom
- Unleashing The Bloodthirsty
- Hammer Smashed Face
- Stripped, Raped And Strangled

Nach einer moderaten Umbaupause geben sich CHILDREN OF BODOM heute Abend wahrhaft keine Blöße. Unterstützt durch einen sehr guten Sound und eine augenunfreundliche, teilweise sehr grelle Lichtshow, präsentieren sich COB in sehr guter Verfassung. Die Setlist der Finnen ist mit zahlreichen Bandklassikern gespickt, so dass sich auch Fans des frühen Schaffens der Band hier keinesfalls beklagen können.

Kleine Schwachpunkte der Show sind allerdings die von Front-Aso Mr. Alexi "Motherfuckin' Motherfucker" Laiho bis zum Erbrechen eingebauten "Fucks" in jeder nur erdenklichen Variante und sein generell wieder einmal arrogant wirkendes Auftreten. Seine starken Gitarrensoli und sein aggressiver Gesang geben heute Abend überhaupt keinen Grund für Klagen, aber die Ansagen wirken einfach nur lächerlich und frühpubertär.

Einen wesentlich höheren Unterhaltungswert besitzt allerdings das Keyboardspiel von Janne Warmen. Sein in einem Winkel von ca. 60 Grad geneigtes Keyboard bedient Janne oft mit nur einer Hand, während er sich wie gewohnt diverse Drinks reinschraubt. Mit Leichtigkeit wuselt der Tastenmann über sein Instrument, das er wie aus dem Effeff wohl noch mit geschätzten drei Promille Alkohol im Blut adäquat bedienen könnte.

Im letzten Viertel der Show, die vom Publikum fortwährend stark bejubelt wird, wird es dann noch einmal richtig kultig: 'Downfall', 'Bed Of Razors', 'Bodom Beach Terror' und, und, und. Noch Fragen? Mit dem Abschlusstitel 'Hate Crew Deathroll' beenden die Finnen nach etwa eineinhalb Stunden eine energiegeladene Show, an der es bis auf die bescheidenen Ansagen des Frontmanns überhaupt nichts zu bemängeln gibt. Das Publikum ist angesichts dieser beeindruckenden Livepräsenz ordentlich aus dem Häuschen und bedenkt CHILDREN OF BODOM mit reichlich Applaus. Sauber!

Setlist:
- Hellhounds On My Trail
- Living Dead Beat
- Sixpounder
- Smile Pretty For The Devil
- Silent Night, Bodom Night
- Banned From Heaven
- Hate Me!
- Children Of Decadence/Bodom After Midnight
- Follow The Reaper
- Blooddrunk
- In Your Face
- Angels Don't Kill
- Lake Bodom/Bodom Beach Terror
- Downfall
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- Bed Of Razors
- Hate Crew Deathroll

Redakteur:
Martin Loga

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