Bringer Of Death XII - Giebelstadt

04.01.2008 | 20:01

01.12.2007, Industriepark Klingholz

Aufgrund meines verspäteten Eintreffens in Giebelstadt verpasse ich leider die Eröffnungsband des zwölften BRINGER OF DEATH-Festivals: VOICE OF REVENGE aus Würzburg. ONCE SOLEMN aus Heilbronn versuchen anschließend, mit Midtempo-orientiertem Thrash Metal die Zuschauer bewegungstechnisch zu mobilisieren. Das Publikum scheint jedoch noch nicht so richtig warm geworden zu sein, und so werden ONCE SOLEMN nur mit wenig Applaus bedacht. Ihre musikalische Marschroute, die irgendwie an gemäßigte KREATOR oder manchmal auch an METALLICA erinnert (ohne ansatzweise diesen Legenden das Wasser reichen zu können) scheint nicht den Nerv des Publikums zu treffen. An der Performance selbst liegt dies aus meiner Sicht nicht, denn spielerisch und kompositorisch ist das, was die Heilbronner Band zeigt, grundsolide. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Die Publikumsreaktionen erfahren beim Auftritt von EARDELETE schlagartig einen enormen Aufwärtstrend. Denn die Band aus der Tschechischen Republik hat sich dem Groove-betonten Grind verschrieben. EARDELETE setzen live auf eine gesunde Mischung aus mächtigen Groove-Passagen und blitzschnellen Klopfern, die beim Publikum ausgesprochen gut ankommt. Während der Auftritt von ONCE SOLEMN in Sachen Action auf der Bühne von einer enormen Schwerfälligkeit und Statik geprägt war, ist bei EARDELETE ordentlich was los. Gerade der Gitarrist in der linken Bühnenhälfte springt und hüft in seinem Quadranten wie ein Känguruh herum - manchmal auf der Stelle, manchmal mit ausgeflippten Sprüngen vom Schlagzeug-Podest aus. Der andere Gitarrist ist von seiner Erscheinung her die Ruhe selbst. Der Rasta-Zöpfchen-Träger an der zweiten Klampfe zockt Brutalo-Riffs im Sekundentakt und wirkt dabei extrem entspannt. EARDELETE sind ein Beweis dafür, dass Grindcore ungemein relaxt und schweinecool klingen kann und haben definitiv einen der besten Auftritte dieses Abends hingelegt.

Die mir bis dato unbekannte Band LAY DOWN ROTTEN setzt auf eine aggressive Mixtur aus growligem Schweden-Death mit sägenden Thrash-Riffs. Präzise und ausgesprochen motiviert spielend gelingt es der Band aus Herborn recht schnell, das Publikum zu fesseln. Insbesondere die Stücke des vor kurzem erschienenen Albums "Reconquering The Pit" entfachen stattliches Mattenkreisen bei vielen der Anwesenden - allen voran der Titeltrack sowie 'Nihil'. Fans von aggressivem Death/Thrash sollten LAY DOWN ROTTEN unbedingt einmal anhören. Es lohnt sich! Am heutigen Abend hat die Band in Giebelstadt jedenfalls ordentlich abgeräumt, das ist sicher.

Aus dem Land der Tulpen und Grachten sind CLITEATER nach Giebelstadt geschippert. Das Quintett hämmert kurze, aber ausgesprochen intensive Grind-Songs ins Publikum. Schätzungsweise zwei Dutzend Konzertbesucher wirbeln im Circle-Pit um die Wette - ob es Kilometergeld für diese Höchstleistungen gibt, ist mir leider nicht bekannt. Einen Originalitätspreis hat das antiquare, schmucke Hauskleid eines Headbangers verdient, das an "Oma Flodder" erinnert. Lediglich die Gummistiefel und die Zigarre fehlen ...
CLITEATER-Shouter Ivan Cuijpers ist ein Frontsympath vor dem Herrn, der mit witzigen Ansagen in nahezu akzentfreiem Deutsch Grind-Geschosse wie 'Camel Fuckers', 'The Death Of J-Lo', 'Destined To Rot' oder 'Beaten Senseless' ankündigt und standesgemäß einbrüllt. Überhaupt gefallen mir CLITEATER heute Abend ausgesprochen gut. Brutalität und Groovepotenzial halten sich die Wage und alle Stücke hauen richtig schön auf die Fresse. Den stattlichen Applaus haben sich die Niederländer redlich verdient.

Nun betritt die mit Abstand dienstälteste Band des heutigen Abends -SINISTER- die Bühne. Gleich zu Anfang fragt Shouter Aad Kloosterward das Publikum etwas vorsichtig, ob es denn angesichts des eher Grind-orientierten Billings auch zu Old-School-Death abgehen könne. Die Reaktionen auf diese Frage sind, abgesehen von denen in der ersten Reihe, in der sich der Rezensent dieser Zeilen tummelt, doch recht verhalten. Die Band legt trotz der durchschnittlichen bis desinteressiert wirkenden Stimmungslage durchaus motiviert los und knallt dem Publikum alte Todesblei-Geschosse wie das kultige 'Epoch Of Denial' (vom 1992er Debütalbum "Cross The Styx") oder das brutale 'Sadistic Intent' ebenso vor den Latz wie aktuelle Brecher des Kalibers 'The Grey Massacre' (stark!) oder 'Altruistic Suicide'. Trotz der tadellosen Performance muss ich sagen, dass eine zweite Gitarre dem Sound der Niederländer gut tun würde. Denn in Sachen Brutalität könnten SINISTER durch diese Entscheidung nur gewinnen. Damit wir uns nicht falsch verstehen: SINISTER klingen auch mit einer Klampfe ausgesprochen brutal. Das Publikum in Giebelstadt scheint den Niederländern musikalisch allerdings heute nicht viel abgewinnen zu können. Dieses Gefühl scheint auch Fronter Aad van der Klosterwaard zu haben: Er bedankt sich zwar stets höflich für den Applaus, aber man spürt als Zuschauer, dass er über die relativ bescheidenen Publikumsreaktionen nicht sehr erfreut ist. Nach knapp 75 Minuten beenden SINISTER ihren Set mit 'To Mega Therion'. Das abschließende Statement "Sorry, we're not grindcore" von Aad am Ende des Gigs spricht Bände und die Gruppe zieht von dannen. SINISTER haben einen wirklich guten Gig hingelegt, der leider von weiten Teilen des Publikums nicht angemessen gewürdigt wurde. Schade! An der spielerischen Leistung der Band lag es heute Abend jedenfalls nicht.

Setlist:
Bleeding Towards the Wendigo
Epoch Of Denial
The Grey Massacre
Sadistic Intent
Into The Forgotten
Men Down
Barbaric Order
Enslave The Weak
Altruistic Suicide
Reviving The Dead
Afterburner
Cross The Styx
To Mega Therion

Gegen Mitternacht starten COCK AND BALL TORTURE eine derbe Groove/Grind-Orgie. Die Stimmung in der Halle steigt um geschätzte hundert Prozent. Wilde Circle-Pits bilden sich vor der Bühne. Die verdammt tiefen Growls von Frontgrunzer und Bassist Timo Pahlke sind beim ersten Stück allerdings kaum hörbar. Dann wird das Mikro endlich lauter gedreht. Das deutsche Trio wird vom Publikum regelrecht abgefeiert. Ich für meinen Teil finde die Performance der Herrschaften und die Mucke an sich zwar insgesamt okay, aber nicht gerade berauschend. Aus meiner Sicht ist das Grind-Gebräu von CBT reine Geschmackssache. Da mir die Müdigkeit in den Knochen sitzt, verlasse ich nach etwa der Hälfte der Spielzeit von CBT die Halle und ich mache mich auf den Nachhauseweg.

Die zwölfte Auflage des BRINGER OF DEATH-Festivals bot wie gewohnt jede Menge gutklassige und teils sogar sehr gute Bands (CLITEATER, LAY DOWN ROTTEN und EARDELETE) bei einem sehr moderaten Eintrittspreis. Besonders zu erwähnen sind auch die niedrigen Preise für Essen und Getränke. So kostet beispielsweise beim BOD ein Drittel Liter Bier einen Euro und fünfzig Cent, während ein Steak mit preiswerten zwei Euro und fünfzig Cent zu Buche schlägt (unbedingt die Steaks testen - die sind echt lecker!).

BRINGER OF DEATH Numero XIII steigt übrigens am 12.04.2008 wie gewohnt in Giebelstadt im Industriepark Klingholz. FLESHCRAWL, INHUME, IMMORTAL RITES, GONORRHEA PUSSY, HAVOK, D.E.A.G. und JIG-AI werden im April sicherlich wieder für zünftige Circle-Pits sorgen.

Redakteur:
Martin Loga

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