Blind Guardian - Langen

19.09.2006 | 00:43

11.09.2006, Stadthalle

Vor der Stadthalle im beschaulichen hessischen Langen wälzt sich eine riesige, dunkle Menschentraube amöbenartig die Treppe hoch. BLIND GUARDIAN stehen heute auf dem Programm, jene Fantasy-Metaller aus Krefeld, die sich in den letzten Jahren hinsichtlich der Liveauftritte etwas rar gemacht haben. Doch nun ist mit "A Twist In The Myth" ein neues Album auf den Markt geworfen worden, das endlich wieder Anlass für eine GUARDIAN-Tour durch bundesdeutsche Hallen gibt.

Zu Beginn sind allerdings erst einmal die schwedischen ASTRAL DOORS zu ertragen, die rund eine Dreiviertelstunde durchschnittlichen Heavy Metal mit leichter Schlagseite zum Hard Rock bieten. Ihr Sänger Patrik Johansson sieht mit seinem offenen weißen Hemd und den schulterlangen Haaren aus wie Jürgen Drews, der König von Mallorca. Aber so schlecht ist die Musik, die er mit seinen Mannen zu bieten hat, dann zum Glück doch nicht.
In der schon überdurchschnittlich gut gefüllten Halle kommen ASTRAL DOORS ganz gut an und bringen einen nicht unbeträchtlichen Teil der Anwesenden zum Mitklatschen und Headbangen. Die Wurst reißen sie mit ihrer Show nicht vom Brot, aber zum Warmwerden für das, was kommen soll, sind sie nicht die Schlechtesten.

Nach einer überschaubaren Umbaupause, die gerade ausreicht, sich durch die Massen zu drängen um am Getränkestand den körpereigenen Flüssigkeitspegel auszugleichen, kündigen sich die eigentlichen Helden des Abends an: BLIND GUARDIAN. Das heißt, im Grunde werden sie vom Publikum angekündigt, das mit lauten "Guardian, Guardian"-Rufen auf sich aufmerksam macht.
Dann erscheint Hansi Kürsch mit seinem altbewährten Team, zu dem allerdings Drummer Frederik Ehmke als Neuzugang gestoßen ist. Um es vorwegzunehmen: Der junge Künstler wird auf dieser Tour seine Feuertaufe als Nachfolger von Thomen mit Bravour bestehen. Er, selbst alter GUARDIAN-Fan, für den mit dem Einstieg bei seiner Lieblingsband ein Traum in Erfüllung gegangen sein dürfte, trommelt wild drauf los, ohne es jedoch an der nötigen Präzision mangeln zu lassen.

Die Show des heutigen Abends wird eröffnet mit 'Into The Storm' - und so dauert es auch gar nicht lange, bis die große Zahl der begeisterten Fans die bis zum letzten Winkel gefüllte Stadthalle zum Kochen bringt. Hansi Kürsch freut sich, mal wieder da zu sein und macht darauf aufmerksam, dass man sich auf Geburtstagstour befinde und somit ein besonderer Tag sei. Es folgen 'Born In A Mourning Hall' und 'Nightfall', schon jetzt begleitet von lauten Publikumswünschen nach 'Valhalla'. Das sei aber noch zu früh, bemerkt Hansi und so wird zunächst 'Fly' gespielt, ein Song aus diesem Jahr, der vor CD-Erscheinung als Single veröffentlicht wurde.

Als Bühnendekoration haben sich BLIND GUARDIAN im Übrigen auf eine visuelle Variante zur Untermahlung ihrer Songs eingelassen. Auf der Leinwand hinter der Bühne werden Lichtprojektionen und Videoinstallationen eingeblendet, auf denen collagenartige Bilderaneinanderreihungen die Phantasie anregen.
Mehr noch regen jedoch die zu erwartenden Songs die Phantasie des Publikums an und so wird nach dem durchaus willkommenen 'Fly' und dem frenetisch mitgesungenen 'Valhalla', dem wie immer minutenlange Fanchöre folgen, lautstark 'Majesty' von den Metalheads vor der Bühne eingefordert. Hansi zeigt sich einen Moment irritiert. Man habe das nicht geprobt. Doch dann lässt er sich tatsächlich überreden, die Setlist zu ergänzen und die Fans bekommen, was sie wollen: 'Majesty'. Klasse! Man muss es einfach mal probieren!

Tatsächlich wie im Fluge geht die Zeit dahin, und so kündigt Hansi irgendwann unglaubwürdig den letzten Song des Abends an. Mit dem Versprechen, man werde sich diesmal bemühen, recht bald wieder zu kommen, verschwinden die Jungs nach 'And Then There Was Silence' von der Bühne. Erstmal. Aber natürlich rechnet niemand damit, dass sie sich tatsächlich schon verabschieden. Tapfer wird geklatscht und nach einer Zugabe gerufen, die dann auch erfolgt. Nach einer kurzen Verschnaufpause erscheinen die Helden des Abends erneut und beglücken die exstatische Horde im Publikumsraum mit 'Another Stranger Me' und 'Imaginations From The Other Side'. Erneut das Spielchen mit der Verabschiedung, dabei fehlen doch noch zwei wichtige Songs, auf die auch heute Abend wohl kaum verzichtet werden kann. Richtig! Mit einer zweiten Zugabe präsentieren BLIND GUARDIAN unterstützt von kräftig grölenden Metalköppen 'The Bard's Song', bevor sie sodann mit 'Mirror, Mirror' endgültig von der Bühne abtreten.

Ausgepowerte, verschwitzte Menschen mit glücklichen Gesichtern verlassen an diesem Abend die Langener Stadthalle. Das gebotene Programm ist zur vollen Zufriedenheit ausgefallen. Die Band hat nicht den Fehler begangen, Songs ihrer neusten Scheibe in den Mittelpunkt zu rücken, sondern hat ihren Fans eine Menge begehrter Hits vergangener Tage beschert. So soll es sein! Ohne Soundprobleme, aber in der bekannten sympathischen Art wurde die Show über die Bühne gebracht - was will man mehr? BLIND GUARDIAN sind und bleiben eine sichere Bank.
[Erika Becker]

Setlist:
Into The Storm
Born In A Mourning Hall
Nightfall
Requiem
Fly
Valhalla
Majesty
Time Stands Still
Lord Of The Rings
This Will Never End
Welcome To Dying
Twilight Hall
And Then There Was Silence
---
Another Stranger Me
Imaginations From The Other Side
---
The Bard's Song
Mirror, Mirror

Redakteur:
Frank Hameister

Login

Neu registrieren