Bang Your Head!!! - Balingen

04.08.2011 | 17:47

17.07.2011, Messegelände

Tolles Wetter, tolle Bands, viel Komfort und rundum entspannt - so gibt sich das BYH anno 2011, und dafür nimmt es auch ordentlich Geld.

Beim "Bang Your Head!!!" haben wir in Sachen Wetter in den vergangenen zwölf Jahren ja schon sehr viel erlebt. Meist gnadenlose Hitze, ein brutal brennendes Gestirn, Sonnenbrand, Schweißbad und Flüssigkeitsmangel. Aber dann auch den 2005er Hurrikan, sintflutartige Regengüsse und nachts auf dem Campingplatz bei sternenklarem Himmel die eine oder andere Frostbeule. Daher gehört der Blick auf den Wetterbericht zum Standardrepertoire, vor man sich ins Auto gen Zollernalb setzt, und der Wetterfrosch sagt für beide Tage voraus: bewölkt aber trocken. Das ist doch mal was!

Ein Blick auf das Billing verrät, dass die Veranstalter einmal mehr keine Kosten und Mühen gescheut haben, für uns ein sehr abwechslungsreiches Sortiment an Bands zusammen zu stellen, das natürlich wie eh und je seinen Schwerpunkt bei den traditionellen Klängen hat, darin jedoch so ausgiebig variiert wie kaum ein anderes etabliertes Festival für die Fans der alten Schule. Außerdem werden die Scheuklappen wie immer zwischendurch für den einen oder anderen Blick über den stilistischen Tellerrand gelüftet und so gibt es dieses Jahr zum ersten Mal eine veritable Black-Metal-Legende auf den Balinger Brettern zu bestaunen, ebenso auch wie üblich ein paar Thrash-Metal-Bands, und in der Halle auch etwas Death Metal.

Darüber, wie sich die Bands, das Publikum und die Veranstalter schlagen, wollen wir euch auf den nächsten Seiten berichten. Dabei werdet ihr viel Lob für die musikalischen Darbietungen und für die Organisation lesen, aber auch ein wenig Kritik ist angebracht. Doch dazu wollen wir später kommen, fangen wir zunächst einmal mit den musikalischen Ereignissen an:

Der eingangs erwähnte Meteorolurchi soll Recht behalten: Als wir am Freitag Morgen kurz nach Neun nach sekundenschnellen Einlassfromalien aufs noch ziemlich leere Gelände schlendern, ist es im T-Shirt fast ein wenig frisch. Auf der Bühne haben sich gerade die sechs Herren von HUMAN ZOO eingefunden, und die sind mal wirklich das, was man unter "Local Heroes" versteht. Die Truppe stammt nämlich direkt aus Balingen und lässt die lange Schwabenstahl-Tradition des BYH in eine weitere Runde gehen. Dass es vor der Bühne noch recht leer ist, das ist um zehn Uhr morgens ja normal, doch im Gegensatz zu manche anderen Festivals bekommt der Opener in Balingen eigentlich immer gute Resonanz. Das liegt natürlich auch am Lokalpatriotismus, aber auch daran, dass sich Horst & Co. wirklich in aller Regel sehr bemerkenswerte Bands zur Eröffnung des Reigens holen. So nun auch die Zollernälbler von HUMAN ZOO, die mit ihrem klassischen, melodischen Hardrock mit merklicher Achtziger-Schlagseite nicht nur die mitgebrachten eigenen Fans mobilisieren können, sondern auch diejenigen überzeugen, die heute ihren Erstkontakt mit dem seit 2004 aktiven Sextett haben. Blickfang und Anheizer Nummer 1 ist dabei der in eine altertümliche, rote Uniformjacke gewandete Sänger Thomas Seeburger, der das Publikum trotz der frühen Zeit schon sehr ordentlich zum Mitmachen animieren kann. Besonderen Reiz und einen guten Schuss Eigenständigkeit erhält die Band auch dadurch, dass sie mit dem ebenfalls sehr agil auftretenden Boris Matakovic am Saxophon das für ihren Stil klassiche Line-up aus Gitarre, Schlagzeug, Bass und Keyboard um eine weitere tragende Säule erweitert. So kommen die eingängigen, klassisch rockenden und mit prägnanten Hooklines versehenen Stücke wie der tolle Schmachtfetzen 'Falling In Love' oder das abschließende episch rockende 'Over The Horizon' beim Publikum wirklich ausgezeichnet an. Der Tag beginnt also nicht nur vielversprechend, sondern richtig gelungen.

[Rüdiger Stehle]

 

Im Anschluss haben es die fünf Schweden von PORTRAIT nicht ganz so leicht. Trotz deutlich größerer Bekanntheit schaffen sie es nur schleppend, dem Publikum halbwegs so gut einzuheizen wie die erste Band des Tages. Das liegt zum einen daran, dass der Sound nicht ganz so differenziert abgemischt ist und so einiges vom rohen Charme der Gitarrenduelle verloren geht. Trotzdem bemühen sich die Jungs redlich und mit ihren urmetallsichen Leder- und Nietenoutfits schaffen sie es dann doch noch, zumindest einen Teil der Untergrundmetaller im Publikum vor die Bühne zu ziehen. ACCEPT-Posing mit zwei Flying Vs, Petruskreuze ... die Klischees werden bedient und gelebt. Ein überschaubarer kleiner Pit geht dann auch ordentlich mit, doch um eine größere Anhängerschaft zu rekrutieren, springt der Funke dann doch nicht über. Die eigenen Stammfans konnten PORTRAIT in den letzten Jahren recht oft sehen, so dass wohl die wenigsten von ihnen extra wegen der nach Balingen gepilgert sind, und für die breite Masse ist das Gebotene dann doch etwas zu anstrengend. Gerade, weil auch Sänger Per Karlsson nun wirklich nicht seinen allerbesten Tag erwischt hat und in seinen King-Diamond-Huldigungen doch bisweilen allzu schräg neben der Spur daher kommt. Dennoch ist der Band die Spielfreude anzumerken und als Freund des schrägen Kultstahls habe ich doch ein bisschen Spaß an MERCYFUL-FATE-Huldigungen wie 'Beast Of Fire', 'Darkness Forever', 'The Nightcomers' und 'Bloodbath' vom neuen Album, das den klaren Schwerpunkt der Setlist bildet. Aber allein vom Sympathiebonus kann man als junge Band auf den großen Bühnen dieser Welt nicht leben.

[Rüdiger Stehle]

 

Nach dem zugegebenermaßen nicht wirklich optimalen Auftritt von PORTRAIT ist es nun an CRYSTAL VIPER, es besser zu machen. Die Polen um Frontfrau Marta legen auch gleich sehr dynamisch los. Sie steigen mit 'Man Of Stone' vom aktuellen Album "Legends" ein, und lassen dann gleich noch einen Song vom Debütalbum "The Curse Of Crystal Viper" folgen, namentlich 'Island Of The Silver Skull'. Überhaupt bietet die Band einen guten Querschnitt durch ihr bisheriges Schaffen, das inzwischen immerhin drei Alben umfasst. Doch bevor es mit eigenem Material weitergeht, gibt es dann erstmal die inzwischen fast schon obligatorische Coverversion zu 'Agents Of Steel'. Diesen Song kennen natürlich auch Leute, die mit CRYSTAL VIPER nicht so vertraut sind, sodass die bisher schon ganz gute Stimmung noch einen weiteren Schub bekommt. Aber es sind nicht nur die Songs, die gut ankommen. Marta & Co. sind auf der Bühne sehr aktiv und so macht es einfach Spaß, CRYSTAL VIPER zuzusehen. Mit Songs wie 'Metal Nation' oder dem abschließenden 'The Last Axeman' haben die Polen aber auch leichtes Spiel. Die Fanschar vor der Bühne feiert die Band begeistert ab, und so ist CRYSTAL VIPER ein erster kleiner Höhepunkt beim diesjährigen Bang Your Head Festival.

Setlist: Man Of Stone; Island Of The Silver Skull; Agents Of Steel; The Wolf And The Witch; Metal Nation; Shadows On The Horizon; Greed Is Blind;  The Last Axeman

[Martin Schaich]

 

Nach CRYSTAL VIPER stürmen die Hamburger von STORMWARRIOR die Bühne. Endlich sind sie mal wieder im Süden zu sehen und zwar alleine, ohne Kai Hansen und ein HELLOWEEN-Set. Gestartet wird mit dem Titeltrack des neuen Albums "Heathen Warrior", der aber leider beinahe völlig im Soundmatsch untergeht. Zum Glück ändert sich das aber schnell und spätestens beim superschnellen 'Valhalla' klingt das ganze doch ganz amtlich. Lars, Yenz und Co. sind gut drauf und auch wenn ein bisschen mehr Bewegung auf der Bühne nicht schaden würde, fühlen sich die recht zahlreichen Heandbanger vor der Bühne doch gut unterhalten und wippen fleißig mit. Auch die neuen Songs wie 'Fyre & Ice' oder 'Ravenhearte' sind absolut livetauglich und animieren zum dynamischen Nackenkreisen. Nach der gernialen Hymne 'Heading Northe' vom letzten Album, wird dann mit einem gelungenen Medley aus 'Axewielder', 'Signe Of The Warlord', 'Heavy Metal Fire' und 'Iron Prayers' noch mal den alten STORMWARRIOR Zeiten gedacht und der Auftritt damit abgeschlossen. Schön wars! Fazit: Die Jungs dürfen ruhig öfter mal hier "unten" vorbeischauen und ihr eigenes Material zocken!

Setlist: Heathen Warrior, Fyre & Ice, Valhalla, Metal Legacy, Ravenhearte, Ragnarök, Odinn’s Warriors, Heading Northe, Medley: Axewielder / Signe of the Warlorde / Heavy Metal Fire / Iron Prayers.

[Martin Schneider]

 

Dass es beim nächsten Act düster wird, liegt nicht nur an den Wolken, sondern daran dass mit den Thrashern von LEGION OF THE DAMNED eine der härtesten Bands des diesjährigen "Bang Your Head!!!" die Bühne betritt. Die Hölländer, die früher unter dem namen OCCULT firmierten, starten nach einem langen Intro mit dem, was man von ihnen gewohnt ist: Geballer von Anfang bis Ende. Schnell beginnen bei der Bandhmyne 'Legion Of The Damned' überall die Köpfe zu kreisen, und zum ersten Mal an diesem Tage ist auch so etwas wie ein kleiner Mospit zu erkennen. Auch wenn die einzelnen Songs der sympathischen Holländer nur schwer auseinander zu halten sind, erzeugen sie doch eine brutale Live-Energie, die auch die Zuhörer in den hinteren Reihen noch ansteckt und auch während des nächsten Songs noch anhält. Leider wird die gute Stimmung dann von einem weiteren Intro etwas unterbrochen, was ein wenig an ihre vergangene Tour mit KATAKLYSM erinnert, bei welcher der geneigte Besucher vor Beginn den Show mit mehreren Intros am Stück gequält wurde. Der Name INTRO OF THE DAMNED ist seitdem ein geflügelter Ausdruck in meinem Freundeskreis.

So schlimm ist es heute aber bei Weitem nicht, und so wird das Set stilecht mit Krachern wie 'Cult Of The Dead', 'Killzone' und Granaten wie 'Sons Of The Jackal' und 'Werewolf Corpse' ohne weitere Verzögerung und zu meiner vollsten Zufriedenheit durchgeknüppelt.

Setlist: Intro, Night Of The Sabbath, Legion Of The Damned, Shrapnel Rain, Intro, Cult Of The Dead, Death's Head March, Killzone, Pray And Suffer, Son Of The Jackal, Holy Blood Holy War, Werewolf Corpse

[Martin Schneider]

 

Nach dem überragenden Auftritt beim diesjährigen Keep It True Festival war für mich klar: CRIMSON GLORY wird auch das Bang Your Head Festival im Sturm erobern. Und ich kann es vorwegnehmen - genauso war es dann auch. Aber der Reihe nach: Wie auch schon in Lauda-Königshofen, so beschränken sich Jon Drenning & Co. auf die ersten beiden Studioalben, und in der ersten Hälfte des Auftritts geht es gar nur um das selbstbetitelte Debüt. Die Band legt mit 'Mayday' los, das direkt von 'Valhalla' gefolgt wird. Todd La Torre ist wieder mal in bestechender Form, und auch die Instrumentalfraktion präsentiert sich von ihrer besten Seite. Aber bei Songs wie 'Dragon Lady' oder 'Queen Of The Masquerade' ist es auch nicht allzu schwierig, das Publikum mitzureißen. Bei 'Azrael' werden die Leute vor der Bühne beim Chorus sogar mit einbezogen, und die meisten kommen der Aufforderung auch nach. Mit 'Where Dragons Rule' beginnt dann der zweite Teil des Sets, das "Transcendence" gewidmet ist. Von dem CRIMSON-GLORY-Zweitwerk gibt es in der Folge auch 'Masque Of The Red Death' sowie 'In Dark Places' zu hören, bevor die US-Amerikaner mit dem geradlinigen 'Red Sharks' ihren fulminanten Auftritt beschließen. Sicherlich wäre der eine oder andere weitere Song schön gewesen, aber man kann eben nicht alles haben. Und eine Nummer wie 'Lost Reflection' hätte wohl zu dieser Tageszeit eh nicht funktioniert. Ich bin aber ganz optimistisch, dass man von CRIMSON GLORY in Zukunft wieder mehr hören wird.

Setlist: Mayday; Valhalla; Dragon Lady; Azrael; Queen Of The Masquerade; Where Dragons Rule; Masque Of The Red Death; In Dark Places; Red Sharks

[Martin Schaich]

 

Auf keine Band war ich dieses Jahr so gespannt wie auf DEATH ANGEL. Eigentlich sind sie ja die ganz offiziell von mir ernannte "geilste Liveband der Welt", aber in den letzten Monaten hat es ja einige Umbesetzungen im Line-up gegeben. So war es fraglich, ob die Neuzugänge Will Carroll (Drums, ex-VICIOUS RUMORS) und Damien Sisson (Bass, SCARECROW) die gleiche Live-Energie erzeugen können wie ihre Vörgänger Andy Galon und Dennis Pepa. Doch schon bei den ersten Tönen des Openers 'Relentless Revolution', die aus den Boxen hallen, war sie schon wieder da: Die unbändige Spielfreude, welche die Band so auszeichnet. Viel von meiner Umwelt bekomme ich nicht mit, bin ich doch in Reihe eins die ganze Zeit am bangen, so wie eigentlich alle um mich herum. Frontderwisch Mark Osegueda ist die ganze Zeit auf der Bühne unterwegs und verwickelt sich ständig in seinem Microkabel. Rob Cavestany und Ted Aguilar posen um die Wette, was das Zeug hält und auch die beiden Neuen beweisen schnell, dass sie ebenfalls richtige Rampensäue sind. Man weiß wie immer kaum, wo man hinschauen soll, denn alles bewegt sich und man fragt sich einfach, ob man beim Bangen nicht zu viel von dem verpasst, was auf der Bühne so vor sich geht.

Die Songauswahl des sympathischen Quintetts ist wie immer streitbar, was bei sechs genialen Alben aber logisch ist. Da die richtige Wahl aus altem und neuem Stoff zu finden, ist einfach verdammt schwer. Doch auch das gelingt, denn mit 'Seemingly Endless Time', 'Bored' und den neueren 'Thrown To The Wolves', 'Lord Of Hate' oder 'Truce' vom aktuellen Album, sind fast alle Schaffensphasen angemessen vertreten. Kurz vor Schluss wird dann mit 'Heaven & Hell' auch noch zu Ehren des verstorbenen Ronnie James Dio ein BLACK SABBATH-Song gecovert, bei dem Mark mit seiner wandelbaren Stimme positiv überrascht.

Am Ende bleiben dann nur noch die ersten "Zugabe"-Rufe das Tages und eine zufriedene Masse zurück. DEATH ANGEL haben wieder einmal bewiesen, dass sie eine grandiose Liveband sind und dass eine knappe Stunde Spielzeit einfach viel zu kurz ist.

[Martin Schneider]

 

Nach dem grandiosen Auftritt der Todesengel macht sich nun Skepsis auf dem Messegelände breit. Können die nach dem Tod von Sänger Kevin DuBrow vor knapp vier Jahren wieder auferstanden Rocker QUIET RIOT das Stimmungslevel halten? Misstrauen allerorten. Das Zuschauerinteresse ist letztendlich auch einmal rein quantitativ schon nicht mehr so groß, was meine neu gewonnene Arm- und Beinfreiheit deutlich beweist. Ohne größere Aufbauten, Backdrop oder Intro startet das Quartett mit dem flotten 'Run For Cover' jedoch recht vielversprechend. Der Sound ist gut und auch der neue Sänger Mark Huff, auf dem natürlich die ganze Last ruht, macht einen sehr starken Eindruck. Doch schon in den nächsten Minuten und bei Songs wie 'Slick Black Cadillac', 'Mama We're All Crazy Now', 'Love's A Bitch' oder 'Condition Critical' lässt die Qualität des Vortrags um Einiges nach. Das ist immer noch guter handgemachter Rock, doch will nicht jeder Song zünden und die Mitsingspielchen verpuffen aufgrund erheblicher Textunsicherheit des Publikums. QUIET RIOT spielten halt auch zu ihrer Hochzeit Anfang der Achtziger nur in der zweiten Liga. Im Anschluss hält Schlagzeuger Frank Banali, der früher auch mal für W.A.S.P. auf die Felle gedroschen hat, eine emotionale Rede und widmet diesen Auftritt seinem Freund, dem verstorbenen Sänger. Mit diesem Hintergrund verbreitet das folgende 'Thunderbird' mächtig Gänsehaut, ehe man sich mit 'Sign Of The Times' und 'Let's Get Crazy' mal mehr, mal weniger gen Höhepunkt rockt. Mittlerweile hat sich das Auditorium auch recht ordentlich gefüllt, wobei ich aus den Gesprächsfetzen um mich herum mitbekomme, dass sich viele Fans nur schon schnell einen Platz für den folgenden OVERKILL-Gig sichern möchten. Trotzdem kommen sie genau richtig, um die beiden Hits der Band aus Los Angeles 'Cum On Feel The Noize' und 'Metal Health (Bang Your Head)' hautnah und livehaftig mitzubekommen. Speziell den Abschlusssong hat Veranstalter Horst Franz im Vorfeld als neue Festivalhymne angekündigt, was vielleicht etwas voreilig, aber nicht unbedingt unbegründet war. Auf jeden Fall steigt die Stimmung noch einmal partiell an und auch die Singalong-Spielchen möchten nun funktionieren. Als man sich dann auch noch mit Deutschlandfahne verabschiedet, bekommen QUIET RIOT durchgehend netten Applaus. Letztendlich hat man den Musikern den Spaß angemerkt und auch Mark Huff hat eine sehr starke Performance abgeliefert. Doch das Gros des Publikums hat das einstündige Intermezzo nicht wirklich interessiert.

Setlist: Run For Cover, Slick Black Cadillac, Mama We're All Crazy Now, Love's A Bitch, Condition Critical, Thunderbird, Sign Of The Times, Battle Axe, Let's Get Crazy, Cum On Feel The Noize, Metal Health (Bang Your Head)

[Chris Staubach]

 

Eigentlich ist es müßig, über die Live-Qualitäten einer Ausnahmeband wie OVERKILL zu berichten, denn dies würde sprichwörtlich bedeuten, Eulen ins gegenwärtig vom Bankrott bedrohte Athen zu tragen. OVERKILL haben mit ihrem letzten Studioalbum "Ironbound" vollig zu recht dick in der Szene abgeräumt und wer Bobby Blitz und seine nicht minder beeindruckenden Bandkollegen auf der Thrashfest-Tour im März 2011 zusammen mit HEATHEN und DESTRUCTION gesehen hat, der weiß, wovon ich spreche. Auch auf dem "Bang Your Head" ist die Thrash-Legende in der Gunst der Zuschauer ganz weit oben mit von der Partie, denn OVERKILL lassen auch in Balingen die Kuh mächtig fliegen. Ihren fulminanten, vor Energie nur so strotzenden Auftritt beginnen die US-Amerikaner mit 'The Green And The Black' von "Ironbound", um mit dem lauthals mitgebrüllten 'Rotten To The Core' gleich zu Anfang einen der großen Band-Klassiker dem Thrash-hungrigen Mob vor den Latz zu knallen. Aushängeschild ist natürlich auch heute Abend Shouter Bobby Blitz höchstselbst, der wie ein Wirbelwind über die Bühne wuselt und auch noch mit Anfang Fünfzig nicht nur stimmlich, sondern auch körperlich wie ein Dreißigjähriger wirkt. Mit Krachern des Kalibers 'Ironbound' , 'Elimination' und dem kultigen 'Fuck You' räumen OVERKILL erwartungsgemäß fett in Balingen ab. OVERKILL sind und bleiben eine der genialsten Live-Bands des Erdballs. Superb!

[Martin Loga]

 

Wer nach dem großartigen Auftritt von DEATH ANGEL und dem kaum weniger überzeugenden Gig von OVER KILL noch nicht genug vom Thrash Metal hat, der kann sich nun noch einen Nachschlag bei CRIPPER holen. Der Hannover-Fünfer um Sängerin Britta Görtz ist die erste Band, die heute in der Event-Halle spielt, und es sind nicht wenige, die nach drinnen strömen. Vor einer doch recht ansehnlichen Meute legen die Niedersachsen auch gleich recht ordentlich los, und zwar mit einer bisher unveröffentlichten Nummer ('General Routine'). Im weiteren Verlauf des Gigs gibt es mit 'Clean' noch eine weitere nagelneue Nummer, sodass es wohl nicht mehr allzu lange dauern dürfte, bis das dritte CRIPPER-Album auf die Menschheit losgelassen wird. Ansonsten greift die Band auf die ersten beiden Alben zurück, und so gibt es vom Debüt "Freak Inside" etwa 'Shortcut' und 'Attention Deficit' zu hören, während von "Devil Reveals" neben dem Titelsong beispielsweise auch noch 'Junkie Shuffle' und 'Life Is Deadly' gespielt werden. Die Musiker sind dabei stets aktiv und haben sichtlich Spaß an ihrem Auftreten, aber auch im Publikum ist zumindest in den ersten Reihen ganz ordentlich Bewegung. Britta sorgt aber auch immer wieder dafür, dass die Stimmung immer hoch bleibt - sei es, dass sie auf die Absperrung steigt und das Publikum animiert ('I Am The Pit'), oder sei es, dass sie zum Mitgrölen einlädt ('FAQU'). Insgesamt liefert CRIPPER einen kurzweiligen Auftritt ab, der schließlich mit 'Hysteria' sein Ende findet.

Setlist: General Routine; I Am The Pit; Clean; Junkie Shuffle; Attention Deficit; Shortcut; Life Is Deadly; Devil Reveals; FAQU; Hysteria

[Martin Schaich]

 

Mein letztes wirklich bewusst im Gedächtnis gebliebenes Live-Erlebnis mit IMMORTAL liegt bereits siebzehn Jahre zurück. Damals haben die Bergener ihre geplante Headliner-Tour abgesagt, um auf die seinerzeit laufende "World Domination Tour" MORBID ANGELs aufzuspringen, und da durfte ich in der Stuttgarter Röhre mit dabei sein. Damals waren definitiv mehr Leute wegen der seinerzeit eben kurz vor dem Durchbruch stehenden Norweger da als wegen der Death-Metal-Institution aus den USA. Ja, das war die Zeit, als der Black Metal explodierte und IMMORTAL mit an der vordersten Front standen. Danach konnte ich das Corpsepaint-Trio noch zweimal kurz in Wacken erspähen, doch der Funke wollte nicht mehr überspringen. Black Metal auf gigantischen Bühnen spätnachmittags bei Tageslicht? Das war seltsam. Heute in Balingen ist die Situation kaum anders. Es ist noch Tag, die Bühne ist groß, doch die Band ist inzwischen in diese Rolle hinein gewachsen. Mit einem gigantischen Backdrop, der scheebedeckte Berge und einen gefrorenen Wassefall vor einer totalen Sonnenfinsternis zeigt, stapft Frontmann Abbath in seinen Kniehohen Nietenstiefeln ans Mikro und krächzt uns willkommen. Die Bühne versinkt mehrfach in einer großartigen Pyroshow: Feuersäulen, Bomben, Stenenregen - da bleiben keine Wünsche offen, und wir sehen es dem bis in die Fingerspitzen bleich bemalten Frontmann nach, dass er selbst heute auf das Feuerspucken verzichtet. Abbath und Basser Apollyon fegen wie angebrannt über die Bühne, was vor allem dann witzig aussieht, wenn der Sänger und Gitarrist im Laufschritt o-beinig und staksig den Laufsteg erstürmt, um an der vorderen Kante desselben allerlei grimmige Trollposen und Orkgrimassen für das Publikum zu präsentieren. Auch Schlagzeug-Infernalist Horgh ist immer für ein Späßchen gut. Doch obwohl man hieran merkt, dass es IMMORTAL in der ersten Linie darum geht, die Fans mit Augenzwinkern und Selbstironie zu unterhalten, schaffen es die drei Norweger doch, ihren epischen, melodischen Black Metal würdig und wuchtig zu inszenieren. So wird die schwierige Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit perfekt gehalten und die Band kippt eben nicht gen Satire. Das wäre auch schade, denn Stücke wie 'All Shall Fall' und 'The Rise Of Darkness' vom noch aktuellen Reunion-Album oder 'Sons Of Northern Darkness', 'In My Kingdom Cold', 'Tyrants' und 'One By One' vom schwerpunktmäßig bedienten direkten Vorgänger sind einfach zu schön, um einfach nur Unterhaltungsmusik zu sein. Mit 'Solarfall' und 'Damned In Black' kommen dann auch die erfolgreichen späten Osmose-Alben zum Zuge, und als besonderen Leckerbissen für mich als Fan der (fast) ersten Stunde gibt es mit dem grandiosen 'Call Of The Wintermoon' und der Zugabe 'The Sun No Longer Rises' auch noch einen Ausflug in die Frühzeit des norwegischen Black Metals. So bleibt als Fazit, dass Abbath, Horgh und Apollyon einfach alles richtig gemacht haben, was man als Black-Metal-Band in Balingen richtig machen kann. Das quittiert das Publikum auch mit sehr viel Applaus, auch wenn von vorne herein klar war, dass IMMORTAL inmitten der stilistischen Heimspiele von OVERKILL und ACCEPT das Stimmungsniveau natürlich nicht ganz halten würden. Dennoch war die Band aus dem Eis ein würdiger Co-Headliner für den Freitag und hat fraglos viele neue Freunde gewonnen. Ein Beweis dafür, dass gut gemachter, origineller Black Metal für das BYH als Einsprengsel durchaus eine passende Ergänzung ist.

Setlist: All Shall Fall, Sons Of Northern Darkness, The Rise Of Darkness, Damned In Black, Solarfall, Call Of The Wintermoon, In My Kingdom Cold, Tyrants, One By One, The Sun No Longer Rises

[Rüdiger Stehle]

 

Trotz eines Comeback-Werkes in Form von "All Shall Fall" zeigen sich IMMORTAL bekanntermaßen nur noch auf Festivals, so dass es mir sehr schwer fällt, mich noch vor Ende des Sets vom sehenswerten IMMORTAL-Auftritt loszureißen, aber die mächtigen ASPHYX will ich mir auf der anderen Seite eben auch nicht entgehen lassen. Diese Meinung scheinen gut 1.000 Festivalbesucher zu teilen, die im Folgenden eine sehr intensive Live-Performance der Niederländer erleben dürfen. Martin von Drunen, der alle Ansagen auf Deutsch macht führt gewohnt sympathisch durch einen abwechslungsreichen Set, der mit 'Wasteland of Terror', 'Vermin' sowie dem sehr wuchtigen 'Scorbutics' vom letzten Studioalbum "Death...The Brutal Way" (2010) aufwarten kann. Auch den mächtigen 'Eisenbahnmörser' lassen die Niederländer in die Halle einrollen, so dass die Anwesenden auf den ersten sieben oder acht Metern vor der Bühne in einem größeren Pit um die Wette rempeln. Der Sound wummert ziemlich fett aus den Lautsprechern und einzig und allein der Umstand, dass mit ACCEPT eine meiner absoluten Lieblingsbands gleich die Szenerie draussen betreten wird und ich den Auftritt nicht im letzten Loch aus vierzig Metern Entfernung verfolgen will, hält mich davon ab, weiter meine Matte während des intensiven Auftritts von ASPHYX zu schwenken. Sehr schade und vor allem ärgerlich, denn mit den superdoofen Überschneidungen zwischen der Hallenbühne und der großen Bühne ist niemandem gedient!

[Martin Loga]

 

Was für eine Hetzerei. Während ASPHYX in der Halle noch alles in Grund und Boden schroten, kämpfe ich mich zur Hauptbühne durch, wo ich mit etwas Glück noch einen guten Stehplatz ergattern kann, um den letzten und mit Abstand wohl auch stärksten Auftritt des BYH-Freitags zu sehen: ACCEPT! Die Ankündigung, dass das deutsch-amerikanische Gespann heute auch gleich noch eine DVD mitschneiden wird, hat wohl noch einige Festivalbesucher mehr mobilisiert, so dass der Raum vor der Bühne rappelvoll ist. Nach einem kurzen Intro in Form von 'Shades Of Death' legen ACCEPT mit 'Teutonic Terror' sehr stark los. Die Publikumsreaktionen sind vom Fleck weg beeindruckend. Auch die drei, vier in meiner Nähe stehenden 15- bis 16-jährigen Jungspunde lassen sich von der Stimmung mitreißen. ACCEPT bieten in Sachen Setlist eine tolle Mischung aus alten Klassikern und überragenden Stücken des sahnigen Comeback-Werkes "Blood Of The Nations". Und die alten Haudegen lassen auch in Balingen die Gitarren sprechen. Kein breites Gelaber, sondern einfach METAL! Zehntausende von Headbangern shouten Klassiker vom Kaliber 'Metal Heart', 'Neon Knights' oder 'Son Of A Bitch' mit, dass sich vor Wohlgefallen die Nackenhaare aufstellen. Besonders wird es bei 'Bulletproof', wo Gitarrist Wolf Hoffmann und Bassist Peter Baltes ein starkes Gitarren/Bass-Duell vollführen, das starkes Echo beim Publikum erzeugt. Das auf Platte für meine Begriffe nicht unbedingt überragende 'Aiming High' schlägt im weiteren Verlauf ebenfalls wie ein Volltreffer ein, was besonders dem markanten Organ von Rauhbein Mark Tornillo geschuldet ist, der eine Stimme wie ein Stier besitzt. 'Princess Of The Dawn' zieht wie gewohnt ausgiebige Mitsing-Passagen nach sich, ehe dann mit dem sehr stark umgesetzten 'Up To The Limit' und 'No Shelter' der reguläre Teil des Auftritts endet. Der mächtige Applaus ist hochverdient und ACCEPT lassen sich natürlich nicht lumpen und das Kult-Intro mit den Wortfetzen "Heidiheidoheida..." leitet eine verflucht starke Version von 'Fast as A Shark' ein, die wirklich alle Festivalbesucher mitreißt. ACCEPT schließen ihre Performance mit dem ewigen Klassiker 'Balls To The Wall', verneigen sich vor den begeisterten Massen und genießen einfach die frenetischen Reaktionen des Publikums. Dieser Auftritt war BOMBE! Und das zugehoerige Bild-und Tondokument desselben ist schon jetzt von meiner Seite aus verhaftet!

Setlist: Intro (Shades Of Death), Teutonic Terror, Bucketful Of Hate, Starlight, Breaker, New World Comin', Restless & Wild, Son Of A Bitch, Metal Heart, Neon Nights, Bulletproof, Losers And Winners, Aiming High, Princess Of The Dawn, Up To The Limit, No Shelter, Fast As A Shark, Pandemic, Balls To The Walls

[Martin Loga]


Redakteur:
Rüdiger Stehle

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