Bang Your Head - Balingen

29.07.2015 | 14:48

16.07.2015, Messegelände

Zum Jubiläumsfestival gibt es ein Treffen mit vielen alten Bekannten, vor und auf der Bühne!

Donnerstag, 16. Juli 2015

Herzlichen Glückwunsch, Bang Your Head. Die ganze POWERMETAL.de-Redaktion gratuliert zum Jubiläum! 20 Jahre BYH, wer hätte das Mitte der Neunziger erwartet? Mittlerweile ist das Festival ein fester Bestandteil des jährlichen Konzertsommers und es ist vor allem erfrischend, weil Veranstalter, Bands und Publikum gemeinsam altern. Mal ehrlich, die Ankündigung, ein "Best of" zu machen, hätte bei anderen Festivals sicher zu Naserümpfen und Gemecker geführt der Art "nix Neues, haben wir doch alles schon gesehen" oder "denen fällt nichts mehr ein". Nicht so beim Bang Your Head. Wir aus der Redaktion, die das Festival regelmäßig besuchen, fanden das von Anfang an eine gute Idee und es gab niemanden, der darob auch nur einen negativen Gedanken aufgebracht hätte. Wobei natürlich die finale Bandauswahl auch ein Wörtchen dabei mitzureden hat. Wer bitte möchte bei einer Kombination aus KREATOR, ACCEPT und DREAM THEATER mosern? Dass mit SABATON dann doch eine eher neue große Band in die Headliner-Riege aufsteigen durfte, die bei uns in der Redaktion sehr polarisiert - man erinnere sich an den letzten Platz der Band in unserem Soundcheck, während ein PM.de-Kollege der Band attestierte, sie werden "den Power Metal zu goldenen Zeiten führen" - ist dann auch das einzig Moderne im Billing. Ansonsten dominieren alte Bekannte auf und vor der Bühne, viele von denen haben die nächste Generation dabei, die mit großem Gehörschutz die Pommesgabel in den Himmel reckt. Sehr cool.

Für alle, die nicht dabei sein konnten, hat unser Fotograf Frank Hameister mal einen schönen Schuss über das ganze Gelände gemacht mit der Bühne links und dem Soundturm rechts:

Neben dem All-Star-Billing hält uns an diesem Wochenende aber vor allem Eines fest im Griff: Die tropische Hitze. Es ist ja schön, wenn das Wetter mitspielt, aber wenn es jenseits der 35 Grad im Schatten ist und Schatten sowieso Mangelware, dann geht das wirklich an die Substanz. Zwischen den Bands müssen wir uns ausruhen, und mehrere Liter Wasser zu uns nehmen. Glücklicherweise haben auch die Organisatoren Mitgefühl und stellen einen Abkühlturm auf, der am Donnerstag und Freitag eine quasi lebensrettende Maßnahme darstellt. Der feine Nebel sorgt tatsächlich für eine hilfreiche Abkühlung, nur ist das natürlich schlecht, wenn man gleichzeitig eigentlich vor der Bühne abgehen will. So steht das zwanzigste Bang Your Head zwischen den Antipoden Euphorie und Erschöpfung, aber mit jedem Tag, der zurückliegt, überwiegt die Begeisterung über das, was die Schwaben auf die Beine gestellt haben und über das wir nun im Detail berichten wollen. Daher wünsche ich viel Spaß mit unserem hautnahen, unverblümten und natürlich unheimlich investigativen Bericht, bei dem SABATON wider Erwarten gar nicht so schlecht wegkommt. Na ja, ich habe es ja auch nicht geschrieben. Für SABATON-Fans: Wir werden auch vom "Noch ein Bier"-Fest berichten, und da schicken wir eine echte Fandame hin. Versprochen.

[Frank Jaeger]

 

Thrash am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen. Zum Auftakt dürfen die Briten uns den Schlaf aus den Augen pusten. Dabei handelt es sich natürlich um die Band, die das "In Search Of Sanity"-Album auslässt, das mit Steve Grimmett eingesungen worden war, denn dieser kocht mit THE SANITY DAYS sein eigenes, melodischeres Süppchen. Nein, ONSLAUGHT anno 2015 vereinigt die Jahre 1985 und 1986 mit allem, was ab 2007 erschienen ist. Und das sind vor allem einmal starke Thrashalben und ganz sicher nicht nur ein Schwelgen in den metallischen Vorzeiten. Auch wenn die Band gleich mit einem Erstschlag von ihrem zweiten Album "The Force" von 1986 beginnt. Es ist Festival-Zeit, da darf man auch mal in die Mottenkiste greifen und mit 'Let There Be Death' einen Beginn auf Nummer sicher wählen. Denn bei einem Publikum wie hier kann man davon ausgehen, dass Frühwerke doch einigermaßen bekannt sind, während ich mir bei den neueren Alben da nicht so sicher wäre. Für die frühe Stunde ist es durchaus schon angenehm voll auf dem Gelände. Ich bin überrascht, meine Befürchtung war gewesen, dass es vielleicht an diesem ungewohnten Donnerstag Morgen eines Bang You Head-Festivals eher ziemlich einsam werden könnte, aber das erweist sich glücklicherweise als Irrtum. ONSLAUGHT macht auch alles richtig auf der Bühne und feuert ein paar absolute Granaten ab und Sy Keeler am Mikrophon macht eine starke Figur. Ein durchaus guter Sound für einen Festivalopener hilft der Band, denn ihre Riffattacken können nur zünden, wenn man auch die Feinheiten hört. Natürlich ist es in einer solchen Umgebung nicht immer einfach, beide Gitarren auch differenziert zu vernehmen, aber heute klappt es gut genug, als dass auch 'Killing Peace' und das neue '66 Fucking 6' vom aktuellen Album "VI" gut ankommen. Eindeutig ist, dass die neueren Sachen mindestens auf dem gleichen Niveau komponiert sind wie ihr bekanntestes Album "The Force", von dem danach gleich zwei weitere Nummern folgen. Man hat also den direkten Vergleich, und als dann 'Childen Of The Sand' wieder aus dem Jahr 2013 ertönt, dürften so einige Herren ins Grübeln gekommen sein, ob es nicht lohnend wäre, sich mal mit den aktuellen Veröffentlichungen der Briten zu befassen. So macht der Fünfer von der Insel gehörig Werbung für sich selbst und sorgt nochmal für Wind, bevor die Sommerhitze beginnt, uns alle ein wenig zu garen. Mit dem Riffmonster 'The Sound Of Violence' und einem brutal ins Feld geschmetterten 'Onslaught (Power From Hell)' verlässt die Band die Bühne, die sie und ihr unglaublich großes und cooles Backdrop gut ausgefüllt haben.

Setliste: Let There Be Death, Killing Peace, 66 Fucking 6, Fight With the Beast, Metal Forces, Children of the Sand, The Sound of Violence, Onslaught (Power from Hell)

[Frank Jaeger]

 

Zehn Alben hat HARDCORE SUPERSTAR bereits auf dem Gewissen. Und ich bin immer noch weit entfernt davon, ein Fan zu werden. Zwar kenne ich so ein paar Teilchen hier, ein Liedchen da, aber obwohl ich die Band immer ganz ordentlich fand, hat sich noch kein Album in meine Sammlung verirrt. Dafür ist mir ihr rotziger Hard Rock dann doch zu unoriginell. Aber auf einem solchen Festival wie dem Bang Your Head ist das etwas ganz Anderes - einfache, simple Rocker sind hier immer richtig platziert, denn zwischendurch mal ein wenig Grooven und vielleicht auch den Chorus schon beim zweiten Mal mitsingen, obwohl man das Lied selbst zum ersten Mal hört, das ist immer angebracht. Zumal so viel gradliniger Hard Rock heute nicht läuft und die Schweden damit einen passenden Farbtupfer setzen.

Apropos Farbtupfer: Doch vorher muss man sich daran gewöhnen, dass hinter der Band so ziemlich das hässlichste Backdrop prangt, das ich je das Missvergnügen hatte, ansehen zu müssen. Mein Güte. Klar, passt zur Band, soll so sein, wird dadurch aber nur minimal erträglicher. Aber wahrscheinlich habe ich nur meinen Humor zu Hause vergessen, da ich einige entsprechende T-Shirts rumlaufen sehe. Nur für das Protokoll: Auf dem T-Shirt wirkt das Design auch nicht besser. Aber davon abgesehen lassen die selbsternannten Superstars nichts anbrennen und spätestens bei 'My Good Reputation' singen viele der Anwesenden mit. Ja, das swingt, das ist unterhaltsam und reißt sogar manchmal mit. Vor dreißig Jahren wäre ich wahrscheinlich steil gegangen, aber heute ist es einfach nur nett. Sänger Joakim Berg - ein übrigens völlig uncooler Name für einen Sänger in so einer Glam-Rock-Kapelle, aber schön, dass er nicht meint, auf ein Pseudonym zurückgreifen zu müssen - ist super bei Stimme und röhrt dreckig und wild in der Gegend herum. Den Outfit-Vogel des Tages schießt übrigens Gitarrst Vic Zino ab, der das ganze Konzert in einer dicken, schwarzen Lederjacke abrockt. Ich schwitze schon beim Zusehen wieder. Zeit für ein kühles Wässerchen, gleich wird es nochmal heiß. Aber HARDCORE SUPERSTAR hat einen sehr guten Eindruck hinterlassen. Trotzdem befürchte ich, dass es dabei bleiben wird, dass ich sie live schätze, aber daheim eher nicht so dringend im Regal stehen haben muss.

[Frank Jaeger]

 

Denn nun kommt H.E.A.T.. Auch diese Band ist für mich ein eher unbeschriebenes Blatt. Ich weiß, welchen Stil sie machen und deshalb ist es auch ziemlich klar, dass ich mich erneut in den Glutofen der Mittagshitze begebe, um mir ein bisschen Melodic Metal um die Ohren hauen zu lassen. Schon bei den ersten Tönen stelle ich fest, dass das eine gute Idee gewesen ist. Und daran schuld ist nicht etwa nur die gute Musik, sondern Frontzappler Erik Grönwall. Der Blonde hat wohl in einem Ameisenhaufen gesessen, jedenfalls wetzt er über die Bühne, springt wie ein Flummi und hält auch zum Singen nicht an. Es ist wirklich witzig anzusehen, wie er beim Singen springt und dabei das Mikrophon am Ständer hoch- und runterbewegt. Musikalisch ist das obendrein gehobene Klasse, was die Schweden servieren. Kernige Gitarren, aber auch passende und unaufdringliche Keyboards, eingängige Gesangsmelodien und der Huckefloh am Mikro kann tatsächlich neben hüpfen auch noch prächtig trällern. Amüsiert blicken alle um mich herum zur Bühne, und obwohl ich den Eindruck habe, dass die Band den weitaus meisten genauso wenig bekannt ist wie mir, ziehen die Herren die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich durch ihre Bühnenaktivität. Da ich schon im Stehen vor mich hinschmelze, gibt mir Erik zumindest die Genugtuung, dass er im Laufe des Sets immer langsamer wird und sein Elan auch nach und nach dem Einfluss unseres Zentralgestirns zum Opfer fällt. Aber bis dahin hat H.E.A.T. bereits in mir einen neuen Fan gefunden, und ich bin sicher, das ich nicht der Einzige bin. Stark. Nächstes Mal singe ich mit, Jungs, muss nur erst meine Hausaufgaben machen!

[Frank Jaeger]

 

Jetzt darf ich also auch endlich ran - und bereue es schon gleich: diese Hitze! Da kommt so ein lässiger Stoner-Doom-Metal wie GRAND MAGUS aus Schweden doch eigentlich genau richtig. Schon das coole Conan-Intro macht einen auf dicke Hose. Spätestens mit 'I, The Jury' hat das Trio das Publikum auf seiner Seite, was die Banger durch kräftiges Mitwippen auch anerkennend zum Ausdruck bringen. Klar, Party sieht anders aus (dafür waren die grandiosen Vorgänger H.E.A.T. zuständig), aber die Musik groovt und ist grandios unaufgeregt - einfach saucool. Die sympathischen Schweden, die in der Mittagssonne mit verspiegelten Sonnenbrillen und totaler Lederoptik punkten, präsentieren einen tollen Querschnitt ihrer Alben und können nach Songs wie 'Sword Of The Ocean', 'Kingslayer', dem famosen 'Triumph & Power' und dem flotten 'Like The Oar Strikes The Water' sogar "Grand Magus"-Sprechchöre auf der Habenseite verbuchen - immerhin die ersten an diesem Tag. Einzig die Interaktion zwischen Band und Publikum ist ausbaufähig, denn JB, Fox und Ludwig können trotz großartiger Musik die Anwesenden nicht wirklich fesseln und sie zu größeren Begeisterungsstürmen animieren - mag vielleicht aber auch an dem etwas arg überschaubaren Bewegungsradius der Herrschaften liegen. Und trotzdem: Es ist schön zu sehen, dass sich gute Musik am Ende doch durchsetzt und es eben nicht immer das ganz große Theater sein muss. Nach den fantastischen 'Steel Versus Steel' und 'Iron Will' ist es Zeit für den ersten Gänsehautmoment bei diesen tropischen Temperaturen: Beim abschließenden 'Hammer Of The North' funktioniert nicht nur überraschenderweise das Mitsingspielchen, sondern das Publikum hört auch dann nicht auf, als die Pausenmusik bereits lange läuft und das Ende eines guten Auftritts erklärt. Reicht nicht zur Legendenbildung, aber für die Uhrzeit sehr nett.

[Chris Staubach]

 

Jetzt wird es Zeit für ein bisschen Geschwindigkeit. Obwohl sich noch viele Zuschauer aufgrund der anhaltenden Hitzewelle auf den Campingplätzen aufhalten, haben sich doch schon reichlich Fans direkt vor der Bühne eingefunden, um mit DEATH ANGEL eine "Thrashumentary" zu feiern. Doch zunächst feuert uns das Quintett mit 'Left For Dead', 'Son Of The Morning' und 'Claws In So Deep' ein Triumvirat neueren Datums um die Ohren. Obwohl die Jungs sich nicht nur hinter ihren Klassikern verstecken müssen und sie auch in der Neuzeit ein paar richtig fette Brocken abgeliefert haben, möchte zu Beginn der Funke (noch) nicht richtig überspringen. Vielleicht ist es auch einfach zu warm für Thrash Metal. Vielleicht? Definitiv! Der Knoten löst sich spätestens beim Old-School-Trio 'Voracious Souls', dem überraschenden 'The Third Floor' und 'Seemingly Endless Time'. Jetzt haben die Kalifornier das Publikum auf ihrer Seite, das noch einmal alle Kraftreserven zu mobilisieren scheint. Der Band kann ich eh keinen Vorwurf machen, denn Zappelphilipp Mark Osegueda und Gitarrist Rob Cavestany verfügen über eine große Bühnenpräsenz und beackern wahrlich jeden Zentimeter der Bretter, Will Carroll verdrischt präzise sein Kit, Bassist Damien Sisson ist mit seinem freien Oberkörper und der blonden Mähne ein absoluter Blickfang und Gitarrist Ted Aguilar marschiert gemütlich, dafür unaufhörlich von der einen auf die andere Seite der Bühne - und musikalisch ist das so oder so erste Liga. Das abschließende Doppelgeschoss 'The Dream Calls For Blood' und vor allem das grandiose 'Throne To The Wolves' zerlegt das Messegelände nach allen Regeln der Kunst und lässt auch die vierte Festivalteilnahme des Quintetts aus San Francisco in einem wahren Triumphzug enden. Mit leichten Anlaufschwierigkeiten wurde der Karren doch noch punktgenau versenkt. Immer eine Bank.

[Chris Staubach]

 

Mit gemischten Gefühlen warte ich auf SONATA ARCTICA. Einerseits haben die Finnen durchaus interessante und abwechslungsreiche Songs auf ihren mittlerweile acht Studioalben, andererseits stehen sie mir häufig doch zu tief im Kitsch. Ich befürchte auch schon Schlimmes, als es mit einem Can-Can Intro losgeht. Und tatsächlich vermag ich bald zu sagen, dass die Herren leider den letzten Platz im heutigen Wettbewerb einnehmen, und in der Publikumsgunst wohl auch, denn nach einigen Stücken wandern doch zahlreiche Gäste ab und nutzen den Auftritt der Band zur Regeneration. Der Grund ist das Zusammenwirken aus einer eher distanzierten Performance, die sicher auch den Temperaturen geschuldet ist, mit wenig mitreißenden Songs. Komplexer als erwartet und mit weniger kitschigen Teilen als befürchtet fehlt irgendwie der Funke, um ein Feuer der Begeisterung in den müden Metallerknochen zu entfachen. Vielleicht wäre es hier tatsächlich besser gewesen, mit etwas Fetzigerem als 'White Pearl, Black Oceans' zu beginnen. Obendrein singt Frontmann Tony Kakko nicht so kraftvoll und gut hörbar, wie es nötig gewesen wäre, denn auf dem Album "Reckoning Night" ist das Lied ein tolles, progressiv-schmalziges Highlight. Leider scheint es, als ob SONATA ARCTICA, außer bei den eingefleischten Fans, einen kleinen Euphorie-Durchhänger des Publikums erwischt hätte, der auch mit dem treibenden 'X Marks The Spot' nicht wegzurocken ist. Trotz des schönen Refrains, den man jetzt so toll mitschmettern könnte. Wenn es nicht so heiß wäre und DEATH ANGEL nicht Vielen bereits einiges an Reserven abverlangt hätte. Obendrein gibt es immer wieder Einspieler, die aus dem Auftritt ein Hörspiel machen, nur leider verstehe ich nicht die Hälfte von dem, was da vom Band eingesprochen wird. Das macht die ganze Performance steril, unrockig, und so sehr sich auch Sänger Tony bemüht, er schafft es nicht, aus dieser statisch geplanten Setlist ein Rockevent zu machen. So entfällt auch noch die komplette Interaktion mit dem Publikum und es bleibt die Erkenntnis, dass das, was auf Tour vor dem eigenen Publikum gut funktioniert, leider nur bedingt festivaltauglich ist. Schade. Vielleicht beim nächsten Mal.

[Frank Jaeger]

 

Liegt es an der langsam untergehenden Sonne oder doch tatsächlich an W.A.S.P.? Das Messegelände ist schlagartig prächtig gefüllt. Und der Meister lässt uns obligatorisch warten, punktet im Anschluss aber mit einer absoluten Old-School-Setlist. Der Einstieg mit 'On Your Knees' ist super gewählt. Erste Pyros und Feuersäulen kommen zum Einsatz. Mit 'Torture Never Stops', 'The Real Me' und 'L.O.V.E. Machine' legen die Kalifornier gleich großartig nach. Während Schlagzeuger Mike Dupke aufgrund der zahlreichen Einspieler zu Beginn noch etwas angespannt wirkt (positiv ausgedrückt: hoch konzentriert), sind Gitarrist Doug Blair und Bassist Mike Duda gewohnt lauffreudig. Selbst der Chef zeigt heute den einen oder anderen Hüftschwung mehr. Außerdem ist Blackie Lawless in Balingen sehr gut bei Stimme, verzichtet nur auf seinen sehr markanten Mikrofonständer, der sicherlich noch einmal ein zusätzliches Highlight gewesen wäre. Es ist jedoch keine Zeit, um sich über solche Sachen Gedanken zu machen, denn schon feuert das Quartett aus Los Angeles Kracher wie 'Wild Child', 'Sleeping (In The Fire)' und das ruhigere 'The Idol' ins weite Rund. Blackie hat die Massen auf seiner Seite. Und doch rümpfen einige wohl zu Recht ein wenig die Nase, denn allzu offensichtlich kommt da mehr vom Band als bloß Flächen, Keyboards oder Kettensägen. Wie viel von Blackies Gesang kommt aus der Retorte? Ein über das gesamte Wochenende heiß diskutiertes Thema. Selbst von einer Mini-Playback-Show ist hier und da die Rede. Dass es nicht zu hundert Prozent Natur ist, das ist unbestritten, doch egal wie, die Illusion ist perfekt. Gepaart mit dieser grandiosen Setlist muss ich Blackie und seinem Gefolge attestieren, dass sie fast alles richtig gemacht haben. So packen sie im Anschluss 'I Wanna Be Somebody' (inklusive leicht überschaubarem Mitsingteil), die Überraschung 'Chainsaw Charlie (Murders In The New Morgue)' und das famose 'Blind In Texas' aus. Leider ist nun schon Schluss, was mit Blick auf die Uhr ein wenig überrascht, denn eigentlich hätte W.A.S.P. noch mindestens fünf Minuten gehabt. Verwunderlich, da sie ja schon fünf Minuten später angefangen haben. Es gibt halt Sachen, die ändern sich anscheinend auch nach 33 Jahren Bandgeschichte nicht. Trotzdem gut, wenn auch mit leichtem Gschmäckle, wie der Schwabe sagen würde.

Setliste: On Your Knees, Torture Never Stops, The Real Me, L.O.V.E. Machine, Wild Child, Sleeping (In The Fire), The Idol, I Wanna Be Somebody, Chainsaw Charlie (Murders In The New Morgue), Blind In Texas

[Chris Staubach]

 

Oh, wie spalten die Schweden das Publikum auf dem "Bang Your Head". Den ganzen Tag laufen einem schon etliche Menschen mit SABATON-Shirts über den Weg und bei der reinen Erwähnung des Bandnamens verfallen diese auch gleich in ekstatische Gefühlsausbrüche. Auf der anderen Seite sind nicht eben gerade wenige Personen auf dem Gelände, die angesichts des Donnerstag-Headliners müde lächelnd auf die Tischreservierung beim Italiener verweisen oder gar kurz und trocken FINNTROLL rufen, die zeitgleich in der Halle aufspielen. Obwohl ich nicht wirklich ein Fan der Band bin, ist es in meinen Augen ein guter Schachzug des Veranstalters. SABATON sind aktuell mit das heißeste Newcomereisen, ziehen darüber hinaus ein extrem junges Publikum und passen von ihrer musikalischen Ausrichtung perfekt auf diesen Event. Und da die Metalwelt schon seit Jahren fehlende neue Headliner moniert, muss dem Quintett aus Falun sicherlich eine Chance gegeben werden. Es soll auch durchaus Banger geben, die mit KREATOR am nächsten Tag nicht viel anfangen können - nur mal so.

Und das Wetter? Angenehme 29°C auf dem Messegelände und der Anhängerschaft weht sogar ein laues Lüftchen um die Nase. Und diese ist zahlreich erschienen. Als die Schweden mit 'Ghost Division', 'To Hell And Back' und 'Carolus Rex' in ihr Set einsteigen, wird jedoch gleich klar, dass die Jungs nervös sind. Dazu kommt, dass der Sound relativ leise für einen Headliner und vor allem Joakim Brodén kaum zu verstehen ist. Das macht sich natürlich bei den Ansagen doppelt negativ bemerkbar. So kommt es, dass er sich fast ausschließlich mit den ersten fünf Reihen unterhält, während der Rest des Publikums ungläubig und teilnahmslos herumsteht - und wartet. SABATON setzen auf die Show ihrer abgelaufenen "Heroes"-Tour, haben den Panzer wieder auf die Bühne gerollt, lassen an allen Ecken und Enden Pyros und Feuersäulen in die Luft gehen und setzen darüber hinaus noch auf coole Lasereffekte. Showtechnisch also alles im grünen Bereich? Nicht ganz, denn das Quintett hat auch die zahlreichen Laienschauspieleinlagen (Panzerfahrer) und das ellenlange Geplänkel (Drinking Competition, Joakim spielt 'Smoke On The Water' auf der Gitarre) zwischen den Songs mit nach Balingen gebracht. Somit entstehen zwischen den Songs lange Pausen - diese sind nervig, völlig überflüssig und zerstören den Fluss des Auftritts komplett. Hier will zunächst absolut kein Live-Feeling aufkommen. Kein Wunder also, dass die Jungs das Publikum zu Beginn nicht in den Griff bekommen. Das bessert sich zwar im weiteren Verlauf, aber eine richtige Sause oder gar ein totaler Triumphzug sieht definitiv anders aus. Dafür hätte es ein wenig mehr Musik bedurft.

Ebenfalls ausgelutscht sind die "Noch ein Bier"-Rufe zwischen jedem Song. Markenzeichen hin oder her, dass Joakim auch noch auf jeden einzelnen Kommentar eingehen muss, langweilt spätestens beim zweiten Mal. Lasst Euch bitte mal etwas Neues einfallen. Das verkommt zu einer reinen Comedyveranstaltung. Wenn das Quintett denn mal musikalisch ins Laufen kommt, rockt das durchaus gewaltig, auch wenn ich erwartet hätte, dass das Messegelände brennt, hüpft und schreit. Dem ist jedoch nicht so. Ganz im Gegenteil: Es wirkt alles sehr statisch und vor allem leider alles andere als kurzweilig. Der Zugabenblock mit 'Night Witches', 'Primo Victoria' und 'Metal Crüe' versöhnt zum Abschluss, das anschließende Feuerwerk ist absolut amtlich. Den SABATON-Fans dürfte es sicherlich trotzdem gefallen haben, dem neutralen Publikum ist das jedoch am Ende einfach zu viel Kasperletheater und zu wenig handfeste Musik. Die großen Headlinerschuhe konnten die Schweden an diesem Abend (leider) noch nicht füllen. Mit dem ganzen Drumherum haben sie sich einfach selbst geschlagen.

Setliste: Ghost Division, To Hell And Back, Carolus Rex, No Bullets Fly, Panzer Battalion, Resist And Bite, Screaming Eagle, Swedish Pagans, Panzerkampf, Far From The Fame, The Art Of War, Soldier Of 3 Armies, Gott mit uns, A Lifetime Of War, Attero Dominatus, Zugaben: Night Witches, Primo Victoria, Metal Crüe

[Chris Staubach]

 

Und in der Halle?

Anno 2007 wurde ich erstmals auf die "jungen Wilden" ENFORCER aufmerksam, die zur Zeit ihres Auftritts beim KEEP IT TRUE-Festival noch nicht einmal ihr Debütalbum veröffentlicht hatten. Die vier seitdem veröffentlichten Studioalben festigten den schon seinerzeit guten Ruf der Band nachhaltig. Beim heutigen Auftritt in der Halle des Volksbank-Forums auf der Messe Balingen drehen die Sverige-Jungens gehörig auf. In der sehr gut gefüllten Arena eröffnet die Band bei schwülwarmer Luft mit 'Death By Fire' einen superben Set, der vor Spielfreude sprüht und einen ausgewogenen Querschnitt des bisherigen Schaffens bietet. Auch Midtempo-lastige Nummern wie der Titeltrack der letzten Scheibe "From Beyond" werden vom Publikum mit viel Applaus bedacht. Das Highlight des für mich etwas zu kurzen Auftritts ist wohl das ruhig eingeleitete 'Below The Slumber', das von Sänger/Gitarrist Olof Wikstrand gänsehautverdächtig gesungen wird. Handfeste Kracher der Marke 'Nightmares', 'Destroyer' und das Ohrwurm-verdächtige 'Midnight Vice' (MAIDEN zu DiAnno-Zeiten lässt grüßen) sorgen ebenso für unbändige Mosh-Freuden wie zum Beispiel die Uptempo-Nummer 'Live For The Night'. Der Schweiß rinnt in Strömen in der stickigen Halle, obwohl diese gut klimatisiert ist. Ich weiß nicht, wie es anderen Festivalbesuchern ging, aber ich für meinen Teil habe pro Tag locker zwei Liter kaltes Leitungswasser getrunken, um nicht bei der Hitze aus den Latschen zu kippen. Nun zurück zu ENFORCER: Das Stimmungsniveau könnte nicht besser sein, als ENFORCER nach einer Stunde Spielzeit vom BYH-Publikum verabschiedet wird. In aller Kürze: Ein echter Volltreffer!

[Martin Loga]

 

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Redakteur:
Frank Jaeger
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