Alice Cooper und Neonfly - Hanau

28.08.2013 | 09:46

30.07.2013, Amphitheater

Sozusagen auf Tuchfühlung mit dem Meister der Horrorperformance.

ALICE COOPER, besagter Meister, gibt sich die Ehre, dem geneigten Publikum seine "Raise The Dead-Tour" auch in Hanau vorzuführen. Und das Publikum ist sehr wohl geneigt, sich die schrecklich-schöne Horrorperformance mit leicht wohligem Schauern anzuschauen. So strömen größere Menschenmassen jeglichen Alters ins Amphitheater und stehen geduldig in der Schlange, um auf den Einlass zu warten. Wer schnell genug ist und auf diverse leckere Verpflegung verzichtet, hat das Glück, dem Meister fast auf Augenhöhe gegenüber zu stehen, getrennt nur von einem winzigen Graben.

Doch zuerst darf eine Band namens NEONFLY als Support unterhalten. Die Band ist mir zwar unbekannt, ihr Auftritt gefällt aber den meisten ganz gut. Der Sänger, laut Website: Willy Norton, hat eine recht ordentliche Stimme, manchmal kommt mir direkt Tobias Sammet in den Sinn. Er hüpft auch ähnlich wie dieser über die Bühne und die Musik geht ebenfalls in die Powermetal-Richtung. Der Schlussapplaus ist verdient, als sie sich nach knapp 45 Minuten verabschieden und sich natürlich wortreich dafür bedanken, dass sie den großen ALICE COOPER auf seiner Tour begleiten dürfen.

Der Umbau beginnt und man kann natürlich schon diverse mehr oder weniger bekannte Utensilien sehen, beispielsweise die Guillotine, oder den Elektroschocker, der bei 'Feed my Frankenstein' zum Einsatz kommt. Aber das ist natürlich genau das, worauf die Meute wartet. Da das Amphitheater ja im Freien ist, gibt es diesmal auch jede Menge Pyroshow. Und wie immer bräuchte man Stunden, um jede Einzelheit der aufwändige Bühnendeko anzuschauen. Während der Vorhang zur Seite gerissen wird und das erste Pyrofeuerwerk startet, betritt Mr Cooper im schicken, rot-schwarz gestreiften Outfit und mit schwarz geschminkten Augen die Bühne. Der Applaus und das Geschrei wird sicher weithin zu hören gewesen sein. Schon bei 'Mr. Nice Guy' fliegt zum Entzücken des Publikums der erste Gehstock in die Menge und auch beim nächsten Stück 'Under My Wheels' darf sich ein glücklicher Fänger über ein solches Utensil freuen.

Irgendwie geht es Schlag auf Schlag. Wie alt ist Alice? 65? Nun ja, das merkt man ihm nicht wirklich an. Golf spielen hält offenbar fit. So bewegt sich der Meister über die Bühne, als sei er alterslos (Raise the dead?) und erfreut die Menge immer wieder mit kleinen Geschenken. Seien es Dollarnoten, die er bei 'Billion Dollar Babies' von einem Degen streift und ins Publikum wirft, oder die obligatorischen Perlenketten bei den 'Dirty Diamonds'. Mit einer überdimensionalen Kaffeetasse besingt er, leicht ironisch, die wunderbare Wirkung von 'Caffeine', während bei 'Hey Stupid' das Publikum schier ausrastet und mitgrölt, als gäbe es kein Morgen. 'Dirty Diamonds' geht in ein Drumsolo über und auch die Dame und die anderen Herren auf der Bühne können zeigen, was in ihnen steckt. Aber das ist ja kein Geheimnis, Alice umgibt sich auf Tour nur mit Profis und die bekommen natürlich auch den entsprechenden Applaus für ihre tolle Leistung.

Zurück auf der Bühne werden "Nightmare" und "Hell" willkommen geheißen und nach 'He's Back' kommt endlich die wunderbare "Frankensteinmonstererschaffungsmaschine" zum Einsatz. Mit Getöse und viel Rauch und Pyrotechnik dürfen wir endlich wieder das Riesenmonster bewundern, in das sich der Meister, der zuvor mit blutgetränktem Doktorkittel die Bühne unsicher gemacht hat, verwandelt. Im weiteren Verlauf der Horrorshow singt er in einer Zwangsjacke die 'Ballad Of Dwight Fry' und haucht sein Leben - endlich zur Freude des erwartungsvollen Publikums - auf der Guillotine aus. Stolz präsentiert der Henker den Kopf des Hingerichteten, sogar mit einem Küsschen auf die Stirn. Aber so einfach lässt sich ein ALICE COOPER natürlich nicht ins Jenseits befördern. Wie lautet doch der Titel seiner Show? Richtig: Raise The Dead! Und so richtet sich "die Leiche" bei 'I Love The Dead' wieder auf und die Show kann weitergehen.

Vier große Rockstars, die leider den Weg zurück nicht gefunden haben, werden von ihm anschließend gewürdigt. So werden nach und nach vier grabsteinartige Banner enthüllt, die die Namen von vier Größen des Rocks zeigen. So spielt er seine Versionen von 'Break On Through (To The Other Side)' in Gedenken an Jim Morrison von THE DOORS, 'Revolution' im Gedenken an John Lennon, 'Foxy Lady' im Gedenken an Jimi Hendrix und 'My Generation' im Gedenken an Keith Moon von THE WHO. Eine ausgesprochen gelungene Darbietung mit Gänsehautfaktor.

So langsam rückt leider das Finale näher. Bei 'I'm Eighteen' schwingt er wieder einmal seine blutverschmierte Krücke und beim folgenden 'Poison' ist der Publikumsausraster schon vorprogrammiert. Kaum jemand, der nicht lauthals mitsingt, offensichtlich sehr zur Freude von Mr. Cooper, der diesen Song wieder regelrecht zelebriert und danach die Bühne verlässt. Aber ein Song fehlt natürlich noch, ohne den ist ein ALICE COOPER Konzert undenkbar. Mit Glitzerjacke und riesigem Silberzylinder auf dem Kopf erscheint er wieder auf der Bühne, um die geforderte Zugabe zu geben: Natürlich ist es 'School's Out'. Zuerst gibt es auf der Bühne jede Menge Seifenblasen, dann erfolgt ein ohrenbetäubender Knall und Konfetti, Girlanden und Luftschlangen regnen auf die Bühne. Außerdem werden wieder Riesenluftballons in die Menge geworfen, die ebenfalls mit Konfetti gefüllt sind. Grinsend versucht Alice, diese mit seinem Degen aufzuspießen, sodass das Konfetti über die Zuschauer rieselt. Garniert wird das Ganze übrigens im Zwischenteil noch mit PINK FLOYDs 'Another Brick In The Wall'. Natürlich stellt er auch noch alle Mitglieder seiner Band vor und mit strahlendem Lächeln verabschieden sich alle vom begeisterten Publikum. Eine tolle Party geht zu Ende und ich muss sagen: Ich habe schon viele Shows von Alice Cooper gesehen, aber diese bleibt mir als eine der besten in Erinnerung. Das Hanauer Amphitheater hat einfach ein tolles Ambiente.

Setliste: The Underture (Einleitung), Hello Hooray Judy Collins cover), House of Fire, No More Mr. Nice Guy, Under My Wheels, I'll Bite Your Face Off, Billion Dollar Babies, Caffeine, Department of Youth, Hey Stoopid, Dirty Diamonds (incl. drum solo), Welcome to My Nightmare, Go to Hell, He's Back (The Man Behind the Mask), Feed My Frankenstein, Ballad of Dwight Fry, Killer (part only), I Love the Dead, Break On Through (To The Other Side) (THE DOORS cover), Revolution (THE BEATLES cover), Foxy Lady (THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE cover), My Generation (THE WHO cover), I'm Eighteen, Poison; Zugabe: School's Out (with Another Brick In The Wall)

Redakteur:
Hannelore Hämmer

Login

Neu registrieren