WITHERSCAPE: Auf Zeitreise mit Dan Swanö

23.08.2016 | 16:32

Er ist eine der Koryphäen des Metals und meldet sich mit WITHERSCAPE einmal mehr lautstark zurück. Die Rede ist natürlich von Dan Swanö, dem Kopf der Death-Metal-Legende EDGE OF SANITY, der Melodic-/Progressive-Rocker NIGHTINGALE, bekannt und geschätzt auch als erfolgreicher Produzent. Mit seinem "partner in crime" Ragnar Widerberg hat sich Swanö ein weiteres Mal zusammengetan, um den Nachfolger des viel umjubelten WITHERSCAPE-Debüts "The Inheritance" einzutrümmern. Wir nutzten die Gelegenheit für einen ausgiebigen Plausch mit dem sympathischen Mittvierziger, der seit einiger Zeit in Deutschland residiert.

Dan, dein Name steht als Label seit nunmehr fast 30 Jahren stets für allerhöchste Qualität, so auch bei eurem neuen Album "The Northern Sanctuary". Wie lief denn das Songwriting zur zweiten Full Length?
Die ursprüngliche Idee bei WITHERSCAPE war es, dass Ragnar und ich uns das Songwriting Fifty-Fifty teilen würden. Diese Vorgehensweise resultierte aus einer Schreibblockade, die ich zwischen 2004 und 2010 hatte. Ich hatte in dieser Zeit das Gefühl, dass alles, was ich schreibe, wie ein Klon dessen klingt, was ich vorher gemacht habe. Und auch das nur als eine Art B-Seite.

Du hast dich dann zunächst wieder deiner Produzententätigkeit gewidmet...
Genau. Ich wollte mich auf meine Karriere als Engineer konzentrieren. Mir war es wichtig, gut genug darin zu werden, um davon leben zu können. Und das hat funktioniert. Als ich dann in der Lage war, meine Miete zu bezahlen, hatte ich wieder Bock drauf, Songs zu schreiben.

Und dann kam Ragnar ins Spiel. Wie lief eure Zusammenarbeit damals?
Als ich anfing, mit Ragnar zusammen zu arbeiten, waren es seine Ideen, die für mich schon zur Hälfte einen guten Song ausgemacht haben. Ich musste dann eigentlich nur noch meinen Senf dazu geben. Dadurch passte ich mich an die Qualität und Intelligenz seiner Ideen an. Denn ich hatte das Gefühl, dass seine Ideen auch von mir hätten stammen können, wenn ich mal einen richtig guten Tag hatte (lacht). Wenn ich wieder alles selbst hätte machen müssen, wäre es wohl anders gelaufen. Denn es wäre ein Berg gewesen, den ich nicht mehr zu bezwingen in der Lage gewesen wäre.

"The Inheritance" hatte demnach mit dir und Ragnar zwei Hauptdarsteller.
Ja, wir wollten das als Co-Songwriter durchziehen und so lief es auch bei einer Menge der Songs und beim E.P.-Song 'The New Tomorrow'. Für "The Northern Sanctuary" gab es allerdings einen Konflikt mit unseren Zeitplänen. Ich wollte eigentlich ein anderes Album schreiben und Ragnar wollte sich um sein SHADOWQUEST-Ding kümmern. Danach hätten wir uns wieder zusammengesetzt, um an neuem WITHERSCAPE-Material zu arbeiten. Bei mir war es allerdings so, dass ich nach der E.P. nicht mehr aufhören konnte, WITHERSCAPE-Songs zu schreiben. Alle brutaleren Ideen, die ich angepackt habe, haben einfach nicht funktioniert. Deswegen sagte ich zu Ragnar, dass ich diesen Drive nutzen würde. Ich dachte ursprünglich, alles würde länger dauern. Aber die Songs strömten einfach aus mir heraus. Und ehe ich mich versah, habe ich ein ganzes Album geschrieben, ohne eine einzige Idee von Ragnar gehört zu haben. Erst danach schickte er mir sein Zeug zu und ein Song davon ist auf dem Album gelandet.

Okay, dass du letztlich hauptverantwortlich für das Gros von "The Northern Sanctuary" zeichnest, bestätigt meinen Eindruck, dass ihr diesmal fokussierter zu Werke gegangen seid.
Einiges von diesem Fokus, den du heraushörst, liegt wohl tatsächlich daran, dass ich das meiste Material geschrieben habe. Ich war mir auch dessen im Klaren, was auf dem Debüt für mich und für die Fans am besten funktionieren hatte. Ironischerweise scheinen die Leute die Songs auf "The Inheritance" am meisten zu mögen, die ich allein geschrieben habe. Ich möchte hier aber nicht als Größenwahnsinniger rüberkommen. Allerdings hat Ragnar auf dem komplexesten Stück des Albums, dem Titelsong, genauso mitgewirkt wie ich.

Und was ist letztlich dein Geheimrezept?
Es ging darum, Riffs zusammenzufügen, die an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten entstanden sind. Ich habe diese Ideen zusammengefügt wie kleine Puzzlestücke. Das ist aber manchmal nicht die beste Art und Weise, Songs zu schreiben. Manchmal braucht man auch einfache Strukturen wie Strophe, Bridge und Kehrvers - auch wegen des Entertainment-Hungers der Leute. Daraus sind Songs wie 'Dead For A Day' oder 'Math Of A Myth' entstanden, die ich in einem Rutsch heruntergeschrieben habe, vom Intro bis zum Ende. Und genauso habe ich die Songs für "The Northern Sanctuary" geschrieben. Die Reaktionen bislang waren unglaublich und es scheint so, als hätte sich diese Herangehensweise ausgezahlt.

"The Northern Sanctuary" obliegt ein lyrisches Konzept. Magst du es kurz umreißen?
Wir haben mit der Story ja bereits auf dem ersten Album begonnen. Es geht dabei um ein Haus, das dieser junge Mann vererbt bekommt. Er reist also dorthin hoch in den Norden. In diesem Haus ist eine Entität gefangen, die seit dem Beginn der Zeit existiert. Auf der E.P. springen wir dann 50 Jahre zurück in der Zeit. Eine Art Guru, der Mann in Weiß, will dort eine Art Zuflucht für verwundete Seelen, Menschen mit Problemen eröffnen. Er hat eine seltsame Anziehung zu diesem Haus, welches er über eine Auktion erstanden hatte. Er wusste, er müsse es kaufen und müsse diesen Zufluchtsort im Norden eröffnen. Er kauft also dieses Haus. Das alles passiert auf der E.P. Das neue Album beginnt dann, als er diese Zuflucht eröffnet, alles ist frisch restauriert. Daraufhin kommen Menschen aus ganz Schweden, um dort die Ruhe des Nordens zu finden. Das Problem ist, dass dieses Wesen immer noch innerhalb der Wände dieses Hauses gefangen ist. Es braucht einen Wirt, der rein ist, um Besitz von ihm Besitz zu ergreifen, um das Tor zu seiner Dimension öffnen zu können. In der Zeit, in der alles erschaffen wurde, blieb dieses Wesen in der falschen Dimension gefangen. Es will im Grunde nur wieder zurück nach Hause. Um das zu bewerkstelligen, bedarf es eines bestimmten Rituals. Am Ende gelingt ihm das. Auf dem Album-Cover sieht man das Wesen, das sein wahres Aussehen manifestiert und aus dem Wirt ausbricht. Dieses Portal öffnet sich also und bringt natürlich auch viel Scheiß aus der anderen Dimension zu uns, wie diesen Vortex, der alles Leben aus der Erde saugt und die Hölle auf Erden bringt, in dem es die Tore dazu öffnet. Alles bricht einfach zusammen. Das war auch das Ende, das ich für die Story wollte. Denn auf dem ersten Album hatten wir eine Art seichte Horror-Story. Und dieses Ende ist halt die totale Zerstörung.

Ist das lyrische Konzept mit "The Northern Sanctuary" damit abgeschlossen?
Ja, das würde ich sagen. Ich habe zwar gelernt, niemals nie zu sagen. Leute bringen Prequels und Sequels. Die Herausforderung für das nächste Album würde ich komplett Paul überlassen. Hier ist, was wir haben und du weißt, was wir vorher hatten. Schreib jetzt deinen Scheiß. Wenn du ein Konzeptalbum daraus machen möchtest, dann mach es. Wenn du es im "2112"-Stil (RUSH-Album von 1976; d.Red.) machen möchtest mit der Hälfte als Konzept und der anderen aus eigenständigen Songs, dann mach das. Solange die Texte gut sind und ich mich nicht dafür schämen muss, sie zu singen, ist alles gut.

Du schreibst gar keine Texte für WITHERSCAPE?
Nein. Was mich beim Songwriting immer wieder ausgebremst hat, war das Texte schreiben. Als ich entschloss, wieder was zu schreiben, stand fest, dass sich das auf die Musik beschränken würde. Glücklicherweise habe ich zwei gute Texter bei NIGHTINGALE, und Paul, der für WITHERSCAPE schreibt. Hin und wieder, wenn die anderen im Schreibmodus sind und ich das Gefühl habe, Gas geben zu müssen, dann schreibe ich auch zwei oder drei Texte. Für die NIGHTINGALE-Scheibe hab ich auch wieder etwas Gefallen daran gefunden. Aber ein ganzes Album mit Konzept? Nein, danke!

Besteht die Möglichkeit, in Zukunft von WITHERSCAPE ein musikalisches Konzeptalbum zu hören wie beispielsweise "Crimson" von EDGE OF SANITY mit diesem megagenialen Thema, das sich immer wieder wiederholt und variiert?
Ich glaube, wir haben mit "The Northern Sanctuary" so etwas wie "Crimson 1/3" gemacht, so wie ich das nenne. Der Titelsong ist ein Drittel so lang wie "Crimson" und er hat dieselbe Konstruktion frei von jeglichen Regeln. Er entstand auch auf ähnlich organische Weise. Wir haben also nicht einfach Riffs aneinandergereiht. Alles war an der Stelle, wo es sein musste und ich habe dann noch die ganzen Übergänge geschrieben. Und es funktioniert für mich als Gesamtes wirklich gut. Alles, was über 13, 14 Minuten geht, wäre für mich jetzt zu lang. Ich habe gerade erst die neue INSOMNIUM gemixt und das ist nur ein einziger Song, der 40 Minuten dauert. Ich dachte mir nur 'Fuck, da will ich nicht wieder hin!' Das wäre für mich auch so, als würde ich in meiner eigenen Vergangenheit zu weit zurückgehen. Ich habe das zweimal gemacht. Und das war vielleicht einmal zu viel.

Einige Leadgitarren auf eurem neuen Album klingen auffällig danach, als wären sie von dir. Sicher, dass du keine einzige Note auf "The Northern Sanctuary" eingespielt hast?
Ohne jeden Zweifel: nein! Ich habe aber jede einzelne Note dirigiert. Ich saß neben Ragnar und sagte "Nein, spiel das mit mehr Feeling. Du musst mehr mit den Noten herumspielen!" In mancherlei Hinsicht ist Ragnar die wesentlich bessere Version von mir am Bass und der Gitarre. Manchmal hat er seinen eigenen Stempel aufgesetzt und das klang genau richtig. Ich bin extrem wählerisch, was Soli anbelangt. Ich habe sie geschrieben und auf den Demos eingespielt. Aber Ragnar hat tatsächlich alle E-Gitarren auf der CD eingespielt. Ich musste einige Akustik-Sachen selbst spielen, weil ja mein Anschlag ein ganz anderer ist. Ich nehme ja einfach eine ganz normale Rechtshänder-Gitarre und drehe sie um. Für einen Rechtshänder ist das, was ich spiele, technisch nahezu unmöglich umzusetzen. Selbst jemand wie Yngwie Malmsteen würde sich die Zähne ausbeißen, das Zeug zu spielen, weil die Saiten einfach nicht da sind, wo sie sein sollten. Ich weiß allerdings bei einigen Sachen, die ich auf den Demos eingespielt habe, dass Ragnar sie durch sein Spiel auf das nächsthöhere Level hieven wird. Er spielt es besser als ich das jemals könnte.

Du hast die Produktion einmal mehr selbst in die Hand genommen. War Ragnar bei dir vor Ort oder habt ihr Files hin- und hergeschickt?
Letzteres haben wir bei der E.P. versucht, hat meines Erachtens aber nicht funktioniert. Ich liebe Ragnar, er ist der Beste überhaupt. Aber er ist nicht gut im Aufnehmen. Er hatte beispielsweise ein Brummen auf den Aufnahmen, was ich zunächst eliminieren musste. Zudem waren die Gitarren leicht verstimmt und auch leicht aus dem Timing. Die Spuren waren auch unterschiedlich laut, weil er nur dann aufnehmen konnte, wenn seine Kids im Bett waren. Daher wusste ich, dass ich vor Ort sein muss, um ihn auch zu pushen, um das Beste aus ihm herauszukitzeln. Mit den Coverversionen dachte ich mir, dass das funktionieren könnte. Aber für ein echtes WITHERSCAPE-Album muss ich neben ihm sitzen wie ein schonungsloser Diktator. Das Lustige daran ist, dass er genau das auch braucht. Wo ich dachte, er würde es genießen, mal etwas selbst aufzunehmen, sagte er zu mir, dass er es vermisst hätte, mein Urteil zu hören, ob etwas schlecht oder gut war. Ich muss alle Entscheidungen treffen und ich wollte keine 18 Versionen. Für das neue Album bin ich unzählige Male nach Schweden geflogen und wir haben einen Song pro Tag aufgenommen. Der Titelsong hat verdammt lang gedauert, vielleicht drei Tage oder so. Ich war also viel in Schweden in einem Studio, das Ragnar mit einem Freund betreibt. Das lief also alles weitestgehend so ab, dass wir kein Geld für Studiozeit bezahlen mussten. Es war alles entspannt. Ich lasse Ragnar nicht aus meinen Augen.

Das lief bei EDGE OF SANITY größtenteils anders. Du warst damals der alleinige kreative Kopf und Motor der Band. Wie stehst du jetzt mit einiger zeitlicher Distanz zu deiner Vergangenheit bei EDGE OF SANITY?
Was mit "Unorthodox" passiert ist, resultierte daraus, dass unsere Träume mit unserem Debüt ("Nothing But Death Remains", 1991 - d. Red) unerfüllt blieben. Da lief nichts, wie es hätte laufen sollen. Wir waren einfach nicht bereit, ein Album aufzunehmen, weil wir noch nie in einem richtigen Studio gewesen sind. Wir hätten das Album zunächst als Demo aufnehmen sollen und dann ins Studio gehen. Als wir "Unorthodox" aufnahmen, wussten wir genau, was wir zu tun hatten. Wir haben die zwei Gitarren, den Bass und die Drums alle gleichzeitig live aufgenommen. War der Take gut genug, haben die beiden Gitarristen den Song einfach nochmal eingespielt, auch wieder gleichzeitig. Wir hatten keine Zeit, nachzuhören, ob sich eine falsche Note eingeschlichen hat. Wir hatten keine Zeit, das Aufgenommene zu analysieren. Wir sagten uns einfach: 'Der Vibe passt, vier Gitarren, Bass, Schlagzeug - klingt gut!' Ich habe dann auch gleich hier und da ein paar Vocals aufgenommen, um meine Stimme nicht kaputtzumachen. Zu der Zeit war die Band wie eine gut geölte Kriegsmaschine. EDGE OF SANITY war in absoluter Topform. Da habe ich nichts zu bedauern. Als wir "The Spectral Sorrows" aufgenommen haben, sind wir anders vorgegangen. Nach dem Motto: 'Lasst uns zuerst das Schlagzeug aufnehmen, und dann bringe ich euch die Songs bei, während wir sie aufnehmen.' Man konnte da nicht von einem Band-Vibe sprechen. Ich habe auch viele Dinge schleifen lassen, vor allem im spielerischen Bereich. Zu diesem Zeitpunkt war ich noch nicht soweit, zu sagen "Ah, lass mich dieses verdammte Riff spielen!" Sondern eher "Du bist der Gitarrist, du spielst das!" Selbst wenn ich wusste, dass ich die Riffs mit mehr Feeling hätte spielen können - es hätte nicht so geklungen, wie EDGE OF SANITY letztlich klang. Das Spiel innerhalb der Band war unterschiedlich. Die anderen Bandmitglieder haben ihre Sachen nicht auf die Progressive/Melodic-Rock-Art gespielt, sondern mehr mit einem Punk-/Hardcore-Vibe.

Hast du noch Kontakt zu deinen ehemaligen Mitstreitern?
Sehr sporadisch. Es steht immer noch eine Compilation an. Die hätte eigentlich schon vor Jahren erscheinen sollen, aber es gab Gesundheitsprobleme im Black-Mark-Camp. Daher wurde es immer und immer wieder verschoben. Für mich ist das sowieso alles altes Zeug. Das ist wie guter Wein, der durch das Alter nicht schlechter wird. Während der Zeit habe ich Andreas und Benny gefragt, daran teilzunehmen, um Liner Notes beizusteuern. Mit "Evolution" (Compilation, 1999) und "When All Is Said: The Best Of Edge Of Sanity" (Compilation, 2006) habe ich meine Stories erzählt. Die Compilation, die jetzt noch aussteht, ist aber der ultimative Schlusspunkt. Daher wollte ich ihren Input dazu haben. Es hat sich auch gezeigt, dass sie einige Songs mögen, die ich nicht mag und andersrum. Zudem haben sie ihre eigenen Geschichten zu erzählen. Das war auch das letzte Mal, dass wir Kontakt zueinander hatten. Mit den anderen beiden habe ich aber schon lange keinen Kontakt gehabt.

Waren die Jungs eigentlich sauer, dass du "Crimson II" aufgenommen hast?
Das ist eine seltsame Sache. "Crimson II" war eigentlich überhaupt nicht geplant, ein EDGE OF SANITY-Album zu werden, geschweige denn eine Fortsetzung von "Crimson". Zu der Zeit hatte ich finanzielle Probleme und Black Mark meinte, dass sich durch den Flop, den "Cryptic" darstellte, der gesamte EDGE OF SANITY-Backkatalog nicht mehr verkaufen würde. Daher brauchte Boss (Black-Mark-Chef - d. Red.) ein weiteres Album, damit die Verkäufe wieder angekurbelt würden. Dadurch würde jeder profitieren, denn es gäbe wieder Royalties aus dem Backkatalog. Und mir schwebte das doppelte bis dreifache Budget vor, wenn ich es unter dem EDGE OF SANITY-Banner aufnehmen und veröffentlichen würde. Zu der Zeit konnte ich einfach nicht nein sagen, wenn jemand mit so viel Geld lockt. Ich habe mich aber die ganze Zeit ziemlich beschissen gefühlt und mir gesagt "Wenn die anderen ein Album ohne mich machen, kann ich das auch." All jene Alben, die auf diese Art und Weise herauskommen, sind für mich reiner Quatsch. Aber manchmal ist das die einzige Möglichkeit, um rauszukommen. Wenn du die Augen schließt und dir ausschließlich die Musik anhörst, ist es nicht wichtig, unter welchem Namen die Musik läuft. Ich habe das damals bestmögliche Album aufgenommen und habe meine finanzielle Krise damit beendet.

Du hast ja sehr faire Preise, was deine Produktionsjobs anbelangt. Mich wundert es nicht, dass du finanziell Probleme hattest.
Ich hatte damals einfach ziemlich beschissene Kredite mit beispielsweise 30% Zinsen von Ikea und so abgeschlossen. Das hat sich angehäuft. Ich lebe jetzt aber ein ziemlich gutes Leben und bin verdammt froh, so viele Kunden zu haben, die immer wieder zurückkommen. Ich sage natürlich nicht, dass ich mir nicht wünschen würde, 8.000 Euro für einen Mix zu bekommen. Das wäre wundervoll. Die traurige Wahrheit ist, dass es da draußen eine Menge talentierter Mischer gibt, ob bekannt oder unbekannt, die einen verdammt guten Job abliefern - und das für wesentlich weniger Geld. Das bekam ich mit, wenn Bands bei mir anklingelten und dann sagten, sie müssen es mit jemand günstigerem versuchen. Sie haben mir das Zeug dann nur zum Mastern zugeschickt und ich dachte mir: "Ja, das klingt ziemlich gut." Man muss immer auf Draht sein. Vor allem, solange man keinen Fullservice-Job anbieten kann mit Übernachtungsmöglichkeiten und dem Angebot, dass die Band während des Mixes anwesend sein kann. Bei mir ist das eine Ein-Mann-Operation. Ich habe immer noch fast dieselben Preise wie 2006, als ich wieder anfing. Ich bin vielleicht um fünf Euro pro Mixing-Minute hochgegangen, während die schwedische Krone und der Euro rauf- und runtergegangen sind wie ein Jo-Jo. Das ist mein Traum, der wahr wurde und ich werde da nichts riskieren, indem ich meine Arbeit überbewerte. Denn es gibt genug gute Leute da draußen.

Da wir gerade schon bei Vergangenem wären: Kommt eventuell noch was von "Moontower"?
Das "Moontower"-Album wird auf Vinyl wiederveröffentlicht. Das ist dann auch schon alles, was es aus dieser Richtung geben wird. Und für jeden, der sich fragt, wie eine neue "Moontower" klingen könnte, der soll sich einfach "The Northern Sanctuary" anhören. Vieles davon ist wegen der Art und Weise, wie es entstanden ist, mein Solo-Album. Es wurde einfach nur von einem talentierteren Gitarristen und Bassisten eingespielt. Was ich aber tun werde, ist, dass ich einige Vibes aus der Vergangenheit wieder auffrischen werde. Ich werde mich auf pure Brutalität fokussieren, ohne jeglichen Clean-Gesang oder positives Gedudel. Ich werde mich einfach an den Sachen orientieren, die mich von den späten Achtzigern bis heute begleitet haben. Alles, was ich an brutalen Klängen interessant finde. Das kann Doom, Death oder etwas thrashier sein. Aber es wird auf jeden Fall nichts Nettes sein. Sowas habe ich schon lange nicht gemacht. Als Template dienen Songs wie 'Eaten', 'Cry My Name' oder 'So You Die'. Das Zeug also, das ich für BLOODBATH gemacht habe. Aber auch frühe EDGE OF SANITY-Sachen wie 'Immortal Souls' oder 'The Dead' und 'Angel Of Distress'. Ich liebe dieses Zeug. Ich möchte auch zurück zu dem PAN.THY.MONIUM-Vibe, den wir auf dem ersten Demo und der ersten E.P. hatten, also noch ohne den ganzen Saxophon-Scheiß. Das wird mit Sicherheit ein Schmaus für Leute, die ihre Mucke gerne böse haben.

Und wann können wir damit rechnen?
Ich weiß es nicht. Ich habe aus meinem Fehler gelernt, falsche Prognosen auszugeben. Aber es kommt auf jeden Fall im Lauf der nächsten 20 Monate raus. Ich habe dazu noch keine einzige Note geschrieben. Es ist aber etwas, was ich unbedingt tun muss.

Dan, vielen Dank, gemeinsam mit dir in vergangenen Tagen geschwelgt zu haben, dem Hier und Jetzt zu fröhnen und einen Ausblick darauf zu wagen, was wir von dir noch alles zu erwarten haben.

Redakteur:
Haris Durakovic

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