WHILE HEAVEN WEPT: Interview mit Tom Phillips

03.02.2011 | 15:05

Ein bärenstarkes Live-Album im Rücken, einen neuen Vertrag mit Nuclear Blast in der Tasche und ein neues Album vor der Tür. Wie viel mehr Gründe kann man für eine Gespräch mit WHILE HEAVEN WEPT-Mastermind Tom Phillips brauchen?

Die Antwort, die wohl die meisten Fans interessiert, gibt es auf die Frage, wie es denn nun zu der Zusammenarbeit mit Nuclear Blast gekommen ist. "Am Montag nach dem "Hammer Of Doom 3" erhielt ich eine e-Mail von Andy Siry (Chef der A&R - PK) und damit begann ein kontinuierliches Gespräch zwischen Andy, Jaap Wagemaker (Promoter bei NB - PK) und mir, wo wir uns über alles mögliche unterhalten haben. Von dem Status der Musikindustrie bis hin zu CIRITH UNGOL. Natürlich habe ich sie dabei immer auf dem Laufenden gehalten, was gerade bei WHILE HEAVEN WEPT passiert. Und irgendwann hat sich dann natürlich die Frage gestellt, ob sie nun an einer Zusammenarbeit mit uns interessiert seien oder nicht. Andy & Jaap waren interessiert, aber die letzte Entscheidung fällt immer Markus (Staiger, Boss von NB - PK). Wie sich herausstellte, waren sie zu diesem Zeitpunkt gerade dabei einige große Bands wie FILTER, SEPULTURA, DORO & DESTRUCTION zu signen und so hat Markus erst einmal abgelehnt. Das war auch gar nicht schimm, denn wir waren darauf vorbereitet einfach wie bisher weiterzumachen, da unsere bisherigen Partner uns auch keinen Anlass zur Klage gaben. Aber hier zeigte sich auch die wahre Größe von Andy & Jaap, die uns weiterhin in allem unterstützt haben, sich weiter bei Markus für uns stark gemacht und mit ihm einige Kämpfe ausgefochten haben. Und ich denke, dass diese Leidenschaft der beiden es letztendlich war, die Markus dazu gebracht hat, uns eine Chance zu geben. Glaub' mir, dafür sind wir den beiden wirklich sehr, sehr dankbar und werden das nie vergessen oder ähnliches als selbstverständlich ansehen.", erzählt Tom ausführlich. Natürlich haben Bands & Fans Erwartungen an die Zusammenarbeit mit Nuclear Blast. "Nun, Nuclear Blast ist nicht umsonst das größte und erfolgreichste Metallabel der Welt. Also werden wir einfach unser Bestes tun und darauf vertrauen, dass Nuclear Blast dann auch ihr Bestes geben. Für unsere Fans wird es dadurch vor allem viel leichter an unser neues Album zu kommen. So einen unglaublich weitgestreuten Vertrieb hatten wir bislang noch nicht mal annähernd."

Dass manche Fans aus dem Underground auch gleich ein mulmiges Gefühl bei dem Labelwechsel hatten, ist für Tom völlig nebensächlich. "Ach, nach 21 Jahren sind WHILE HEAVEN WEPT einfach das, was sie sind. Und wer uns kennt, weiß, dass wir nie das selbe Album zweimal aufnehmen, von daher wird jede Veränderung einfach nur eine ganz natürliche Entwicklung sein und nichts anderes. Davon abgesehen, wird "Fear Of Infinity" exakt das selbe Album sein, welches wir sonst bei Cruz del Sur Music veröffentlicht hätten. Unterm Strich kann man sagen, dass die Musik von WHILE HEAVEN WEPT immer melodisch, episch, heavy sein wird und - vor allem - von Herzen kommt. Wir werden nie Musik spielen, die nicht aufrichtig ist oder einen Stil spielen, nur um ihn halt zu spielen.", stellt Tom unmissverständlich klar.


Wie schon angedeutet, ist das neue Album "Fear Of Infinity" schon beinahe fertig. "Ja, dieses Interview beantworte ich mitten in einer Aufnahmesession. Es wird noch ein paar Wochen dauern bis alles fertig ist.", erzählt Tom und gibt auch schon mal ein paar erste Eindrücke preis: "Ich denke, der Charakter des Albums ist deutlich düsterer als der von "Vast Oceans Lachrymose" und "Of Empires Forlorn". Es erinnert manchmal beinahe an "Sorrow Of The Angels", was sicher auch daran liegt, dass einige Songs ursprünglich für dieses Album aufgenommen, dann aber nie veröffentlicht wurden. Natürlich haben wir diese Songs mit dem neuen Line-up eingespielt. Und auch wenn die Atmosphäre an "Sorrow Of The Angels" erinnert, ist es eigentlich die andere Hälfte von "Vast Oceans Lachrymose" - zumindest zwei Drittel des Albums. Eigentlich war "Vast Oceans Lachrymose" doppelt so lang, aber als sich 'The Furthest Shore' in diesen langen, epischen Song entwickelte, wurde uns bewusst, dass wir dieser Musik etwas Platz lassen mussten, um sich zu entfalten. Das soll natürlich nicht bedeuten, dass "Fear Of Infinity" ein Album voller zweitklassigem Material ist. Ich würde eher so weit gehen, zu sagen, dass es mit unser bestes Material ist. Außerdem formen einige Songs eine zusammenhängende Suite. Nur 'Finality' und damit das letzte Drittel des Albums gehören nicht in diese Suite. Auch das ist ein echtes Epic und in meinen Augen der bisher beste Longtrack, den wir geschrieben haben. Er repräsentiert wie kein anderer, die 21 Jahre, die WHILE HEAVEN WEPT existiert. Insgesamt würde ich sagen, dass es ein sehr intensives, sehr kraftvolles und in seiner Heavyness beinahe monströses Album wird, das wirklich tief bewegt. Es ist natürlich auch wieder ein sehr persönliches Album und vor allem Rain (Irving, voc. - PK) ist tief in sich gegangen, um Texte zu schreiben, die meine Emotion in der Musik widerspiegeln. Auch ein Veröffentlichungsdatum steht schon fest: am 23. April wird es so weit sein.", macht Tom einem den Mund mehr als wässrig.

Dass es nach den vielen Jahren mit den wenigen Veröffentlichungen (drei Alben in 21 Jahren) diesmal so schnell geht, ist für Tom auch schnell erklärt. "Wir sind ja seit der Veröffentlichung von "Vast Oceans Lachrymose" mehr oder weniger konstant ins Rollen gekommen. Und so wollten wir "Fear Of Infinity" auch relativ schnell veröffentlichen, ganz unabhängig davon wie es mit Nuclear Blast läuft, da es ja eine Art Fortsetzung von "Vast Oceans Lachrymose" ist. Aber ganz ehrlich, ich hätte gerne noch ein paar Monate mehr Zeit gehabt für die Vorproduktion und Proben, aber Timing ist in der Industrie nun mal sehr wichtig. Und vielleicht hilft der Druck auch, dass wir uns mehr puschen und unseren Fokus schärfen. Trotzdem wäre ein Puffer nicht ganz schlecht. Ein anderer Grund ist natürlich, dass wir nach 21 Jahren und nur drei Alben eine gesunde Reserve an Material in unseren Archiven haben. Die Musik auf den Alben ist ja nicht zufällig zusammengestellt, sondern es musste zusammenpassen und hat so auch immer das Ergebnis selbst mitdiktiert. So haben wir Songs zurückgehalten, die wir seit Jahren toll finden - wie 'Vessel' oder 'To Wander The Void' - weil sie nicht zum Rest des Albums gepasst hätten. Und wir haben häufig mehr Songs aufgenommen, als wir schließlich veröffentlicht haben. Ein anderer Aspekt ist natürlich auch finanzieller Natur. Bisher haben wir immer alle Produktionen aus unserer eigenen Tasche bezahlt. Daraus resultierten in der Vergangenheit auch immer wieder lange Wartezeiten, denn wir haben alle auch Verantwortung in unserem Leben, die wir zuerst bedenken mussten. Ich hoffe aber, dass wir jetzt, wo das Line-up stabil ist, jährlich ein Album veröffentichen können. Das nächste Album ist zumindest schon fertig komponiert.", erzählt Tom.


Mit Nuclear Blast im Rücken wird auch das Touring leichter fallen. Zu viel sollten die Fans aber nicht erwarten. "In jüngster Zeit möchte ich so viel wie möglich live spielen, was ein paar gute Gründe hat: Wir haben das bisher stärkste Line-up, wir wollen die Möglichkeit zu improvisieren ausloten und zudem habe ich in letzter Zeit vermehrt Live-Alben gehört und es geht nichts über diese rohe Energie. Allerdings hat der Großteil der Band echte Jobs, Frauen, Kinder und andere Verantwortlichkeiten, von daher werden wir weiterhin nur in der Lage sein, eine bestimmte Anzahl an Gigs innerhalb eines Jahres zu spielen. Zumindest so lange wir nicht einen deutlich größeren Status erreichen. Die kommende Tour mit PRIMORDIAL & ALCEST ist perfekt für uns. Nicht nur von der Länge der Tour her; es ist vielleicht auch das beste Billing, von dem ich in den letzten Jahren gehört habe. Ich bin sicher Nuclear Blast und Rock The Nation (die Booking-Agentur - PK) würden uns am liebsten das ganze Jahr auf der Straße sehen, aber das wird nicht passieren."

Warum WHILE HEAVEN WEPT heute, 21 Jahre nach der Gründung erstmals ein wenig die Früchte ihrer Arbeit ernten, kann sich Tom auch nicht wirklich erklären. "Natürlich war unser frühestes Material noch entwicklungsbedürfig und stellenweise noch peinlich, aber wir haben uns tatsächlich über die ganzen Jahre auch verbessert. Wir haben in den ersten fünf Jahren unseres Bestehens noch nicht einmal daran gedacht, ein Studio auch nur zu betreten. Wir haben uns Zeit genommen, um unsere Identität zu entwickeln, bevor wir dann auch mal an die Öffentlichkeit gegangen sind. Und diese Identität haben wir uns über die Jahre behalten ohne je Trends hinterher zu hecheln. Es ist natürlich auch der eigene Ehrgeiz, der einen antreibt, sich immer weiter zu verbessern. Egal, ob als Musiker, als Produzent oder als Songwriter. Den einzigen Wettbewerb, den wir führen, ist mit uns selbst. Mit dem Ziel, dass jedes Album besser wird als das letzte. Was andere Bands machen, interessiert uns nicht. Wir schauen nicht auf sie und sind froh, wenn sie Erfolg haben. Ich denke, was ich versuche zu sagen, ist, dass wir einfach die ganze Zeit unseren Weg gegangen sind und einen Schritt nach dem anderen auf der Entwicklungsleiter genommen haben. Ohne irgendwelche Erwartungen, aber immer ehrlich bleibend. Warum die Leute jetzt so sehr auf uns aufmerksam geworden sind, weiß ich ehrlich auch nicht. Wir sind es auf jeden Fall nicht, die sich verändert haben. Vielleicht liegt es einfach daran, dass wir lange genug schon im Business rumhängen und die Leute gemerkt haben, dass wir nicht einfach weggehen werden.", lacht Tom.


Beim aktuellen Live-Album "Triumph:Tragedy:Transcendence" wird einmal mehr deutlich, dass Rain ein Riesengewinn für die Band ist und auch die alten Songs dadurch erheblich an Qualität gewinnen. Tom, der die alten Werke ja selbst eingesungen hat, sieht das ähnlich. "Ja, absolut. Schon seit Rain in die Band gekommen ist, trage ich den Gedanken mit mir rum, das alte Material mit dem neuen Line-up einzuspielen. Ach, eigentlich habe ich schon mit dem Gedanken gespielt "Sorrow Of The Angels" neu aufzunehmen, als ich mit dem Master 1998 das Studio verlassen habe.", lacht Tom. "Aber wenn wir das machen, wollen wir es richtig machen. Wir wollen also nicht die Geschichte neu schreiben, sondern denken eher daran, die alten Alben zu remixen und zu remastern und auf einer zweiten Disk das Album dann mit dem neuen Line-up einzuspielen. Das wäre dann etwas für die "ultimative Edition". 2014 ist unser 25. Geburtstag und vielleicht wäre das eine angemessene Gelegenheit, die Vergangenheit zu besuchen. Davor werden wir uns aber auf neues Material konzentrieren, da wir derzeit einfach so gut wie nie zuvor sind.", zeigt sich Tom zum Abschluss selbstbewusst.

Sicher werden wir schon in Kürze wieder von Tom hören. Dann noch ausführlicher über "Fear Of Infinity".

Redakteur:
Peter Kubaschk

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