TRANSATLANTIC: Interview mit Neal Morse

30.03.2014 | 11:14

Im Westen nichts Neues, so auch bei Morse, Portnoy und Co. Unseren Fragen muss sich der Prog-Missionar dennoch stellen.

Das vierte Album "Kaleidoscope" der Supergroup TRANSATLANTIC wurde durchaus kritisch aufgenommen. Der (erneute) ganz große Wurf scheint nicht gelungen, die Band bleibt in der Komfortzone und gibt sich dabei keine Blöße. Da passt ins Bild, dass man Neal Morse im Interview die Routine deutlich anmerkt und man ihm so manches Wort aus der Nase ziehen muss.

 


Nils: Es hat dieses Mal nur vier Jahre gedauert, bis ihr mit einem neuen Album am Start wart. Wie hat es sich angefühlt, wieder ein Album zusammen aufzunehmen?

Neal: Es war natürlich großartig, sich wieder in dieser Konstellation zu treffen. Zumal man im Vorfeld nie weiß, was bei TRANSATLANTIC passieren wird. Als wir uns aber für diesen Zeitraum verabredet haben, habe ich ganz bewusst angefangen, Material zu schreiben. Ob die Jungs meine Ideen wirklich mögen würden, wusste ich natürlich nicht. Aber so läuft es bei uns: jeder schickt vorher Demos an die anderen und man wählt die Ideen aus, die man gut findet. Absprachen oder Diskussionen finden aber vorher nie statt. Das passiert erst, sobald wir alle im gleichen Raum sind. Über all die Jahre hat sich das schon fast zu einem kleinen Ritual gemausert, dass wir lediglich vereinbaren, ein neues Album aufzunehmen, ohne aber über eine Richtung oder so zu reden.

Insofern ist es jedes Mal ein besonderes Erlebnis, zusammen im Studio zu sitzen und zu sehen, welchen Verlauf die Dinge nehmen und wie sich die Musik entwickelt. Die Musik von TRANSATLANTIC ist so viel mehr als die Summe ihrer Teile!

Ist es denn wirklich jedes Mal noch etwas Besonderes für dich? Mit Mike Portnoy hast du ja in den letzten Jahren etliche Platten aufgenommen. Was genau unterscheidet TRANSATLANTIC von deinen anderen Bands?

Das sind alles total unterschiedliche Bands, jede davon hat ihre eigenen Zutaten. Ob das jetzt TRANSATLANTIC ist oder FLYING COLORS oder meine Solo-Platten. Auch Mike hat in diesen Bands sehr unterschiedliche Rollen. Bei TRANSATLANTIC ist er viel mehr in die Belange der Band involviert als das bei meinen Alben der Fall ist. Außerdem bringen Roine und Pete (Stolt und Trewavas - NM) ihre ganz eigenen Qualitäten ein, was aus unserem Quartett eine wirklich einzigartige Mischung macht.

Du hattest u.a. 'Shine' ursprünglich für dein Solo-Album "Momentum" geschrieben, gelandet ist es aber auf "Kaleidoscope". Findest du, dass die TRANSATLANTIC-Alben immer mehr wie deine Solo-Alben klingen?

Natürlich habe ich musikalische Motive, die irgendwo Ähnlichkeiten aufweisen. Im Fall von 'Shine' war es vielmehr so, dass ich die Nummer damals geschrieben und für TRANSATLANTIC aufgehoben habe. Für mich klang es einfach danach. Ich hatte das Gefühl, die anderen könnten den Song mögen. Die Entscheidung fiel natürlich erst, als wir vier im selben Raum saßen.

War es schwierig, euren Terminkalendern genug Zeit für die Aufnahmen abzuluchsen?

Es ist immer schwierig, die Zeit zu finden. Selbst bei vier Leuten. Man sollte meinen, mit der ganzen Technologie hätte man mehr Zeit effektiv zur Verfügung, aber irgendwie wird es immer weniger.

Euer letztes Album "The Whirlwind" basierte auf einem biblischen Konzept, die Texte dazu kamen allesamt von dir. Wie lief das bei "Kaleidoscope"?

Ich habe einige Texte geschrieben, aber die anderen haben sich auch beteiligt. Im Prinzip läuft es so, dass jeder die Texte zu den Passagen schreibt, die er auch hauptsächlich komponiert hat. Bei "The Whirlwhind" kamen einfach alle Dinge perfekt zusammen.

Auch jetzt scheint ihr euch bemerkenswert einig zu sein, ehrlich gesagt kann ich kaum auseinanderhalten, von wem wohl welcher Input kam.

Das freut mich natürlich, dass es so einheitlich klingt. Genau das wollten wir letztendlich erreichen.

Auf eurer letzten Tour habt ihr in drei Stunden nahezu alle Songs aus eurem Katalog gespielt. Jetzt müsst ihr mit dem vierten Album auch auswählen wie andere Bands.

Glücklicherweise scheinen wir die gleichen Favoriten zu haben wie unsere Fans, große Probleme bei der Songauswahl ergeben sich da eher selten.

Ihr habt mal wieder einige Cover-Songs als Bonustracks aufgenommen. Habt ihr euch die Nummern schon vorher ausgesucht?

Wir unterhalten uns vorher schon etwas darüber, aber der eigentliche Spaß kommt erst wenn wir das richtige Album im Kasten haben und dann nach Lust und Laune drauflos spielen können. Die Entscheidungen sind relativ spontan gefallen.

Daniel Gildenlöw war auf der letzten Tour gewissermaßen das fünfte Bandmitglied und auf "Kaleidoscope" hat er einen kleinen Gastauftritt. Gab es jemals die Überlegung, ihn dauerhaft in die Band aufzunehmen?

Ehrlich gesagt stand das nie zur Debatte. Wir fühlen uns zu viert schon so, dass wir kaum wissen, wie wir unsere Ideen alle unterbringen sollen. Aber er ist natürlich ein großartiger Kerl und ich freue mich schon darauf, wieder mit ihm auf Tour zu sein.

Als "SMPT:e" vor 14 Jahren erschien, habt ihr damit eine Art Prog-Revival losgetreten. Nicht viele Bands haben sich zu diesem Zeitpunkt einem solchen Sound verschrieben. Heute ist das anders, viele neue Bands orientieren sich an den großen Bands der 70er und sind musikalisch eng mit euch verwandt. Spürt ihr noch das Bedürfnis nach einer Band wie TRANSATLANTIC?

Für mich fühlt es sich gar nicht anders an als damals. Mir persönlich geht es einzig und allen um den Spaß an der Sache. Songs schreiben, Konzerte geben, die Band erlaubt so viel Freiraum, dass überhaupt keine Langeweile aufkommen kann.

Redakteur:
Nils Macher

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