THREE (3): Interview mit Joey Eppard

09.02.2006 | 19:10

Das Jahr 2006 ist noch jung und hat doch schon seine ersten musikalischen Highlights. Neben "Synchestra", dem neuen DEVIN TOWNSEND BAND-Album, das die Konkurrenz mal wieder resignierend zurücklässt, gehört auch "Wake Pig", die dritte Platte einer ominösen Band namens 3, zu diesem erlauchten Kreis. Unter der Führung von Sänger und Gitarrist Joey Eppard entstand ein spannender, innovativer Klangtrip in die unendlichen Weiten des Rock/Metal-Universums, der für Freunde scheuklappenfreier Sounds eine absolute Wohltat darstellt. Dass der sympathische Fronter die Sache erwartungsgemäß ähnlich sieht, teilte er uns in einer ruhigen Stunde mit. Willkommen in der Welt von 3!

Oliver:
Es ist immer recht billig, nach dem Bandnamen zu fragen, aber in eurem Fall interessiert es mich wirklich: Warum habt ihr euch 3 genannt? Ihr seid kein Trio.

Joey:
Unser Name bezieht sich auf das allgemeine Realitätskonstrukt, das überwiegend auf drei Aspekten basiert. Wir leben zum Beispiel in einem dreidimensionalen Universum auf dem drittnächsten Planeten zur Sonne und erleben Zeit als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einer Form, die sich aus Geist, Körper und Seele zusammensetzt.

Oliver:
"Wake Pig" ist zudem auch noch eure dritte Platte. Ursprünglich im Jahr 2004 bei Planet Noise erschienen, wurde sie jetzt über MetalBlade wiederveröffentlicht. Wie seid ihr mit dem Label in Kontakt gekommen? Ihr seid nicht gerade der Prototyp einer MetalBlade-Band.

Joey:
Das ist schon ein kleines Mysterium. Irgendwie landete die Platte auf dem Schreibtisch von Brian Slagel (MetalBlade-Chef – Anm. d. Verf.), der sie dann zufällig auch noch mochte. Wir tourten gerade mit COHEED AND CAMBRIA durch die USA, und das erregte scheinbar genug Aufsehen, dass uns einige Plattenfirmen auf ihrem Radarschirm hatten. Ursprünglich sind wir von COHEED AND CAMBRIA angesprochen worden, die Interesse daran hatten, "Wake Pig" auf ihrem eigenen Label Evil Made Records wiederzuveröffentlichen. Kurz danach kamen MetalBlade auf uns zu, die uns ein Angebot machten, das sich etwas konkreter anhörte. Yeah, es ist wirklich eine seltsame Kombination, 3 bei MetalBlade zu sehen. Aber 3 sind eine seltsame Band. Und wir mögen die Vorstellung, Leute sagen zu hören: "Diese Typen sind bei MetalBlade?!"

Oliver:
In eurer Musik kann man von Metal über Indie Rock bis hin zu Progrock, Psychedelic und einigen Singer/Songwriter-Ansätzen jede Menge verschiedene Einflüsse heraushören. Fühlt ihr euch überhaupt einer bestimmten Szene zugehörig?

Joey:
Eigentlich sind wir keine Ansammlung verschiedener Einflüsse, sondern vielmehr das Ergebnis vorurteilsfreier Inspirationen. Wenn wir Musik kreieren, fließt sie ganz natürlich aus uns heraus. Ein Teil der Vision dieses Projekts war es, jedem einzelnen Bandmitglied zu ermöglichen, sich und seine Persönlichkeit durch sein Instrument auszudrücken. Wir versuchen, Musik zu erschaffen, die auf vielen verschiedenen Ebenen funktioniert. Wir machen, was wir lieben, und es ist nur zufälligerweise eine andere Kombination verschiedener Einflüsse und Fähigkeiten als bei vielen anderen Bands. Zuletzt sind wir häufiger in die "Progressive"-Kategorie gepackt worden, was für uns absolut okay ist, obwohl wir nicht viele Zehn-Minuten-Songs haben. Wenn es um "Szenen" geht, glaube ich, dass wir unser eigenes Territorium abstecken, obwohl auch andere bemerkenswerte moderne Bands wie THE MARS VOLTA, COHEED AND CAMBRIA und SYSTEM OF A DOWN mit dem Brechen von Regeln letztlich Erfolge einfahren konnten.

Oliver:
Wie würdest du dann überhaupt eure Musik bezeichnen?

Joey:
Wir bezeichnen uns selbst als "Hybrid Rock". Der Hauptgrund, warum wir letztlich immer in der Progressive-Rock-Schublade enden, ist der, dass es ein breit gefächertes Genre ist. Hier können wir komplizierte, melodische und musikalisch sowie kompositorisch ambitionierte Songs spielen.

Oliver:
Was für Musik hörst du so privat? Hast du irgendwelche Lieblingsbands?

Joey:
LED ZEPPELIN, KING CRIMSON, PINK FLOYD, MAHAVISHNU ORCHESTRA, YES, THE POLICE, THE MINUTEMEN, PRIMUS, P-FUNK, RED HOT CHILI PEPPERS, OJOS DE BRUJO, RADIOHEAD und NIRVANA. Einige meiner Lieblingssongschreiber sind John Lennon/BEATLES, Joni Mitchell, Elvis Costello, Suzanne Vega, Lyle Lovett, Stevie Wonder in seiner Siebziger-Phase, Ben Folds, Elliot Smith und Ani DiFranco.

Oliver:
Wer ist für dich die überbewertetste und wer die am meisten unterschätzte Band aller Zeiten?

Joey:
Das ist nur eine Meinung. Aber ich denke, da müsste ich GUNS N' ROSES nennen. Warum, fragst du? Hör dir eine LED ZEPPELIN-Platte an, dann weißt du, warum. Und ich glaube, dass wir vielleicht die am meisten unterschätzte Band sind, aber da müssen wir wohl einfach abwarten.

Oliver:
Woher bezieht ihr eure Inspiration im Allgemeinen?

Joey:
Aus Kräutersubstanzen, Philosophie, von Stevie Wonder und dem Leben.

Oliver:
Wenn du einen Regisseur auswählen dürftest, der eure Musik visuell umsetzt, wer wäre das?

Joey:
Cameron Crowe (u. a. "Almost Famous" und "Vanilla Sky" – Anm. d. Verf.). Er ist ein brillanter Regisseur, Autor und vor allem respektabler Mensch, der eine Beziehung zur Tiefe der musikalischen Leidenschaft, die in 3 steckt, herstellen kann.

Oliver:
Lass uns ein wenig über die aktuelle Platte sprechen. Im Vergleich zur Erstveröffentlichung gibt es einige Unterschiede. So ist beispielsweise der verrückteste Song des Albums, 'Where's Max', in der MetalBlade-Version der vorletzte Track, während er auf der Originalversion bereits an zweiter Stelle steht. Gibt es Gründe für diese Verschiebung?

Joey:
Ursprünglich war 'Where's Max' ein Instrumental. Aber als wir Max gefunden hatten, fingen die Fans an, nach seiner Stimme zu verlangen. Also fügten wir sie hinzu. Danach machte der Song an zweiter Stelle allerdings hinsichtlich des Flusses der Platte keinen Sinn mehr, so dass wir ihn durch 'Monster', einen in vielen Punkten ähnlichen Track, der auf der Originalversion später kommt, ersetzten.

Oliver:
Der MetalBlade-Re-Release hat außerdem zwei zusätzliche Tracks. Zeigen Songs wie 'Circus Without Clowns' und 'One Way Town' die Richtung an, in die ihr in Zukunft gehen möchtet?

Joey:
Ursprünglich waren die Tracks für die kommende Platte gedacht. Und im Hinblick auf unseren zukünftigen Sound werden wir einfach weiterentwickeln, was wir jetzt tun. Es könnte aber einige unerwartete Wendungen nehmen.

Oliver:
'Trust' ist sowohl in einer "geschnittenen" Version im regulären Teil als auch in einer mit einem verrückten Percussion-Part versehenen Langfassung als Hidden Track vertreten. Warum das?

Joey:
Wir dachten, dass der Song seinen eigenen Platz verdient. Aber wir wollten gleichzeitig das improvisierte Percussion-Element unserer Liveshows mit einbeziehen. Also entschieden wir uns, auf zwei Hochzeiten zu tanzen.

Oliver:
Hast du einen Lieblingssong auf dem Album?

Joey:
Wir stehen hinter jedem einzelnen Track dieses Albums. Es gibt kein Füllmaterial. Jeder Song bringt Elemente mit sich, die das Hörerlebnis des Ganzen erweitern. Aber wenn ich einige wenige auswählen müsste, würde ich sagen, dass 'Alien Angel', 'Dregs', 'Wake Pig', 'Bramfatura', 'Dogs Of War', 'Circus Without Clowns' und 'Amaze Disgrace' einen sehr präzisen Überblick über das vermitteln, was wir tun.

Oliver:
Zuletzt war progressive und innovative Musik, wie ihr sie macht, auch kommerziell etwas stärker auf dem Vormarsch. Habt ihr diesbezüglich irgendwelche Erwartungen oder interessieren euch Bilanzen überhaupt nicht?

Joey:
Das Leben hat uns gelehrt, immer das Unerwartete zu erwarten. Deshalb ist das eine ziemlich schwierige Frage. Wir würden es gerne sehen, dass unser Video zu 'Alien Angel' Airplay bekommt. Und wir erwarten, zumindest ein bisschen zu touren.

Oliver:
Ich hoffe, wir werden euch dann auch in Deutschland zu sehen bekommen.

Joey:
Das hoffen wir auch. Aber bis jetzt ist noch nichts fest. Wir hoffen aber auf ein paar Sommer-Festivals.

Oliver:
Was für eine Art Liveband sind 3?

Joey:
Wir sind energetisch und leidenschaftlich. Und wir lieben es, live zu spielen. Manchmal interpretieren wir die Songs etwas anders; das hängt von der Energie des Publikums ab. Wir lieben es, dynamisch zu agieren und Improvisationen in unseren Set einzubauen.

Oliver:
Letzte und alles entscheidende Frage: Warum sind 3 die beste Band der Welt?

Joey:
Mann, wenn ich das beantworten könnte, würde ich wahrscheinlich von dem Gewicht meines eigenen Egos zerquetscht werden. Eine Sache, die ich sagen kann, ist, dass wir eine wahrhaftige Band sind, die ehrlich zu ihrer Kunst und sich selbst ist. Wir sind kein "Junk Food", das entwickelt wurde, um auf Kosten deiner Gesundheit schnell Kasse zu machen. Wir stecken jede Menge Herzblut in das, was wir tun. Wir sind natürlich gewachsen, organisch und heilsam für die Seele.

Oliver:
Ein schönes Schlusswort. Danke für das Interview.

Joey:
Ich danke dir.

Redakteur:
Oliver Schneider

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