THE OTHER: Interview mit Rod Usher

24.07.2020 | 23:06

Rod Usher ist nicht nur ein hochkreativer Kopf und äußerst angenehmer Zeitgenosse, sondern singt auch bei den Gruselrockern THE OTHER. Mit "Haunted" steht ein neues Album an, dem allerdings noch weitaus mehr folgen wird als Fans, die die neuen Songs im Schlaf runterbeten können. Wir sprachen mit dem Kopf der Bande. Ein sehr schönes Gespräch ist es geworden.

Rod, ich grüße dich! Wie geht es euch denn und wie habt ihr die letzten doch schwierigen Wochen und Monate erlebt?
Danke, dass wir wieder mit einem Interview dabei sein dürfen, das freut uns sehr. Die letzten Monaten waren Himmel und Hölle. Einerseits konnten wir sehr intensiv an der Promo für unser neues Album arbeiten, das ja im Februar - also kurz vor der Pandemie - ins Presswerk ging, andererseits war alles andere dadurch sehr eingeschränkt, beispielsweise die Videodrehs, die wir mit Müh und Not und Umplanung fertig bekommen haben, oder die Tatsache, dass wir keine Shows spielen können, um unser Album zu promoten. Einzig eine sehr geile Streaming-Show haben wir gespielt. Mal sehen, wie es weiter geht.

"Casket Case" liegt knapp drei Jahre zurück. Könnt ihr mir ein kleines Update geben, was seitdem bei THE OTHER so passiert ist?
Wir haben "Casket Case" sehr stark promoted, haben eine wirklich geile zweiwöchige Headliner-Tour durch Deutschland gespielt, waren Support von DANZIG, sind auf einigen großen Festival zu sehen gewesen und waren auch sonst viel unterwegs. Erstmals haben wir einen Unplugged-Gig absolviert und haben uns dann ab Anfang 2019 aufs Songwriting konzentriert, als auch die Besetzung in der Band sich wieder beruhigt hatte. So gesehen war es business as usual, aber eben auch mit vielen Highlights und viel Spaß. Besonders der Gig mit DANZIG war etwas für die Geschichtsbücher, da Glenn nicht nur einer unserer absoluten Helden ist, sondern auch das Publikum uns unglaublich gefeiert hat. Das ist aber auch ein Package, was einfach passt.

Eine sehr freudige Nachricht war die Rückkehr eures Bassisten Aaron Torns. Wie kam es zu dieser erneuten Zusammenkunft?
Wir hatten den Kontakt nie verloren, uns getroffen, wo es ging - beispielweise auf Wacken, auf Tour - und waren ja schon traurig, als er uns damals nach langfristiger Vorankündigung in Richtung einer Band verließ, die deutlich größere Pläne hatte. Als Profimusiker muss man eben schauen, wo man bleibt, das verstanden wir. Als er da aber seinen Hut nahm, kam das in unserer Situation wie gerufen, so dass Aaron erst einsprang, als wir keinen Bassisten mehr hatten und dann zum Glück auch nicht mehr weg wollte, als der alte Spaß wieder da war. Es ist wie, als würde man alte Freunde wiedersehen: Man knüpft sofort wieder an alte Zeiten an. Er passt perfekt zu uns und ist gut für die Stimmung und Harmonie in der Band.

"Haunted" steht nun in den Startlöchern und ich muss zunächst sagen: geiles Artwork! Es passt herrlich zur Musik. Von wem stammt es und welcher Gedanke steckt dahinter, auch im Hinblick auf die neuen Songs?
Wir hatten diverse Artworks und ein Konzept ausprobiert, aber waren einfach nicht überzeugt davon, bis ich das Buch "Kill Creek" des US-Newcomers Scott Thomas las. Auf dem Cover dieses großartigen Horror-Romans war ein stilisiertes, altes, großes Holzhaus zu sehen, einfach schwarz auf weiß. Das hat mich so inspiriert, dass wir diese Idee als Basis genommen haben, um daraus etwas Eigenes zu machen. So entstand die Idee des integrierten Totenkopfs. Dazu wählten wir den einfachen und naheliegenden Titel "Haunted", um natürlich das Haus selbst zu beschreiben, aber auch, um das Haus als Kopf oder Gehirn darzustellen. Das Haus ist gleichzeitig ein Spukhaus, als auch ein Schädel, dessen Gedanken - dargestellt durch die vielen Räume - von Geistern heimgesucht sind. Verrückt oder verblendet - das Haus ist somit auch ein Symbol für die aktuelle Zeit. Und ganz nebenbei sind die geisterhaften Silhouetten auf dem Cover die fünf Bandmitglieder. Umgesetzt wurde das Ganze von Oss Caroch, der für uns schon ein paar Shirts und das Cover für unser 2015er "Fear Itself"-Album realisiert hat. Der Typ ist der Wahnsinn, er setzt unsere Ideen so perfekt um, als könnte er unsere Gedanken lesen.

Eine erneute Weiterentwicklung eures Sounds ist nicht von der Hand zu weisen. Aber aus eurer Sicht betrachtet liegen worin genau die musikalischen Unterschiede zwischen "Casket Case" und dem neusten Happen "Haunted"?
Wir empfinden "Haunted" als kompakter und homogener, als ein Album, das in jedem Song unsere Trademarks aufzeigt. Jeder Song ist düster aber melodisch, jeder Song hat fette Gitarren und pendelt zwischen Punk, Rock, Metal und Gothic, ohne aber zu sehr in nur eine Richtung zu tendieren oder zu experimentell zu sein. Vom Gefühl her ist es ein bisschen vergleichbar mit "New Blood" von 2010, nur mit mehr Erfahrung, mehr Abwechslung und von hervorragenden Musikern eingespielt. Das alte Gefühl, gepaart mit neuen Möglichkeiten Wir hatten diese Strategie für dieses Album und der erste Chart-Erfolg der Bandgeschichte scheint uns darin zu bestätigen. Aber: "Casket Case" ist ebenfalls ein sehr starkes Album und wir lieben es nach wie vor.

Meines Erachtens hat "Haunted" einen sehr gelungenen, dezent melancholischen Touch. Woher kommt er und mit welcher Zielsetzung seid ihr an die Arbeiten herangetreten?
So hatten wir es vorher geplant und so haben wir versucht, den roten Faden zu verfolgen. Das etwas Düstere, Melancholische zeichnet uns ja auch ein bisschen aus und unterscheidet uns von reinem Punk Rock. Diesmal haben wir da noch ein bisschen mehr drauf geachtet und es macht sich jetzt in vielen Gitarren-Licks, aber auch durch besondere Gesangsharmonien bemerkbar. Die anderen haben mich schon für meinen ewigen Sermon - "Geht das auch ein bisschen böser?" - ausgelacht.

Mit 'Absolution' und 'Was uns zerstört' gibt es auch zwei deutschsprachige Songs. Worin liegen deiner Meinung nach die Reize auch deutschsprachiges Liedgut auf dem Album unterzubringen?
Düster bzw. böse ist eine der Facetten von "Haunted", Wut eine andere. Und Deutsch ist eine Sprache, die verdammt wütend klingt. Inhaltlich passte sie also perfekt zu den beiden Songs, die von Wut getrieben werden. 'Was uns zerstört' behandelt eine persönliche Wut, 'Absolution' dagegen ist ein Kommentar über den Zustand unserer Gesellschaft und deren Spaltung. Zwischen denen, die plötzlich nach christlichen Werten rufen oder Politikern und irgendwelchen YouTubern, die mit einfachen Antworten auf schwierige Fragen kommen, nachlaufen sowie den Menschen, die versuchen, sich eine differenzierte Meinung zu bilden und Respekt vor anderen und deren Kultur haben. Was man seit 2015 so sieht, hört oder liest, macht mich oft verdammt wütend.

Generell ist die neue Platte auch wieder herrlich abwechslungsreich: Melodien, harte Rocker, auch bittersüße Songs, alles ist dabei. Wie wichtig ist für euch die Abwechslung in eurem Sound?
Amüsant ist immer, dass die einen uns für unsere Abwechslung loben, die anderen sie aber ankreiden und wieder andere behaupten, dass Abwechlung fehlen würde, weil alle Songs ja so catchy wären. Wir haben Abwechslung schon allein durch unsere Herkunft aus dem Horrorpunk immer großgeschrieben, denn dieses Genre beinhaltet so viele Arten von Punk und Psychobilly. BLITZKID klang völlig anders als REZUREX oder die wiederum ganz anderes als 45 GRAVE. Dazu kommt, dass jeder in der Band andere Arten von Musik hört, so dass auch da viele Einflüsse zusammenkommen. Am Ende versuchen wir das alles zu kanalisieren und unser eigenes Ding zu kreieren. Wir glauben zu wissen, wie unser Sound klingen sollte und konzentrieren uns jetzt verstärkt darauf.

Wenn ich das richtig gehört habe, singt auch die ROSENSTOLZ-Anna bei einem Song mit. Wie kam diese Kooperation zustande?
Anna hat schon 2008 bei 'Der Tod steht dir gut' einen Teil der Lead-Vocals übernommen, da der Song damals auch explizit mit ihr im Hinterkopf geschrieben wurde. Diesmal singt sie leider nur im Refrain von 'Dead To You - Dead To Me' mit, da sie eh für unser Hörspiel-Projekt in einem Studio war und wir diese Chance gerne genutzt haben, um ihre Stimme noch bei einem Song zu haben. Richtig gut hört man sie dann im Hörspiel.

Ein Hörspiel?
Wir arbeiten seit Wochen an unserem kommenden Hörspiel "The Other und die Erben des Untergangs", geschrieben von John-Sinclair-Autor Thomas Williams und mit tollen Co-Stimmen von Bekannten und Weggefährten, wie Forsensiker Dr. Mark Benecke, KREATOR-Shouter Mille Petrozza, Bestseller-Autor Wolfgang Hohlbein, IN EXTREMO-Frontmann Michael Rhein, dem legendären JOACHIM WITT, Porno-Ikone Conny Dachs, ROSENSTOLZ-Stimme Anna R, Flo von PYOGENESIS und Medienmacher Michael Krisch. Das war alles eine tolle, ungewöhnliche Arbeit und das Ergebnis klingt so klasse, eben wie ein echtes Hörspiel, mit Soundeffekten, aber auch THE OTHER-Songs. Das Werk erscheint im September bei Wicked Vision als Mediabook mit CD und als Kassette mit THE OTHER-Bleistift. Nach zwei Comics über THE OTHER - unter anderen veröffentlicht von Panini - ist das nun der nächste Schritt, unsere Charaktere in verschiedenen Medien zu präsentieren. Und ein Hörspiel hat meines Wissens noch keine Band gemacht...

Zu guter Letzt: Welchen neusten Horrorfilm kannst du mir empfehlen und wie die Lieblingsfrage in "Scream": Was ist dein Lieblingshorrorfilm?
Bei mir persönlich sind es "Exorzist", "Shining", "Tarantula", "Der Schrecken vom Amazonas" und "Blair Witch Project". Aktuelle Horrorfilme habe ich lange nicht mehr gesehen, muss ich zugeben. So gut wie ich beispielsweise "Conjuring" anfangs fand, bei den ganzen Spin-Offs war ich dann irgendwann raus. Was mich zuletzt richtig gegruselt hat, waren die ersten 2-3 Teile der "Paranormal Activity"-Reihe. Ich mag Geisterfilme und keinen Splatter. Aber zwei Romane haben mich sehr inspiriert. Das genannte "Kill Creek" und "Die Kreatur" von Hunter Shea.

Rod, vielen Dank für Zeit und Geduld. Ein tolles Album habt ihr da am Start, mit dem ich euch viel Erfolg wünsche. Was möchtest du euren Fans noch mit auf den Weg geben?
"Irgendwann kommen sie wieder...", schrieb schon Stephen King und im Falle von THE OTHER wird es genauso sein. Wir hoffen euch dann endlich wieder zu sehen, wenn wir wieder auf die Bühnen der Welt dürfen. Und bis dahin: viel Spaß mit "Haunted". Spielt euren Freunden das Album vor oder empfehlt es weiter. Nichts hilft uns so sehr, wie Empfehlungen. Daher danke auch an euch alle bei Powermetal.de.

Redakteur:
Marcel Rapp

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