SYMPHORCE: Interview mit Dennis Wohlbold

15.03.2007 | 11:45

Obwohl es bei SYMPHORCE ständig warme Worte und wohltuende Kritiken hagelt, bleibt die Band so etwas wie ein allseits bekannter Geheimtipp. Von Album zu Album erfindet sich die süddeutsche Truppe um BRAINSTORM-Frontmann Andy B. Franck konsequent neu, so wie auch nun auf der neuen Platte "Become Death", und dennoch tritt die Band erfolgstechnisch weiterhin auf der Stelle. Interviewpartner Dennis sieht diese verzweifelte Entwicklung jedoch nicht so dramatisch, schließlich musiziert man bei SYMPHORCE in erster Linie aus Eigenbefriedigung. Dennoch: Dass man durch den ausbleibenden Durchbruch in den Möglichkeiten limitiert ist, lässt Herrn Wohlbold dann nicht völlig kalt. Aber dank starker und ideenreicher Alben wie "Become Death" sollte man im SYMPHORCE-Camp die Hoffnung nicht aufgeben; Dennis klärt auf:


Björn:
Hallo, alles klar soweit?

Dennis:
Naja. Ich habe zig Interviews zu bearbeiten, und noch tausend andere Dinge zu erledigen und stehe deswegen etwas mehr unter Druck, als ich es mir wünschen würde, aber so hab ich's ja gewollt, hahaha... Ne, so weit ist alles super!
Ich freu mich ja, dass das Interesse für SYMPHORCE so groß ist.

Björn:
Zunächst einmal möchte ich zu eurem neuen Album gratulieren. Es hat zwar seine Zeit gedauert, bis ich mich vollends mit "Become Death" angefreundet habe, aber letzten Endes hat es mich dann doch wieder komplett überzeugt.

Dennis:
Hahaha... Tja, so geht es vermutlich vielen. Aber ich danke dir, dass du die Geduld aufgebracht hast, dich "reinzuhören". Ich möchte nicht wissen, wie viele Leute sich bloß durch die Songs skippen und danach sich schon eine ultimative Meinung gebildet haben.
Aber es würde mich mal interessieren, womit du anfangs so deine Probleme mit dem Album hattest. Für mich war es vom Gefühl her so, dass ich dachte, wenn jemandem unsere letzten zwei Alben gefielen, dann müsste "Become Death" eigentlich auch zünden, denn für mich ist der Unterschied so gewaltig nicht. Klar – wir haben hier und da wieder Zeugs drinnen, was man so noch nicht unbedingt von uns gehört hat, aber unterm Strich ist es für mich ein lupenreines SYMPHORCE-Album.

Björn:
Mit diesem Album bewegt ihr euch meines Erachtens stellenweise auf neuem Terrain; der Sound ist ein ganzes Stück finsterer als auf euren letzten Alben und die Musik teils auch ein wenig ungewöhnlich für eine Band wie SYMPHORCE. Was hat euch zu dieser Entwicklung veranlasst?

Dennis:
Ursprünglich hatten wir ja den Plan, dass wir weniger Experimente und dafür den "traditionellen" Anteil wieder etwas stärker hervorheben wollten. Wir kamen darauf, nachdem wir ein bisschen in den Rezensionen der vergangenen Alben herumgestöbert, uns die Pros und Kontras rausgepickt und eine Art Liste erstellt haben. Dabei kam heraus, dass die Songs, welche sich am ehesten in die traditionelle Power-Metal-Schublade stecken lassen auch die Mehrheit der Schreiberlinge überzeugt hatte. Die Songs mit vielen modernen Elementen und Experimentierfreudigkeit stießen hingegen hin und wieder auf etwas Kritik. Leider ging dieses geplante Vorgehen völlig in die Hose. Ich fand es zum Beispiel völlig uninspirierend und bekam eine richtige Schreibblockade. Ich wusste in dem Moment nicht so Recht, wie ich das Vorhaben umsetzen sollte. Gott sei Dank kam dann Markus mit 'Darkness Fills The Sky' rüber, einem Song der härter und anders war, als alles andere, was wir jetzt gemacht haben. In der Schule hätte er dafür einen 6er mit dem Vermerk "Thema verfehlt" erhalten, hahaha. Jedenfalls gefiel uns der Song auf Anhieb und es stellte sich heraus, dass KEINEM von uns gelang, den ursprünglichen Plan umzusetzen. Also entschieden wir uns dafür, wieder die ursprüngliche Methode anzuwenden. Die Methode heißt: Alles kann, nichts muss, hihihi... Als wir erst mal von diesen selbst auferlegten mentalen Fesseln befreit waren, lief es eigentlich wie am Schnürchen und das Album setzte sich wie ein Puzzle Stück für Stück zusammen.

Björn:
Ist diese Änderung denn auch auf Änderungen beim Songwriting zurückzuführen. Konnten sich andere Leute und damit auch andere Interessen dieses Mal stärker einbringen?

Dennis:
Markus "durfte" sich ja auf "Godspeed" das erste Mal mit eigenen Songideen einbringen und war aber auch am Anfang der "Become Death" Songwriting-Phase etwas gehemmt, weil er nicht so recht wusste, ob seine Ideen zu SYMPHORCE passen würden. Wir bekräftigten ihn aber, aus seinem Bauch raus zu agieren und einfach mal weiter zu arbeiten.
Er war dann wie entfesselt und hat eine geile Idee nach der anderen angeschleppt und somit die Musik in stärkerem Maße beeinflusst als auf den bisherigen Alben.

Björn:
Ihr habt auf "Become Death" auch einige Elemente aus dem Gothic-Bereich eingefügt, was auf den ersten Blick ja recht ungewöhnlich anmutet. Glaubst du, dass sich Fans der ersten Stunde mit diesen untypischen Einflüssen arrangieren können?

Dennis:
Wir hatten ja mit 'Nowhere' einen Song auf "Godspeed", der genau in die gleiche Richtung ging. Auf unserer Europatour haben wir Abend für Abend mit die besten Publikumsreaktionen auf diesen Song gehabt. Uns ist natürlich klar, warum dies so war.
Der Song ist einfach wesentlich straighter und leichter nachvollziehbar als unser anderes Material. Es ist einfach auch ein tolles Gefühl, die Leute nicht immer nur durch irgendwelche monsterfetten Riffs, Doublebass-Attacken, Sologeficke und wildem Roto-Bangen überzeugen zu müssen. Man sollte es nicht glauben, aber manchmal tut's auch einfach nur ein guter Song, hahaha... Diese Erfahrung und die Tatsache, dass 'Nowhere' auch bei unseren langjährigen Fans gut ankam, überzeugte uns, dass wir auch in Zukunft Songs in der Richtung schreiben könnten.

Björn:
In einem Song wie 'No Final Words To Say' habt ihr dies schließlich auf die Spitze getrieben. Der Song hat mich sofort an TYPE 0 NEGATIVE erinnert. Inwiefern passt er dennoch zum Bandsound von SYMPHORCE?

Dennis:
Wer hat denn bitte festgeschrieben, wie der Bandsound von SYMPHORCE zu klingen hat? Wir haben uns stetig weiterentwickelt und klingen eigentlich auf keinem Album identisch.
Ich finde der Song passt genauso gut zu SYMPHORCE wie z.B. 'When Darkness Fills...' oder jede andere Song auf dem Album.

Björn:
Handelt es sich hierbei denn um einmalige Experimente oder könntest du dir vorstellen, diese neuen Einflüsse in Zukunft noch weiter zu forcieren?

Dennis:
Keine Ahnung. Vielleicht nehmen wir als nächstes ein Synthie-Pop-Album auf, um die Leute vollends in den Wahnsinn zu treiben, hahaha...
Prognosen stelle ich prinzipiell bei SYMPHORCE nicht mehr auf, da bis jetzt jedes Album ganz anders war als das vorherige.

Björn:
Andererseits ist die Scheibe in Sachen Heavyness euer wahrscheinlich aggressivstes Album: Direkt im Album-Opener 'Darkness Fills The Sky' teilt ihr ja schon ordentlich aus und überschreitet dabei auch die Grenzen zum Death Metal. Woher diese Aggression?

Dennis:
Seit Markus in der Firma seines Vaters mitarbeitet, ist er halt nervlich ein totales Wrack, hahaha... Nein, kein Plan, wir haben einfach alle einen sehr breit gefächterten Musikgeschmack und diese Einflüsse kommen beim Songwriting einfach auch zum Tragen.
Menschenskinder, sei doch froh, dass es eine Band gibt, die es schafft, sich in verschiedenen Genres heimisch zu fühlen und dabei noch eine ganz passable Figur macht, haha!

Björn:
Nichtsdestotrotz fügt sich dieser Song nahtlos in den insgesamt dann doch überraschend homogenen Sound von "Become Death" ein. Hattet ihr irgendwelche Vorgaben, die eure Songs zu erfüllen hatten, dass diese Homogenität ermöglicht werden konnte?

Dennis:
Nein, eigentlich nicht. Ich bin auch immer ganz erstaunt, dass sich trotz der großen Bandbreite jeder Song irgendwie nach SYMPHORCE anhört. Ha! Das soll uns erst mal einer nachmachen!

Björn:
Eine andere Tatsache, die für euch als Band sicherlich sehr wichtig ist, wäre die deutliche Distanzierung zu Andys zweiter Band BRAINSTORM. Bislang waren die Parallelen immer noch recht deutlich zu erkennen, was natürlich in erster Linie auch am markanten Organ eures Sängers gelegen hat. Auf keinem Album jedoch waren die stilistischen Unterschiede so prägnant wie nun bei "Become Death". War dies ein erklärtes Ziel?

Dennis:
Ein erklärtes Ziel sich von BRAINSTORM zu unterscheiden gab es zu keiner Zeit und ich denke, dass wir das auch gar nicht nötig haben.
Wir haben ja schon unser zweites Album veröffentlicht, als Andy erst bei BRAINSTORM eingestiegen ist. Tatsächlich scheint die Presse aber nicht genug davon zu bekommen uns miteinander zu vergleichen. Wir haben uns aber immer nur auf uns selbst konzentriert. Ich bin auch kein wirklicher Kenner ihrer Musik, weiß aber, dass sie wesentlich 'traditioneller' zu Werke gehen als wir.

Björn:
Was denkst du persönlich denn über die ständigen Vergleiche mit BRAINSTORM?

Dennis:
Früher konnte ich darüber schmunzeln, aber mittlerweile nervt und langweilt mich es zu Tode. Die einzige, aber zugegebenermaßen sehr prägende Parallele ist der Sänger, der bei beiden Bands halt das Aushängeschild ist. Musikalisch haben wir uns meiner Meinung nach immer deutlich unterschieden.
Ärgerlich und unverständlich ist auch die Tatsache, dass dubioserweise diese Fragen und Vergleiche immer bloß aufkommen, wenn es um ein SYMPHORCE-Album geht. BRAINSTORM werden, soweit ich das zumindest wahrnehme, nie mit SYMPHORCE verglichen, wir dagegen mit BRAINSTORM permanent. Das muss mir mal ein Mensch bei Gelegenheit logisch erklären.

Björn:
Glaubst du denn, dass die Leute mittlerweile geschnallt haben, dass beide Bands vollkommen unabhängig voneinander funktionieren?

Dennis:
Sei mir nicht böse, aber du selber hast doch jetzt schon drei Fragen des Interviews dieser Thematik gewidmet. Wie soll das jemals ein Ende nehmen, wenn die Presse bei jedem Album immer wieder mit der Vergleicherei von vorne anfängt?
Wie ich schon andeutete: Meiner Meinung nach hat die Presse nach diesen Fragen ein viel größeres Verlangen, als die Fans beider Bands.

Björn:
Ich persönlich finde es beachtlich, wie ihr das immer unter einen Hut bekommt. Jegliche Pausen der einen Band scheinen genutzt zu werden, um wieder neues Material für die andere zu komponieren oder jedoch mal kurz einige Live-Termine einzuschieben. Werden die grundlegenden Voraussetzungen hierfür denn schon geschaffen, während BRAINSTORM gerade beschäftigt sind. Oder läuft das dennoch alles sehr spontan ab?

Dennis:
Nein, wir stimmen uns natürlich schon mit Andy ab, sonst würde das natürlich überhaupt nicht funktionieren. Wenn ein SYMPHORCE-Album ansteht, existiert BRAINSTORM für Andy praktisch gar nicht und umgekehrt ist es natürlich dann genauso.

Björn:
Seid ihr denn noch nie in die unglückliche Situation gekommen, in der ihr bzw. Andy sich für eine Band entscheiden musstet?

Dennis:
Die eine oder andere Überschneidung gab es schon, aber im Großen und Ganzen haben wir bisher immer großes Glück gehabt.

Björn:
Weil die Terminplanung ja doch immer sehr umfassend sein muss, habt ihr sicher auch schon Vorstellungen davon, wie das Jahr für SYMPHORCE ungefähr ablaufen wird. Darf man denn mit einer kleinen Tour rechnen?

Dennis:
Wir würden natürlich liebend gerne auf Tour gehen, aber das wollen alleine genügt halt leider nicht. So eine Tour kostet immer ein Schweinegeld und dann muss man auch noch das große Glück haben, einen Slot in einer Tour zu ergattern, der terminlich reinpasst. Darüber hinaus müssen die Rahmenbedingungen akzeptabel sein usw. Eine Tour auf die Reihe zu bringen ist wirklich sehr viel komplizierter, als man sich das von außen so vorstellen mag.

Björn:
Hast du denn persönlich irgendwelche Erwartungen an die Band im Bezug auf das Jahr 2007? Oder gar irgendwelche Wünsche?

Dennis:
Ich bin da mittlerweile eher etwas zurückhaltend geworden und erwarte lieber weniger als zuviel. Ich habe schon festgestellt, damit fahr ich besser, hehe!

Björn:
Was glaubst du denn, wie es umgekehrt ausschaut? Wie schätzt du die Erwartungen eurer Fans an die Band ein?

Dennis:
Ich denke, viele würden uns gerne mal als Headliner touren sehen, oder eine mit 130 Kameras gefilmte Live-DVD in ihren Händen halten, aber ich muss leider sagen, weder das eine noch das andere wird passieren. Unsere Verkaufszahlen rechtfertigen weder das eine noch das andere.

Björn:
Und inwieweit bemüht ihr euch, diesen Erwartungen gerecht zu werden? Wie stark richtet ihr euch generell nach den Fans?

Dennis:
Ehrlich gesagt sind wir da recht egoistisch. In erster Linie müssen wir mit unserer Arbeit zufrieden sein, und wenn es dann einer Hand voll Leuten gefällt, freut es uns umso mehr.
Mir ist das lieber, als erfolgreich zu sein und sich aber nicht mit der eigenen Musik identifizieren zu können.

Björn:
Dennoch möchte ich dir zum Schluss die Möglichkeit geben, denjenigen, die euch seit Jahren unterstützen, noch ein paar nette Worte zu reichen: Any last words?

Dennis:
Tja Leute... in letzter Zeit werden die Rufe nach einem Live-Album oder gar einer Live-DVD immer lauter. Nach sechs Alben können wir das sogar nachvollziehen. Nichtsdestotrotz wird es weder das eine und schon gar nicht das andere geben. Wenn ihr also SYMPHORCE live auf DVD sehen wollt, dann sichert euch die Ltd. Edition von "Become Death". Auf der DVD ist eine komplette Show der "Godspeed"-Tour zu sehen.
Das Ding ist qualitativ relativ passabel, wenngleich AUF KEINEN FALL mit einer 'richtigen' Live-DVD zu vergleichen. Es wurde mit drei Kameras gefilmt und zu hören ist der Orginal-Ton vom Pult. Ich kann euch aber versprechen, dass es auf absehbare Zeit nichts Besseres geben wird. In der Tat sind wir sogar stolz darauf, dass wir euch wenigstens diese Bonus-DVD anbieten können, denn selbstverständlich ist dies nicht. Es brauchte schon etwas Überredungskunst bei unserer Plattenfirma, um dies zu realisieren.

Redakteur:
Björn Backes

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