SORROWFIELD: Interview mit Marco Bianchi und Steven Lackmann

16.04.2006 | 12:25

SORROWFIELD sind schon eine Weile im deutschen Untergrund aktiv und haben nach einigen Demos und ihrem selbstfinanzierten Debüt "4 Messages" nun ihr erstes wirklich komplettes Studioalbum am Start, das zwar erneut in Eigenregie vertrieben wird, aber in punkto Professionalität Industrieprodukten in nichts nachsteht. Stilistisch widmen sich die Jungs melodischem, skandinavisch geprägtem Metal, der durch den Gesang und die melancholischen Tendenzen auch einen leichten Gothic-Touch abbekommen hat.
Ich hab mich mit Sänger Marco Bianchi und Gitarrist Steven Lackmann unterhalten und die beiden vor allem zum aktuellen Album "Horus" befragt...

Rüdiger:
Was mir an eurer neuen CD "Horus" als erstes aufgefallen ist, ist das sehr schöne und aufwendige Artwork. Das ist ja für eine Eigenpressung nicht unbedingt selbstverständlich. Wie wichtig war euch der optische Aspekt, und wer hat das ganze Artwork erstellt?

Marco:
Wir hatten viel diskutiert, ob wir ein modernes, schlichtes Cover oder ein eher Heavy-Metal-mäßiges haben wollen. Das heavy Cover hat sich dann durchgesetzt per Mehrheitsentschluss. Dann hat Steven sich die Nächte mit Photo-Shop um die Ohren geschlagen. Das Cover sollte schon was her machen, schließlich wollten wir kein "Demo", sondern einen richtigen Longplayer abliefern.

Steven:
Die Idee mit dem Falken kam natürlich, als der Titel "Horus" zum ersten mal ins Gespräch kam. Zunächst war "nur" eine düstere, mystische Gruft/Grotte geplant. Den Falken einzubauen war zwar recht schwierig, hat sich aber absolut gelohnt.

Rüdiger:
Definitiv, sieht toll aus! Ihr werdet oft in die Schublade Gothic Metal einsortiert, was ich irgendwie nur ein Stück weit nachvollziehen kann. Wie definiert ihr euch stilistisch selbst? Oder habt ihr überhaupt keine Lust auf Schubladisierungen?

Marco:
Witzig, dass du das sagst, ich kann das selbst auch nur wenig nachvollziehen, aber wir sind da irgendwie reingerutscht! Wir haben in Bremen ein paar Metal-/Gothic-Misch-Konzerte gespielt und unser ehemaliger Basser kommt aus der Ecke. Und Fakt ist, dass wir bei vielen Gothics auch gut ankommen, also habe ich kein Problem damit, wenn der Begriff fällt! Wir würden auch als Paradiesvögel auf dem Wave-Gothic-Treffen spielen, wenn sich das arrangieren ließe, haha, aber in Wirklichkeit machen wir eher skandinavisch geprägten Melodic Metal, wobei wir uns kaum stilistischen Grenzen unterwerfen.

Steven:
Da Bands wie HIM oder SENTENCED auch oft als "Dark" oder "Gothic" bezeichnet werden, kann ich mich damit absolut anfreunden, auch wenn ich leider zugeben muss, dass wir nicht in Särgen zu schlafen pflegen...

Rüdiger:
Die Einfluss-Frage muss sich fast jede jüngere Band stellen lassen, drum lass ich sie weg und frag stattdessen lieber danach, ob ihr mir zustimmen könnt, dass euer aktuelles Album vor allem Fans von SENTENCED ansprechen dürfte, die dazu auch mit einigen Elementen warm werden, die in der Nähe von melodischem Death und thrashigem Power Metal anzusiedeln sind?

Marco:
Ich würde sagen, das ist eine 1a-Umschreibung!

Steven:
Wir legen es zwar absolut nicht darauf an, aber der Name SENTENCED fällt wirklich IMMER!!!

Rüdiger:
Wie seht ihr die musikalische Entwicklung zwischen dem Vorgänger "4 Messages" und dem aktuellen Werk? Was hat sich als bestehendes Grundgerüst eures Sounds etabliert, und was hat sich verändert oder ist neu hinzugekommen?

Marco:
Die Songs sind jetzt griffiger, kompakter und klarer strukturiert. Es steht aber immer noch jeder Song für sich. Es war immer unsere Intention, keine B-Seiten zu produzieren, daher freut es uns, dass in den Reviews immer völlig andere Anspieltipps gegeben werden! Ich denke, ich konnte meiner Stimme ein paar mehr Facetten geben, sprich mehr Ecken und Kanten. Diesmal sind auch alle Gesangslinien von mir, bei "4 Messages" standen die meisten Sachen schon, als ich in die Band eingestiegen bin. Ich konnte mich bei den Songs regelrecht austoben, meine Kollegen stoppen mich nur, wenn ich entweder zu viel herumbrülle oder definitiv zu kitschig werde!

Steven:
Zum einen sind "natürlich" die Songs an sich besser. Dazu haben wir, denke ich, aber es auch gut verstanden schöne, griffige Parts besser miteinander zu verknüpfen und das Material besser zu arrangieren.

Rüdiger:
Zurück zum Artwork und seinem Zusammenhang mit euren Texten. Das Cover ist tief in ägyptischer Symbolik und Mythologie verwurzelt und Songs wie 'Nefer', 'Seqen', 'Ritual' und 'Heresy' befassen sich auch direkt mit jener Thematik. Ist "Horus" insgesamt ein Konzeptalbum, oder in wie weit begleitet euch die Ägypten-Thematik durch euer Schaffen?

Marco:
Nein, "Horus" ist in diesem Sinne kein Konzeptalbum. Etwa die Hälfte der Songs bezieht sich auf das alte Ägypten, teilweise beeinflusst von den Büchern von Christian Jacq, welcher eine sehr Hollywood-mäßige Art hat, mit historischen Tatsachen umzugehen, das sollte man dabei nicht außer acht lassen. Die andere Hälfte sind emotionale bzw. persönliche Texte, das Symbol des Horus-Auges jedoch oder der Horusfalke selbst stehen für wiedererlangte Unversehrtheit, und das lässt sich hier insgesamt auf mehr als die Hälfte der Texte anwenden. Es ist ein positives Album, keineswegs traurig, höchstens manchmal nachdenklich.

Rüdiger:
Es gibt ja mit ICED EARTH, NILE und einigen anderen durchaus diverse Bands, die sich auch mit diesem Thema befassen. Welche spezielle Faszination übt das Thema auf euch aus, und woher kommt die? Ist sie durch musikalische, literarische oder filmische Vorbilder inspiriert, oder ist es eher originäres historisches Interesse?

Marco:
Das ist eine witzige Geschichte. Die Faszination hat mich gepackt, als ich das erste Mal den Song 'Unas Slayer Of The Gods' von NILE gehört oder vielmehr gelesen habe. Auf dem ganzen Album, sowie auch auf "Annihilation Of The Wicked" und "Black Seeds Of Vengeance" von NILE befinden sich nicht nur die Texte, sondern immer auch ganze Aufsätze zu jedem Song/Thema und die Story von Unas (ein früher ägyptischer Pharao) hat mich komplett gepackt: In den Texten in seiner Pyramide, droht er den Göttern, sie zu töten und aufzufressen, wenn er kommt! Mehr Heavy Metal geht nicht!!! Das Beste ist, dass ich mir die Scheibe "blind" gekauft hatte. Ich war damals eigentlich auf der Suche nach einer vergriffenenen BLOODBATH-EP und als ich diese in einem kleinen, schnuckeligen Laden in Gronigen gefunden hatte, habe ich mich so gefreut, dass ich beschloss, noch solch einen "Blind"-Kauf zu tätigen. Seitdem träume ich von Ägypten...

Steven:
...was uns sehr gelegen kam, da es eine coole Thematik ist und Marco das gesamte Texten auf sich genommen hat. :-)

Rüdiger:
Wie ist das bisherige Feedback von Presse und Fans hinsichtlich des neuen Albums? Seid ihr mit der Resonanz zufrieden?

Marco:
Ja, absolut! Die Reaktionen sind ziemlich gut! Zwar haben wir auch schon einen Verriss aus Holland bekommen, aber sonst durchweg nur positive Reaktionen. Ein richtig schönes Review steht gerade im "Heavy, oder was?!" Es stehen aber auch noch einige Reviews aus.

Steven:
Das holländische Review haben wir zwar spachlich nicht ganz verstanden, inhaltlich waren diverse Schlüsselworte aber recht eindeutig, so dass man wohl von einem eher "schlechten" Review ausgehen kann. :-) Immerhin hab ich die Wörter "MAIDEN", "SENTENCED" und "HIM" gleich kapiert...

Rüdiger:
Und wie zufrieden seid ihr mit der tatsächlichen Nachfrage und den Vertriebsmöglichkeiten für eure Scheiben?

Marco:
Wir müssen da viel kämpfen, weil wir zur Zeit nicht live auftreten können, um die Scheibe zu promoten. Martin, ein Gitarrist, macht gerade ein Praktikum in Indien und wir arbeiten auch einen neuen Drummer ein, daher ist das im Moment sehr schwierig, aber in Anbetracht dieser Probleme können wir uns eigentlich gar nicht beklagen!

Rüdiger:
Habt ihr irgendwelche Anfragen von Labels und wenn ja, plant ihr, in absehbarer Zeit irgendwo zu unterschreiben?

Marco:
Bisher ist noch nichts in dieser Richtung geschehen...

Steven:
Sobald noch ein paar Rewies aus den Printmedien eintrudeln, wollen wir aber schon ein paar Labels anschreiben. Mal schauen, ob evtl. hier oder da Interesse besteht. Nachdem unsere Proberaum-Mitbewohner PRESIDENT EVIL einen schönen Deal bei AFM einheimsen konnten, sind wir natürlich auch darauf erpicht, uns einem breiteren Publikum präsentieren zu können.

Rüdiger:
Wie sieht es an der Live-Front aus? Spielt ihr oft live? Wenn ja, in welchem Rahmen und wo?

Marco:
Tja, ich schätze die nächsten Konzerte wird es so im August geben. Eins in Bremen mit den Hard Rockern HELLION ist schon gebucht und in Oldenburg ist auch ein Gig geplant. Ich verweise hier nochmal auf unsere Homepage, da am besten öfters mal die Livedates checken!

Rüdiger:
Ihr habt mit Olli Schulz einen neuen Drummer, der schon bei der SORROWFIELD-Vorgängerband MASS INSANITY an Bord gewesen ist. Wie kam es zum Line-up-Wechsel?

Marco:
Tja, unser alter Drummer Patrick ist leider nach Schweden gezogen, um dort sein Studium fortzusetzen und seiner "Alten" näher zu sein. Daher haben wir nach einem neuen Mann suchen müssen. Mit Olli hat das Ganze auf Anhieb super gefunzt...

Rüdiger:
Gibt's sonst etwas, das ihr unseren Lesern mitteilen wollt? Ankündigungen, News, Termine...?

Marco:
Ja, checkt unsere mp3s!!! Einen Song von "Horus" gibt's gratis und das komplette "4 Messages"-Demo ebenfalls! Über Einträge ins Gästebuch freuen wir uns immer und besonders über neue Leute in unserem Forum. Stöbert mal ein bisschen auf unserer Seite rum!

Steven:
Zudem könnt ihr noch zwei weitere "Horus"-Songs anchecken, sowie unsere nicht ganz so ernsten Songs "WERDER BREM'" und "Die drei Fragezeichen rocken" runterladen. Älteres Zeug gibts natürlich auch.

Rüdiger:
So, das war's. Danke, dass ihr euch für uns Zeit genommen habt! Viel Erfolg für die Zukunft mit der Band!

Marco:
Danke DIR!!! Stay brutal! ;-)

Steven:
Yo, vielen Dank fürs Interview und danke an die Leser, die bis hierher gelesen haben :-)

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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