SODOM: Interview mit Tom Angelripper

06.10.2007 | 00:54

SODOM: "Damals hat die Plattenfirma noch nicht an uns geglaubt!"

Vor kurzem haben SODOM in der 1984er-Originalbesetzung ihre erste EP noch einmal eingespielt. Das Album wurde unter dem Namen "The Final Sign Of Evil" dieser Tage veröffentlicht. Mit einer speziellen Show auf dem diesjährigen Wacken Open Air feierten SODOM ganz nebenbei ihr 25-jähriges Bestehen. Gute Gründe also, um bei Bandkopf Tom Angelripper einmal nachzuhaken, was sich im SODOM-Lager getan hat und was sich derzeit ereignet. Eine halbe Stunde lang wurde Bandkopf Tom Angelripper mit Fragen gelöchert, die er auskunftsfreudig und mit lockerem Ruhrpott-Charme beantwortete. Lest unter anderem, ob Grave Violator und Chris Witchhunter nun wieder bei SODOM mitmischen, wann die zweite SODOM-DVD ansteht und wann die Fans endlich mal wieder mit einem deutschsprachigen Titel der Band rechnen können. Bühne frei!

Martin:
Hi Tom! Ihr habt ein neues Album eingespielt, oder besser gesagt: ein neues altes Album namens "The Final Sign Of Evil". Und die Bonustracks zu dieser Scheibe, die waren ja auf einer alten Kassette zu finden. Wie war es denn für dich, jetzt nach 22 Jahren noch einmal diese Demo-Aufnahmen zu hören?

Tom Angelripper:
Also die ursprüngliche Idee der Plattenfirma war mal, den ganzen SODOM-Backkatalog noch einmal neu aufzulegen. Und es hat sich dann im Gespräch gezeigt, dass das ja nichts bringen würde, "In The Sign Of Evil" noch einmal zu veröffentlichen. Es kam dann die Frage auf, ob es Bonusmaterial gibt. Ich sagte: Ja, das gibt es. Halt nur auf Kassette. Wir wollten ja damals sowieso ein ganzes Album machen. Aber da hat uns die Plattenfirma damals regelrecht abgesägt und die Leute dort meinten, dass fünf Stücke als Aufnahme reichen müssten. Und jetzt wegen der Tape-Aufnahmen: Ich hatte ja noch mit Gitarrist Grave Violator (alias Josef "Peppi" Dominic - Anm. d. Verf.) Kontakt. Auch wegen des SODOM-Klassentreffens im Zuge der Aufnahmen zur "Lords Of Depravity"-DVD. Wir haben dann bei ein paar Bierchen auch darüber gesprochen und Peppi meinte, dass er noch eine ganze Kiste voll mit Kassetten hätte. Wir haben damals jede Probe mitlaufen lassen.

Martin:
Habt ihr dann die coolsten Songs herausgepickt?

Tom Angelripper:
Ja, da haben wir uns dann reingehört. Wir haben immer mal wieder 'ne Session gemacht. Dann haben wir mal wieder 'ne Pause gemacht. Und so haben wir das dann alles zusammengetragen.

Martin:
Kamen dir denn die Songs überhaupt noch bekannt vor nach über zwanzig Jahren?

Tom Angelripper:
Ja, natürlich. Ich habe ja sogar noch die ganzen Texte gehabt, weißt du. Das war ja alles verwahrt, mehr oder weniger. Auch die ganz alten Sachen. Die handgeschriebenen Texte, die habe ich auch noch herausgesucht. Das Grundproblem war natürlich dann: Mit wem können wir dieses Album überhaupt einspielen? Es war natürlich klar, dass Chris Witchhunter nicht mehr so gut auf uns zu sprechen ist oder speziell auf mich. Er hatte auch schon länger nicht mehr getrommelt. Aber für mich war eins klar: Das geht nur, wenn man das Album noch einmal im Original-Line-Up einspielt.

Martin:
Waren Chris Witchhunter und Grave Violator eigentlich schnell für die Idee zu begeistern, das Album neu einzuspielen?

Tom Angelripper:
Peppi hatte Lust darauf, mal wieder was zu machen. Sogar, eine ganze Platte aufzunehmen.

Martin:
Aber er hat ja auch schon Ewigkeiten nicht mehr gespielt. Sogar noch viel länger, als Chris...

Tom Angelripper:
Also ich muss dazu sagen, dass wir auch schon lange geprobt hatten. "The Final Sign Of Evil" sollte ja auch schon 2004 rauskommen. Wir hatten schon 2003 angefangen zu proben. Aber aus der Schwierigkeit heraus, dass Chris Witchhunter spielt, hat sich das immer wieder verzögert. Peppi hatte aber wieder Blut geleckt und er hat jetzt sogar eine eigene Band gegründet und so.

Martin:
Und wie nennt er die?

Tom Angelripper:
Da gibt es noch keinen Namen. Das ist noch alles geheim. Das sind ein paar Kollegen, die man im Proberaum zusammengesucht hat. Peppi hat halt wieder Blut geleckt, weißt du. Das ganze Projekt stand ja mehrfach auf der Kippe, weil Chris Witchhunter immer wieder abgecancelt hatte. Und ihn konnten wir auch nur mit Geld von der Sache überzeugen. Leider. Aber er hatte natürlich auch irgendwie Lust drauf. Er ist halt auch noch ein alter SODOM-Fan von früher. Aber mir zuliebe hat er es jetzt nicht gemacht.

Martin:
Haben Bernemann und Bobby Schottkowski eigentlich irgendwelche Vorbehalte gegen dieses Projekt gehabt? So nach dem Motto: Warum nimmst du uns nicht mit ins Boot und beziehst uns ein?

Tom Angelripper:
Bevor wir überhaupt an Chris Witchhunter gedacht hatten, hatte wir die Idee, dass Bobby Schottkowski trommelt und Bernemann Gitarre spielt. Aber das geht nicht. Ich meine, es gibt ja viele Bands, die alte Songs im aktuellen Line-Up einspielen oder so.

Martin:
Und diese Songs dann gnadenlos herunterprügeln, so wie zum Beispiel DESTRUCTION.

Tom Angelripper:
Also, das habe ich jetzt nicht gesagt.

Martin:
Ich habe in die aktuelle von DESTRUCTION, "Thrash Anthems", reingehört. Die Scheibe klingt schon geil. Aber das Feeling ist halt schon ein anderes, als das der Originalaufnahme.

Tom Angelripper:
Absolut! Also, für mich war eins klar: Entweder schafft der Witchhunter das, oder das Ding kommt nicht raus. Aber Bobby und Bernemann haben da nichts Negatives gesagt. Die finden das auch cool: 25 Jahre SODOM. Und warum soll man das nicht mal machen? Wir haben auch einen guten Produzenten gehabt. Das ist ein Bekannter von Chris Witchhunter. Für mich war im Endeffekt wichtig, dass er überhaupt auf "The Final Sign Of Evil" spielt. Egal wie. Und dass jede einzelne Note auch von ihm ist. Und nicht, dass wir einen Sessiontrommler holen. Der hätte das Ganze natürlich in einem oder in zwei Tagen heruntergespielt und aufgenommen. Aber darum geht es ja gar nicht. Letztendlich ist die Scheibe ja auch old-schoolig geworden. Ich bin eigentlich damit zufrieden. Aber das mit dem Witchhunter, das hat sich jetzt auch erledigt. Das haben wir jetzt halt mal gemacht.

Martin:
Aber es ist jetzt nicht so, dass Grave Violator mal wieder was zu einem neuen SODOM-Album beisteuert? Eure Absicht war praktisch, die Scheibe so einzuprügeln, wie ihr es vor 22 Jahren vorhattet?

Tom Angelripper:
Ja, so wie es eigentlich hätte sein sollen. Aber damals hat die Plattenfirma auch noch nicht an uns geglaubt. Aus verständlichen Gründen. Ich kapier' das ja. Ich meine, wenn man "In The Sign Of Evil" heute hört... Wir haben damals ja auch mehr gesoffen als alles andere. Der Produzent hatte dann auch kein Interesse mehr entwickelt. Da kam damals die Plattenfirma und meinte: Fünf Stücke auf einer EP müssen reichen. EPs waren damals sowieso üblich. Aber für den ersten Release war das schon okay. Da ist ja der Grave Violator schon abgehauen. Wir hatten da schon wieder einen neuen Gitarristen.

Martin:
Ich hatte vor ewigen Zeiten mal ein SODOM-Bootleg mit uralten Demoaufnahmen auf einer Metalbörse gesehen, den mir der Verkäufer für 45 Mark oder so andrehen wollte. Sind dir eigentlich auch 'mal Bootlegs von SODOM in fürchterlicher Qualität untergekommen? Sammelst du Bootlegs?

Tom Angelripper:
Also da sind glaube ich die ersten beiden Demos drauf. Die gibt es auch auf Vinyl, aber schön aufgemacht. Manche geben sich da schon ein bisschen Mühe. Von "Obsessed By Cruelty" gibt es eine Aufnahme, die irgendwie aus dem Tonstudio gelangt ist. "Obsessed By Cruelty" wurde ja zwei Mal aufgenommen. Die Insider wissen das. Das wäre etwas, wenn man die Scheibe noch einmal auflegt, was man eventuell auch mal machen könnte: beide Versionen beilegen. Es gibt auch einige Sachen aus dem Proberaum, die da irgendwie rausgekommen sind und dann veröffentlicht wurden.

Martin:
Sammelst du aus einer Fanperspektive heraus irgendwelche Bootlegs von Bands, die du geil findest? So z. B. von TANK oder MOTÖRHEAD, könnte ich mir vorstellen?

Tom Angelripper:
So was habe ich damals auch gehabt. So Mitte der 1980er bis Ende Achtziger habe ich auch Tapes gesammelt. Wir hatten damals einen, der war bei einer Plattenfirma und bei Drakkar und so. Der war einer der größten Tapetrader. Bei dem habe ich alles gekauft. Da kam jeden Monat 'ne aktuelle Liste mit Liveaufnahmen von TANK, SLAYER, VULCAIN und was ich damals so alles gehört habe. Uns so ist das heute halt auch auf dem Medium der CD zu finden. Manche Bootlegs kommen sogar auf Vinyl raus. Ich finde, das schadet nicht. Das sind sicherlich nicht die hochqualitativen Aufnahmen. Proberaum schon mal gar nicht. Aber das macht nichts. Wenn ich so mit alten SODOM-Fans spreche, die wollen das immer haben. Verbieten kann man das ja eh nicht. Wir haben jetzt am Wochenende auf einem Festival in Belgien gespielt. Da meinte dann einer, dass er die Show filmen will und dann bei "Youtube" reinsetzen möchte. Ich sagte dann zu ihm: Ob ich jetzt ja sage, oder nein, du machst das doch sowieso.

Martin:
Jetzt muss ich noch mal zurück zu "The Final Sign Of Evil". Euer Webmaster, also "Toto", hat ja das Album produziert. Auf Vorschlag von Peppi?

Tom Angelripper:
Also es war uns von vornherein klar, dass wir mit diesem Projekt nicht in ein normales Studio gehen konnten (siehe auch die Ausführungen zu Chris Witchhunter oben – Anm. d. Verf.). Der Harris Johns hat sich damals auch angeboten gehabt. Aber der Witchhunter, der ist immer noch so verbittert auf alle anderen, die noch etwas in der Musikszene zu tun haben. Mit Harris Johns wollte er das nicht machen. Ich meinte dann: Du wirst niemals jemanden finden, der so etwas mitmacht, jedenfalls nicht in einem professionellen Studio. Zumal man im Studio natürlich jeden Tag dort bezahlen muss. Toto meinte dann, dass er das zuerst mal unentgeltlich macht. Aber du kannst ja nicht sagen, dass der Witchhunter 'ne Woche im Studio ist und dann ist das fertig. Chris Witchhunter hat immer wieder abgebrochen. Toto hat sich so ein bisschen um ihn gekümmert und ihn ermutigt, so nach dem Motto: Morgen nehmen wir mal wieder was auf.

Martin:
Über welchen Zeitraum haben sich die Aufnahmen denn insgesamt hingezogen?

Tom Angelripper:
Aaahh, man kannst fast sagen, dass es zwei Jahre waren.

Martin:
Booaah! Der Wahnsinn!

Tom Angelripper:
"Immer mal wieder" haben die das gemacht. Zwischendrin hat es Chris Witchhunter mal hingehauen und er hatte sich auch mal den Knöchel verstaucht. Und so hat sich das immer wieder hingezogen. Die Plattenfirma war ja auch schon sauer. Die mussten ja den Veröffentlichungstermin immer wieder verschieben. Ich hab denen gesagt: Ich habe euch gewarnt. Ihr könnt erst ein Veröffentlichungs-Datum festsetzen, wenn der Witchhunter fertig ist. Wenn wir das Ding eben im Kasten haben. Und Chris Witchhunter hat immer wieder abgebrochen... Der Toto hat sich das alles angetan.

Martin:
Ich habe euren Jubiläumsgig auf dem diesjährigen Wacken Open Air gesehen. War das Ganze auch ein Grund, warum du dort ganz lapidar verkündet hattest, dass "Chris Witchhunter leider nicht kommen konnte"? Hatte er Lampenfieber oder hat er keinen Bock darauf gehabt?

Tom Angelripper:
Lampenfieber? Das kommt dann erst, wenn er auf der Bühne steht. Wir haben es ja mit Witchhunter versucht. Ich wollte ihn unbedingt dabei haben. Aber es gab im Vorfeld ja schon Probleme. Er wollte nicht mit Andy Brings proben. Mit dem hat er Probleme gehabt und mit Frank Blackfire wollte er auch nicht so richtig. Es ging einfach nicht! Du kannst ihn da nicht hinsetzen, ohne dass er geprobt hat. Da hätte er sich ein halbes Jahr vorher hinsetzen müssen, um genau diese Lieder einzustudieren. Aber das hat nicht geklappt. Das wäre auch ein Desaster gewesen. Also ich glaube nicht, dass er auch nur einen oder zwei Titel hätte spielen können. Unabhängig davon ob er die Songs jetzt im Kopf hat oder nicht. Rein körperlich und rein mental wäre er dazu gar nicht in der Lage gewesen. Er selbst sieht das anders. Er sagt, dass er gespielt hätte. Jeder andere hätte aber gesagt: um Gottes willen! Niemals!

Wir haben ja dann mit Bobby Schottkowski kurzfristig geprobt. Und mit Frank Blackfire, der ein guter Gitarrist ist, da geht das ja auch schnell. Aber mit Chris Witchhunter wäre das ein völliges Chaos gewesen. Die Idee war ja auch, dass er generell überhaupt mal mitkommt nach Wacken. Unabhängig davon, ob erspielt. Vielleicht einen Titel. Oder auch, dass er bei der Autogrammstunde mit dabei ist. Chris Witchhunter ist halt immer noch total verbittert. Man sieht es ja auf der ersten DVD von "Lords Of Depravity Part I".

Martin:
Die habe ich leider noch nicht gesehen. Ich werde sie mir noch zulegen.

Tom Angelripper:
Ja, da hast du wirklich was verpasst! Das kann man nicht anders sagen! Wir haben da ein Interview mit ihm gemacht im Proberaum und sind die ganzen Jahre mal chronologisch durchgegangen. Da kamen wir ins Jahr 1992 und da ist der Witchhunter völlig durchgedreht. Er konnte den Andy Brings als Bandmitglied nicht verzeihen. Aber ich habe ihm gesagt: Entweder probst du auch mit dem Andy Brings oder gar nicht. Ich meine, die ganzen früheren SODOM-Leute, die da in Wacken auf der Bühne standen, die fanden das gut, einige Titel wieder zusammen zu spielen. Und da muss man sich zusammen reißen. Ich habe die Leute zusammengetrommelt im Laufe der Jahre wegen der DVD. Und da kam dann die Idee auf, die Wacken-Show zu machen.

Martin:
Was machte denn Grave Violator (Peppi) heute beruflich?

Tom Angelripper:
Der Peppi ist am Bau. Der ist Bauleiter. Der hat die Zeche Karl in Bochum umgebaut zu einem Kulturzentrum. Mit Musik hat er nur noch so ein bisschen zu tun. Er hat eine Band gegründet. Und er hat wieder Spaß daran entwickelt.

Martin:
Nochmal zur aktuellen CD. Ich finde die Produktion, die Toto jetzt bei "The Final Sign Of Evil" hinbekommen hat, absolut geil und total old-schoolig. Ich hatte viel Spaß damit, die Scheibe anzuhören.

Tom Angelripper:
Ich habe auch versucht, so zu singen wie früher. Da haben dann viele gesagt: Du hast ja gesungen, also ob es 1984 gewesen wäre.

Martin:
Also 1984 hast du etwas mehr gekeift. Etwas Black-Metal-artiger.

Tom Angelripper:
Jaja. Ich habe mich aber bemüht, ich habe heute halt einen anderen Gesangsstil. Die Leute haben gemeint, dass ich da ein bisschen höher singen sollte, wie Tom Araya. Um das so hinzukriegen wie früher. Wir haben aber "The Final Sign Of Evil" vor zwei Wochen (also Mitte August 2007 – Anm. d. Verf.) noch einmal remastern lassen. Die Fassung, die dir zur Rezension vorlag, damit war ich nicht zufrieden. Darauf war die Musik zu stark komprimiert. Also wir haben immer den Eindruck gehabt, wenn die Gitarre allein steht, dann geht die klanglich ziemlich nach oben und alles andere ist im Keller. Das haben wir jetzt ein bisschen rausgefiltert. Wir haben es noch einmal mastern lassen. Also die Version, wie sie in den Handel gelangt, ist anders.

Martin:
Also ich finde die Version, die mir vorlag, auch ziemlich geil.

Tom Angelripper:
Ja, es ist halt keine Hochglanzproduktion. Der Toto hat halt so einen Proberaum, der ein wenig abgetakelt aussieht. Das Mischpult steht da unten drin. Aber woanders hätten wir das unter diesen Bedingungen gar nicht aufnehmen können. Toto hat da einiges rausgeholt. Vor allem aus dem Schlagzeugspiel. Und was die Gitarre anbetrifft: Der Peppi, der spielt ja immer noch solide. Das war überhaupt kein Problem für ihn. Man darf das Album jetzt um Gottes Willen nicht mit neuen Sachen von uns vergleichen. Es gibt dann immer wieder Leute, die schreiben, ob das denn jetzt wieder die aktuelle Besetzung von SODOM ist. Natürlich nicht! Aber dafür mache ich halt auch viele Interviews, damit das auch klar ist. Das war jetzt 'ne einmalige Sache im Zuge dieses Re-Releases.

Martin:
Ähm, Moment mal. Wer fragt dich denn so was? Doch hoffentlich kein Schreiberling?

Tom Angelripper:
Mich hat gestern einer gefragt, ob das denn jetzt wieder die aktuelle Besetzung wäre. Warum? Weil auf der Homepage jetzt das Foto von uns dreien - von mir, Grave Violator und Witchhunter - zu sehen ist. Denn für "The Final Sign Of Evil" haben wir ein Foto mit dem Witchhunter gemacht. Aber jeder weiß das doch. Es kann doch niemand erwarten, dass wir mit ihm in Zukunft wieder Musik machen.

Martin:
Um jetzt noch einmal auf euren Jubiläumsgig zum 25-jährigen Bestehen von SODOM zurückzukommen. Ich habe irgendwie den "Knarrenheinz" vermisst. Ist dem sein Maschinengewehr etwa abhanden gekommen?

Tom Angelripper:
Nein, der Knarrenheinz war doch hinten auf dem Backdrop zu sehen. Mit zwei Maschinengewehren und der Kettensäge. Das kam nur nicht so gut rüber, weil es ja beim Auftritt noch ziemlich hell war.

Martin:
Also ich hätte jetzt erwartet, dass der Knarrenheinz als Gimmick, so ähnlich wie der "Mad Butcher" bei DESTRUCTION, leibhaftig über die Bühne robbt.

Tom Angelripper:
Ja, das wollten wir halt nicht. Wir hatten eh genug Probleme auf dem diesjährigen WOA. SAXON waren halt leider Headliner an dem Abend und die haben uns die ganze Bühne hinten zugebaut. Wir hatten sowieso kaum Gelegenheit gehabt, unsere Pyros vernünftig zu legen und unsere Backline vernünftig hinzustellen. Ich habe mich hinterher beschwert bei den Veranstaltern und habe gesagt, dass das gar nicht so abgesprochen war. Die haben uns da ganz schön gefickt, das kann man nicht mehr anders sagen. Ich fand das schon ein bisschen schade. Aber spielerisch haben wir das Beste daraus gemacht.

Martin:
Ich fand euren Auftritt saustark, aber es hat mich irgendwie gewundert, dass die Publikumsreaktionen für meine Begriffe ziemlich durchschnittlich waren. Aber an euch hat es nicht gelegen.

Tom Angelripper:
Da geb ich dir absolut recht. Also es waren schon sehr viele Leute da. Das muss man schon sagen.

Martin:
10.000 bis 15.000 waren es mindestens.

Tom Angelripper:
Ja, ja, ich glaube auch. Ich habe mit einem der Feuerwehrleute gesprochen, den ich von der Kapelle her kenne. Der meinte, dass hier in Wacken 145.000 Leute wären. Aber das ist ja alles geheim. Ich weiß ja nicht, was die da für 'ne Politik haben. Ich hätte auch lieber am Freitag gespielt. Bei "A Night To Remember". Die Bands am Freitag spielen immer noch am besten, finde ich. Und ein bisschen später zu spielen, das wäre auch cool gewesen. Dann wären viele Effekte, gerade bei den Pyros, besser rübergekommen. Wir konnten uns das aber überhaupt nicht aussuchen. Es gab aber schon viele, die überhaupt nichts damit anfangen konnten, dass da die Gitarristen während des Auftritts immer wieder wechselten. Sowas hat bis jetzt auch noch keiner gemacht, die ganzen Leute da auf die Bühne zu holen. Das war jetzt keine normale Bühnenshow in Wacken.

Martin:
Tom, du hast ja immer mal wieder auch deutschsprachige Lieder auf SODOM-Alben gehabt. Man kann es nicht erzwingen, aber wäre es nicht mal wieder an der Zeit, einen coolen deutschsprachigen Titel auf ein SODOM-Album zu packen?

Tom Angelripper:
Bei den letzten Platten ist mir halt nichts eingefallen... (überlegt) Was heißt nichts eingefallen? Mir fällt ja bei ONKEL TOM immer genug ein. Aber bei SODOM muss es halt immer was Besonderes sein. Das hat sich halt nicht ergeben. Ich bringe jetzt nicht mit Hängen und Würgen 'nen deutschen Text raus. Was ich mal gern machen würde, das wäre, so einen typischen, klassischen SODOM-Song mit einem deutschen Text zu machen. Und dann nicht so Titel, die wie 'Mantelmann', 'Ausgebombt' oder 'Die stumme Ursel' in die Punk-Richtung gehen. Man könnte ja so einen Titel wie 'City Of God' auf deutsch machen. Da haben wir schon drüber nachgedacht. Also jetzt nicht, dass wir sagen, wir komponieren einen deutschen Song. Wir komponieren einen SODOM-Song, wie sich das gehört und schreiben 'nen deutschen Text dazu. Auf ein normales Thrash-Album wie "Code Red" oder auch auf unsere letzten Scheibe, da macht man normalerweise keine deutschen Texte drauf. Das will ich jetzt wahrscheinlich mal ändern. Zu 'nem Song wie 'Napalm In The Morning', da könnte man ja auch mal einen deutschen Text schreiben. Wir haben auch schon einige Ideen. Wir sind da dran, weißt du.

Martin:
Wann soll denn eigentlich der zweite Teil von "Lords Of Depravity" erscheinen? Habt ihr da schon fleißig Bildmaterial gesichtet?

Tom Angelripper:
Wir haben jetzt einiges erst einmal gesammelt. Das ist alles in Berlin im Archiv. Ich werde jetzt in den nächsten Wochen 'mal nach Berlin runterfahren und dann werden wir einfach die SODOM-Historie von 1997 ab chronologisch abarbeiten. Den Wacken-Film will ich draufmachen. Ich muss das Material leider abkaufen. Früher gab es solches Material für umsonst. Das ist jetzt alles vorbei. Also gesammelt haben wir jetzt ohne Ende. Also der Produzent war jetzt mit auf Südamerika und überall. Ich hab' einiges zusammen an Material. Ich will auch gerne so eine Art "Roadmovie" machen, wo man auch hinter die Kulissen blicken kann. Wenn wir halt auf Tour sind. Ist schwierig umzusetzen, aber ich versuche, so etwas zu entwickeln. Wenn 'ne Band so ein paar Bierchen trinkt, da passieren schon einige Sachen. Als wir in Südamerika unterwegs waren, da war es zum Beispiel saumäßig heiß. So was versuche ich dann halt zu dokumentieren. Aber ich muss das dann alles noch mit der Plattenfirma abklären. Man kann als Musiker halt nicht immer so, wie man will.

Martin:
Tom, welche würdest du denn als deine positivste Charaktereigenschaft bezeichnen?

Tom Angelripper:
Ich bin pünktlich und eigentlich sehr zuverlässig. Und ich bin auch sehr bodenständig.

Martin:
Und welche würdest du als deine vielleicht negativste bezeichnen?

Tom Angelripper:
Ich sage nicht immer die Wahrheit. Es gibt halt immer mal wieder einige Notlügen.

Martin:
Wir sind am Ende des Interviews angelangt. Hast du noch was, was du den Fans, unseren Lesern und den Metalfans überhaupt mit auf den Weg geben willst?

Tom Angelripper:
Na, ich will zunächst 'mal das Gerücht aus dem Weg räumen, dass Witchhunter und Grave Violator wieder Mitglied bei SODOM sind. Das muss man einfach unterstreichen. Es geht jetzt ganz normal weiter. Wir arbeiten jetzt am zweiten Teil von "Lords Of Depravity". Da werde ich natürlich ständig gefragt, wann das Ding rauskommt. Wir fangen halt erst jetzt mit den Arbeiten an. Ich denke mal, dass die DVD 2008 kommen wird. Genauso, wie ein neues SODOM-Album. Wir versuchen jetzt auch, mal wieder einige Shows in Deutschland zu spielen. Ende des Jahres haben wir zwei Shows. Da wollen wir uns halt einfach mal wieder sehen lassen. Wir machen jetzt auch vieles im Ausland. Eine US-Tour ist angesagt. Unsere neue Hompage wird auch demnächst fertiggestellt werden.

Nach 25 Jahren SODOM kann ich mich nur bei allen bedanken. Ohne unsere Fans wären wir nicht so weit gekommen. Ich bin auch sehr stolz auf die Fans, die SODOM immer die Stange gehalten haben. Ohne unsere Fans wären wir nicht mehr da. Wir versuchen jetzt auch wieder, ein bisschen nach oben zu kommen.

Martin:
Herzlichen Dank für's Interview!

Tom Angelripper:
Ja, gerne geschehen!

Redakteur:
Martin Loga

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