SHADOW DEMON: Interview mit Jeff Helm

07.12.2006 | 12:57

Der Bundesstaat Washington an der Nordwestküste der Vereinigten Staaten hat schon seit jeher einen guten Ruf in unserer Szene. Kein Wunder, schließlich kamen in den letzten dreißig Jahren immer wieder geniale Bands aus eben dieser Ecke um den Rest der Menschheit mit ihren Klängen zu erfreuen. Beispiele hierfür gibt es genug, man denke nur an illustre Namen wie QUEENSRYCHE, SANCTUARY oder METAL CHURCH. Anfang der 90er Jahre war von traditionellem Heavy Metal zwar nur recht wenig aus dieser Region mitzubekommen, schließlich war der Großraum rund um die Metropole Seattle damals auch für Grunge berühmt, aber dennoch ließen sich jene Zeitgenossen, denen derlei Klänge dezent am Allerwertesten vorbeigingen, nicht davon abhalten nach wie vor Metal in ursprünglicher Form zum Besten zu geben.
Mittlerweile ist Grunge mehr oder weniger tot, während der Metal nicht nur in Washington, sondern nahezu überall in den Staaten, schön langsam, aber sicher eine Art Renaissance erleben darf. Aus Washington beispielsweise durfte man in den letzten Monaten nicht nur aktuelle Alben von alteingesessenen Formationen beklatschen, sondern sich auch an bis dato unbekannten Truppen erfreuen, die von dort aus aufbrechen, um auch bei uns Fuß fassen zu können.
Mit SHADOW DEMON, einem Quintett, das aus Kenmore am Lake Washington stammt, stellte sich vor kurzer Zeit eine sehr hoffnungsvolle Band vor, die mit einer sehr gefälligen Melange aus Power und Thrash Metal und Anleihen an unterschiedlichen europäischen Bands mitreißende Musik auf ihrem Debütalbum "Grimoire Of Ruin" anzubieten hat und damit zumindest mein Metal-Herz im Sturm erobern konnte. Die aus Jeff Helm (g.), James Rinker (b.), Ryan Gallagher (g.), Blaine Hammond (v.) und Jay Davidson (dr.) bestehende Formation sollte dies nicht nur bei mir, sondern bei allen Fans der genannten Stilrichtungen schaffen, denn SHADOW DEMON wissen, wie man sich musikalisch Freunde macht.
Darüber hinaus gehören die Musiker auch hinsichtlich ihrer Einstellung zu den Sympatikussen der Szene, wie Jeff im anberaumten Interview unter Beweis stellte.

Walter:
Wer ist dieser SHADOW DEMON denn?

Jeff:
Die Band existiert seit dem Jahre 2001. Ich war damals auf der Suche nach Mitgliedern für eine Metal-Band, wobei vor allem ein Sänger gefragt war, der nicht nur Thrash Metal zu singen im Stande war, sondern der auch Power Metal gut zum Besten geben konnte. In den Anfangstagen bestand die Band lediglich aus Blaine Hammond (v.), mir und einem Drummer, der jedoch nicht allzu lange mit von der Partie war. Erst gegen Anfang des Jahres 2002 stießen dann Tim Diedrich (g.) und James Rinker (b.) zu uns und schön langsam begann sich die Sache zu entwickeln. Wenn es auch nicht immer einfach für uns war, so ist beispielsweise Tim noch im selben Jahr ausgestiegen, weil er übersiedeln musste und es zu umständlich für ihn war die Entfernung für Proben in Kauf zu nehmen, kristallisierte sich jenes Line-up als gar nicht schlecht heraus. Mit einem Gastdrummer und einigen Freunden, die uns die Gitarrensoli einspielten, gingen wir ins Studio um unsere erste, selbstbetitelte EP aufzunehmenden. Diese wurde im Dezember 2003 veröffentlicht und erhielt vor allem bei euch in Europa gute Kritiken. Wir wurden sogar in einigen deutschen und griechischen Printmagazinen besprochen. Daraus resultierten dann einige Gigs, bei denen wir jedoch noch immer auf Gastmusiker zurückgreifen mussten, was uns irgendwann nicht mehr wirklich motivierte.
Als Drummer konnten wir schlussendlich Jay Davidson rekrutieren. Mit ihm und Tim an der Gitarre begannen wir nicht nur die Songs für unser Debüt zu komponieren, sondern hatten im Februar dieses Jahres auch die Gelegenheit für SONATA ARCTICA eine Show zu eröffnen. Danach hielten wir Auditions ab um endlich einen zweiten Gitarristen für die Band finden zu können. Ryan Gallagher stellte sich als der geeignete Kandidat heraus, da uns sein Solo-Stil sehr beeindruckte und perfekt zu unseren Song passte. In Folge versuchten wir Jay und Ryan so gut es geht dabei zu unterstützen sich in die Band einzuleben und unsere Musik zu verinnerlichen. Deshalb ging es erst im März 2006 mit den eigentlichen Aufnahmen zu "Grimoire Of Ruin" los. Da James eben erst sein Heimstudio eingerichtet hatte und wir allesamt nur sehr wenig Erfahrung auf diesem Gebiet hatten, dauerte es zwar einige Monate, doch es hat sich gelohnt, denn wir sind nicht nur mit der Musik der Scheibe, sondern auch mit dem Sound sehr zufrieden. Seit Ende Oktober ist "Grimoire Of Ruin" nun erhältlich und die ersten Pressereaktionen stimmen uns sehr zuversichtlich. Ich denke, unser Album ist rundum gelungen.

Walter:
Gelungen ist der passende Ausdruck, denn das Album knallt wahrlich mächtig. Welche Bands darf man denn als "Paten" nicht vergessen, hinsichtlich der Einflüsse auf euch als Musiker?

Jeff:
Wir hören Heavy Metal in fast allen nur erdenklichen Unterarten. Um jedoch für die gesamte Band die wichtigsten Einflüsse zu nennen, müssen auf jeden Fall JUDAS PRIEST, IRON MAIDEN, BLIND GUARDIAN, ICED EARTH, TESTAMENT, die alten HELLOWEEN, DIO und noch viele mehr genannt werden. Einige Bandmitglieder sind mehr im traditionellen und klassischen Metal zu Hause, allerdings haben wir auch Black Metal und Death Metaller im Line-up. Ich persönlich höre im Moment sehr viel AMON AMARTH, DISSECTION, WOLF, DESTRÖYER 666, FRETERNIA und DARK ANGEL. Eines lässt sich aber auch noch für die gesamte Band sagen, wir alle lieben es uns mit bislang unbekannten Bands zu beschäftigen und haben deswegen allesamt auch recht ordentlich gefüllte CD-Regale zu Hause.

Walter:
So ist das eben als Metaller. Als ich den Namen SHADOW DEMON zum ersten Mal hörte, assoziierte ich eher etwas aus dem Dark- oder Gothic-Metal-Bereich damit, was ja überhaupt nicht zutrifft. Wie seid ihr denn auf diesen Namen gekommen?

Jeff:
Was "Gothic" betrifft, so ist dieser Begriff in letzter Zeit leider ein wenig in Misskredit gekommen, aber dass der Begriff SHADOW DEMON sehr dunkel klingt, war beabsichtigt. Ich liebe es, wenn kraftvolle Musik mit dunkler Atmosphäre kombiniert wird und genau das wollten wir auch mit unserem Bandnamen zum Ausdruck bringen. Auch das Artwork vermittelt ja eine recht düstere Stimmung. Ich denke, so gesehen passt der Bandname gut zu uns und unserem Album.

Walter:
Wie kann man denn in Anbetracht der relativ komplizierten Anfangszeit der Band eure musikalische Entwicklung beschreiben? Ich denke, auch da dürfte sich einiges verändert haben.

Jeff:
Unsere EP im Jahre 2003 klang stilistisch noch sehr "geradeaus". Die Songs von "Grimoire Of Ruin" sind zum größten Teil wesentlich komplexer und vielschichtiger ausgefallen und arrangiert worden. Wir haben es auf diesem Album bewusst vermieden einfach drauf los zu musizieren, sondern haben immer wieder verschiedene Passagen mit eingearbeitet, die wohl kaum zu erwarten gewesen wären. Jedoch haben wir uns auch immerzu darüber Gedanken gemacht, wie man Kompositionen gestalten kann, dass der berühmte roten Faden nicht verloren geht. Auf "Grimoire Of Ruin" lassen sich auch wesentlich mehr unterschiedliche Einflüsse nachvollziehen als auf der EP. So gesehen läuft unsere Entwicklung wirklich bestens, da wir genau das im Sinn hatten.

Walter:
Wie entstehen denn Songs bei euch generell?

Jeff:
Wir treffen uns im Normalfall in regelmäßigen Abständen im Proberaum. Zudem hat aber auch jedes Mitglied der Band die technischen Vorraussetzung um diverse Songideen zu Hause auf dem Computer erst einmal festzuhalten um diese dann weiterzubearbeiten. Aus Spontaneität entsteht sehr selten etwas bei SHADOW DEMON, denn Jam-Sessions im Proberaum verursachen bei uns zumeist eher deftigen Lärm, haha.
Was die Songs an sich betrifft, so entstammt die ursprüngliche Idee dafür meistens dem Gehirn eines Bandmitglieds. Daraus wird dann in Folge eine Passage oder gar ein gesamter Song gestrickt. James und ich haben den Großteil der Songs für "Grimoire Of Ruin" geschrieben, denn zwischen uns harmoniert das Songwriting ungemein gut. Außerdem lässt sich James immerzu von den jeweiligen Songs zu passenden Texten inspirieren, was auch im Vorfeld des aktuellen Albums der Fall war.

Walter:
Perfekte Überleitung, denn die Texte sind der nächste Punkt, zu dem ich dich befragen möchte.

Jeff:
Im Allgemeinen lassen sich die Texte der Scheibe zwar nicht wirklich auf einen gemeinsamen Nenner bringen, aber zumindest vom Sinn her gibt es doch einige Anknüpfungspunkte. Es geht immer wieder um Lebensprozesse und um Zyklen, die das Leben bestimmen. Egal, ob der Kreislauf des Lebens gemeint ist, der im Tod endet, oder die Freiheit, die leider nicht selten in moderner Sklaverei untergeht, all das sind Themen mit denen wir uns auf "Grimoire Of Ruin" beschäftigt haben. Wenn wir auch zahlreiche Fantasy-Themen und dunkle Einflüsse in unseren Songs verarbeiten, so muss jedoch angefügt werden, dass wir dennoch immerzu einen Bezug zur Realität haben.

Walter:
Aber ein Konzeptalbum im eigentlichen Sinne ist das Album dennoch nicht geworden, oder?

Jeff:
Nein, das nicht, aber wie schon gesagt, ein roter Faden lässt sich dennoch finden. Auch der Titel beinhaltet jene Symbolik, die ich in den Texten gemeint habe. "Grimoire" soll als Synonym für die dämonische Seite stehen, während "Ruin" quasi das Ende an sich darstellt. Auch damit versuchten wir einen Konsens zu den Songs herzustellen.

Walter:
Woher bezieht ihr die Inspirationen für derlei Texte?

Jeff:
Ich selbst habe ja nur zwei Texte verfasst. 'The Dark Citadel' ist eine Fantasy-Geschichte, die ich erfunden habe und zum Text von 'Sea Of Oblivion' wurde ich von einem Film beeinflusst. Generell inspirieren mich Fantasy-Stories und übernatürliche Themenkreise ungemein. James dagegen verarbeitet sehr viel von seinen persönlichen Ansichten in den Texten, weshalb man auch immer wieder politische, sozialkritische oder philosophische Ansätze in seinen Lyrics finden kann. Auch seine Emotionen bringt er immer wieder mit ins Spiel, aber dennoch vermeidet er es sich selbst dabei bloß zu stellen.

Walter:
Auch das bereits erwähnte Artwork ist es wert mehr darüber in Erfahrung zu bringen.

Jeff:
Da haben wir uns einen wahren Könner an Bord geholt. Mattias Noren hat nicht nur unser neues Logo entworfen, sondern auch das Cover und das Artwork für das Booklet gestaltet. Wir sind von seiner Arbeit schon seit langer Zeit sehr angetan und deswegen haben wir uns an ihn gewandt. Schon von seinen ersten Entwürfen waren wir dermaßen beeindruckt, dass wir aufgeregt waren wie kleine Kinder, bis wir endlich die finale Variante zu Gesicht bekommen haben.

Walter:
Mit Darkhaven Records habt ihr ein bei uns noch zur Gänze unbekanntes Label im Hintergrund.

Jeff:
Im Moment sind einige Mitglieder der Band bei Darkhaven mit von der Partie. Die Gründung dieses Labels basierte in erster Linie darauf, dass wir unser Album darauf veröffentlichen wollten. Dennoch sind wir noch immer eine unabhängige Band geblieben, mal sehen, was die Zukunft bringt.

Walter:
Vielleicht ein weiteres Standbein für die Beteiligten, wenn Darkhaven noch weitere Bands eurer Güteklasse veröffentlichen kann.
Wie ist es denn im Moment in eurer Heimat um die Metal-Szene bestellt?

Jeff:
Wenn du nach eher traditionell ausgerichteten Bands suchst, eher bescheiden. Klar, es gibt NEVERMORE, HEIR APPARENT oder METAL CHURCH, aber ansonsten ist diesbezüglich eher Funkstille angesagt. Allerdings existieren hier in der Umgebung einige wirklich sehr gute Bands, die eher im extremen Metal-Bereich unterwegs sind. IN MEMORIUM, SCORCHED EARTH oder auch INQUINOK haben das Zeug auch bei euch bekannt zu werden. Auch ARAKUS sollten erwähnt werden, auch wenn diese Truppe mit Heavy Metal im eigentlichen Sinne nicht viel am Hut hat, sondern eher angeschwärzten Gothic offeriert, ist sie dennoch sehr gut. Aber leider war es das dann auch schon wieder, denn die "Szene" an sich ist hier leider von Trendreitern durchzogen. Musiker, die vor einigen Jahren damit begonnen hatten Nu-Metal-Bands zu gründen um damit durchzustarten, setzen nun auf Metalcore, wobei deren Riffkonstrukte für mich immer noch an PANTERA erinnern, aber leider nicht so genial sind. Es existieren auch noch jede Menge Bands, die entweder nach KORN, SLIPKNOT oder SYSTEM OF A DOWN klingen, aber nicht weiter erwähnenswert sind.
Auch wenn ich damit in Amerika im Moment nicht unbedingt sehr viele Gesinnungsgenossen habe, aber ich bevorzuge jenen Heavy Metal, wie er vor Jahren aus Europa gekommen ist, als Einflussquelle und ich denke, das hört man SHADOW DEMON auch an. Zudem muss ich auch gestehen, dass es zuletzt wieder mehr Fans für derlei Sounds gegeben hat als noch vor einigen Jahren. Das war wohl auch mit ein Grund, weshalb es verhältnismäßig lange gedauert hat, bis unser derzeitiges Line-up zusammengekommen ist, denn Musiker, die ähnlich denken wie ich konnte ich leider nur sehr selten finden.

Walter:
Dementsprechend schwierig wird es wohl für euch auch gewesen sein an Gigs heranzukommen?

Jeff:
Das ist korrekt. Bislang haben wir noch nicht wirklich viele Shows spielen können. Genau daran sind wir aber sehr interessiert und hoffen diesen Umstand auch in Bälde ändern zu können. Im Moment proben wir sehr häufig um für den Fall eines Gigs gerüstet sein zu können und ich denke, mittlerweile sind wir bereit auch eine halbwegs professionelle Show abzuliefern. An Auftritten bislang sind auf jeden Fall unsere Teilnahme beim "Seattle PowerProg Fest" im Jahre 2004 erwähnenswert, an dem unter anderem auch HEIR APPARENT zu hören und zu sehen waren. Aber auch unsere Gigs zusammen mit SONATA ARCTICA und KAMELOT und EPICA im letzten Jahr waren eine sehr tolle Erfahrung für uns. Auch wenn wir die Bandmitglieder dieser Formationen nicht zu Gesicht bekamen, war es sehr cool ihre Fans anheizen zu können.

Walter:
Mit "Grimoire Of Ruin" im Handgepäck sollte es aber zumindest einigermaßen leichter sein an Auftritte zu kommen.

Jeff:
Naja, an eine Tour wage ich noch nicht einmal zu denken, dafür ist es bestimmt noch zu früh. Vereinzelte Gigs werden hoffentlich aber schon drin sein, aber auch das wird sich erst zeigen. Um "Grimoire Of Ruin" amtlich zu promoten haben wir vor das Internet zu nutzen um zumindest dort präsent zu sein. Vielleicht gehen wir auch eine Zusammenarbeit mit einigen Printmagazinen ein, um dann Anfang des nächsten Jahres Anzeigen zu schalten. Vielleicht hilft es uns ja auch, dass du für uns die Werbetrommel rührst, haha.

Walter:
Ich werde mich bemühen. Um zu einem Abschluss zu kommen, wollte ich noch etwas über eure nächsten Tätigkeiten in Erfahrung bringen.

Jeff:
Wir hoffen, hier in der Region mehr Gigs spielen zu können, obwohl uns das Geld fehlt um großartige Planungen realisieren zu können. Da wir auch die Aufnahmen für unser Album selbst finanzieren mussten, ist leider im Moment ein wenig Ebbe in der Bandkassa. Wenn man uns also für einen Gig buchen will, müssten zumindest die Fahrtkosten abgedeckt sein. Wir versuchen im Moment auch eventuelle Festival-Gigs in Europa zu erhaschen, aber auch diesbezüglich gibt es noch keine konkreten Angaben, ob sich so etwas realisieren lassen wird. Ansonsten werden wir wohl demnächst damit beginnen neue Songs zu komponieren und hoffen, dass "Grimoire Of Ruin" zahlreiche Abnehmer findet!

Walter:
Das hoffe ich auch für euch, denn das Album ist ein sehr starkes geworden und sollte nahezu jeden Metaller, die Extremisten unter uns einmal außen vor gelassen, erfreuen können!

Redakteur:
Walter Scheurer

Login

Neu registrieren