SAVATAGE: Die Wiederveröffentlichung von "Ghost In The Ruins"

26.10.2023 | 12:28

Mit "Streets – A Rock Opera" befand sich SAVATAGE zu Beginn der 1990er Jahre auf einem absoluten Höhepunkt. Was die Amerikaner auch anfassten, wurde zu Gold und die Welt des progressiv angehauchten Power Metals lag Criss und Jon Oliva zu Füßen. Als sich Jon aus dem Rampenlicht zurückziehen und nur noch das Keyboard bedienen wollte, wurde mit Zak Stevens ein kongenialer Ersatz am Mikrofon gefunden. Mit ihm nahmen die Jungs "Edge Of Thorns" auf, das Anfang April 1993 veröffentlicht wurde. Es sollte das letzte Album SAVATAGEs mit diesem genialen Musiker Cristopher Michael Oliva sein – er kam ein halbes Jahr später bei einem Autounfall ums Leben. Als Tribute an ihn wurde 1995 "Ghost In The Ruins" veröffentlicht, das diverse Live-Aufnahmen mit Criss aus den Jahren 1987 bis 1990 enthält. Wir blicken auf die Wiederveröffentlichung dieser Besonderheit.

Erstmals als limitierte LP-Edition erscheint "Ghost In The Ruins" am 27. Oktober via earMUSIC, um das große und bedeutsame Vermächtnis Criss Olivas zu ehren, da sie zugleich die einzige Live-Veröffentlichung aus dem Hause SAVATAGE ist, auf der Criss an der Gitarre zu hören ist. Die Auswahl der Songs – die Titel stammen von den Alben "Sirens", "The Dungeons Are Calling", "Hall Of The Mountain King" sowie "Gutter Ballet" – hätte vor allem für Fans der älteren SAVATAGE-Zeit, also jene, die mit den besonderen Gitarrenklängen eines Criss Olivas aufgewachsen sind, nicht besser abgestimmt werden können. Der klare wie auch erdige Klang, die energiegeladene Atmosphäre sowie die frenetischen Zuschauerreaktionen sind die Kirschen auf dem Eisbecher dieser Veröffentlichung, zumal sie per se auch wie ein einziges Konzert klingt, obwohl die Titel bei verschiedenen Auftritten zwischen 1987 und 1990 aufgenommen wurden. Schon erstaunlich, oder?

Ob 1988 Philadelphia mit '24 Hours Ago', 'Legions' und 'Strange Wings' gänzlich in den Bann gezogen wurde, Brooklyn 1990 den Old-School-Flair von 'Hall Of The Mountain King', 'Of Rage And War' und 'Hounds' vor den Latz geknallt bekam oder Los Angeles die Schönheit von 'When The Crowds Are Gone' und natürlich 'Gutter Ballet' am eigenen Leib spüren durfte – dieses Wie-aus-einem-Guss-Gefühl sorgt für eine wohlige Gänsehaut und eine Hommage, wie sie stilechter und eleganter nicht hätte ausfallen können. Als Abschluss der ersten SAVATAGE-Ära und Rückschau der besonderen Karriere Olivas ist "Ghost In The Ruins" eine absolute Wonne und krönt die Erinnerung an einen Mann, der Fans und Musikerkollegen gleichermaßen am Herzen ruht.

"Ghost In The Ruins" gehört aber nicht nur ob des Inhalts, sondern auch aufgrund dieser wunderbaren Aufmachung in jede noch so gut sortierte Schallplatten-Sammlung. Das Artwork ist mystisch und episch zugleich, fängt den Geist Olivas perfekt ein. Als Heavyweight-Doppel-LP auf orange-schwarz marmoriertem Vinyl mit Gatefold-Cover und schwarzen Innenhüllen fügt sich dieses Tribut-Album auch den in den vergangenen Jahren bereits erschienenen Re-Releases aus dem Hause SAVATAGE, macht das vorliegende Exemplar trotzdem zu einem Hingucker und einem besonderem Zeitreise-Erlebnis. Hinzukommen zwölf Seiten LP-Booklet – hochwertig und spannend zugleich – das mit exklusiven Liner-Notes und einer Menge Bildmaterial zusätzlich an Wert, Authentizität und Schönheit gewinnt, wie gewohnt in erstklassiger Qualität der gesamten Reihe.

Last but not least sollen auch die drei Bonusstücke erwähnt werden, die 1987 in Cleveland, Ohio, aufgenommen wurden. Das heutige Agora Theater & Ballroom wurde vor 36 Jahren Zeuge eines denkwürdigen Auftritts, sofern man 'Devastation', 'Beyond The Doors Of The Dark' und 'Unusual' als Referenzen heranzieht. Zugegeben, die beiden "Hall Of The Mountain King"-Nummern sowie der "Power Of The Night"-Stellvertreter laufen stets unter dem Radar, wenn man an die großen SAVATAGE-Gassenhauer denkt, doch mit welchem Esprit und Feuer sie in Cleveland zum Besten gegeben wurde und welch musikalische Raffinesse sie auch auf den regulären Alben haben, ist schon erstaunlich. Ihr merkt, ich werde wieder angefixt, ab "Sirens" die Diskografie der Jungs komplett durchzuhören.

Genau das ist auch Sinn und Zweck der "Ghost In The Ruins"-Wiederveröffentlichung im edlen Vinyl-Format. Zum einen zeigt sie die erstaunlichen Live-Fähigkeiten dieser genialen Band, wie die einzelnen Mosaiksteinchen zu einem fertigen Kunstwerk erschaffen und durch Hits wie 'Gutter Ballet', 'Sirens' oder 'Hall Of The Mountain King' zum Leben erweckt werden. Das Publikum ist elektrifiziert, das merkt man ab den ersten 'City Beneath The Surface'-Momenten. Zum anderen zollt sie einem solch begnadeten und filigranen Musiker wie Criss Oliva Tribut, erzeugt eine sehr geschmackvolle Rückschau seines Schaffens bei SAVATAGE, das sieben Studioalben, mit "Dungeons Are Calling" eine sehr starke EP und viele unvergessliche Momente auch als Menschen umfasst.

Vom "Sirens"-Debüt über "Power Of The Night" bis hin zum "Streets"-Opus und "Edge Of Thorns"-Stevens-Einstand geht es für mich nun zurück in die Musik-Historie - mit der vorliegenden "Ghost In The Ruins – A Tribute To Criss Oliva"-Wiederveröffentlichung als hellglänzenden, krönenden Abschluss. R.I.P. Criss.

Redakteur:
Marcel Rapp

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