OLD MAN'S CHILD: Interview mit Galder

21.10.2005 | 17:04

Obwohl OLD MAN'S CHILD fast gleich lange am Start ist wie DIMMU BORGIR, steht die Stammband von Galder oft völlig zu Unrecht ein wenig im Schatten der bekannteren Bruderband. Damit hat der Sänger und Multiinstrumentalist aus Norwegen jedoch kein großes Problem, sondern ist bei beiden Bands mit vollem Einsatz am Werk. Ich habe mich mit dem vielbeschäftigten Schwarzmetaller darüber unterhalten, wie er seine beiden Baustellen zeitlich unter einen Hut bringt, außerdem über sein Privileg mit einigen der größten Metal-Schlagzeuger zusammen gespielt zu haben und natürlich über die sehr starke neue Scheibe "Vermin", welche gerade über Century Media in die Läden gestellt wurde...

Rüdiger:
Wenn wir die EP mitrechnen, dann ist "Vermin" schon das siebte Album von OLD MAN'S CHILD. Ihr habt also bereits eine lange Reise durch die Metalwelt hinter euch. Wenn du eine kurze Retrospektive wagst, bist du mit der musikalischen Entwicklung und dem erreichten Status der Band zufrieden?

Galder:
Jeder Musiker wächst über die Jahre, also glaube ich, dass das auch für mich ein natürlicher Prozess ist. Dabei glaube ich aber auch, dass O.M.C. immer seinen Wurzeln treu geblieben ist und obwohl dieses Album anders klingt als das erste Demo, kann man immer noch hören, dass es ein typisches O.M.C.-Album ist, halt vielleicht ein bisschen "moderner", und nachdem ich seit sieben Alben hier dabei bin, bin ich natürlich mit allem sehr glücklich. Sonst hätte ich es kaum so lange durchgezogen.

Rüdiger:
Wie siehst du die Entwicklung der Black-Metal-Szene insgesamt? Was hältst du davon, dass viele alte, bekannte Bands noch immer einzigartig, kreativ und innovativ sind, während ein großer Teil des Undergrounds sich selbst limitiert und versucht, anderen zu diktieren, was wahrer Black Metal sei?

Galder:
Ich glaube für ältere Bands, die Old-School-Black-Metal spielen, wäre es schwer, noch immer einzigartig und innovativ zu sein, weil das meiste weitestgehend bereits gemacht wurde. Aber darum geht's ja eigentlich im Black Metal auch nicht wirklich, oder? Außerdem denke ich, dass es in allen Genres so ist. Es ist nur zirka zehn Jahre lang aufregend und neu, dann stirbt es langsam aus. Aber Leute, welche die Szene seit zehn oder mehr Jahren verfolgen, wissen meiner Meinung nach noch immer, worum es beim Black Metal geht und sie versuchen auch ihren Wurzeln so treu wie möglich zu bleiben.

Rüdiger:
Wie wichtig ist dir OLD MAN'S CHILD heute im Vergleich zu DIMMU BORGIR, sowohl in künstlerischer Hinsicht als auch mit Bezug auf deine Karriere?

Galder:
Es ist mir immer noch so wichtig wie seit jeher. Ich habe mit dieser Band nicht wirklich viel Geld verdient, insofern bedeutet es mir auf tieferer Ebene mehr. Es ist einfach etwas, das ich tun will, und wenn ich die Band irgendwann aufgeben müsste, dann wäre das ein trauriger Tag für mich. O.M.C. ist für mich eine großartige Möglichkeit, meine Gefühle der Welt gegenüber auszudrücken.

Rüdiger:
Hat es dem Interesse von Fans und Medien an der Band genutzt, dass du nach "Revelation 666" bei DIMMU BORGIR eingestiegen bist?

Galder:
Ich glaube, die meisten Leute hatten kein Problem damit, weil die Stilrichtungen sich ja ziemlich ähneln. Ob es das Interesse an der Band vergrößert hat, weiß ich nicht genau. Es wäre mir jedenfalls nicht wirklich aufgefallen, und das ist auch gut so, weil ich nicht will, dass die Leute, die DIMMU BORGIR mögen, deswegen ein O.M.C.-Album kaufen und dann denken, dass es nur eine billige Kopie von DIMMU sei. Da ist es mir dann lieber, wenn sie es überhaupt nicht kaufen. Wer die Band schon lange verfolgt, der weiß aber, dass wir keine Kopie sind.

Rüdiger:
Du hast 2005 ja an "Vermin" und an der Neuaufnahme von "Stormblåst" mitgearbeitet...

Galder:
Nein, ich habe auf "Stormblåst" nicht mitgespielt. Es waren Shagrath, Silenoz und Hellhammer, die das gemacht haben, während ich "Vermin" aufgenommen habe. Das ist auch verständlich. Warum sollte ich auf jener Scheibe mitspielen, wenn es ursprünglich Shagrath und Silenoz waren, die das Album eingespielt haben. Das macht für mich keinen Sinn.

Rüdiger:
Oh, in Ordnung, dann war die Labelinfo von Nuclear Blast ein wenig verwirrend. Wann findest du allgemein neben DIMMU BORGIR die Zeit für deine Arbeit für OLD MAN'S CHILD? Viel Abstimmungsarbeit, oder?

Galder:
Ja, man kann sagen, dass ich meine Zeit weit im Voraus einteilen muss, damit es nicht mit dem engen Terminplan von DIMMU kollidiert. Solange mir das gelingt, gibt es aber keine Probleme.

Rüdiger:
OLD MAN'S CHILD 2005 besteht nur aus dir und deinem Session-Drummer Reno H. Killerich, also ist die Band im Moment eher eine Art Soloprojekt. Hast du vor, mal wieder echte Bandstrukturen aufzubauen, oder bleibt es bei der aktuellen Form?

Galder:
Vielleicht habe ich beim nächsten Album wieder eine komplette Band, vielleicht aber auch nicht. Wenn ich auf Tour gehe, brauche ich aber definitiv eine vollständige Truppe. Es ist heute aber nicht großartig anders, als damals als O.M.C. noch eine "echte Band" war. Ich habe auch damals die meiste Musik selbst geschrieben, heute muss ich nur auch die Instrumente selbst einspielen, und wer sollte das denn besser können als der Typ, der die Musik erschaffen hat?

Rüdiger:
Wie bist du auf Reno aufmerksam geworden? Durch seine Arbeit als Live-Drummer von DIMMU BORGIR, oder durch seine früheren Bands?

Galder:
Ich hatte seine anderen Bands noch nie gehört, bevor er die Tour mit DIMMU spielte. Dort habe ich ihn kennen gelernt.

Rüdiger:
Er gilt als einer der schnellsten Drummer überhaupt und hat das auch bei einem Wettbewerb unter Beweis gestellt...

Galder:
Er ist ein sehr vielseitiger Schlagzeuger, und wie du gesagt hast, ist er auch ein schneller Drummer. Dabei ist dieses Album gar nicht wirklich so schnell. Das stellt seine Fähigkeiten unter Beweis. Wenn ich von Anfang an gewusst hätte, dass er das Schlagzeug der Scheibe spielen würde, dann hätte ich das Album wahrscheinlich ein wenig schneller, vielleicht sogar viel schneller gemacht. Wenn er auch auf dem nächsten Album spielen sollte, dann werde ich das Tempo definitiv verschärfen.

Rüdiger:
Einige seiner eindrucksvollsten Passagen spielt Reno meines Erachtens bei 'War Of Fidelity', siehst du das auch so? Sehr schnell, aber auch sehr vielseitig und originell. Wie viel künstlerische Freiheit gestehst du ihm eigentlich zu?

Galder:
Den Anfang dieses Songs haben wir zusammen im Studio ausgearbeitet. Wir haben vor den Aufnahmen nur eine Nacht lang im Studio geprobt, so dass die meisten Ideen für die Schlagzeug-Passagen schon auf der CD mit der Vorproduktion enthalten waren, die ich ihm geschickt habe.

Rüdiger:
Du hast nun schon mit einigen bekannten Schlagzeugern zusammen gearbeitet, einige davon gehören zu den besten Metal-Drummern überhaupt. Wie würdest du die Stile von Reno, Tony Laureano, Tjodalv, Gene Hoglan, Hellhammer und Nick Barker miteinander vergleichen?

Galder:
Gene, Barker und Hellhammer haben meiner Meinung nach einen ziemlich ähnlichen Stil. Sehr technisch und in dem, was sie tun, eine Klasse für sich. Reno und Tjodalv sind sich auch sehr ähnlich, sie spielen sehr schnell, geradlinig und punktgenau. Tony ist extrem schnell. Er ist so schnell, dass man seinem Tempo manchmal kaum folgen kann, hehe. Sie sind alle sehr gute Schlagzeuger und haben unterschiedliche Qualitäten.

Rüdiger:
Hast du vor, für "Vermin" auf Tour zu gehen?

Galder:
Nein, soweit ich das momentan absehen kann, wird es keine Liveshows geben. Ich nutze meine Zeit lieber um Musik zu machen, als jedes Jahr mehrere Monate mit einer weiteren Band unterwegs zu sein.

Rüdiger:
Gehen wir mal kurz vom aktuellen Gefüge zu den alten Line-ups der Band. Sind deine alten Bandkollegen noch im Business aktiv? So viel ich weiß, betreibt Tjodalv ja noch immer SUSPERIA, aber über deine anderen ehemaligen Mitstreiter habe ich seit langem nichts mehr gehört. Jardar, Brynjard Tristan... Wo sind die abgeblieben?

Galder:
Ich habe keine Ahnung, was Tristan heute macht. Jardar bringt gerade zusammen mit Silenoz ein Death-Metal-Projekt zum Laufen, aber viel weiß ich darüber auch nicht. Gonde und Tony Kirkemo von "The Pagan Prosperity" spielen in einer Band namens MINAS TIRITH.

Rüdiger:
Dein Vertrag mit Century Media geht noch über ein weiteres Album, stimmt's? Wirst du danach weitermachen?

Galder:
Ja, eines ist noch übrig. Wir sprechen gerade darüber, den Vertrag um zwei weitere Alben zu verlängern. Mal sehen, was passiert. Ich will die Band aber wirklich noch nicht aufgeben.

Rüdiger:
Kürzlich beschwerten sich einige Bands, darunter IN THE WOODS und DISSECTION, darüber, dass das niederländische Label Karmageddon Media (früher Hammerheart Records) unautorisierte Auflagen ihrer Demos vertreibe. Von euch gibt es dort ja auch die Split-CD mit den beiden EPs von DIMMU BORGIR und OLD MAN'S CHILD...

Galder:
Ja, diese Wiederveröffentlichung geht mir auch ein wenig auf den Senkel, weil ich davon keinen Penny gesehen habe. Wir haben mit denen darüber gesprochen, aber nichts ist passiert.

Rüdiger:
Zurück zum neuen Album: Gibt es ein spezielles lyrisches Konzept, und welche Themen behandelst du in den Texten? Finden die sich auch im Cover wieder?

Galder:
Das Cover und der Titel "Vermin" (zu deutsch "Ungeziefer") steht so ziemlich für alles auf dem Album. Ich schreibe viel über diese schlechten Seiten der Menschheit und der Religionen, aber allein deshalb würde ich es noch nicht als Konzeptalbum bezeichnen.

Rüdiger:
Das Artwork stammt von dem griechischen Künstler Set<'H>. Hat den das Label ausgewählt, oder wolltest du ihn persönlich haben?

Galder:
Das Label hat mir einige Ideen verschiedener Künstler zugesandt und seine erwiesen sich als die besten. Ich suchte nach einem Cover, das die Inhalte des Albums repräsentiert, und ich denke, dass seine Arbeit dies tut.

Rüdiger:
Definitiv. Außerdem gibt es auf "Vermin" noch einen Gastauftritt von Eric Peterson (TESTAMENT, DRAGONLORD). Wie kam es dazu?

Galder:
Er spielt bei 'In Torment's Orbit'. Ich hab ihn im Studio getroffen, als er Aufnahmen für DRAGONLORD machte. Wir kamen ins Gespräch und er zeigte mir ein paar Ideen, die mir gut gefielen, das war alles.

Rüdiger:
OLD MAN'S CHILD ist für "Vermin" bei Fredrik Nordström und dem Studio Fredman geblieben, während DIMMU BORGIR zu Peter Tägtgren und The Abyss zurückgekehrt sind. Gibt's dafür spezielle Gründe?

Galder:
Ich habe mich fürs Fredman entschieden, weil ich denke, dass dieser Sound gut zu O.M.C. passt. Außerdem ist es nicht weit von dem Ort in Norwegen entfernt, wo ich wohne. DIMMU wollten einfach mal wieder mit Peter zusammenarbeiten.

Rüdiger:
Du hast ja mit DIMMU BORGIR beim Earthshaker Fest in Deutschland gespielt. Nach dem Event haben sich manche über die Organisation und den Headliner beschwert. Wie hast du das Festival erlebt?

Galder:
Ich habe auf dem Festival einige Bierchen getrunken und um ehrlich zu sein, ich kann mich aus der Zeit nachdem wir gespielt haben an wenig erinnern. Aber soweit ich mich erinnern kann, war es ein cooles Festival.

Rüdiger:
Was sind deine Pläne für die nähere Zukunft?

Galder:
Wir haben vor, in ein paar Wochen das nächste DIMMU-Album in Angriff zu nehmen und das wird mich eine ganze Weile beschäftigen. Dass wir vor der Fertigstellung des Albums noch live auftreten werden, bezweifle ich sehr. Außerdem muss ich noch ein wenig Promotion für dieses Album machen. Das ist also mein Programm für die nächste Zukunft, und dann geht es wieder los mit Tours, Festivals und dergleichen.

Rüdiger:
So, das war's. Vielen Dank, dass du dir für uns Zeit genommen hast. Alles Gute für die Zukunft für dich und deine beiden Bands.

Galder:
Jupp, vielen Dank für das Interview.

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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