NECRODEATH: Interview mit Claudio

01.01.1970 | 01:00

Italien war lange Zeit in Sachen Metal Niemandsland, bis vor einigen Jahren die große Powermetal-Schwemme aus Richtung Süden einsetzte. Doch schon vor diesem Overkill, gab es Mitte der Achtziger eine Band namens NECRODEATH, die die Fahnen in Sachen heftiger Mucke „Made in Italy“ hochhielt, bevor sie `89 wieder die Segel strich. Gott-sei’s-gedankt, fand man sich vor einigen Jahren wieder zusammen und erfreut seither die Metal-Gemeinde dieses unseren Planeten in regelmäßigen Abständen mit Thrash-meets-Black-Metal Hämmern erster Sahne. Gründungsmitglied Claudio (Klampfe) war so nett und stellte sich meinen Fragen.

Oliver: Claudio, ich hab ja gerade schon kurz euren musikalischen Werdegang angesprochen. Könntest du zur Vervollständigung nochmal auf die Eckdaten eingehen.

Claudio: Naja, das ist eigentlich eine ziemlich lange Story und ich möchte dich damit nicht allzu sehr langweilen. Um es kurz zu machen, wir haben uns 1984 zusammengefunden und in der Folgezeit einige Demos, sowie 2 Alben produziert … das letzte 1989 namens “Fragements Of Insanity” … anschließend haben wir uns aufgelöst.
10 Jahre war die Band auf Eis, bis ich eines Tages Peso (Schlagzeug) wieder traf, wir uns einen neuen Sänger und Bassisten angelten und der Band neues Leben einhauchten. Mit diesem Line-Up haben wir dann dann auch “Matter Of Evil” und das aktuelle Album “Black As Pitch” aufgenommen.

Oliver: Und da wären wir auch schon beim Thema, nämlich der aktuellen Scheibe „Black As Pitch“. Wie sind die Reaktionen denn bis dato auf euren neuen Longplayer so ausgefallen?

Claudio: Zu 99% überall mehr oder weniger gut. In manchen Ländern, wie z. B. Deutschland waren die Reaktionen geradezu überschwenglich. Diejenigen, die auf extreme Musik stehen, werden auf unser Album abfahren … nach neumodischen Einflüssen wird man dabei vergeblich suchen.

Oliver: Eine Band, die ihr Album “Black As Pitch” nennt, singt sicher nicht über Liebe und sonstige Freuden des Lebens oder sehe ich das falsch!? Worum geht es in euren Texten, was beeinflußt euch beim Schreiben der Lyrics?

Claudio: Das siehst du richtig. In unseren Texten geht es hauptsächlich um den Wahnsinn des täglichen Lebens, Gewalt, Typen, die im Namen Gottes oder irgend einer Religion töten … ja, das sind so die Hauptthemen.

Oliver: Italien ist ja ein sehr religiöses Land. Wie paßt da eine Band, “Black As Pitch” wie NECRODEATH ins Bild? Habt ihr jemals Probleme mit der Kirche gehabt? Könnte ich mir jedenfalls ganz gut vorstellen ...

Claudio: Nein, wir haben eigentlich was die Kirche angeht keine Probleme, dafür sind wir einfach zu sehr Underground! Du kannst höchstens Streß bekommen, wenn die ganze Geschichte ins Fernsehen kommt bzw. mehr Mainstream wird. Niemand interessiert sich jedoch für Underground Zeugs und wir scheren uns auf der anderen Seite nicht um die Kirche.

Oliver: Keine Frage “Matter Of Evil” war ein gutes Album, aber mit “Black As Pitch” habt ihr einen wahren Killer auf die Menschheit losgelassen. Wie habt ihr das auf die Reihe bekomen und wann war euch klar, daß die neue Scheibe was ganz besonderes ist / wird?

Claudio: Freut mich zu hören, daß dir die Scheibe so gut gefällt. Ja, “Black As Pitch” ist extrem brutal und evil ausgefallen, aber ehrlichgesagt war ich doch ziemlich überrascht, als ich mir das Album zu ersten mal angehört habe, da ich eigentlich den Eindruck hatte, daß “Matter Of Evil” doch eine Ecke heftiger geworden ist. Geplant haben wir jedenfalls nichts; alles ist auf natürliche Art entstanden. Je älter wir werden, desto brutaler scheint das Resultat zu werden!

Oliver: Auf „Black As Pitch“ jagt ja ein Song den nächsten ohne Pause dazwischen … finde ich übrigens verdammt cool. Was steckt dahinter und habt ihr euch schon während des Komponierens der Stücke gedanken gemacht, wie das Ende von Song A zum Anfang von Song B passt oder ging das erst im Studio vonstatten?

Claudio: Ganz genau, Song reiht sich an Song. Im Prinzip wie auf dem Vorgänger auch, nur dieses Mal viel eindeutiger, da die Übergänge einfach viel fließender sind. I love this! Wenn du allerdings nur ein Tape hast, bist du aufgeschmissen, denn ohne den Track-Wechsel auf dem Player-Display tappst du nämlich völlig im dunkeln, wo der Anfang bzw. das Ende eines Songs ist.

Oliver: Wie muß ich mir denn die Entstehung eines typischen NECRODEATH Songs vorstellen?

Claudio: Peso oder ich schreiben ein Riff und ab geht’s … eine weiteres Riff, ein Chorus, eine Bridge kommen hinzu, dann die Drums und am Schluß die Vocals … ziemlich einfach eigentlich!

Oliver: Am Ende des Songs “Church’s Black Book” kommt eine Aufzählung sämtlicher dunkler Kapitel der katholischen Kirche, wie z. B. der Inquisition, etc. Seit ihr an solchen Dingen interessiert oder ist das einfach eine Art Anklageschrift gegen die Kirche?

Claudio: Ich persönlich bin sehr an Geschichte im allgemeinen und an mittelalterlicher Geschichte im speziellen interessiert. Die Inquisition ist in der Tat ein sehr dunkles Kapitel der Kirche, aber wir stellen nicht die Kirche an sich an den Pranger, sondern das Morden, das im Namen Gottes geschah … oder wie auch immer der Name dieser Gottheit noch sein mag.

Oliver: Ihr habt eure letzten beiden Alben im Studio “Underground” in Schweden aufgenommen. Wie wichtig war dieser Schritt für den Erfolg der beiden Alben? Warum habt ihr nicht in eurer Heimat augenommen?

Claudio: Meiner Meinung nach, sehr wichtig! Sweden ist mit Abstand das beste Land in Europa um extremen Metal aufzunehmen. Unsere Mucke ist verdammt heavy und wenn du da nicht den richtigen Sound hast, hört sich alles scheiße an … eine große Lärmfront, bei der man nichts raushört. Wir haben hier in Italien zwar gute Studios, dafür kannst du die Produzenten kicken … das ist das Problem.

Oliver: Mittlerweile sei ihr fast 20 Jahre im Geschäft. Wenn ihr so zurückblickt, was hat sich im Vergleich zu damals geändert? Würdet ihr evtl. gern das Rad der Zeit zurückdrehen?

Claudio: Du wirst mich sicher nie was schlechtes über die Vergangenheit sagen hören. Als wir damals anfingen, gab es nur eine handvoll Bands, es war sehr schwer ein Label zu finden um eine Album aufzunehmen und an Gigs zu kommen. Haben wir dann aber mal gespielt, anno ’85, waren immer so um die 600 Leute am Start und das ohne Werbung. Heute gibt es einfach zu viele Bands, zu viel Labels, zu viele Konzerte mit zu vielen Drecksbands im Line-Up, aber im Gegensatz dazu keine Zuschauer und es ist auch viel einfacher geworden ein Album aufzunehmen.

Oliver: Ihr werdet heutzutage von vielen Bands als als Einflußquelle angegeben. Viele dieser Combos sind allerdings wesentlich erfolgreicher als ihr. Ist es nicht frustrierend zu sehen, daß diese Acts on tour sind, massenhaft Platten verkaufen und die ganzen Groupies haben (naja, mehr oder minder zumindest – Anm. d. Red.), während ihr so gut wie von Null wieder anfangen mußtet?

Claudio: Überhaupt nicht. Wir haben damals vor 10 Jahren aufgehört und spielen jetzt nur noch just for fun. Wer weiß wo wir heute wären, wenn wir vor 10 Jahren nicht alles hingeschmissen hätten???? Glaub mir, ich mach mir deswegen keinen Kopf.

Oliver: Sind NECRODEATH mehr Black oder mehr Thrash Metal? Wo sind eure Roots?

Claudio: Unsere Roots liegen ganz klar im Thrash der 80’er … SLAYER, KREATOR, VOIVOD, BATHORY, DESTRUCTION, EXODUS, VENOM und METALLICA. Unsere schwarze Seite geht eben so auf die ’80er zurück und hat nichts mit dem gegenwärtigen Black Metal zu tun. Wir haben nichts am Hut mit Corpsepaint, Keyboards, weiblichem Gesang, nackten Mädels in Käfigen, seltsamen Hüten auf unseren Häuptern, klassischer Musik, Schwertern und Drachen … es hat auch nix mit dem Musikbiz zu tun … only pure, violent, evil, bastard music and sweat … Thrash or be thrashed!!!!

Oliver: Ihr habt ja letztes Jahr auf dem „Gods Of Metal“-Festival bei euch in Italien gespielt, wohl mit das größte Open Air in eurem Heimatland. Wie lief’s für euch? Hab ihr euch on stage wie die Gods of Metal gefühlt oder war Flattermann pur angesagt?

Claudio: Glaub mir, wir waren sehr nervös. Kannst du dir vorstellen in einem Stadion auf der gleichen Bühne wie SLAYER zu spielen, nachdem du 10 Jahre aus der Szene verschwunden warst!? Aber im Endeffekt lief alles perfekt, sogar etliche Fans haben unseren Namen gerufen. Es war phantastisch! Backstage hab ich mir dann noch von Kerry, Tom und Jeff mein “Reign In Blood” Vinylalbum signieren lassen.

Oliver: Wie sieht es bei euch eigentlich prinzipiell mit einer kompletten Tour aus? Ist da gerade was in der Mache?

Claudio: Für uns ist es sehr schwer eine Tour auf die Beine zu stellen, weil wir alle feste Arbeitsstellen haben. Bis jetzt sind wir eigentlich nur in der Lage Gigs in der Gegend abzuziehen, aber ich hoffe mal, daß wir nächstes Jahr auch im Ausland aktiv sein werden.

Oliver: Laß uns doch mal über die schrecklichen Ereignisse des 11. September in New York und Washington reden, die wohl jeder noch mehr als deutlich vor Augen hat. Wie und wann hast du davon erfahren? Was waren deine ersten Gedanken?

Claudio: Ich habe in meinem Büro davon gehört und konnte es auch einige Stunden später noch immer nicht glauben. Meine erster Gedanke war, jetzt beginnt der dritte Weltkrieg. Ich finde es einfach schrecklich, daß eine Sache wie diese überhaupt passieren konnte. Ich bin mir ziemlich sicher, daß ab jetzt nichts mehr so sein wird wie davor. Wir leben schon in einer beschissenen Zeit, in der sich einige Leute einen Dreck um das Leben anderer scheren. Ich denke, man muß auf diese Tat in der gleichen Art und Weiße antworten … fight fire with fire!

Oliver: Kommen wir zu einer eher makaberen Frage: angenommen du wärst tot, hättest aber davor noch die Möglichkeit gehabt, deinen eigenen Nachruf zu verfassen. Was hättest du geschrieben?

Claudio: No way to live all together .. Hate and Scorn!!!!!

Oliver: Italien ist was internationale Anerkennung / Erfolg angeht, eher ein Entwicklungsland in Sachen extremer Sounds. Gibt es in Italien aus dieser Richtung nicht genügend Bands oder wie erklärst du dir diese Tatsache? Oder liege ich ganz und gar falsch und Italien hat eine mächtig große Underground Szene …?

Claudio: Sorry, aber ehrlichgesagt bin ich kein allzu großer Szenekenner. Sicher gibt es bei uns im Underground Bands, aber wohl nicht allzu viel auf dem extremen Sektor, eher Powermetal und so ein Zeugs, wie du vielleicht weißt. Trotzdem, die Fans hier lieben den heftigen Stoff. Vor ein paar Tagen haben wir zusammen mit SLAYER auf der “Tattoo The Planet” Tour gespielt und es waren 12000 Leute da. Das sagt wohl einiges aus, oder!?

O.k. dann auf zu meinen Lieblingen … meinen Standartfragen!

Oliver: Wie stehst du zu den vielen MP3-Trading-Foren und dem Internet im allgemeinen?

Claudio: Mich interessieren die ganzen Diskussionen über MP3-Tradings ehrlichgesagt überhaupt nicht. Wir sind nicht großartig ins Musikbiz involviert, deshalb haben wir auch diesbezüglich nichts zu verlieren … im Gegensatz zu den ganzen Labels. Trotzdem glaube ich, daß das alles etwas zu eng gesehen wird. Wenn ich auf eine Band stehe und diese gerade ‘ne neue Scheibe am Start hat, würde ich sowieso das Original kaufen. Auf der anderen Seite, kann ich Sachen übers Net abchecken, bei denen ich von vorneherein nicht so sicher bin. Somit hat die Angelegenheit doch nur positves. Wenn man’s genau betrachtet, hast du als Band die gute Mucke macht mit der ganzen Geschichte nichts zu verlieren …

Oliver: Wie gehst du mit Kritik um? Wann ist für dich der Bogen kritikmäßig überspannt?

Claudio: Eigentlich haben wir mit schlechter Kritk keine Probleme, da ein doch ziemlich großer Respekt für NECRODEATH vorhanden zu sein scheint … so kommt es mir zumindest vor. Das kommt wohl daher, daß wir immer klar Stellung beziehen. Wir versuchen auch nicht um jeden Preis recht zu haben, reden grundsätzlich nur über unser Musik und probieren dabei immer sachlich zu bleiben. Wir sind einfach das, was du auf unseren Scheiben hörst bzw. live zu sehen bekommst. Deshalb fallen die Reviews wohl auch immer recht gut aus. Sicher gibt es vereinzelt Leute die mit NECRODEATH nichts anfangen können, aber das ist doch normal und auch kein Problem für uns.

Oliver: Wo siehst du NECRODEATH in 10 Jahren?

Claudio: Auf dem Wohnzimmersofa vor der Glotze!!!!!!!!!

Oliver: Welche 3 Dinge würdest du nicht mit auf eine einsame Insel mitnehmen?

Claudio: Wenn man’s genau betrachtet, sind da mindestens 1 Million Dinge die mir auf den Sack gehen. Es gibt einfach zu viele Zeugs und Menschen, die ich in meinem Leben gerne nie wieder sehen würde, deshalb ist die Auswahl von nur 3 Sachen eine ziemlich schwierige Angelegenheit.

Oliver: Hättest du die Möglichkeit einen Tag lang eine andere Person zu sein, in welche Rolle würdest du gerne schlüpfen und warum?

Claudio: Das ist wirklich eine verdammt haarige Frage. Eigentlich ist ein Tag doch ziemlich wenig, um irgend was von Bedeutung zu erleben, denn da gibt es durchaus einige Gefühle und Emotionen, die ich gerne mal miterleben würde … z. B. bei einem Fußball Weltmeisterschafts-Endspiel das entscheidende Tor zu schießen … oder sowas in der Art.

Oliver: O.k., Schicht im Schacht. Danke fürs Gespräch. Dir gehören die letzten Worte …

Claudio: Danke an all diejenigen, die trotz allem noch hinter NECRODEATH stehen!!!! Join us at www.NECRODEATH.com

Redakteur:
Oliver Kast

Login

Neu registrieren