NASTY SAVAGE: Interview mit Nasty Ronnie

01.01.1970 | 01:00

Die Wilden aus Florida regieren wieder! Das aktuelle Album "Psycho Psycho" von NASTY SAVAGE wächst bei mir mit jedem Durchlauf und mausert sich zu einem Top-Ten-Werk des laufenden Jahres. Ein Interview mit Sänger, Catcher und TV-Set-Zerstörer Ronnie stand außer Frage. Leider war der ehemalige Fanzinemacher und Underground-Freak an einigen Stellen etwas schräg drauf, so dass einige Antworten merkwürdig anmuten mögen. Irgendwie passen sie aber zu der ebenso merkwürdigen Musik der Truppe und so komplettiert sich das Bild ...


Holger:
Da ihr ja nun schon sehr lange dabei seid, würde ich sehr gerne erst ein bisschen in der Vergangenheit graben, bevor wir uns auf das aktuelle Geschehen stürzen. Ich fand es damals erstaunlich, dass ihr auch nach der Veröffentlichung des Erstlings immer noch das "Wage Of Mayhem"-Demo verkaufen konntet. War das ein Bestandteil eures Deals? Wann hast du überhaupt das weltweite Tapetrader-Netz zur Kenntnis genommen? War das zu dem Zeitpunkt als du dein eigenes Fanzine gestartet hast?

Nasty Ronnie:
Nein, absolut nicht. Darüber wurde niemals gesprochen, als wir den Vertrag abschlossen. Die Dinger verkauften sich von ganz alleine. Ich frage mich, warum du diese Frage stellst?

Holger:
Abgesehen davon, dass ich mehrere Fragen gestellt habe, formulierte ich diese konkrete Frage, da viele Bands vertraglich nicht in der Lage waren, im Nachhinein noch Demos in Eigenregie zu verkaufen. Aber lassen wir das. Wie haben wir uns denn die damalige Florida-Szene vorzustellen? SAVATAGE und CRIMSON GLORY dürften bereits aktiv gewesen sein, aber wie stand es denn damals um Größen wie MORBID ANGEL, ATHEIST, NOCTURNUS, OBITUARY, BLAKKOUT/LAST THINGS?

Nasty Ronnie:
Es gab eigentlich nur AVATAR (so hießen SAVATAGE bekanntlich vorher - der Verf.). Wir sind damals immer in der erste Reihe bei ihren Konzerten gewesen und haben slamdancing und stagediving betrieben. Das war häufig so heftig, dass die Jungs in der Band völlig genervt waren. Aber sie hatten ja damals auch noch keinen blassen Schimmer davon, dass Nasty Ronnie kurze Zeit später mit NASTY SAVAGE zusammentreffen würde! It was a blast!! CRIMSON GLORY entstanden etwas später und sie verhielten sich sehr schnell wie Rockstars. Ich glaube, sie waren sogar in Japan und ihre Masken waren so süß. Ihre Musik war aber gut. An all die anderen Bands kann ich mich noch gut erinnern, wie sie auf NASTY SAVAGE-Konzerten standen, um uns abzuchecken.

Holger:
Kann ich mir lebhaft vorstellen! Ihr wurdet ja quasi als Kulturschock gehandelt. Wo wir aber gerade über Florida-Kapellen reden, mal aus persönlichem Interesse, weißt du etwas Aktuelles über die Band INMAN, die als Nachfolger zu den grandiosen FATAL OPERA agierte und leider nach einem grandiosen Demo völlig in der Versenkung verschwand?

Nasty Ronnie:
Sorry, aber ich habe von beiden Bands noch nie gehört.

Holger:
Hmpf, zumindest FATAL OPERA, die den verstorbenen Gar Samuelson in ihren Reihen hatten, sollten eigentlich ein Begriff sein. Schade. Zurück zu NASTY SAVAGE. Das Debüt ist sehr schwer erhältlich. Gibt es da Pläne einer Wiederveröffentlichung?

Nasty Ronnie:
Das würden wir natürlich liebend gerne tun, aber Metal Blade USA haben die Rechte an dem Album. Deshalb liegt es bei denen.

Holger:
Also, Mr. Slagel, her mit dem Teil! Anfänglich hattet ihr extreme Probleme, einen dauerhaften Bassisten zu finden. Erzähl mal ein bisschen was darüber.

Nasty Ronnie:
Bei den ersten drei Alben schien das fast so zu sein, aber Richard Bateman hat dann den Fluch gebrochen. Er ist absolut fantastisch im Studio und auch auf der Bühne. Ich habe mit ihm zusammen 'Psycho Psycho', 'Dementia 13' und 'Merciless Truths' vom aktuellen Album komponiert.

Holger:
Das sind ja beinahe meine Faves auf dem Album! Neben der Musik gab es bei NASTY SAVAGE auch einen konstanten visuellen Faktor. Ab "Indulgence" habt ihr immer Gemälde von VanDercar als Cover verwendet. Wie seid ihr denn auf ihn aufmerksam geworden?

Nasty Ronnie:
VanDercar war ein sehr alter und weiser Warlock, der zudem noch ganz fantastisch malen kann. Ich habe es geliebt, stundenlang mit ihm zu diskutieren und von ihm auf seinem Anwesen herumgeführt zu werden. Er hat mir dabei immer seine Werke erklärt. Das hat mich inspiriert und so kam es zu der Zusammenarbeit bei "Indulgence". Leider verstarb er während der Aufnahmen zu "Penetration Point". Ich war erst kurz zuvor bei ihm gewesen und er hatte mir ein Gemälde für meine private Sammlung geschenkt. Dieses Gemälde wurde dann als Cover verwendet. Während der nachfolgenden Tour mit DRI nannte es jemand "evil carrot" und so heißt es seither bei uns. Übrigens, wenn ihr den Song 'Ritual Submission' genau anhört, werdet ihr ein paar Zeilen über VanDercar entdecken.

Holger:
Kommen wir jetzt mal zum aktuellen Werk. Obwohl ihr es geschafft habt, die guten alten Trademarks nicht zu vergessen, sind die Drums auf "Psycho Psycho" sehr in den Vordergrund gemischt. Absicht?

Nasty Ronnie:
Curtis Beeson ist ein absolut begnadeter Schlagzeuger! Man muss einen fantastischen Drumsound haben, das ist das Rückgrat. Ich denke, man kann die Drums sehr gut heraushören, wie aber auch alles andere auf dem neuen Album. Donald Tardy (OBITUARY-Drummer – der Verf.) hat die eine Hälfte des Albums produziert und Mark Prader, unser Engineer, ist ebenfalls Schlagzeuger ...
So habe ich im Studio mit zwei Drummern gearbeitet! Hat mich das irritiert ...? Nicht wirklich ...

Holger:
Kann ich mir auch nicht vorstellen, da dein Gesang exzellent rüberkommt. Allerdings vermisse ich die ganz hohen Schreie etwas. Vor allem beim alten Demoklassiker 'Savage Desire'.

Nasty Ronnie:
Hör es dir einfach noch einmal an, denn sie sind da!

Holger:
Dann hat meine Mutter doch recht und ich hab was mit den Ohren. Aber egal, mir gefällt es ja. Musikalisch wandert ihr an einigen Stellen hart an der Härtegrenze zum Death Metal. Würdest du mir da zustimmen und wollt ihr damit eventuell auch jüngere Fans ansprechen?

Nasty Ronnie:
Mit zunehmendem Alter wird man vermutlich auch heavier (etwas zweideutig - der Verf.). Es ist real, es ist NASTY SAVAGE 2004. Es ist voller Passion, es kommt aus unseren Herzen. Natürlich hoffen wir, dass es immer noch junge und neue Fans gibt, die auf Heavy Metal abfahren und dann sogar auch noch auf NASTY SAVAGE stehen. 'They can get on the bus and take a ride with us because we are going to the old school'. Aber zuerst sollten sie sich "Psycho Psycho" anhören und schauen, ob sie auch diese Aggression in sich fühlen.

Holger:
Ich denke schon, dass ihr mit dem aktuellen Werk auch neue Fans finden werdet, aber wenden wir uns mal einer anderen Thematik zu: Wir alle wissen, dass du seit Ewigkeiten in der Catcher-Szene aktiv bist. Wie kam es aber zur Zusammenarbeit mit Chris Jericho, der ja auch noch als Sänger von FOZZY bekannt ist?

Nasty Ronnie:
Während eines gemeinsamen Essens hat Chris mir von seiner Liebe zum Heavy Metal berichtet und auch wie sehr er NASTY SAVAGE in den Achtzigern mochte. Das Ganze artete in eine 45-minütige Lobeshymne auf die Band aus. Ich wusste also, dass er ein wahrer Fan war. Zwei Jahre später, wir begannen gerade mit dem Songwriting für "Psycho Psycho", rief ich ihn an und fragte nach, ob er Interesse hätte auf dem kommenden Album zu singen. Er sagte, es wäre eine Ehre für ihn und so machten wir es! Chris ist extrem professionell und ich respektiere ihn für alles, was er macht. Ich denke, ich werde ihn bald mit FOZZY sehen, da wir einen gemeinsamen Gig haben.

Holger:
Nachdem wir nun die musikalische Seite von NASTY SAVAGE beleuchtet haben, möchte ich mich gerne deinen Texten zuwenden. Dein Schreibstil ist einfach unverkennbar: düster, mystisch und verdreht. Vielleicht magst du ja mal ein paar Texte näher beschreiben?!

Nasty Ronnie:
Mystisch, verdreht, düster ... diese drei Worte können meine Lyrics gut umschreiben, aber auch die Realität bietet Kurzgeschichten aus Passion und Anmut – die menschlichen Faktoren im Betrügersystem der Menschheit. Irgendwie sind sie eine Art fiktive Biographie. Open your mind from the inside. Is everybody in?

Holger:
So so!? Benötigst du eine bestimmte Stimmung, um Texte dieser Art verfassen zu können?

Nasty Ronnie:
Yes, yes, yes! Du musst bereit sein zu wissen, dass du Worte kreieren willst, die zu den Stimmungen und Gefühlen der Musik passen sollen. Die Texte müssen auf die Musik reagieren. Ich habe eine lange Zeit keine Musik geschrieben ... und nun konnte ich wieder mit den Jungs arbeiten ... nach all den Jahren! Endlich wieder! Mein ganz eigenes Ding kreieren mit NASTY SAVAGE! Wow! Es gab ein weißes Gemälde, das ich mit meinen Gefühlen der verdrehten Realität füllen durfte! Und es entstanden richtige Songs, geschrieben von Curtis, Dave, Ben & Richard! Ich war sehr stark inspiriert von den Songideen, die sie mir präsentierten. Das war so gutes Material, ich setzte mich selbst unter Druck, mit diesem hohen Standard mithalten zu können. Wie oft kann man eine Zeitreise in seine Jugend antreten? Das durfte ich nicht vermasseln!

Holger:
Ich kann dich beruhigen, das ist auch nicht geschehen! Die Texte passen ganz ausgezeichnet zur Musik! 'Verdreht' war das Stichwort – ich drehe noch einmal zurück zum Artwork von "Psycho Psycho". Was sehen wir da? Die fünf Gesichter von NASTY SAVAGE?

Nasty Ronnie:
Hm, die fünf Gesichter von NASTY SAVAGE? Oder fünf Gesichter von "Psycho Psycho"!?

Holger:
Klare Antwort. Ich vermisse übrigens 'Wage Of Mayhem (Part Two)'.

Nasty Ronnie:
Der Song wird eventuell auf dem nächsten Album stehen.

Holger:
Immerhin plant man eine Zukunft der Band. Das ist schon mal erfreulich. Was erwartet ihr denn von "Psycho Psycho", außer endlich einen Sponsoring-Deal eines TV-Herstellers?

Nasty Ronnie:
Wir hoffen, dass jeder für sich selbst herausfinden wird, ob er das Album, den Sound und die Emotionen, die es ausstrahlt mag oder nicht. Dann kommt zu unseren Shows.

Holger:
Was uns stehenden Fußes zur nächsten Frage bringt: Wird es eine Headliner-Tour durch Deutschland geben?

Nasty Ronnie:
Ich hoffe es so sehr. 2004 muss das Jahr dafür sein, aber seid ihr bereit dafür? Wollt ihr es wirklich? NASTY SAVAGE live? Checkt unsere Homepage und lasst uns wissen, ob ihr es wirklich wollt!

Holger:
Was für eine Frage! Natürlich wollen wir das! Ihr habt es alle gehört: Schreibt den Jungs, dass ihr sie sehen wollt ... nein ... sehen müsst! Ronnie, du wirst erstaunt sein, wie viele NASTY SAVAGE live erleben möchten.

NASTY RONNIE:
Ich würde mich freuen, wenn du Recht hast. Vielen Dank für das Interview.

Holger:
Ich habe zu danken.

Redakteur:
Holger Andrae

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