Metalbreed-Special: Interview mit AGATHODAIMON

07.09.2010 | 12:17

In eineinhalb Monaten ist es soweit: Das Metalbreed Festival sucht Hamburg heim. Wir starten unsere angekündigte Interview-Reihe zum Festival mit den einzigen deutschen Vertretern AGATHODAIMON und sprachen mit Gitarrist Sathonys über Hamburg, das Festival, das kommende Album und natürlich das leidige Thema Line-Up-Wechsel.

Mit was verbindest du Hamburg?

Wir hatten bislang ein paarmal hier gespielt, einmal als Headliner mit GRAVEWORM und SIEBENBÜRGEN, einmal als Support für CRADLE OF FILTH; und ich glaube, wir waren noch ein drittes Mal hier, eventuell mit HYPOCRISY in der Markthalle, da bin ich mir nicht mehr sicher. Hamburg kenne ich eher von der Durchreise als von langen Exkursionen, aber die Hafengegend ist jedesmal ein imposanter Anblick.

Erinnerst du dich an dein erstes Konzert in Hamburg, sowohl als Band als auch als Gast?

Ich bin ehrlich gesagt nicht sicher, wann wir das erste Mal in Hamburg gespielt haben. Gerade auf einer Tournee stolpert man morgens meist aus dem Bus, ohne großartige Anhaltspunkte zu haben, wo man ist – man kriecht aus der Koje und steht bereits direkt vor dem Club. Dadurch bekommt man von der Stadt meist nicht viel zu sehen und kann die einzelnen Locations nur schwer im Nachhinein trennen. Als Gast bei einem Konzert war ich bislang allerdings nicht in Hamburg, dafür ist die Strecke einfach zu weit.

Was erwartest du vom Metalbreed Festival, der Stadt und dem Publikum?

Na, hoffentlich ein zahlreiches Erscheinen der Fans und gute Laune!

Veranstaltet ihr hinterher eine große Tour über den Kiez?


Da wir nicht mit dem Tourbus unterwegs sind und auch nicht als letzte Band von der Bühne stolpern, würde sich das anbieten – denke, die Gelegenheit muss man wahrnehmen. ;)

Man spricht von kühlem Norden. Würdest du sagen, das norddeutsche Publikum ist unterkühlt?

Ich würde sagen, das deutsche Publikum ist generell etwas verwöhnt – schließlich macht jede Band in Deutschland halt und tourt ausgiebig, teilweise mehrfach pro Veröffentlichung. Wenn man dann mal NIGHTWISH und Konsorten mit fetter Show, dicken Pyros und perfektem Sound gesehen hat, ist eine kleine Band, die ein ungleich mageres Budget für eine Show zur Verfügung hat, oft ein wenig im Hintertreffen. Aber ich hatte nicht das Gefühl, dass das Publikum in Hamburg hüftsteifer oder reservierter war als an anderen Orten.

Was denkst du über die anderen Bands? Welche davon hast du schon mal live gesehen? Wie waren deine Eindrücke?

Wir freuen uns sehr, mit ARCH ENEMY die Bühne teilen zu dürfen – ich mag die Band menschlich wie musikalisch sehr gerne. Ich hatte vor einigen Jahren die Chance, einige Tage in deren Tourbus mitzufahren, und Bassist Sharlee kenne ich von einer gemeinsamen Tour mit DISMEMBER, als er bei ihnen am Bass aushalf. Toller Kerl. Natürlich freuen wir uns auch sehr auf RE-ARMED, mit denen wir vor kurzem zusammen mit CATAMENIA in Finnland unterwegs waren. Nette Jungs, die rocken ordentlich. KEEP OF KALESSIN habe ich bislang ein paarmal live gesehen, zuletzt vor einigen Tagen auf dem With Full Force-Festival, auf deren Auftritt bin ich auch gespannt. ETERNAL TEARS OF SORROW gehen geschmacklich leider völlig an mir vorbei, aber auf GOTHAUR'S WRATH freue ich mich ebenfalls, wir hatten bereits einmal zusammen gespielt.

Welche der anderen Bands wirst du dir ansehen?

Oh, vermutlich außer ETERNAL TEARS OF SORROW alle…

Was denkst du über Festival-Tourneen wie zum Beispiel die Pagan-Fest-Tour? Findest du es schade, dass das Metalbreed nur in Hamburg stattfindet oder findest du, dass große Bandaufgebote eher auf Festivals gehören?

Nun, ich denke, dass eine Tour mit sechs oder sieben Bands im Package besser im Rahmen eines Festivals aufgehoben wäre – Metallysee hatten ja immer diese Easter- und Weihnachtsfestivals am Start, wo sich die Vorbands wirklich abquälen mussten und oftmals noch auf die Bühne geschickt wurden, als die Türen für Besucher noch geschlossen waren.
Das war ein absolutes Negativbeispiel, an dem eigentlich nur die Headliner profitierten, und selbst die mussten sich um Catering, Duschen und so weiter streiten.

Spielst du lieber in Hallen oder auf Open-Air-Bühnen?

Oh, eindeutig Hallen. Der Sound ist einfach besser, die ersten Bands müssen nicht bei Tageslicht spielen und die Leute verlaufen sich nicht auf dem Gelände. Sicher haben Open-Air-Bühnen auch ihren Reiz, aber mir gefallen Clubgigs in kleinem Rahmen einfach besser als riesige Open Airs. Der Kontakt zum Publikum ist auch weniger distanziert. Vor Kurzem haben wir beispielsweise in Österreich auf einem Festival als Headliner gespielt und der Graben vor der Bühne war locker vier Meter breit. Da fehlt mir einfach der Kontakt zum Publikum.

Vor gut einem Jahr erschien nach langer Zeit mit "Phoenix" wieder ein AGATHODAIMON-Album. Wie waren die Rückmeldungen von Fans und Presse und wie zufrieden bist du selbst mit dem Album?

Die Rückmeldungen waren überwiegend positiv, natürlich gab es auch Kritik, aber das verwundert mich nicht – schließlich versuchen wir nicht wie AC/DC einen Stil über Jahre zu konservieren, sondern uns zu entwickeln. Das nicht jeder Fan diese Entwicklung gut findet, ist klar. Mir geht es ähnlich, einige Bands wie EMPEROR oder SAMAEL haben auch eine Entwicklung durchlaufen, auf die ich hätte verzichten können – aber das muss man respektieren, jeder entwickelt sich; Menschen wie Geschmäcker bleiben eben nicht gleich. Rückblickend gibt es einige Dinge auf "Phoenix", die wir heute anders machen würden, beziehungsweise uns für die nächste Scheibe vorgenommen haben. "Phoenix" war sehr technisch und sehr detailverliebt, ich denke, die nächste Scheibe wird wieder mehr "Back to the roots" gehen.

Trotz neuen Albums seid ihr nicht großartig getourt, sondern habt vorwiegend einzelne Auftritte gehabt. Woran lag das?

Nun, eine Tour kostet Geld und Zeit – und es hat sich einfach keine passende Gelegenheit ergeben. Wir sind kein Freund von "Pay to Play"-Touren; sprich, als Vorband aufzuspringen und dafür einige tausend Euro als Support an den Headliner zu zahlen. Und eine Headliner-Tour machte wenig Sinn, da wir durch die lange Pause sicher einiges an Bekanntheitsgrad eingebüsst haben. Aber wir sind auch so recht weit in Deutschland herumgekommen und haben diverse Gigs im Ausland gespielt. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, werden wir nächstes Jahr wieder auf Tour gehen.

Hast du das Gefühl, dass ihr nach zahlreichen Line-Up-Wechseln in der Vergangenheit jetzt eine Besetzung gefunden habt, die länger bestehen bleiben wird?

Ach, ein heikles Thema. Das Gefühl hat man ja anfangs immer, aber im harten Alltag zeigt sich dann erst, ob man auf lange Sicht harmoniert oder ob Probleme aufkommen. Insofern: Wir haben uns vor wenigen Tagen von unserem Gitarrist Jan getrennt, aus musikalischen wie menschlichen Differenzen. Mittlerweile haben wir allerdings bereits einen Ersatz gefunden, der noch dazu ein alter Bekannter ist: Thilo Feucht, der bereits in der Vergangenheit bei einigen Konzerten als Session-Gitarrist aushalf und uns bereits beim "Serpents Embrace"-Album unterstützte. Insofern sind wir optimistisch, dass die Zusammenarbeit dauerhaft sein wird, da wir ihn bereits seit Längerem kennen. Ich freue mich besonders, da ich ihn menschlich sehr schätze und auf musikalischer Ebene größten Respekt habe.



Auf eurer Homepage kündigt ihr an, dass ihr die Arbeit an eurem sechsten Album begonnen habt. Wie ist hier der aktuelle Stand? Werden wir vielleicht sogar einen neuen Song beim Metalbreed Festival hören?

Nun, das wird vermutlich nicht der Fall sein, dafür haben wir zuviele Songs in der Hinterhand, die gespielt werden wollen, und die Spielzeit wird sicher nicht ausufernd lang sein. Die Arbeit am sechsten Album haben wir mit Thilos Einstieg partiell neu begonnen, da wir natürlich nicht Jans bisherigen Input übernehmen. Wir peilen derzeit Frühjahr 2011 für den Studiotermin an.

Wird es einmal eine AGATHODAIMON-DVD geben?

Nun, in naher Zukunft vermutlich nicht – bislang haben wir noch keine Aufnahme, die uns qualitativ so sehr zusagt, dass wir daraus ein kommerzielles Produkt machen wollen. Aber wir sammeln natürlich fleißig Material, um daraus eines Tages eine DVD zu fertigen.

Euer zwischenzeitlicher Sänger Jonas Iscariot nahm bereits den Gesang für 'Oncoming Storm' auf, in 'Alone In The Dark' habt ihr eine Gastsängerin, ebenso wie in 'Solitude' auf "Serpent's Embrace". Wird es auf eurem nächsten Album wieder eine Zusammenarbeit mit Jonas oder Ophelia geben? Oder einen anderen Gastmusiker?

Bislang sind keine Gastmusiker geplant, weiblichen Gesang schließe ich ein wenig aus, aber eventuell wird es instrumentale Gastmusiker geben. Das wird sich allerdings erst noch zeigen.

Ashtrael hat einen großen Teil der melodischen Vokals übernommen. Ich finde das schade, weil ich deine Stimme sehr mag. Wirst du zukünftig wieder häufiger singen oder trittst du den Klargesang komplett an Ashtrael ab?

Vermutlich werden wir den Gesang auf dem nächsten Album generell ein wenig reduzieren, aber ich habe nicht vor, komplett darauf zu verzichten. Aber in erster Linie bin ich nunmal Gitarrist und deswegen als Sänger auch nicht so flexibel wie es ohne Gitarre möglich wäre. Abgesehen davon bin ich auch beileibe kein begnadeter Sänger – ich sehe meinen Input diesbezüglich mehr als kleinen farblichen Tupfer im Gesamtbild und nicht als zwingendes Übel.

Ihr seid sehr international orientiert. Habt ihr mehr Fans außerhalb Deutschlands (vorwiegend in Osteuropa)? Vielleicht auch, weil eurer erster Sänger Vlad aus dieser Gegend kam?

Nun, gerade bei Gigs in Rumänien habe ich mitunter das Gefühl, dass die Fans dort in gewisser Weise stolz darauf sind, dass es bei uns rumänische Wurzeln gibt. Allerdings weiß ich nicht, ob wir im Ausland mehr Fans haben; zumindest sind die Fans dort enthusiastischer. Das hängt aber sicher auch mit meiner eingangs erwähnten Meinung zusammen, dass deutsche Fans oftmals ein wenig verwöhnt sind durch die vielen Tourneen die hier stattfinden, und vielleicht auch daran, dass der Prophet im eigenen Land nicht so viel zählt, hehe.

Ich kenne nur ein richtiges Musikvideo von euch: das zu 'Serpent's Embrace'. Warum gibt es so wenig Videomaterial von euch? Ist mit dem neuen Album auch ein Videoclip geplant?

Einfache Erklärung: Ein Video kostet leider ganz schön viel Kohle. Damals wollten wir einfach ein Video, und haben versucht, mit unseren bescheidenen finanziellen Mitteln eines drehen zu lassen. Wie es für uns üblich ist, ging dann allerdings einiges schief – es waren schöne Pyros, Flammensäulen und so weiter geplant, aber der Pyrotechniker brach sich am Vorabend ein Bein, deshalb musste dies ausfallen. Die dicke Trockeneis-Nebelmaschine fiel bereits nach ein paar Minuten aus, weil jemand die Gasflasche am Vorabend nicht richtig zugedreht hatte, und so weiter und so fort. Letztendlich wirkte die Optik mit den übrig gebliebenen Resourcen dann eher wie ein Rap-Video und so war es natürlich nicht geplant (Übrigens rauchte auch die PA ab, welche zur Beschallung eingesetzt wurde, wir waren zu laut...). Nun, wir versuchen viele Klischees mit einem Augenzwinkern zu nehmen, gerade weil die Metal-Szene beziehungsweise gerade die düstere Szene ja sehr humorlos ist (siehe die Fotosession zum dritten Album "Chapter III" mit dicker Limousine, Zigarren, Mädels, Jack Daniels und so weiter), aber manchmal läuft eben schief, was schiefgehen kann. Letztendlich ist das Video ein ziemlicher Flop der unnötig Geld gekostet hat.
Dennoch hatten wir anvisiert für Phoenix ein Video zu drehen und auch mit ein paar Produzenten gesprochen, letztendlich wurde aber nichts daraus. Aber ich bin sicher, dass es spätestens fürs nächste Album klappt, mittlerweile haben wir auch eigenes Equipment, das zumindest für einen Low Budget-Clip gut genug wäre.

Zu eurem Lied 'An Angel's Funeral' gibt es ein Fanvideo. Kennst du dieses Video? Wenn ja, wie ist deine Meinung dazu?

Ja, das kenne ich, die Jungs fragten vorher nach unserer Erlaubnis. Es war ein Schulprojekt, und ist dementsprechend ebenfalls mit recht unfreiwilligem Humor dank simpler Umsetzung gespickt. Ich konnte mich nicht durchringen, es ein zweites Mal anzusehen, hehe – aber es ist natürlich cool, dass Fans sich solche Arbeit machen.

Gibt es noch etwas, dass du euren Fans und den Metalbreed-Besuchern sagen möchtest?

Nun, seid zahlreich da, seid pünktlich – und habt Spaß!

Vielen Dank für das Interview!

Redakteur:
Pia-Kim Schaper

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