METALLICA: Eine Nacht in Austin, Texas

30.08.2023 | 22:14

METALLICA live auf der großen Leinwand!

METALLICA hat seine Fans zu einem Streaming-Live-Event in die Kinos dieser Welt geladen. Aus dem AT&T-Stadium in Austin, Texas, wurden am 18. und 20.08. (in unseren Breitengraden am 19. und 21.08.) im Rahmen der "72 Seasons"-Welttournee zwei Konzerten mit komplett verschiedenen Sets gespielt und in die Lichtspielhäuser dieser Welt übertragen. Wobei übertragen etwas irreführend ist, da Texas sieben Stunden hinter uns zurück liegt und das Konzert so am Mittag hätte stattfinden müssen – von daher sehen wir zur besten Primetime am Samstag Abend eine Aufzeichnung des Konzertes.

Ich habe mit Freunden das erste Konzert im Cinemaxx in Krefeld erlebt. Den zweiten Abend haben wir ausgelassen, zum einen, weil es ein Montag war und am Dienstag nun mal die Arbeit gerufen hat und zum anderen, weil der Preis doch für eine Kino-Vorstellung recht gepfeffert war. Egal, ein Konzert in einem Kino sieht man nicht alle Tage, und so fanden wir uns gut gelaunt und mit Kaltgetränken bewaffnet gegen halb acht im Kinosaal ein. Ich gestehe, ich hatte mehr Andrang erwartet; der Saal war maximal zur Hälfte gefüllt. Um die Wartezeit zu überbrücken, lieferte eine Drohne Eindrücke vom Publikum, der Crew und dem eindrucksvollen Stadion. Das Ganze wurde mit mehr oder weniger geglückten Coverversionen von METALLICA-Songs untermalt, bevor es nach ein paar warmen Worten von Lars & James gegen halb neun mit dem Konzert losging.

Mit druckvollem, glasklarem Sound presst einen 'Creeping Death' erstmal in den unglaublich gemütlichen, verstellbaren Ledersitz, und den Rest besorgt einem das Doppel aus 'Harvester Of Sorrow' und 'Leper Messiah'. Uff, die Kombi hat gesessen. Die Jungs auf der Bühne haben sichtlich Spaß, James ist top bei Stimme, Lars zieht Grimassen - und spielt nebenbei auch grundsolide Schlagzeug. An vierter Stelle springt die Band mit 'King Nothing' in die von vielen ungeliebte "Load"/"Reload"-Phase, doch der Song passt problemlos in die Reihe der drei vorherigen Klassiker. Stark. Die Stücke von "72 Seasons", auf Platte oft gescholten, packen einen in den Live-Versionen direkt, egal ob es sich um das harte 'Lux Aeterna', 'Too Far Gone' oder 'Shadows Follow' handelt, von Längen oder Langweile keine Spur. Sehr gefreut habe ich mich über 'Welcome Home (Sanatarium)' und aus meiner Sicht war das Instrumental 'Orion' ein weiterer Höhepunkt, in dem Kirk Hammett mit extrem gefühlvollem Spiel brillierte. Reine Instrumentals finde ich ja eher zum Gähnen, aber dieses hier ist und bleibt ein Musterbeispiel, wie man die Dinger auch auf gut 10 Minuten spannend halten kann.

Zwar waren die Stimmung und Publikumsreaktionen während des Konzertes in Texas sehr gut, aber obwohl um die Bühne herum einiges los war, gab es im Innenraum extrem viel freien Platz. Dafür waren die Ränge bis oben hin voll. Die Reaktionen im Kino waren eher genüssliches Schweigen, bis auf ein wenig Headbanging und Luftschlagzeug ist nichts Nennenswertes passiert, zumindest von meinem Platz aus konnte ich keine Euphorie-Ausbrüche feststellen. Das Konzert wurde immer wieder von kleinen Pausen unterbrochen, in denen die Jungs von METALLICA die Bühne verließen und die Lightshow die Zuschauer auf das kommende Stück eingestimmt hat. Fast alle Alben waren im Set präsent, mit 'The Day That Never Comes' und 'Hardwired' wurden auch die beiden Vorgängerscheiben bedacht.

Als dann nach knapp zwei Stunden im Anschluss an den Kracher 'Seek & Destroy' der 'Master Of Puppets' dem Publikum in Texas die wohl stärkste Reaktion entlockt hat, war ich schon verwundert, aber METALLICA und ebendieser Song hat ja durch die Verwendung in einem Schlüsselmoment der Serie "Stranger Things" nochmal einen Popularitätsschub erhalten. Danach war das Spektakel nach etwas über zwei Stunden vorbei, man konnte der Band noch beim Verteilen von Drumsticks und Plektren sowie Verbeugungen und Winke-Winke ins Stadionrund zusehen, ein von allen Kinozuschauern erwarteter Zugabe-Block bliebt aus. Auch wenn es in Krefeld nochmal ca. 10 Minuten dauerte, bis der Schalter für das Saallicht gefunden wurde, an dieser Stelle war das Konzert und auch die Vorstellung beendet.

Wie ist das Fazit? Eine gut aufgelegte Band spielt sich um ihr neues Album herum quer durch die Diskografie und hat dabei sichtlich Spaß. Die Kamerafahrten und Perspektiven sind klasse und haben das Zusehen sehr kurzweilig gestaltet. Klanglich gibt es nichts auszusetzen, die Setlist hat mir viel Spaß gemacht und das, was an großen Hits fehlte (wie z.B. 'Enter Sandman' oder 'One'), gab es am zweiten Abend, das ist halt das Konzept dieser Tour. Aber wie soll METALLICA sonst auch jeden Fan zufrieden stellen?

Bleibt die Frage, ob ich ein aufgezeichnetes Konzert im Kino sehen muss? Nein, muss man nicht, aber man kann. Und ohne ein schlechtes Gewissen Spaß dabei haben – aber seien wir ehrlich: Das echte Konzerterlebnis ersetzt es nicht.

Die komplette Setlist lautet:
1. Creeping Death
2. Harvester Of Sorrow
3. Leper Messiah
4. King Nothing
5. Lux Aeterna
6. Too Far Gone?
7. Welcome Home (Sanatarium)
8. Shadows Follow
9. Orion
10. Nothing Else Matters
11. Sad But True
12. The Day That Never Comes
13. Hardwired
14. Fuel
15. Seek & Destroy
16. Master Of Puppets

Redakteur:
Maik Englich

Login

Neu registrieren