LONG DISTANCE CALLING: Interview mit Janosch

16.02.2011 | 10:54

LONG DISTANCE CALLING haben mit ihrem selbstbetitelten, dritten Album ein echtes Meisterwerk abgeliefert, welches mehr als deutlich manifestiert, dass man auch ohne Worte viel zu sagen haben kann. Schlagzeuger Janosch klingelte durch und sprach über John Bush, Erwartungshaltungen und Selbstbewusstsein.

Zum Zeitpunkt des Interviews ist die Rezension von POWERMETAL.de bereits bei Janosch eingetrudelt. "Es freut uns natürlich sehr, wenn wir solche Bestätigung bekommen. Wir haben ja jetzt mit dem neuen Album nicht bewusst etwas zu verändern versucht, sondern uns einfach auf unsere Stärken konzentriert und so die Songs geschrieben." Unterschiede gibt es natürlich dennoch. "Ja, man kann schon sagen, dass alles etwas offener, dynamischer und wohl auch rockiger klingt. Wir haben den härtesten Song unserer Geschichte quasi neben dem ruhigsten und abgefahrensten platzieren können und dennoch wirkt alles rund und schlüssig.", erzählt Janosch. Ein weiterer Pluspunkt ist natürlich die Verpflichtung von John Bush für den Song 'Middleville'. Es stellt sich heraus, dass Janosch eine ähnlich rosane John-Bush-Brille besitzt wie ich: "Ja, ich bin schon lange ein großer Fan von John Bush und finde, dass er einer der am meisten unterschätzten Sänger der Metalszene ist. Ich war auch von Beginn an überzeugt, dass er einen tollen Job abliefern würde." Eine Überzeugung, die nicht alle teilten. "Das ist richtig. Selbst innerhalb der Band waren vorher nicht alle wirklich zu 100% davon überzeugt, hatten eben auch nicht so den Bezug zu John Bush, aber als dann das Ergebnis zurückkam, hat sich das schnell geändert." Doch nicht nur für Jons Gesang findet Janosch positive Worte: "Es war auch alles so einfach mit John. Wir haben ihn gefragt, er hat sich kurz unsere Musik angehört und dann sehr schnell zugesagt. Wirklich super easy. Und wenn man den Song jetzt hört, merkt man auch, dass er sich mit der Musik beschäftigt hat und einfach Bock hatte, mal etwas anderes zu machen. Das ist wirklich sehr gelungen.", freut sich Janosch zurecht, nutzt aber auch gleich die Gelegenheit die leidige Sängerfrage zu klären: "Du wirst das wahrscheinlich nicht mehr fragen, aber es kommen schon noch immer Fragen danach, ob denn nicht John Bush jetzt fest einsteigen könnte oder wir generell einen Sänger haben sollten. Aber wir haben jetzt drei Alben aufgenommen und uns unsere Basis ohne Sänger erspielt, da werden wir das jetzt nicht mehr ändern, wir sind halt eine instrumentale Rockband. Zudem sorgt diese Gastsängersache auch dafür, dass wir mit tollen verschiedenen Sängern arbeiten können, die immer ein bisschen die Spannung auf unser nächstes Album hochhält und einen gewissen Überraschungseffekt hat. Das macht es ja auch besonders."


Das bislang starke Feedback und die durch die Bank sehr gut gelaufenen Supportshows mit Bands wie COHEED & CAMBRIA, KATATONIA oder ANATHEMA lassen natürlich auch die Erwartungshaltung der Band steigen. "Wir haben natürlich schon die Hoffnung, dass sich die vielen Shows mit vielen verschiedenen Bands, die viele Arbeit und auch das Geld, das wir bisher investiert haben, zumindest beginnen auszuzahlen. Wir werden ja auch ein paar Headlinershows mehr diesmal spielen (einige Shows zum Release im Februar, dann im April/Mai erneut - PK) und werden dann ja sehen, ob die Leute auch nur wegen uns zu den Gigs kommen. Wir erwarten jetzt nicht nur ausverkaufte Hallen, das ist uns natürlich auch bewusst. Doch jetzt sind wir erst mal gespannt, wie das Album bei den Leuten und der Presse ankommen wird. Wir sind diesmal einfach sehr, sehr zufrieden mit dem Werk.", zeigt sich Janosch selbstbewusst. Dass die Band dabei von diversen Szene-Gurus beinahe hofiert wird, nimmt man eher hin. "Ach, das kann uns natürlich Antrieb geben, aber es gibt auch genügend Bands, die immer Kritikerlieblinge waren, aber nie wirklich erfolgreich wurden. Das hängen wir sicher nicht zu hoch. Letztendlich sind es die Fans, die unsere Alben kaufen und zu unseren Gigs gehen müssen."


Dass in der Rezension der Band zugesprochene, gewachsene Selbstbewusstsein, beruht nicht auf der Vorstellungskraft des Rezensenten. "Ja, das kommt sicher einfach von den vielen Gigs und den vielen Proben. Ich habe ja schon vorher gesagt, dass wir uns sehr auf unsere Stärken konzentriert haben und bei mir ist es ganz einfach so, dass ich nur die Sachen gespielt habe, die ich auch spielen kann und weggelassen habe, was ich einfach nicht kann. Ich denke, die Platte ist generell spielerisch ein Schritt nach vorne. Aber es ist jetzt nicht trotzig, so dass wir unbedingt beweisen müssen, was wir können. Man hört den Fortschritt, ohne zu denken, dass es jetzt selbstgefällig ist. So nach de Motto 'schön, dass du frickeln kannst, aber jetzt bitte zurück zum Song'. So etwas kann ich mir auch selbst nicht anhören. Es ist doch immer viel schöner, wenn jemand ein Solo spielen kann, das dich richtig packt statt einfach nur rumzufrickeln. Bei einigen Parts haben wir uns auch mal kurz gefragt, ob das denn den Hörer jetzt gefallen wird oder nicht, aber schließlich haben wir dann immer nur das gemacht, was wir geil fanden. Das ist ja letztendlich auch viel wichtiger, dass wir erst mal mit der Platte zufrieden sind. Wäre das anders, würden das die Fans ja auch direkt merken und man verliert sofort seine Glaubwürdigkeit. Und ich glaube schon, dass unsere Glaubwürdigkeit ein großer und wichtiger Teil von uns ist." Widerspruchslos.


Dass man das Album "Long Distance Calling" genannt hat, darf man ruhig als Statement auffassen, wie Janosch erklärt: "Wir sind diesmal einfach das erste Mal wirklich komplett zufrieden und wollten schon deutlich machen, dass dies das Album ist, das uns definiert. Wir sind zwar noch lange nicht da, wo wir hinwollen, aber wir sehen dieses Album auch schon ein bisschen als Startschuß für diesen Weg. Wir sind ja auch jetzt an dem Punkt, wo wir langsam entscheiden müssen, welchen Weg wir gehen. Das Touren kann man ja auch nicht immer mit dem Job verbinden und kein Chef spielt da dann noch mit, von daher passte der Titel auch gut. Zudem ist ja das ganze Konzept mit dem Artwork und den Songtiteln, wo es ja viel um Space/Science-Fiction geht, auch sehr passend. Von daher war der Albumname letztendlich auch naheliegend."

Redakteur:
Peter Kubaschk

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