JAG PANZER: Interview mit Mark Briody

24.07.2017 | 02:23

Der Gitarrist spricht von den Aufnahmen zu "The Deviant Chord" und nimmt deutlich zu mutmaßlich getriggerten Drums und Drumcomputern Stellung.

Das neue JAG PANZER-Album "The Deviant Chord" steht in den Startlöchern und wird am 29.09.2017 über Steamhammer/SPV in die Plattenläden kommen. Seit einigen Tagen ist online auch das Lyrics-Video zum ersten Vorabsong 'Far Beyond All Fear' zu sehen und zu hören. Die Reaktionen der Fans sind gemischt. Manche reagieren euphorisch, andere finden den Song für den Anfang schon mal recht cool und freuen sich auf mehr, und wieder andere sind maßlos enttäuscht. In der letzteren Gruppe sind immer wieder kritische Stimmen zum Sound, speziell zum recht lauten und von manchen als zu steril empfundenen Drumsound zu vernehmen, und Gerüchte über Triggers, Drumcomputer und derlei Dinge mehr machen die Runde. Da Mark Briody (Foto oben) - Gründungsmitglied, Gitarrist und Hauptaktivposten der Band - stets ein offenes Ohr für seine Fans hat und gemeinhin auch gerne und bereitwillig Auskunft über "Produktionsinterna" gibt, haben wir uns entschieden, mit Mark Kontakt aufzunehmen, damit er selbst zu den Mutmaßungen Stellung beziehen kann.

Rüdiger:

Hallo Mark! Erst einmal herzlichen Glückwunsch zur Veröffentlichung des ersten neuen Songs, der bei mir die Spannung auf das kommende Album "The Deviant Chord" nochmal wachsen lässt. Im Internet wird das Stück bereits heiß diskutiert, und es gibt auch durchaus kritische Stimmen dazu. Manche Fans empfinden den Drumsound als recht steril und es werden Stimmen laut, die Triggers oder gar programmierte Drums wittern und wissen wollen, ob euer Drummer Rikard Stjernquist (Photo unten) auch wirklich auf dem Album zu hören ist. Da auch der Ruf laut wurde, mal direkt bei euch nachzufragen, wie sich die Aufnahmesessions denn zugetragen haben, wollte ich die Gelegenheit mal beim Schopfe packen, dich darauf anzusprechen. Und, wie sieht es aus? Was antwortest du euren Fans, was entgegnest du den Kritikern?

Mark:

Darüber rede ich sehr gerne mit euch! Als aller erstes möchte ich dabei klarstellen, dass es keinerlei getriggerte Drums auf dem neuen JAG PANZER-Album gibt. Keine! Nicht einmal eine einzige Schicht eines getriggerten Sounds. Das sind 100% echte, richtige Drums. Wann immer ich die Leute von Triggern reden höre, bin ich mir nicht ganz sicher, ob die Leute wirklich wissen, wofür man Triggers braucht. Eine getriggerte Drum hat einen Sensor (etwa ein Mikrophon), der den Sound einer aufgenommenen Trommel auslöst, also "triggert". Sie sind eine tolle Sache, wenn du ein schlecht klingendes Schlagzeug hast, einen Raum mit schlechter Akustik, oder wenn du einfach vor hast, den Sound deiner Drums zu erweitern. Ich bin kein großer Fan von Triggers, weil sie viel blutleerer sind als ein richtiges Drumkit. Sie nehmen den Gesamtsound des Drumkits nicht wahr und geben ihn nicht wieder. Beispielsweise die Überkopfmikros der Cymbals nehmen dir immer auch ein wenig den Sound der Drums mit auf, und das kriegst du mit getriggerten Drums nicht hin. Manche Studios behaupten, dass sie das hinkriegen würden, aber es ist trotzdem nicht dasselbe.

Rüdiger:
Wo und wie habt ihr die Drums für euer neues Album eigentlich aufgenommen?

Mark:
Unser Album wurde von John Herrera produziert. John ist einer der besten Jazz-Drummer in Arizona. Er hat einen maßgefertigten Schlagzeugraum in seinem Studio [Clamsville, Anm. d. Red.] und der Klang dort ist großartig. Rikard hat mehrere Drumkits, von denen eines, ein DW-Drumkit (Drum Workshop) allein für Aufnahmen bestimmt ist, und auch das hat einen ganz hervorragenden Klang. Wir haben also mit Rikard einen Mann, der seit seinem 17. Lebensjahr Schlagzeugaufnahmen für Alben macht, der wiederum mit einem Produzenten zusammen arbeitet, der selbst Schlagzeuger ist, und in einem speziellen Schlagzeugraum auf einem fantastischen Drumkit aufnimmt. Das sind nun wirklich die letzten Leute, die Triggers verwenden würden. Warum sollten sie das tun? Es ist leichter, einfach Mikrophone an Rikards Schlagzeug anzubringen, und genau das haben sie auch getan.

Rüdiger:
Wie kommen die Leute dann zu ihrer Assoziation und empfinden den Drumsound als steril?

Mark:
Ja, warum denken die Leute, dass die Drums getriggert sein könnten? Zunächst einmal sind sie sehr prominent, sehr weit vorne im Mix. Das passiert, wenn der Produzent ein Schlagzeuger ist. Zweitens hat Rikard einen sehr starken linken Fuß. Das ist normalerweise etwas, was für Triggers spricht, wenn die Bassdrum zu gleichmäßig klingt, weil die meisten Leute einen schwächeren linken Fuß haben. Rikard aber nicht. Seine Füße sind ganz erstaunlich. Er spielt eine unheimlich gleichmäßige Doublebass. Die Leute können natürlich glauben, was sie wollen, aber ich war bei sämtlichen Schlagzeugaufnahmen im Studio. Ich bin dabei gesessen, als die Jungs sechs Stunden lang dran geschraubt haben, einen tollen Schlagzeugklang hinzubekommen, ich war bei jeder Drumsession dabei.

Rüdiger:
Was sagt Rikard zu der Sache?

Mark:
Ja, ich habe Rikard gegenüber erwähnt, dass es Leute gibt, die meinen, dass er Triggers nutzen würde. Er fasste das als Beleidigung auf und bot sofort Folgendes an: Wenn Schreiber immer noch zweifeln möchten, dann, so sagt er, werde er in seinem Proberaum eine Kamera aufstellen und sich selbst dabei filmen, wie er jeden beliebigen Song des Albums live vor der Kamera spielt.

Rüdiger:
Da ich mich mit den produktionstechnischen Sachen nicht so gut auskenne, würde mich auch interessieren, ob ihr Drumcomputer nutzt oder genutzt habt. In einer Diskussion wurden im Zusammenhang mit eurem aktuellen Drumsound nämlich auch Begriffe wie Ez-Drummer, Superior-Drummer und Toontrack erwähnt. Was hat es damit auf sich?

Mark:

Das ist lustig, denn ich besitze tatsächlich Superior Drummer. Das benutze ich beim Songwriting und es ist für mich ein fantastisches Werkzeug. Aber ich würde es wirklich niemals auf einem Album benutzen, und ganz ehrlich gesagt: Es klingt kein bisschen nach unserem Schlagzeug. Ich hab die Grundversion von Superior und dazu die "Metal Packs", bei denen es sich um Andy-Sneap-Sounds handelt. Aber ich verstehe die Leute schon: Sie hören sehr präsente, im Vordergrund stehende Drums und denken: "Triggers!". Was sie statt dessen denken sollten, ist: "Guter Schlagzeuger!" - Die Leute können mich jederzeit persönlich fragen, oder Rikard, oder gerne auch den Produzenten und seine Assistenten: Ich habe nichts zu verbergen, das sind alles echte Drums.

Rüdiger:
Das glaube ich dir gerne, aber ich bin halt nicht der Maßstab, weil ich selber keine Erfahrung mit Produktionstechnik habe. Daher dachte ich, dass wir einfach mal direkt bei dir nachfragen, was bei JAG PANZER echt ist, und was nicht.

Mark:
Ja, und das freut mich sehr, denn ich habe kein Problem damit, euch Details aus dem Aufnahmeprozess zu verraten. Zum Beispiel haben wir dieses Mal keine echte Violine verwendet. Wir haben auf diesem Album nur sehr wenig Violine, weitaus weniger als sonst, aber dieses Mal ist die Violine vom Keyboard und nicht echt. Wir haben bei einigen vergangenen Alben auch mal Snare-Drum-Layers mit dem echten Snare-Sound kombiniert. Das betraf "Mechanized Warfare" und "Casting The Stones", aber keines der beiden aktuellsten Alben.

Rüdiger:
Darf ich dann auch noch die ketzerische Frage stellen, ob euer Sänger Harry Conklin (Foto rechts) bei den Aufnahmen dieses Songs seine Gesangsspuren mit Autotune hinbiegen hat lassen? Du weißt ja, es gibt hin und wieder Diskussionsbeiträge, wo jemand einen professionellen Sänger kennt, der sich hundertprozentig sicher ist, dass er auf der Aufnahme Autotune ermittelt hat.

Mark:
Ich hab Harrys Gesangsspuren nur aufgenommen, aber ich habe nicht den Gesangsmix erstellt. Wir haben 40 Tracks mit verschiedenen Takes einiger Songs aufgenommen, und da sind einige richtig tolle Gesangsspuren dabei herausgekommen. Aber beim Endmix des Gesangs war ich nicht dabei, also kann ich dazu nicht ins Detail gehen. Aber: Harry singt normalerweise nicht neben der Spur!

Rüdiger:
Und braucht daher keine Tuninghilfe?

Mark:
Genau. Aber bei den Drumaufnahmen war ich immer dabei. Ich habe die Drumtracks an dem Tag mit nach Hause genommen, als sie aufgenommen worden sind, und das, was ich mit heim genommen habe, das klingt genau so, wie das, was ihr nun auf dem Song hören könnt, auch wenn der Mix, den ich heimgenommen habe, sehr schnell erstellt wurde. Ein paar Sachen habe ich nicht selbst aufgenommen, zum Beispiel den Bass und die Leadgitarre, so dass ich euch dazu keine Informationen geben kann. Aber ich kann alles über die Aufnahmen von Gesang, Rhythmusgitarre und Schlagzeug sagen. Und auch zu den Keyboards.

Was mich an der ganzen Sache amüsiert, das ist, dass die Leute doch Harry und Rikard seit Jahren live auf den Bühnen sehen. Haben sie denn auf einmal vergessen, wie sie singen und spielen?

Rüdiger:
Ja, das habe ich mich - speziell im Falle von Harry - auch gefragt. Ich glaube aber nicht einmal, dass die Leute wirklich denken, dass Rikard die Drumspuren, die wir auf "The Deviant Chord" hören werden, nicht spielen könnte, sondern eher, dass sie denken, dass ihr Geld sparen wolltet, und daher digitale Drums oder Drumcomputer nutzt, weil das weitaus einfacher und billiger ist. Da haben viele dann sicher auch Geschichten wie die mit Kenny Powell und OMENs "Hammer Damage" im Kopf. Aber der hat ja ehrlich zugegeben, dass er die Drums selber programmiert hat.

Mark:
Ja, und da haben die Leute sogar recht, wenn sie meinen, dass man so viel Geld sparen kann. Wir haben beispielsweise die letzten sieben Alben in meinem Studio aufgenommen. Aber die Drums mache ich einfach nicht. Dafür bin ich nicht ausgerüstet, und deshalb machen wir das Schlagzeug immer auswärts. Wenn ich gezwungen wäre, ein Album ausschließlich in meinem Studio aufzunehmen, dann müsste ich auch getriggerte Drums nutzen. In meinem Studioraum könnte ich schlicht und einfach keinen ordentlichen Drumsound hinbekommen. Mein Studio ist tatsächlich nicht einmal groß genug, ein Schlagzeug mit Mikros hineinzubringen. Dankenswerter Weise haben wir jedoch immer das Budget dafür eingeplant, einen guten Ort für die Drums auszuwählen.   

Rüdiger:

Eben habe ich übrigens euren Rerelease von "Shadow Thief" angehört, und der hat für mich eine wirklich großartige Produktion, gerade weil es ja "nur" ein Demo war. Da hat Patrick Engel mal eine echt tolle Leistung abgeliefert, oder? Gerade John Tetleys Bass (Bild oben) kommt super zur Geltung.

Mark:
Ja, Patrick hat einen super Job gemacht, beim Mastering. Das Demo haben wir damals auf analoges Tape aufgenommen. Ich habe es geliebt, so zu arbeiten und aufzunehmen. Aber das ist heute unbezahlbar. Selbst wenn wir überhaupt ein Studio finden könnten, das noch so aufnimmt.

Rüdiger:
Vielen Dank, Mark, für die ausführlichen Antworten; falls noch weitere Fragen auftauchen sollten, melde ich mich nochmal!

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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