In der Gruppentherapie: ATREYU - "Congregation Of The Damned"

21.11.2009 | 10:14

Ein Album einer Metalcore-Band bei uns im Soundcheck auf Platz 3. Da muss etwas nicht mit rechten Dingen zugehen...


Eine echte Überraschung, hatte ich doch von "Congregation Of The Damned" gerade mal gar nichts erwartet. Zugegeben, das Vorgängerwerk "Lead Sails Paper Anchor" war durchaus gut gewesen, zumindest wenn man bedenkt, dass ich eigentlich keine große Affinität zu Hardcore habe und das Wort Metalcore nun auch nicht gerade eine Werbung für eine Band darstellt. Aber jetzt scheinen es ATREYU uns allen zeigen zu wollen. Was? Na, dass ein ordentlicher Hardcore-Vibe nicht ausschließt, gleichzeitig einen ordentlichen Metal-Rumms zu haben und außerdem noch großartige Melodien zu transportieren. Das ist nämlich, was "Congregation Of The Damned" zu einem außergewöhnlichen Album macht und einen Quantensprung zum Vorgänger bedeutet. Die Riffs sitzen und die Melodien bleiben im Ohr, als ob man Stadien füllen wollte. Wenn die Band sich damit keine neuen Zielgruppen erschließt und für jeden Puristen, der sich möglicherweise enttäuscht abwendet, zehn neue Fans gewinnt, dann ist die Musikindustrie schlecht. Na gut, dass Qualität nicht notwendigerweise ein Garant für Verkaufszahlen ist, wissen wir mittlerweile wohl zur Genüge, aber ihr, die ihr dies hier lest, habt die Möglichkeit, euch ein Highlight dieses Monats nicht entgehen zu lassen und den Schritt der Band weg vom Metalcore in den Post-Hardcore, Alternative und vielleicht sogar ins wirkliche Rampenlicht mitzugehen.

Note: 8,0/10
[Frank Jaeger]

Hui, das ist ja mal eine Überraschung der angenehmen Art, die ATREYU für uns in Form des neuen Albums "Congregation Of The Damned" bereit halten. Statt ausgelutschter, inflationär aneinander gereihter Breakdowns und identitätslosem Daubergebrüll erfreuen uns die US-Amerikaner mit einer ausgereiften und wohlschmeckenden Mischung aus Metalcore-Momenten und einer kräftigen Prise Metal. Seinen Niederschlag findet diese geänderte Justierung der Musik in stärkeren Soli, eingängigeren Refrains und Ohrwurm-verdächtigen Melodien, wie wir sie beim ausgezeichneten Titelstück 'Congregation Of The Damned', 'Storm To Pass', 'Coffin Nails' oder bei 'Gallows' erleben dürfen. Klar, es gibt auch weiterhin verzerrte Vocals, Breakdowns und die ganze Chose. Aber diese Elemente werden mit melodischen Metal-Einsprengseln so geschickt garniert, dass das Ergebnis ohne Abstriche überzeugt. Nach etlichen Rotationen steht für mich eines fest: ATREYU haben ein tolles Album für die Nachwelt konserviert! Ohne Wenn und Aber. Selbst Metal-Traditionalisten sollten sich ermutigt fühlen, "Congregation Of The Damned" einem näheren Hörtest zu unterziehen. Tolle Scheibe!

Note: 8,0/10

[Martin Loga]


Ja, irgendwie hat er da Recht, der Martin. Selbst als bekennender Traditionalist mit angeborener Skepsis für die Sounds einer Band wie ATREYU bin ich bei "Congregation Of The Damned" nicht komplett falsch. Zwar gibt es immer wieder einige Versatzstücke aus Metalcore oder Nu Metal, ja, sogar aus dem Schönwetterpunk der kalifornischen Westküste, die mir normal eher weniger gefallen oder auch hier ab und zu mal ein bisschen nerven, wie etwa der Wechsel aus Brüllgesang und klaren Chören oder die uninspirierten Groove-Passagen im Opener. Aber dafür kann das Scheibchen an etlichen Stellen weit mehr begeistern, als ich das erwartet hätte. Zum einen mit wunderbaren Melodien auf den Leadgitarren, die in den allermeisten Songs zum Tragen kommen, und vor allem auch mit einigen ganz großen Refrains und sehr eingängigen und doch ungewöhnlichen Hooks im Bereich der klaren Gesangslinien, die sonst eher blasse Stücke wie 'Bleeding With Luxury' im Refrain deutlich veredeln, und die aus 'Storm To Pass' und dem teils fast poppigen 'You Were The King, Now You're Unconscious' sogar echte Überflieger machen, die auch ich ohne Abstriche weiter empfehlen kann und sogar gerne jederzeit wieder hören will. So hat mich das Album trotz einiger Schwächen und einer recht weit reichenden stilistischen Inkompatibilität positiv überrascht und ist von einer anfänglichen Einschätzung von unter sechs Punkten doch noch ein gutes Stück weit geklettert!

Note: 7,0/10
[Rüdiger Stehle]

Ja, was auch immer ATREYU da spielen, sei es Screamo, Emo, Metalcore oder einfach Heavy Metal: Es ist geil und knallt ordentlich. Ach und überhaupt, was sollen solche Einordnungen denn? 'Bleeding Is A Luxury' verbindet in sich so viele geniale Momente, da kann man sich seine Einordnung getrost dahin stecken, wo normalerweise keine Sonne scheint. Der Stilmix der Amerikaner ist derart großartig und umfassend, dass man sich im Jahr 2009 echt überlegen darf, ob mit "Congregation Of The Damned" nicht vielleicht ein Wendepunkt in die Szene geschlossen wurde, der ehemals diametrale Musikrichtungen in sich vereint. Das Potential ist gegeben. Ich stelle mir das so vor: Metal-Coreler werden sich mit diesem Album im Gepäck fragen, woher dieser tolle Groove und diese mitreißenden Gitarrenläufe kommen und sich dem Heavy Metal zuwenden, während sich die Traditionalisten fragen, wie geil dieser Gesang doch mit gewohnten Melodien zusammenpasst und wie fett so eine Metal-Core-Produktion sein kann. Meine Utopie ist ein neuer Schulterschluss, ja, Leute, lassen wir diesen Traum doch einen Moment zu und verlieren uns in einer Welt zwischen langen Haaren und Röhrenjeans... Am Schluss kann man immer noch aufwachen und feststellen, dass noch alles so ist wie früher. Puh, gut so, hatte schon Gänsehaut. Und jetzt mal im Ernst: Sream Heavy Intensive Core Hard Rock Metal mit Emo-Elementen klingt doch eigentlich ganz gut als Stilbezeichnung, oder?

Note: 9,0/10,0
[Julian Rohrer]

Nach ihrer eher melodischeren Veröffentlichung "Lead Sails Paper Anchor" legen sie nun zwei Jahre später mit "Congregation Of The Damned" nach. Und wie sie nachlegen! ATREYU schaffen die perfekte Symbiose aus Härte und stimmigen Ohrwurm-Melodien. Seien es so Hymnen wie 'Bleeding Is A Luxury' mit passender Streicher-Einlage, dem Titeltrack, 'Gallows', der Midtempo-Nummer und Singleauskopplung 'Storm To Pass' oder das fast schon orchestrale und bombastische 'You Were The King, Now You're Unconscious'. Die Refrains fressen sich quasi zwangsläufig in die Gehirnwindungen und die instrumentale Truppe sorgt nicht nur einmal für chronisches Kopfnicken. Selbst die abschließende Radioballade 'Wait For You' ist alles andere als kitschig und schmalzig, fast schon Stadion-reif. ATREYU finden sich mit "Congregation Of The Damned" im Post-Hardcore wieder, sprechen damit verschiedene Hörergruppen an und können sich noch mehr mit ihrer Musik etablieren. Zum Glück weiterhin auch kommerziell, ein Charteinstieg in den USA ist ihnen schon gelungen.

Note: 8,0/10
[Daniel Schmidt]

ATREYU sind also eine Band die traditionellen Metal mit dem Metalcore dieser Tage kreuzt und dabei auf eingängige Refrains und viel Melodiösität in der Ausgestaltung der Songs setzt. Das klingt z.B. bei 'Bleeding Is A Luxury', 'Storm To Pass', 'You Were The King, Now You're Unconscious' oder 'Lonely' richtig toll, fällt aber auf Dauer auch ein bisschen zu gleichförmig aus. Keine Frage, es sind größtenteils gute Songs (mit Ausnahme der abschließenden Quotenballade, die deutlich zu kitschig rüberkommt: "I wait for you, blah..." - tausend Mal gehörtes Gesülze), aber es fehlen die so genannten Ecken und Kanten, die letztendlich dafür sorgen, dass einen ein Album so richtig kickt. Ein bisschen klingt die Scheibe daher wie auf "Nummer sicher gegangen". Trotzdem, ATREYU nehmen sich das Beste aus dem Heavy Metal (speziell die wunderbare Gitarrenarbeit) und dem Metalcore (die Aggressivität und Gradlinigkeit) und mischen es auf sehr ansprechende Weise zusammen. Das findet auf jeden Fall sein Zielpublikum, soviel steht fest. Es bleibt zu resümieren: "Congregation Of The Damned" ist sehr melodisch, sehr eingängig und ein bisschen zu unbeherzt.

Note: 7,5/10
[Stephan Voigtländer]

Redakteur:
Peter Kubaschk

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