IRON SAVIOR: Track-By-Track des neuen Albums "Firestar"

05.09.2023 | 22:02

Seit Mitte der 1990er Jahre macht sich Piet Sielck mit IRON SAVIOR schon auf, fremde Galaxien zu erkunden und uns auf abenteuerlichen Reisen mit bockstarkem Power Metal zu verwöhnen. Höher, schneller, weiter – so lautet auch das Motto des kommenden Sternenflitzers "Firestar", dem schon elften der Nordköppe, wenn wir die beiden "Reforged"-Ausflüge außen vor lassen. Wir hatten speziell für euch die Gelegenheit, schon jetzt in die neueste Machtdemonstration zu hören und sind noch immer geplättet ob der Eindrücke, die wir auf "Firestar" bekommen. Aus diesem Grunde lohnt sich ein genauer Lupenblick auf jeden einzelnen Track.

Für mich repräsentiert IRON SAVIOR seit dem selbstbetitelten Debüt genau das, was ich von meinem Kraftmetall deutscher Prägung erwarte: Vor Energie nur so strotzende Riffs, eine Dynamik, die müde Männer munter macht, Ohrwurm-Refrains, als ob gerade die Sonne aufgehe, und – getreu dem Motto "Stillstand ist des Künstlers Tod" – eine stetige Entwicklung, ohne dass die hauseigenen Trademarks auch nur ansatzweise auf der Strecke bleiben. Und so reiht sich, so viel kann ich schon einmal vorwegnehmen, auch das vorliegende Weltraumabenteuer mühelos in die Klasse solcher Alben wie "Kill Or Get Killed", "Dark Assault" und sogar "Battering Ram", meiner bisherigen Pole-Position im IRON SAVIOR-Albenuniversum, ein.

Schon das fantastische Artwork von Felipe Machado Franco macht unmissverständlich deutlich, wohin die Reise geht und baut optisch eine nostalgische Brücke zum 2001er Drittwerk, mit dem mich die Hanseaten letztendlich gepackt haben. Da geht das Herz auf. Doch "Firestar" geht noch einen Schritt weiter und zeigt Sielck mit seinem Team in einem ungeheuren Kreativschub. Zwar bekommen Fans der gewohnten Fantasy- und Sci-Fi-Ausrichtung auch auf "Firestar" ihre Dosis, doch ein ums andere Mal schimmern auch gewisse Grundregeln des Zusammenlebens durch, die der Hamburger Jung gekonnt in seinen Texten verpackt. Und dass wir bei einem Tausendsassa wie Piet Sielck einmal mehr auf eine druckvolle, knackige Produktion bauen können, ist ebenso klar. Kommen wir also zum Eingemachten: den Songs.

Melodisch und rhythmisch erklingt Piets Klampfe im eröffnenden 'The Titan'-Intro – der Titan erhebt sich förmlich aus dem knapp dreijährigen Schlaf – und zum Ende hin offenbart sich der vorhin angeteaserte Sonnenaufgangs-Moment, ehe mit 'Curse Of The Machinery' ein sehr temporeicher, offensiver Track in bester IRON SAVIOR-Manier das lichterloh brennende "Firestar"-Inferno mit einem wahnsinnig geilen, mehrstimmigen Refrain zum ersten Höhepunkt geleitet. Ein lauter Melodie-Knall, diese markanten Sielck'schen Vocals und feinste BLIND GUARDIAN-Gedächtnis-Hooks, ehe der Bilderbuch-Refrain das Heft wieder fest an sich reißt – besser hätte das elfte IRON SAVIOR-Abenteuer nicht starten können. Weiter im "Power Metal par excellence"-Text geht es mit dem hardrockigeren 'In The Realm Of Heavy Metal', das zwar nicht so sehr auf das Gaspedal drückt, sich als Live-Hymne bei den kommenden Konzerten aber definitiv einen Namen machen wird und sämtliche Fäuste zum Recken bringen wird und der ohnehin schon prächtigen Laune die Krone aufsetzt. Hinzu gesellt sich ein sehr cooles Solo und die Gewissheit, dass sich IRON SAVIOR auch als Einheit wieder perfekt in Szene setzt. So zeigen sich Bassist Jan-Sören, Drummer Patrick sowie Joachim an der zweiten Klampfe beim mächtigen, im mittleren Tempo wuchtigen 'Demise Of The Tyrant' von ihrer Schokoladenseite. Hauchzarte Keyboard-Arrangements sorgen derweil im Hintergrund für die nötige Atmosphäre.

Durch und durch im positiven Sinne schießt anschließend das Titelstück komplett den Vogel ab, entpuppt sich 'Firestar' doch mit aller Rasanz von stellenweise 176 Bpm als schnellster IRON SAVIOR-Track überhaupt und macht bei aller Entschiedenheit auch deutlich, wie gut sich Tempo und Melodik miteinander kombinieren lassen. Der Mann wird in diesem Jahr stolze 60 und zeigt sich frisch, fröhlich und unbekümmert im Jungbrunnen planschend – dazu passend der hymnische Refrain und der Ausspruch "My Time Has Come" – oh ja, besser geht deutscher Power Metal heutzutage kaum. Die eingangs erwähnte, thematische Zwischenmenschlichkeit wird vor allem beim folgenden 'Through The Fires Of Hell' deutlich: Zwar wird das Tempo etwas gedrosselt, doch die Emotionalität des Songs schimmert ab der ersten Sekunde trotz knackiger Riffgewalt durch. Dazu passt Piets "Wherever You Go, I'll Be Right By Your Side"-Ausspruch und eine gewisse Grundzufriedenheit, die durch den Track schimmert und vor allem durch das sehr gelungene Gitarrensolo und auch hier durch die hymnischen Background-Chören deutlich wird. 'Mask, Cloak And Sword' geht wieder etwas forscher und geradliniger zu Werke, hat einmal mehr den Hymnenfaktor im Refrain mit Löffeln gefressen und ist ein weiterer Kandidat, künftige Live-Galaxien zum Kochen zu bringen. Und dass Piet eine gewisse Sympathie zum Stephen-King-Werk "Der Dunkle Turm" pflegt, offenbart uns 'Across The Wastelands'. Ein untypischer, aber cooler Beginn, ehe wieder ein schmuckes Riffing, ein tolles Solo und eine lebendige Grunddynamik das Geschehen bestimmen und uns mit in die Welt der Düster-Literatur nehmen. Atmosphärisch sehr dicht und trotz stimmungsentsprechender Parallelen zur Vorlage erkennt man binnen weniger Augenblicke die typische IRON SAVIOR-Duftnote.

Wir sind nun im letzten "Firestar"-Drittel angekommen und hier erhebt sich der Titan mit einem mächtigen Stakkato-Riffing und wildem Solo aus der Asche. In den 'Rising From Ashes'-Strophen wird es überraschend verzerrt, doch der Refrain versprüht gute Laune. Der Song braucht zwar zwei, drei Durchgänge, entpuppt sich aber dann als heimlicher Favorit, dessen Melodie man auch Tage später nicht mehr aus dem Gedächtnis bekommt. Hiervon kann ob seines hymnischen Aufbaus definitiv auch 'Nothing Is Forever' ein Liedchen singen. Piet singt gewohnt melodisch, hat aber genügend Feuer und Inbrunst in der Stimme, um auch diesem Melodie-Bollwerk das gewisse Etwas zu verleihen. Leider sind wir mit dem finalen 'Together As One' schon am Ende dieses famosen Albums angekommen, bei dem die Keyboard-Arrangements ein wenig kräftiger zum Vorschein kommen und den himmlischen Charakter dieses Rausschmeißers unterstreichen. Somit hat sich an das "Firestar"-Ende nochmal ein richtiger Dosenöffner geschlichen, der für IRON SAVIOR hätte typischer nicht ausfallen können: Tempo, Dynamik, Melodie und Ohrwurmcharakter spreizen gleichermaßen ihre Flügel und fliegen in froher Eintracht gen Sonnenuntergang. Ein wunderbares, tolles Ende eines ebenso wunderbaren Albums. Ein kleines, aber sehr feines Extra gibt es dann doch noch, denn mit der Cover-Version zu 'Heading Out To The Highway' zollen Piet und IRON SAVIOR auf sehr geschmackvolle Art und Weise  JUDAS PRIEST Tribut – eine Interpretation, die sich nahtlos an die typischen IRON SAVIOR-Merkmale anschließt, dem Original aber gelungen treu bleibt. Beide Daumen gehen auch hierfür hoch.

Fazit: Ob sich "Firestar" letztendlich als bestes IRON SAVIOR-Album behaupten kann, ist und bleibt eine Frage der Zeit, da – so druckvoll, stark und facettenreich die neuen elf Hymnen auch sein mögen – jedes Album eine gewisse Vorlaufzeit braucht, um sich in Gänze zu entfalten. Zumindest gehört das neue Bollwerk aus dem Hause IRON SAVIOR zum Besten, was Piet mit seiner Truppe herausgebracht hat, sprüht die Platte doch vor Power, Frische und Highlights. Ein Musterbeispiel für deutschen Power Metal ist sie definitiv geworden – der Feuerstern brennt darauf, auf den Bühnen dieser Welt vorgestellt zu werden.

Fotocredits: All Noir

Redakteur:
Marcel Rapp

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