IRON FIRE: Interview mit Martin Steene

23.04.2019 | 11:51

Das neue Album "Beyond The Void" erreichte in unserem März-Soundcheck einen wunderbaren dritten Platz und zeigt die Dänen IRON FIRE erneut von der besten Seite. Dabei hat die Band in beinahe 25 aktiven Jahren so manches Tal durchschritten. Bandchef Martin Steene gab gerne Auskunft über das neue Album, Erfahrungen mit Labels und seinen aktuellen Gemütszustand.

Martin, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurem tollen neuen Album "Beyond The Void", das sich in unserem Soundcheck auf dem dritten Platz festsetzen konnte. Ist das Album generell so gut angekommen?

Ja, tatsächlich gibt es bisher überwiegend positive Rezensionen. Das muss man sich mal vorstellen - IRON FIRE veröffentlicht ein Album und die Leute mögen es sogar! Was ist nur los mit der Welt?

Das letzte Interview mit POWERMETAL.de ist ziemlich genau zehn Jahre her. Damals hattet ihr gerade "To The Grave" veröffentlicht. Ich kann mir vorstellen, dass in der Zwischenzeit sehr viel passiert ist. Im Booklet des neuen Albums ist zu lesen, dass du die letzten sechs Jahre in Norwegen gelebt hast und jetzt zurück in Dänemark bist "only with a couple of guitars and a bag full of metal shirts to my name". Was zur Hölle ist dir in Norwegen widerfahren?

Oh verdammt, es ist echt schon zehn Jahre her! Ich bin sozusagen im Namen der Liebe nach Norwegen gezogen und hatte dort großartige sechs Jahre. Doch am Ende ist Liebe nur selten unendlich, also musste ich irgendwann wieder zurück nach Hause. Zur Hölle, ich musste sogar wieder bei meinen Eltern einziehen - im Alter von 37 Jahren! Aber ich bin schnell wieder auf die Füße gekommen und nun läuft auch musikalisch in Kopenhagen alles wieder rund.

Nach "Voyage Of The Damned" hat IRON FIRE das Label Napalm Records verlassen und veröffentlicht seitdem beim kleinen norwegischen Label Crime Records. Ein ziemlich krasser Schritt. Gibt es Vorteile bei der Arbeit mit einem kleineren Label und denkst du noch manchmal an die Geschichte mit Noise Records?

Napalm Records hat uns wirklich fertig gemacht. Die haben uns mehr als nur einmal verarscht und das Label zu verlassen, war die pure Freude. Natürlich tat uns die Zusammenarbeit anfangs gut, aber am Ende war es ein echter Kampf mit allem, was wir tun wollten. Crime Records ist ein Label, das ich mit einigen tollen norwegischen Partnern gestartet habe. Mit dem ganzen Bullshit, den wir bei Napalm und natürlich Noise Records erlebt haben, war es eine echte Wohltat, die Dinge so anzugehen, wie ich es wollte. Ich habe gute vier Jahre als CEO bei Crime Records gearbeitet und in dieser Zeit viele Alben verschiedener Bands und einige meiner eigenen veröffentlichen können. Natürlich war es allein schon von der Reichweite ein Rückschritt im Vergleich zu Napalm Records, aber endlich konnte ich Alben machen, die ich im Kopf hatte und war nicht zu endlosen und frustrierenden Kompromissen gezwungen. Bei meiner Rückkehr nach Dänemark musste ich meinen Posten bei Crime Records räumen und bin jetzt nur noch involviert, wenn es um meine eigene Musik geht. Ich habe viel Blut, Schweiß und Tränen in das Label investiert und bin sehr stolz darauf, dass sie immer noch Alben veröffentlichen, unter anderem von IRON FIRE. Wirklich tolle Leute!

Du sprichst von "Beyond The Void" als einen Neustart. IRON FIRE benötigte mit "Revenge" solch einen Neustart schon einmal. Was ist dieses Mal anders?

Dieses Mal ist es eher ein persönlicher Neustart. Ich bin zurück in Dänemark und IRON FIRE kann sich nun wieder zum wöchentlichen Proben treffen. Du kannst dir sicher vorstellen, dass in Norwegen zu leben und in einem anderen Land eine Band zu haben, nicht gerade einfach war. Das bedeutet sehr viel Gereise und himmelhohe Telefonrechnungen. Aber ich habe meinen Hintern endlich wieder nach Dänemark verfrachtet und wir können endlich wieder wie eine normale Band arbeiten.

Der Titelsong fragt den Hörer nach seinen tiefsten Ängsten. Nach allem, was du mit IRON FIRE bisher erlebt hast, kann dir bezüglich der Band noch irgendetwas Angst einflößen?

Natürlich! Die Budgets werden von Album zu Album immer kleiner und auf Tour zu gehen, bedeutet auf unserem Level in den meisten Fällen, dass wir ordentlich Geld in die Hand nehmen müssen, denn das läuft inzwischen oft nur noch über Pay-To-Play. Für uns ist wichtig, unsere Alben produktionstechnisch auf einem hohen Niveau zu halten und mit verschwindenden Einkommen durch CD-Verkäufe und Konzerte wird das immer schwieriger. Ich kämpfe seit über zwanzig Jahren für diese Band und ich möchte damit nicht aufhören, aber wenn wir zu viele qualitative Kompromisse eingehen müssen, werde ich irgendwann den Stecker ziehen, auch aus Respekt unseren Fans gegenüber. Aber an diesem Punkt sind wir noch nicht und ich hoffe natürlich, dass es niemals dazu kommen wird.

Mein Favorit auf "Beyond The Void" ist wohl der Songs 'Old Habits Die Hard'. Welche Gewohnheiten wirst du denn nicht los?

Yeah, das ist ein ziemlich cooler Track. Es gibt so viele schlechte Gewohnheiten, auf die dieser Satz zutreffen könnte - Alkohol, Zigaretten, Drogen. Aber in diesem Fall geht es darum, jemand oder etwas sein zu wollen, das man nicht ist. Und egal wie lang und hart du dich daran versuchst, du wirst niemals dieser Jemand sein. Der Song handelt davon, sich als die Person zu akzeptieren, die man ist, mit allen Fehlern und Bullshit, der dazu gehört. Denn am Ende ist es sowieso unmöglich, sich zu ändern.

Was ist die Idee hinter dem großartigen Artwork?

Erneut haben wir Daemorph (Anm. des Verfassers: ein ukrainischer Comic-Autor und Illustrator, der unter anderem bei GROND den Bass schwingt) als Cover-Artist gewinnen können. Er hat uns schon mit den Artworks zu "Among The Dead" und "Dawn Of Creation" versorgt. Ich wollte auf jeden Fall Spinnen haben, als Symbol für die dunkle Seite des menschlichen Geists. Es gibt zwar kein generelles Thema auf "Beyond The Void", doch es gibt mehrere Songtexte, die sich mit der wahren Dunkelheit des Lebens auseinander setzen und wir alle wissen, dass diese in unserem eigenen Verstand sitzt. Ich habe Daemorph etwas in der Art erzählt und er hat uns erneut mit diesem fantastischen Artwork den Atem geraubt.

Vor einigen Jahren habe ich irgendwo mal einen Song einer Band namens MARTIN STEENE PROJECT gehört, das ziemlich überzeugend klang. Was ist daraus geworden?

Das stimmt, ich wollte ein Soloalbum mit diesem Namen machen. Das ging eher in die Progressive-Metal-Richtung. Ich habe viele Demos gemacht, mehr als auf ein Album passen würde, aber wir hatten damals Probleme mit dem IRON FIRE-Line-up, also musste ich meine ganze Energie darin investieren, alles wieder in die Spur zu bringen. Das Soloalbum wird irgendwann in irgendeiner Form erscheinen. Ich glaube, ich habe das verdammte Teil schon fünf Mal in den letzten Jahren geschrieben, aber irgendetwas steht dem immer im Wege, das meine Aufmerksamkeit und Zeit raubt. Doch es wird kommen - irgendwann.

Wird es eine Tour geben, um "Beyond The Void" zu promoten? Und ist es schwieriger, Gigs im Ausland spielen zu können für eine Band aus einem Land, das im Metal-Betrieb gerne mal übersehen wird?

Wir werden sehen. Wenn es ein gutes Angebot gibt, werden wir sicher den Tourbus entern. Aber das bezweifle ich, es sei denn, wir nehmen viel Geld in die Hand. Und das wird nicht passieren. Power Metal ist in Dänemark nicht wirklich ein Thema und das war es auch nie. Hier spielen wir vor 50 Leuten, in Kopenhagen kommen vielleicht 100, also waren andere Länder immer eher unser Ding. Egal, was passiert, ich hoffe, wir können nochmal nach Deutschland kommen für ein paar Shows. Deutschland war immer unsere zweite Heimat.

Liegt dir noch was auf dem Herzen?

Vielen Dank, dass ihr uns seit zwanzig Jahren die Treue haltet! Lasst uns noch zwanzig dranhängen!

Redakteur:
Marius Luehring

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