INSIGNIUM: Interview mit Shoggoth

04.02.2005 | 13:04

Peinlich, peinlich! Seitdem ich bei Powermetal.de tätig bin, habe ich noch nie einen Interviewtermin verschwitzt, und dann dies! Als ich am Freitag, den 21.01.05 wieder in meiner Bude ankomme und meine Mailbox anrufe, sehe ich drei Anrufe in Abwesenheit: Zwei von Shoggoth, seines Zeichens Gitarrist und Sänger von INSIGNIUM, und eine von Wolf Mühlmann, Rock Hard-Redakteur und derjenige, welche bei Sure Shot Worx, der für die Promoarbeit von INSIGNIUM und anderen Bands verantwortlich ist. Des Rätsels Lösung: In der Promo-Mail stand was von Freitag, den 28.01., worauf ich mich gutgläubig verlassen habe. Egal, neuen Termin vereinbart, und schon lief das Telefon-Inti mit ein paar Tagen "Verspätung" relativ entspannt ab.

Bevor es ans Inti rangeht, noch ein paar Zeilen zu den Extrememetallern von INSIGNIUM, die allesamt aus dem Ruhrpott stammen und als bekannte Persönlichkeit den Ex-Basser von NORDAFROST in ihre Reihen aufgenommen haben.
Mit ihrem aktuellen Album "In die Abgründe", das weitestgehend auf deutsch gehalten ist, legt das Quartett eine Scheibe vor, die man am ehesten mit "IRON MAIDEN geparrt mit Blastbeats und Gegrowle" umschreiben kann. Neben den üblichen Aussagen zur aktuellen CD, musikalischen Einflüssen etc. hat Shoggoth eine kritische Meinung zu den Webzines, die manch ein Webzinebetreiber sich zu Herzen nehmen sollte.

Tolga:
Wie sind bisher die Reaktionen auf euer Album?

Shoggoth:
Die ersten Reviews kommen jetzt so langsam bei mir an, hauptsächlich erst mal über das Internet, und die lesen sich weitgehend ziemlich gut. Einen schlechten Beitrag gab's allerdings auch schon, da wurde uns vorgeworfen wurde, dass wir zu melodisch wären und zu viele Heavy- und Death-Metal-Einflüsse und all das in unserer Musik hätten.

Tolga:
Hab ich gelesen.

Shoggoth:
Ja genau! Das Review war ja an und für sich gut begründet, und wenn es eben den Geschmack nicht trifft, na gut! Damit kann ich leben. Und ansonsten... ja, ich hab ja heute euer Review auf powermetal.de gelesen, das gefällt mir auch recht gut.

Tolga:
Woher stammt der Name INSIGNIUM und worauf bezieht ihr euch im Albumtitel? Die Hölle, seelische Abgründe?

Shoggoth:
Was genau für Abgründe da gemeint sein können, kann sich eigentlich jeder selber ausdenken. In Bezug auf die Texte oder auch die Titel darf eigentlich jeder seine Interpretationen finden, das will ich gar nicht erst großartig erklären! Der Bandname war damals Apollyons Idee. Ein INSIGNIUM ist eigentlich eine Art Zeichen von Macht und Würde, ein Herrschaftszeichen. Wie man das in Bezug auf uns und unsere Musik interpretieren will, darf sich eigentlich auch jeder selbst denken - da will ich auch nichts weiter erklären.

Tolga:
Habt ihr euch bewusst entschieden auf deutsch zu singen oder hat sich das so ergeben?

Shoggoth:
Eigentlich hat sich das einfach ergeben. Auf der Demo-CD ("Insignia Risen...") haben wir noch auf Englisch gesungen. (Überlegt) Als wir dann angefangen haben neue Texte zu schreiben, hat sich dann einfach gezeigt, dass es atmosphärisch besser zur Musik passt. Das hat jetzt keine besondere Bedeutung, aber passt, finde ich, einfach besser zu den neuen Stücken!

Tolga:
Als ich Songtitel wie 'Gefistet' und 'Moorleiche' gelesen habe, dachte ich nur: Krass! Habt ihr diesbezüglich auch was von den anderen Kritikern gelesen?

Shoggoth:
Ja! Das Dumme ist ja, was ich jetzt auch gemerkt habe, dass bei den Promos keine Texte dabei waren.

Tolga:
Das war halt recht spartanisch! Da war noch nicht mal eine Info dabei. Das hab ich mir selbst alles aus dem Internet gezogen!

Shoggoth:
Also zu 'Gefistet' kann ich ein bisschen was erzählen: Der Text stammt von einem Ex-Mitglied von uns, dem Fister, der bei uns schon seit Jahren so heißt. "Irgendetwas ist gefistet" - das ist hier bei uns schon ein geflügeltes Wort geworden, und dann haben wir uns einfach entschlossen, dem Text auch diesen Titel zu geben. Der ist sicherlich nicht als besonders hintergründig zu betrachten und ist wohl eher in der Grindecke anzusiedeln. Es gibt auch noch weitere Texte, die von Leuten außerhalb der Band stammen, aber wir haben damals beschlossen, deren Texte dann nicht abzudrucken. Der Text zu 'Moorleiche' steht allerdings im Booklet. Der kommt vom Apollyon und im Prinzip geht's um eine Rachethematik einerseits, und eine Geschichte von "dem Bösen da draußen", wie man es sicherlich schon mal gehört hat, andererseits. Also eine unbekannte Bedrohung, die einen verfolgt. Das Ganze wurde dann in eine Art "Horrorstory" verwickelt. Muss man sich das am besten einfach mal durchlesen. 'Moorleiche' passte dann einfach zur Atmosphäre.

Tolga:
Wo seht ihr euch eher: In der Death- oder Black-Metal-Ecke?

Shoggoth:
Eigentlich seh ich uns da in keiner so wirklich! Als Death Metal würde ich uns bestimmt nicht bezeichnen, und als Black Metal mittlerweile auch nicht mehr! Früher haben wir das ja noch unter der Bezeichnung "Black Metal" laufen lassen, aber da sind wir ja nun schon seit einiger Zeit von abgekommen, dass wir uns so nennen. Wir hatten uns ja selbst schon die Frage gestellt, wie man das nennen und was man auf die Homepage schreiben soll. Wir hatten dann notdürftig "Extreme Metal" hingeschrieben, damit überhaupt irgendeine Bezeichnung auf der Homepage steht, wobei da natürlich auch schon einige Leute wieder drüber gemeckert haben! Ich hatte da auch mal eine ellenlange Erklärung zu verfasst, aber eigentlich wollen wir - hört sich jetzt klischeehaft an – einfach Metal spielen. Du hörst ja wahrscheinlich selbst auch noch sogar ein paar Heavy-Metal-Riffs in unserer Musik. Wir wollten dann allerdings nicht einfach nur "Metal" auf die Homepage schreiben, weil es sich dann zu sehr nach Power- oder Heavy Metal anhört, und um uns da ein bisschen von abzugrenzen, haben wir es damals "Extreme Metal" genannt. Blöde Bezeichnung vermutlich, aber naja. Einflüsse überwiegend vom Black und Death Metal sind natürlich in unserer Musik zu hören, aber wir hören ja auch noch andere Stilrichtungen, insofern...

Tolga:
Ihr habt ein Faible für Songs mit Überlänge, schafft es aber trotz sehr einfacher Melodien die Spannung die ganze Zeit über konstant oben zu halten. Siehst du das ähnlich?

Shoggoth:
Freut mich natürlich, wenn man das so sieht! Wie es zu den Überlängensongs kommt, weiß ich eigentlich selbst nicht so genau. Wir haben unsere Riffs, wenn wir uns hinsetzen und sagen uns: "So, jetzt stellen wir da mal was zusammen...". Wir können das einfach nicht, dass wir sagen: "OK, jetzt Strophe-Refrain, Strophe-Refrain, noch ein Part, Strophe-Refrain und das reicht dann auch." Dann wären wir in drei Minuten durch, aber bei uns kommt das mehr aus dem Bauch heraus, denn irgendwann merken wir eben "So, jetzt ist der Song fertig" und vorher hören wir auch nicht auf. Und wenn wir eben meinen, der Part muss da noch rein, dann kommt er eben noch mit rein. Und das mit der Spannung - da versuchen wir natürlich schon die Songs so zu schreiben, dass es nicht langweilig wird. Wenn es so wirkt, bin ich natürlich zufrieden! (Lacht)

Tolga:
Das letzte Stück 'In den Abgrund' ist echt klasse. Am ehesten erinnert es mich an eines der RUNNING WILD-Songs mit Überlänge à la 'Calico Jack' oder 'Treasure Island'. Was meinst du dazu?

Shoggoth:
Ich muss zugeben, mit RUNNING WILD hab ich mich eigentlich nie richtig beschäftigt! Da müsstest du mit Apollyon sprechen, der hat da einiges von im Schrank stehen.

Tolga:
Das hat mich daran erinnert!

Shoggoth:
(Zustimmend) Ja, ja! Es gibt ja auch von MAIDEN solche Songs, wenn du jetzt 'The Rime Of The Ancient Mariner' oder so nimmst.

Tolga:
MAIDEN hab ich nicht rausgehört, ehrlich gesagt...

Shoggoth:
Ich meine jetzt auch prinzipiell diese längeren, epischen Tracks. Die gibt's ja auch von MAIDEN...

Tolga:
Kannst du mit der Umschreibung "HAMMERFALL-Hymnen mit Gegrowle und Blastbeat" leben, und wenn nicht, wie würdest du euren Sound umschreiben?

Shoggoth:
(Wiederholt nochmal den Vergleich und lacht) Das ist mal was Neues. Ich finde, HAMMERFALL sind eigentlich noch eine ganze Ecke kitschiger als wir, wobei kitschig natürlich auch nicht immer schlecht sein muss. Irgendwo stecken bei uns ja vermutlich auch einige Melodien in der Musik, die mehr oder weniger als Kitsch durchgehen würden.

Tolga:
Ich meine jetzt nicht den Kitsch, sondern dass HAMMERFALL, das mag zwar Kitsch sein, aber im Ohr hängen bleibt. Oder nimm MANOWAR. Die Grundstruktur der Songs ist Metal, aber es ist nochmal angereichert mit Gegrowle und Blastbeats.

Shoggoth:
Die Grundstruktur... wir haben ja gerade über die Überlänge geredet, und ob das klassischer Metal ist? Was ist eigentlich klassisch Metal? Gut, das kann man auch nicht sagen! Ich weiß natürlich auch nicht, wie eingängig das überhaupt auf jemanden wirkt.

Tolga:
Für mich schon!

Shoggoth:
Gut, bei der 'Moorleiche' haben auch schon einige gesagt, dass gerade der Refrain hängen bleibt. Ich hab die Stücke natürlich alle schon während der Entstehung und im Studio viel zu oft gehört, als das ich da wissen könnte, wie es dann wirklich auf Außenstehende wirkt. Wenn du aber sagst "bleibt hängen" und daran deine Beschreibung festmachst, dann kann ich mit der Bezeichnung in etwa leben!

Tolga:
Mir würde jetzt spontan 'Bunkerkrieg' einfallen. Als ich das gehört habe, das ist eine eigenwillige Melodie! Wenn man das zwei oder drei Mal gehört hat, kriegt man das nicht mehr aus dem Kopf!

Shoggoth:
(Lacht) Das ist gut! Was soll ich dazu sagen? Ja schön, danke!

Tolga:
Ich kenn zwar euer erstes Demo nicht, doch dafür, dass ihr erst die zweiten Platte am Start habt, wummert das Ganze sehr professionell aus den Boxen. Wie habt ihr es geschafft, trotz fünf Jahren Pause zwischen dem Demo und dem Album, auf so einem hohen Niveau weiterzuzocken?

Shoggoth:
Gute Frage! Nach dem Demo haben wir uns ja zunächst neue Leute gesucht, und das hat natürlich Zeit gekostet (Apollyon und Shoggoth haben die Band 1996 gegründet. Dreifünftel von denjenigen, die das Demo eingespielt haben, sind nicht mehr dabei.) Eigentlich haben wir nach dem Demo mehr oder weniger wieder bei null angefangen mit dem Komponieren. Wir hatten uns nach Demo mal gesagt: "So was können wir nie wieder schreiben!" Dann haben wir wieder angefangen und irgendwann festgestellt, dass es scheinbar doch noch besser geht. Meiner Meinung nach haben wir uns gegenüber der Zeit, als wir das Demo geschrieben haben, viel besser aufeinander eingespielt. Als die damaligen Songs entstanden sind, saß ich teilweise noch am Schlagzeug, weshalb der große Teil der Musik von Apollyon kam. Als ich dann an die Gitarre gewechselt bin, hab ich dann oft einfach seine Melodien mitgespielt oder noch kurz was dazu geschrieben. Bei den neuen Stücken haben wir uns dann viel mehr direkt mit zwei Gitarristen da rangesetzt. Der neue Schlagzeuger hat meiner Meinung nach auch ein wesentlich besseres Gefühl für unsere Musik, als es noch bei dem alten Schlagzeuger der Fall war, welchem wir oft genug noch sagen mussten, was er wie zu spielen hat.

Tolga:
Auf den wollte ich nämlich auch zu sprechen kommen, denn euer Drummer ist echt klasse! Ohne seinen Beat wären die Songs auf der CD nicht die halb so gut. Siehst du das ähnlich?

Shoggoth:
Ja, auf jeden Fall! Wir haben uns selbst auch schon oft Gedanken darüber gemacht, was wir ohne ihn wären! Früher hat er einige Zeit in einem Jazz-Orchester gespielt und dadurch natürlich einige andere Fähigkeiten mitgebracht. Jedenfalls ist er an seinem Instrument schon ordentlich fit und dadurch kann man natürlich wesentlich komplexere Sachen mit ihm schreiben, als wenn jetzt irgendjemand immer die gleichen drei Grundrhythmen spielt. Auf jeden Fall würde ich ihn auch mit als eine unserer Stärken sehen! Es ist auch schon oft vorgekommen, dass nach einem Konzert die Leute kommen und sagen: "Boah, euer Drummer ist ja live ein Tier!". Wir sind jedenfalls froh, dass wir ihn dabei haben.

Tolga:
Welche Bands haben euch in erster Linie beeinflusst?

Shoggoth:
Hauptsächlich sind das vermutlich MAIDEN, SODOM und so was in der Richtung. Ansonsten haben einen damals aus dem Black-Metal-Bereich sicherlich auch DISSECTION, MAYHEM, DARKTHRONE und was da sonst alles kam irgendwie beeinflusst. Wie du ja auch schon erkannt hast, hat uns natürlich auch einiges an Death Metal beeinflusst, den wir damals viel gehört haben und auch noch immer viel hören. Wir basteln eben das zusammen, wie wir es auch selbst gerne hören, direkte Einflüsse kann ich aber eigentlich nicht nennen. Es kommt eben das raus, was beim Schreiben rauskommt!

Tolga:
Kennst du Powermetal.de und wie stehst du dem Medium Webzine generell gegenüber?

Shoggoth:
Auf Powermetal.de war ich irgendwann schon mal drauf, in den letzten Tagen natürlich dann häufiger als ich gehört habe, dass ein Interview mit euch ansteht.
Generell zum Webzine: Ich schaue normalerweise täglich in irgendwelchen Online-Magazinen nach Neuigkeiten. Es ist einfach eine schnellere und einfachere Möglichkeit sich irgendwelche Informationen aus dem Netz zu suchen. Gerade was die täglichen News betrifft weiß man so natürlich wesentlich schneller Bescheid als irgendjemand, der auf die nächste Zeitschrift wartet. Die negative Seite der Webzines ist allerdings, dass sich viele Leute sicher auch denken: "OK, so was mach ich jetzt auch mal, so komme ich wenigstens an ein paar Promos ran." Die lassen sich dann ein paar CDs schicken, schreiben vielleicht noch irgendwelche Reviews dazu... da muss man dann natürlich schon genauer hingucken, wer sich wirklich Mühe gibt und wer nicht. An und für sich ist es jedenfalls eine tolle Sache, ohne Frage. Die Reviews und Interviews erreichen so sicherlich auch noch eine ganze Menge mehr Leute, als drei bis vier Zeitschriften am Kiosk. Eigentlich holt fast jeder, den ich kenne, zumindest teilweise seine Informationen aus dem Internet, insofern ist es schon eine gute Sache, dass sich die Webzines so verbreitet haben.

Tolga:
Wie schaut's aus mit Touren oder Festivalaktivitäten diesen Sommer?

Shoggoth:
Touren sind nicht geplant und um noch bei Festivals unterzukommen, sind wir vermutlich schon etwas spät dran, da unsere CD ja auch erst jetzt erscheint. Für dem Sommer ist bisher das Pesten Open-Air geplant, das bisher den meisten noch nicht bekannt sein dürfte. Ein Bekannter von uns will hier im Ruhrgebiet mit hauptsächlich Underground-Death und Black-Metal-Bands aus der Umgebung etwas auf die Beine stellen, aber das wird alles momentan noch genau geplant. Da werden wir jedenfalls neben DARK FORTRESS, NORDAFROST und einigen anderen dabei sein. Ansonsten stehen erst mal einige einzelne Gigs auf dem Plan, große Festivals oder eine Tour noch nicht. Wäre natürlich eine schöne Sache, wenn das nächstes Jahr mit – sagen wir mal - dem Party.San klappen würde. Das wäre für uns schon großartig, aber man wird erst mal sehen müssen, wie sich nach der Veröffentlichung alles entwickelt.

Tolga:
Willst du deinen Fans, oder zukünftigen Fans, zum Abschluss noch was mitteilen?

Shoggoth:
Wer will, kann gerne mal auf unsere Homepage gucken (http://www.insignium.de), da gibt's ja zu unserem Opener 'Moorleiche' ein MP3 und ein kleines zusammengebasteltes Video herunterzuladen. Wem das gefällt, der kann sich ja dann mal die CD anhören und mir auch gerne mal schreiben, was er davon hält (mail@insignium.de)!

Redakteur:
Tolga Karabagli

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