HEADCAT: Wir blicken auf die Wiederveröffentlichungen der Rockabilly-Supergroup

12.09.2023 | 23:16

Nun, da hat sich BMG einem sehr schönen, geschmackvollen Thema angenommen. Ende der 1990er Jahre gelüstete es den Herren Kilmister (MOTÖRHEAD), Phantom (THE STRAY CATS) und Harvey (THE ROCKATS) nach etwas Rockabilly in ihrem Rock'n'Roll-Lifestyle, als das Trio zusammentraf, um ihren Teil des ELVIS PRESLEY-Tributalbums beizutragen. Doch der ungeheure Spaß der drei im Studio bewog Lemmy dazu, nach der Akustikgitarre zu greifen und einige seiner Lieblingssongs von JOHNNY CASH, BUDDY HOLLY und EDDIE COCHRAN zum Besten zu geben – Und HEADCAT war geboren. Fast 25 Jahre später wird der Geist dieses Rockabilly-Zaubers wiedererweckt, indem die Alben "Walk The Walk...Talk The Talk", "Live In Berlin" und "Dreamcatcher" in hübschen Digipack-Versionen erneut das schwungvolle Tageslicht erblicken.

HEADCAT – der Name wurde als Kombination aus MOTÖRHEAD, THE STRAY CATS und 13 CATS gewählt -  war zu Lebzeiten Lemmys sein Tribut an die großen Rockabilly- und Rock'n'Roll-Größen, mit denen er einst aufgewachsen ist, seine äußerst authentische Ode an seine eigene musikalische Herkunft, die 2006 bereits mit "Fool's Paradise" ein erstes Cover-Album an den Mann brachte. Gedacht wurde u.a. BUDDY HOLLY, CARL PERKINS, JIMMY REED, LLOYD PRICE, JOHNNY CASH und natürlich ELVIS PRESLEY. Doch Lemmy, Slim Him und Danny hatten Blut geleckt und wollten es bei diesem einen, kleinen Coveralbum nicht belassen. Und auf diese Post-Debüt-Alben schauen wir heute im Zuge der BMG-Wiederveröffentlichungen, die am 15. September veröffentlicht werden.

Der erste Re-Release-Streich betrifft das zweite HEADCAT-Album "Walk The Walk…Talk The Talk", das erstmalig 2011 mit Coversongs von CHUCK BERRY, THE EAGLES und THE BEATLES, einer der größten Inspirationsquellen Lemmys, veröffentlicht wurde. Schon dieses signifikante, kultige Artwork könnte authentischer nicht sein und die Musik im Inneren nicht besser in Szene setzen. Das Trio agiert mit einer ungeheuren Spielfreude, hat so viel Schwung und Twist in den Hüften und lässt vom ersten 'American Beat'- bis zum finalen 'Crossroads'-Ton den Geist des 50er- und 60er-Jahre-Rocks emporheben. Insbesondere 'Say Mama' und 'Let It Rock' haben es mir damals wie heute sehr angetan und machen so viel Freude.

Vor allem ist es für mich, als großer MOTÖRHEAD-Fan, einfach schön, Lemmy mit solch einer Freude zu hören – es war schlichtweg eine Herzensangelegenheit, das HEADCAT-Projekt mit Slim Jim und Danny weiterzuführen. Wie aus einem Guss klingen hierbei auch die beiden Eigenkompositionen 'American Beat' und 'The Eagle Flies On Friday', die sich dem dynamischen Konvolut an Coverversionen nahtlos anschmiegen und für ein besonderes Hörerlebnis sorgen. Wie authentisch das funktioniert, zeigt auch 'Trying To Get To You', im Original vom King of Rock'n'Roll persönlich. Für das i-Tüpfelchen sorgen hierbei die ausführlichen Sleevenotes, auf den Interviews mit Harvey und Phantom basierend. Einfach schön und vor allem als Vinyl-Veröffentlichung ein Hingucker im Regal.

Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber Berlin war und ist für mich eine Stadt, die ich mit MOTÖRHEAD und Rock'n'Roll verbinde. So liegt es nahe, dass ich der "Live In Berlin"-Veröffentlichung HEADCATs entgegenfiebere, die erstmalig erscheint. Aufgenommen wurde das 21-teilige Dokument jüngerer Rockabilly-Historie aus der Hauptstadt, am 18. Oktober 2011 im Huxley's und schon dieses Artwork lässt mich nostalgisch werden. Der Bandname im missverständlichen MOTÖRHEAD-Vibe, Danny, Lemmy und Slim Jim auf dem Artwork und die Sleevenotes im Inneren – einfach schön. Doch vor allem musikalisch lässt das Ding keine Wünsche offen:

Ein toller, erdiger und klarer Sound, die Hits am Fließband und das angesprochene Trio mit einer unbändigen Spielfreude auf der einen, dieser kaltschnäuzigen Coolness auf der anderen Seite. Wie gerne hätte ich vor 12 Jahren in Berlin Mäuschen gespielt, um 'Something Else', 'Big River', 'I Can Tell' oder auch die eigenen Songs 'American Beat' und 'Eagle Flies On Friday' live am eigenen Leib zu spüren. Zumindest das "Live In Berlin"-Zeugnis bleibt und ist – als kleiner Tipp – vor allem bei längeren Autofahrten wärmstens zu empfehlen. Denn vor allem als Live-Versionen haben die HEADCAT-Songs einen ganz eigenen Touch und drücken auf ihre energische und charmante Art und Weise dem Rockabilly-Geist des 21. Jahrhunderts den Stempel auf.

Obwohl ich ehrlicherweise "Live In Berlin" ob dieses magischen Hauchs den Vorzug geben würde, ist auch "Dreamcatcher", die dritte und letzte Wiederveröffentlichung im Bunde, definitiv nicht zu verachten und lohnenswert. Einmal mehr mit einem fabelhaften Artwork – Kätzchen trifft auf Snaggletooth, tolles Shirt—Design! – wurde diese Live-Scheibe im Dreamcatcher Theater im Viejas Casino am 01. Februar 2008 aufgenommen und von Danny Harvey persönlich produziert und gemastert. Auch hier dürfen selbstverständlich die Sleevenotes von Danny und Slim Jim nicht fehlen.

Ein Blick auf die Trackliste verrät, dass es zahlreiche Überschneidungen mit dem 2011er Livealbum gibt, die Versionen aber mit ähnlich viel Freude und Schwung vorgetragen werden, das Berliner Publikum aber etwas zackiger agiert als das Kalifornische. Nichtsdestotrotz ist der Dreierpack – also die beiden Live-Alben mit "Walk The Walk...Talk The Talk" ein wirklich schönes Bundle, sehr hochwertig aufgemacht und mit diesem einzigartigen Charme des Lemmy Kilmisters ins Hier und Jetzt transferiert worden.

HEADCAT existiert tatsächlich noch, hat der ehemalige MORBID ANGEL-Bassist David Vincent doch die Position Lemmys eingenommen, doch seien wir einmal ehrlich: Wenn jemand auf höchst authentische und kaltschnäuzig charmante Art die großen Gassenhauer von einst, die Wegbegleiter des Rock'n'Roll erneut aufleben lassen kann, dann ist es Lemmy, der Ende der 1999er Jahre mit Danny und Slim Jim dieses wunderbare Projekt ins Leben rief – Danke dafür.

Redakteur:
Marcel Rapp

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