HAREM SCAREM: Interview mit Pete Lesperance

24.05.2005 | 19:23

"Overload" ist der erneute Beweis dafür, dass HAREM SCAREM die derzeit beste Melodic-Rock-Band ist. Niemand sonst versteht es, so gekonnt eingängige Hooks und harte Gitarren in ein packendes Gewand zu packen. Und da ich eh schon eine Weile süchtig nach HAREM SCAREM bin, ließ ich mir die Gelegenheit nicht entgehen mit Gitarrist und Songwriter Pete Lesperance zu sprechen.

Peter:
Hallo Pete, zuerst einmal Gratulation zu einem weiteren erstklassigen Album.

Pete:
Oh, vielen Dank. Es freut mich, dass dir das Album gefällt.

Peter:
Ja, außerordentlich gut sogar. Es ist deutlich härter und düsterer als "Higher". Was war los? Hattet ihr schlechte Laune?

Pete:
Hehe, nein, nicht wirklich. Wir waren einfach der Meinung, dass "Higher" eine Spur zu relaxt war und wir wieder ein bisschen härter werden sollten. Zudem habe ich mit neuen Gitarren-Sounds gearbeitet, die düsterer klingen.

Peter:
Ich bin mittlerweile regelrecht süchtig nach "Overload" und singe im Kopf Zeilen des Albums, sofort nachdem ich wach geworden bin. Wie zur Hölle macht ihr das?

Pete:
Wow, das Album gefällt dir ja wirklich gut. Hm, keine Ahnung, woran es liegt. Wir legen es nicht darauf an, sondern versuchen einfach die beste Qualität abzuliefern. Vielleicht liegt es einfach daran, dass wir es schaffen harte Gitarren mit Melodien zu versehen, die einen leichten Pop-Appeal haben und einem so schnell nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Peter:
Ja, daran wird es liegen. Wie gefällt das Album denn bisher dem Rest der Welt?

Pete:
Sehr gut, vor allem die Reaktionen in Europa und besonders in Deutschland werden immer besser. Auch die Verkaufszahlen haben dort deutlich angezogen.

Peter:
Grund genug für euch hier auf Tour zu gehen?

Pete:
Ja, definitiv. Wir wollen unbedingt wieder nach Deutschland kommen. Das letzte Mal war vor knapp fünf Jahren.

Peter:
Ihr müsst unbedingt nach Berlin kommen...

Pete:
Ja, auch da wollen wir hin. Wir wollen wieder auf die Bühne und rocken.

Peter:
Ihr seid eine Band, die sich stets entwickelt und seine Fans immer wieder überrascht, ohne eure typischen Trademarks zu verlieren. Was hältst du von den Fans, die immer ein zweites "Mood Swings" wollen?

Pete:
"Mood Swings" war und ist eine tolle Platte, aber wir haben sie schon gemacht. Wer sie hören will, muss sie doch nur einlegen. Die Welt hat sich in den letzten 13 Jahren verändert und wir wollen nicht immer die gleiche Platte einspielen.

Peter:
Ich entgegne solchen Leuten auch immer, dass ihr einfach so seid und dass man bei HAREM SCAREM immer Veränderungen erleben wird und akzeptieren muss.

Pete:
Ganz genauso ist es. Wo bliebe denn da auch die Spannung für den Hörer und die Herausforderung für die Musiker? Wir müssen uns immer entwickeln.

Peter:
Du und Harry, ihr habt euch ja auch zu echten Workaholics entwickelt. Wenn ihr nicht gerade mit HAREM SCAREM beschäftigt seid, macht ihr Soloalben oder produziert andere Bands. Musik ist euer Leben?

Pete:
Ja, also für mich auf jeden Fall. Deswegen bin ich auch Single. Die Frauen akzeptieren meistens nicht, dass ich immer und ausschließlich Musik mache und wenn sie mich vor die Wahl stellen, verlieren sie immer. Harry dagegen ist seit 17 Jahren glücklich verheiratet. Er hatte das Glück eine verständnisvolle Frau zu kennen zu lernen, die seine Karriere die ganze Zeit unterstützt.

Peter:
Demnach sind Texte wie die von 'Dagger', 'Can't Live With You' oder 'Afterglow', wo es ausnahmslos um das Ende einer Beziehung geht, keine eigenen Erfahrungen?

Pete:
Nein, ganz und gar nicht. Harry liebt diese Art von Lyrics und sie passen gut zu unserer Musik. Er erzählt gern diese Geschichten über Beziehungen und all ihre Schattierungen, aber persönlich sind sie nicht gemeint.

Peter:
Würdest du mir als Fan von HAREM SCAREM empfehlen, die Alben zu kaufen, die ihr produziert?

Pete:
Nun, das ist so einfach nicht zu beantworten. Das sind ja ganz unterschiedliche Sachen, teilweise sehr modern und haben nichts mit Melodic Rock zu tun. Also pauschal kann ich das nicht beantworten.

Peter:
Die Ausschnitte von Darren Smith's Album (Gründungsmitglied und ex-Schlagzeuger) haben mir sehr gut gefallen.

Pete:
Ja, das ist toll geworden, ist aber deutlich moderner als HAREM SCAREM.

Peter:
Was ist eigentlich mit deinem Soloalbum? Ich hab das in Deutschland noch gar nicht gesehen.

Pete:
Das ist auch noch nicht in Europa veröffentlicht worden und wird es auch nicht mehr. Die Songs von "Down In It" benutze ich jetzt für meine zweite Band FAIR GROUND, die ich zusammen mit Mike Turner, der vorher bei den großartigen und in Kanada sehr populären Alternative-Rockern von OUR LADY PEACE war, gegründet habe. Auf der Homepage kannst du dir Samples von einigen Songs anhören.

Peter:
Mach ich mit Sicherheit.
Ist dir eigentlich bewusst, dass man für Alben wie "Karma Cleansing", "Rubber", "Big Bang Theory" oder "Ultra Feel" in Deutschland zum Teil bis zu 25 Euro bezahlen muss und man sie fast nur bei eBay bekommt?

Pete:
Ja, ich weiß, dass die Alben bei euch schwierig zu bekommen sind. Aber so teuer? Wow!

Peter:
Werdet ihr die Alben vielleicht wieder veröffentlichen?

Pete:
Nein. Selbst wenn wir wollten, könnten wir das nicht. Die Rechte an den Songs gehören leider der Warner. Da ist also nix zu machen.

Peter:
Das ist für mich die richtige Antwort, habe ich doch ziemlich viel Geld investiert, um alle Alben im letzten Jahr irgendwo in Kanada, Japan oder den USA zu ersteigern.

Pete:
Oh, schön zu hören. Auch wenn ich es natürlich besser fände, wenn es nicht so schwierig wäre an unsere Alben zu kommen.

Peter:
Was hörst du eigentlich in deiner Freizeit?

Pete:
(lacht) Oh, eigentlich alles außer Melodic Rock. Jazz, Power-Pop, einfach alles. Ich liebe Bands wie WEEZER, die STEREOPHONICS, OASIS oder auch GREEN DAY.

Peter:
Uh, GREEN DAY finde ich fürchterlich. Zumindest das erste Album.

Pete:
Stimmt, das war noch nicht so gut, aber sie haben sich sehr entwickelt. Gib ihnen noch eine Chance!

Peter:
Ist dir Melodic Rock zu langweilig?

Pete:
Ja, ganz genau. Viele Bands wollen so klingen wie vor 15 Jahren und das langweilt mich sehr. Klar, es gibt auch Fans, die wollen, dass man noch so klingt, wie wir ja vorhin schon gesagt hatten. Aber wir wollen das nicht. Stell dir vor, ich hätte noch die Frisur wie vor 15 Jahren...

Peter:
Ein Date zu kriegen, wäre dann wahrscheinlich nicht mehr drin...

Pete:
Hahaha, ganz genau. Das könnte ich dann vergessen.

Peter:
Eine schlechte Seite hat es doch, dass ich HAREM SCAREM entdeckt habe. Ihr seid schuld daran, dass ich jetzt verstärkt Melodic Rock zum Rezensieren bekomme und auch haben möchte, doch die viele Alben sind wirklich schlicht langweilig.

Pete:
Hahaha, oh Mann, das tut mir leid. Aber genau das ist der Grund, warum ich keinen Melodic Rock mehr höre.

Peter:
Gut, dann wirst du ja sicher einige Tipps für mich haben. Was sind denn deine Top 5-Alben?

Pete:
Oh, das ist eine schwierige Frage. Hmmm...
Also auf jeden Fall JELLYFISH "Split Milk", dann noch von WEEZER das "Blue Album". Das beste Power-Pop-Album, das ich kenne. Dann von den STEREOPHONICS "Just Enough Education To Perform", das ist auch toll. Das Debüt von SHERYL CROW, sie ist die beste weibliche Singer/Songwriterin und von MUSE "Absolution". Wie viele hab ich jetzt?

Peter:
Fünf.

Pete:
Oh, verdammt. Da fehlen doch noch die BEATLES und QUEEN. Hmm, okay, dann sind das halt meine aktuellen fünf Lieblingsalben.

Peter:
Okay, und wen würdest du in eine All-Star-Band einladen, egal ob tot oder lebendig?

Pete:
(stöhnt) Oh, das ist ja noch schwieriger, ehm... Okay, Bob Daisley (u.a. RAINBOW, OZZY) am Bass, John Bonham (LED ZEPPELIN) am Schlagzeug. Puh....
Darf ich mitspielen?

Peter:
Natürlich.

Pete:
Hmm, gut dann Nuno Bettencourt (EXTREME) und ich an der Gitarre. Und zu guter letzt Bono (U2) als Sänger. Man, das würde schräg klingen, aber wir hätten sicher Spaß.

Peter:
Jetzt wird es leichter... Wen würdest du zu einem Festival einladen?

Pete:
Puh, so ganz einfach ist das auch nicht, aber U2, WEEZER, OASIS, STEREOPHONICS, GREEN DAY und wir wären eine sehr interessante Mischung.

Peter:
Sehr gut, dann hätten wir es geschafft. Vielen Dank für das Interview, Pete.

Pete:
Ich danke dir und hoffe, dass wir uns auf Tour sehen.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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