HAND TO HAND: Interview mit John

30.03.2005 | 13:01

Inmitten der ganzen Metalcore-Szene gibt es auch noch so einige etwas "softere" Bands wie HAND TO HAND, die aber nichtsdestotrotz abgehen wie Sau. Diese Band aus Orlando jedenfalls gehört in der Emo-Szene zum momentan Besten, was man im CD-Regal abgreifen kann, auch wenn das diverse andere Rezensenten im Online-Bereich ganz anders sehen. Selber Schuld und gutes Album verpasst. Allen anderen möchte ich aber nachträglich noch einmal empfehlen "A Perfect Way To Say Goodbye" anzutesten – und keine Sorge, die Band wird sich trotz dieses merkwürdig anmutenden Titels nicht auflösen!


Björn:
Hallo, alles klar bei dir?

John:
Ja, mir geht's gut und ich hoffe, das ist bei dir nicht anders.

Björn:
Danke, ich kann nicht klagen. Nun, erst einmal Entschuldigung für die Verzögerung mit dem Interview. Die Platte ist ja schon eine Weile draußen, ich hoffe, das ist trotzdem okay für dich, jetzt noch ein paar Fragen zu beantworten.

John:
Natürlich! Klar, die Platte ist schon auf dem Markt, aber es ist niemals zu spät!

Björn:
In manchen anderen Online-Reviews wurde das Album ja ziemlich verrissen, was ich eigentlich gar nicht verstehen kann, denn ich persönlich finde "A Perfect Way To Say Goodbye" wirklich stark. Was hältst du von diesen negativen Rezensionen?

John:
Ja, das habe ich auch gelesen, aber schlechte Kommentare kommen und gehen. Wir sind nur für die guten Reviews dankbar, weil sie unserer Meinung nach eine andauernde Impression hinterlassen. Es ist natürlich klar, dass wir nicht alle Leute gleichzeitig zufrieden stellen können; das ist uns auch beim Komponieren neuer Stücke bewusst. Aber wir schreiben nun mal für HAND TO HAND und niemand anderen. Daher fühlt es sich auch sehr gut an, dass Leute wie du das mögen, was wir auf musikalischer Ebene nach außen tragen. Die Songs sind für die Kids, nicht für die Kritiker!

Björn:
Wenn du aber gerade diese Leute trotzdem überzeugen wolltest, was würdest du ihnen dann sagen, um ihnen klar zu machen, dass HAND TO HAND nicht bloß eine weitere Emocore-Band ist?

John:
Mir scheint die beste Alternative, einfach weiterhin das zu tun, was wir jetzt machen, ganz ohne Kompromisse. Wenn wir uns negative Statements zu Herzen nehmen würden, müssten wir unseren Sound ändern und zu etwas werden, was wir gar nicht sind. Wir sind immer ehrlich mit unserer Musik gewesen – und genau das kritisieren diese Leute. Am Besten kommen die Rezensenten zu unseren Live-Shows und machen sich ihr eigenes Bild dort. Sie werden mit Sicherheit einen ganz anderen Eindruck gewinnen, da die Live-Situation ein sehr wichtiger Part unseres Schaffens ist.

Björn:
Die Kombination aus Hardcore, Alternative Rock und Metal ist momentan sehr angesagt. Aus welchem Grund heraus habt ihr euch für diese Musikrichtung entschieden?

John:
Jeder von uns hört schon Metal so lange er denken kann. Verstehe mich nicht falsch, wie lieben verschiedene Genres, weshalb wir auch genau so klingen wie auf diesem Album. Inspiriert haben uns dabei die "Großen", sprich alles von METALLICA und MEGADETH über SLAYER bis hin zu POISON THE WELL. Wir wollen nicht so oder so klingen, das passiert alles von alleine.

Björn:
Ich habe euch trotzdem in die Kategorie Emocore gepackt. Kannst du dich damit anfreunden?

John:
Viele Leute stecken uns in diese Schublade, und soweit wir das beurteilen können ist das schon in Ordnung. Wir sind ja auch von Emo, Metal und Hardcore beeinflusst, deshalb macht es sicherlich Sinn. Andererseits hat man uns schon nach allem benannt, was unter das Banner "Rock" fällt. Ich persönlich bezeichne und als Rock- oder Hardcore-Band aus Florida.

Björn:
Was verstehst du denn unter dem Begriff Emocore?

John:
Ich vermute mal, dass man das auf zwei verschiedene Arten erklären kann. Einmal als eine Mischung aus Emo und Hardcore/Punk, die mir persönlich auch sehr zusagt, da ich ein großer Fan dieses Genres bin. Wie auch immer, es bezieht sich wohl darauf, wohin sich der Hardcore in den letzten drei bis vier Jahren entwickelt hat. Weil der Hardcore sich dieser Tage sehr stark am Metal orientiert, könnte man diese ganze Palette eben auch noch um die Stilrichtung Metal erweitern. Aber es scheint mir zu breit gefächert zu sein, als dass man diese Musik limitieren könnte.

Björn:
Dann gehen wir die Sache anders an. Welche Band würdest du sinnbildlich für die Begründung dieser Musik verantwortlich machen?

John:
Hm, diese Frage ist für mich sehr schwer zu beantworten, weil die Leute jeweils andere Fakten zu Grunde legen. In Sachen Hardcore kommt das auch ganz auf die Gegend an, in der man lebt. Hier in Florida wären vielleicht POISON THE WELL und UNDEROATH zu nennen, die begonnen haben, verschiedene Genres zu vermischen. In Kalifornien hingegen sagt man, dass EIGHTEEN VISIONS die erste Band waren, die straighten Metal mit südkalifornischem Hardcore und Punk gemixt haben und so den Begriff Emocore für diese Szene etabliert haben. Um ehrlich zu sein: Niemand in dieser Szene kann sicher sagen, wie das Ganze startete, und daher kann ich das leider auch nicht.

Björn:
Dann jetzt meine letzte Frage zum Stil. Wo siehst du den Unterschied zwischen dem Begriff Emocore und der Kategorie Metalcore, wie er von Bands wie KILLSWITCH ENGAGE gespielt wird?

John:
Weil es schon immer eine Verbindung zwischen der Hardcore- und der Emo-Szene gegeben hat, würde ich KILLSWITCH ENGAGE Metalcore nennen. Sie stammen aus der Metal-Szene in Boston, die sich dann doch von der Hardcore-Szene unterscheidet. Sie haben definitiv einen sehr guten Ruf in der Hardcore-Szene, aber sie beziehen sich mehr auf Metal als alles andere; das denke zumindest ich. Sie sind zwar sehr melodisch und ihre Songs sind eingängig, aber sie sind eben keine Emo-Band. Sie sind Metal, und sie sind großartig!

Björn:
Okay, dann reden wir mal über die die neue Scheibe "A Perfect Day To Say Goodbye". Soll das heißen, dass ihr euch nach dem Release jetzt wieder auflösen werdet? Oder ist es eher eine Kurzanleitung zum Suizid?

John:
Wir würden Niemandem zum Selbstmord raten, und einen Split ziehen wir natürlich auch nicht in Betracht. Der Titel des Albums ist ganz einfach die Einsicht über einen Wendepunkt im Leben jedes einzelnen. Nachdem Lifeforce sich unserer angenommen haben, wussten wir, dass sich in unserem Leben einiges verändern würde. Auf der einen Seite ist dieses Album ein Art Abschied nehmen von der alten Zeit und ein "Hallo" an die Zukunft. Außerdem ist dieses Album einigen Leuten gewidmet, die mit der Zeit von uns gegangen sind. Auf diese Art ist es unser Weg, ihnen "Goodbye" zu sagen.

Björn:
Wie habt ihr dieses Thema in den Texten untergebracht?

John:
Eigentlich sollte der Song 'Preamble' 'A Perfect Way To Say Goodbye' betitelt werden, aber unser Sänger Rob änderte ihn schließlich, damit wir ihn als Albumtitel benutzen konnten. Dieser Song handelt deswegen auch von dem Dahinscheiden einiger geliebter Menschen. Darauf beziehen wir uns im Übrigen auch in diversen anderen Songs. 'The Arson' handelt von Leuten hier in der Szene, die einen entmutigen, als Band etwas zu erreichen. Es geht um die Leute, die andere mit harten Worten "niederbrennen". Mit unserem Album-Deal und der Möglichkeit, eine komplette Tour zu spielen, ist diese Platte ein perfekter Weg, uns von diesen Leuten zu verabschieden.

Björn:
Also geht es in den Texten vornehmlich um wahre Begebenheiten?

John:
Rob hat sowohl über persönliche als auch über Erfahrungen mit der Band geschrieben. Meine Bandkollegen und ich können uns auch vollständig mit seinen Texten identifizieren. So sind wir auch zu einer echten Einheit geworden, sowohl persönlich als auch musikalisch. Ein anderer positiver Aspekt von Robs Texten ist, dass sie leicht verständlich sind. Er sagt direkt, was er meint und versteckt sich nicht hinter zweideutigen Metaphern.

Björn:
HAND TO HAND stammen aus Orlando. Wie ist es in dieser Gegend um die Szene bestellt?

John:
Das Gute an Orlando ist, dass die Stadt im Zentrum anderer großer Städte liegt. Wie leben also in der Mitte anderer großer Szenen wie der in Tampa oder in Gainsville. Die Szene scheint in der letzten Zeit gehörig angewachsen zu sein, weshalb die Shows auch immer ein großer Erfolg sind. Das kann auch an den zahlreichen Clubs liegen, in denen man als Band auftreten kann. Ist ja auch klar; man kann keine gesunde Szene etablieren, wenn man keine Auftrittsgelegenheiten hat. Da ich selber aus Tampa stamme, kann ich sagen, dass die Szene in Orlando bei weitem nicht so aggressiv, sondern viel freundlicher ist als in anderen Regionen. Manche machen die Brutalität der Tampa-Szene an der Death-Metal-Szene fest. Dem würde ich aber nicht zustimmen, da dies nur einen geringen Teil der dortigen Szene ausmacht.

Björn:
Welche Rolle übernehmt ihr in dieser Szene?

John:
Wie sind eine Band, die gerne in einem Netzwerk mit anderen Bands aktiv ist. Untereinander kennen wir bei HAND TO HAND jede gute Band in diesem Staat. Hier in Orlando spielen wir mit so vielen Bands wie nur möglich. Wir organisieren unsere eigenen Shows und treten genauso als Support anderer Acts auf. Ich denke, dass unsere Rolle in der Szene sicherlich eine sehr positive ist. Für uns ist es eine delikate Angelegenheit, die Balance zwischen dem Zufriedenstellen der Kids und der anderen Bands aufrecht zu erhalten. Der Grund dafür ist, dass wir gute Arbeitsbeziehungen zu den anderen Gruppen pflegen und sie gut behandeln. Gerade bei den Gruppen, die von außerhalb anreisen, ist dies ein wichtiger Punkt. Im Bezug auf die Kids, versuchen wir, allen Altersgruppen den Zugang zu unseren Shows zu ermöglichen. Es ist nicht ungewöhnlich für die Promoter, Leuten unter 18 Jahren den Eintritt zu verwehren. Wir haben es uns in der gesamten Szene zur Aufgabe gemacht, jedem einzelnen Zugang zu unseren Shows zu gewähren. Das bedeutet manchmal auch, dass wir an einem Abend zweimal spielen müssen. Das gleiche gilt dann auch für außerhalb von Orlando.

Björn:
Momentan finden in den Staaten einige großartige Touren statt, so zum Beispiel sind gerade AS I LAY DYING, TWELVE TRIBES und WINTER SOLSTICE unterwegs. Wäre es für euch nicht interessant, auf einen dieser Züge aufzuspringen?

John:
Definitiv! Wir hoffen, dass dies auch schon bald geschehen wird. Da wir sowieso eine Band sind, die über zehn Monate im Jahr auf Tour ist, wollen wir gerade jetzt unsere Platte supporten. Vorher haben wir immer unsere eigenen unabhängigen Touren durch den Südosten Amerikas gebucht, doch jetzt sind wir von dieser Aufgabe entbunden.

Björn:
Geht ihr denn keinen regulären Arbeiten mehr nach?

John:
Nichts macht uns mehr Freude als die Vorstellung, keine regulären Jobs mehr zu haben und stattdessen die ganze Zeit auf Tour zu sein. Glücklicherweise wird dies in wenigen Wochen der Fall sein!

Björn:
Glaubst du denn, dass ihr eines Tages von der Musik leben könnt?

John:
Um ehrlich zu sein wäre das ein Wirklichkeit werdender Traum! Doch darüber entscheidet nur die Zeit. Wir machen das alles aus der Liebe zur Musik und der Verbindung, die wir bei den Shows zu den Kids entwickeln.

Björn:
Dann lass uns zunächst einmal auf die nahe Zukunft blicken. Wird man die Band auch in Europa sehen?

John:
Wir werden in weniger als fünf Wochen nach Europa aufbrechen und von Ende April bis zum Juni auf Tour sein. Die meisten Daten dieser Tour kann man unter http://www.Lifeforcerecords.com anschauen. Es sieht so aus, als würden wir für fünf Wochen da sein und in Ländern wie Deutschland, Italien, Polen, Frankreich usw. spielen. Wir sind schon sehr aufgeregt und können es gar nicht mehr abwarten, euch alles zu sehen. Unser Schlagzeuger Zach ist mit seiner alten Band AS FRIENDS RUST schon des öfteren in Europa auf Tour gewesen, also haben wir schon eine Idee von dem, was uns dort erwarten wird. Wir sind sehr gespannt und freuen uns darauf, schon bald unsere Musik mit euch teilen zu können.

Björn:
Warum sollten denn die Leute in Europa auf jeden Fall mal eure neue Platte und die Band in der Live-Situation antesten?

John:
HAND TO HAND ist ein Package, was soviel heißt, dass es wichtig ist, die Platte anzutesten und uns live zu besuchen. Wir du sagtest, wir sind eine Emocore-Band, und das kann man auch so übernehmen. Wir sind sehr ehrlich und emotional bei dem, was wir tun. Wir werden also nicht nur einfach auf die Bühne hüpfen und unsere Songs herunterspielen. Im Gegenteil, wir wollen sie zusammen mit euch erleben. Das war unsere einzige Mission auf diesem Album, die Verbindung mit dem Zuhörer. Wenn du noch nie eine Band wie uns live gesehen hast, dann laden wir dich ein, zu einer unserer anstehenden Europa-Shows zu kommen. Wir hoffen, euch dort zu sehen!

Björn:
Hast du dem noch etwas hinzuzufügen?

John:
Wir fühlen uns sehr geehrt, euren Kontinent zu besuchen und unser Leben mit euch zu teilen. Daher erhoffen wir uns, mit jedem einzelnen von euch eine Verbindung aufzubauen, sowohl auf einem persönlichen Level als auch im Hinblick auf die Musik. Wir sind sehr dankbar dafür, unsere Musik in Deutschland vorstellen zu dürfen und dafür, dass wir bei Lifeforce Records ein echtes Zuhause gefunden haben: Wir werden uns sehr bald sehen!
Die vielen Dank für das Interview, es war wirklich fantastisch. Wir hoffen, auch dich im Mai zu sehen!

Redakteur:
Björn Backes

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