Gruppentherapie: RISHLOO - "Living As Ghosts With Buildings As Teeth"

10.07.2015 | 18:07

Hier unsere Gruppentherapie zum Soundchecksieger im Juni.

Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mich mit progressiveren Tönen, egal welcher Art, etwas schwerer tu. Aber wenn ich schon eine verhältnismäßig hohe Punktzahl für eine mir bis dato unbekannte Band aus dem eher schwer verdaulichen Sektor zücke, dann freut es mich umso mehr, dass es RISHLOO weit nach oben geschafft hat. Denn "Living As Ghost With Builings As Teeth", das kann man drehen und wenden, wie man will, enthält feinsten Prog-Rock mit der gewissen Prise Konsequenz und Spannung. Der wiedergekehrte Andrew Mailloux macht am Mikrophon alles richtig, verleiht RISHLOO den entscheidenden Kick, doch ohne die passende Untermalung sind auch die besten Gesangsleistungen für die Katz. Zu unserer großen Freude serviert uns Mailloux' Hintermannschaft jedoch heuer ein buntes Potpourri feinster Melodien, knackigster Alternative-Klänge und interessantester Spannungsbögen. Dass es bei mir zwar nicht für höhere Notenregionen gereicht hat, liegt zum einen an der recht langen Eingewöhnungszeit, um in die Welt RISHLOOs einzutreten, zum anderen jedoch an Songs wie dem eröffnenden 'The Great Rain Beatle' und ''Dark Charade', die zumindest in meinen Ohren nicht vollends zünden. Nichtsdestotrotz halten 'Landmines', 'Dead Rope Machine' und 'Winslow', das hat unser Chef schon gut erkannt, alles für eine fabelhafte, alternative Prog-Rock-Party bereit, auf der auch ich mich gerne stundenlang aufhalten möchte. Wer weiß, wann diese ein Ende nimmt, momentan jedenfalls mache ich noch keine Bekanntschaft mit dem altbekannten Türsteher called Langeweile.
Note: 8/10

[Marcel Rapp]

Sowohl Peter als auch Marcel haben ja schon genug Worte zur Beschreibung und Einordnung von "Living As Ghosts With Buildings As Teeth" geschrieben, da will ich mich mal kurz fassn. Tolle Lieder, eine warme Produktion und vor allem viel Dynamik. Das macht einfach Freude beim Zuhören, wird nicht langweilig und bietet so viele Winkel und Wendungen, dass man sich die Songs immer und immer wieder anhören kann. Das alles macht ein sehr gutes Rockalbum aus, das auch außerhalb der Genrefanschar auf offene Ohren treffen wird und deshalb gibt es eine entsprechende Note. Die fällt nicht höher aus, da bei mir zumindest die letzte Begeisterung ausbleibt, wofür ich keine wirklich guten Gründe vorbringen kann, außer dass es einfach nicht mein bevorzugter Sound ist und es RISHLOO deshalb deutlich schwerer hat als eine italienische Epic-, Progressive- oder Doom Metal Band, Alternative-Progger dürfen also getrost noch was draufrechnen.
Note: 8/10

[Raphael Päpst]

Ich verfolge die US Amerikaner bereits seit einiger Zeit und habe den Vorgänger "Feathergun" durchaus abgefeiert. Entsprechend gespannt war ich auf das neue Album, und nach einigen Durchgängen steht fest, dass RISHLOO es tatsächlich geschafft haben, ihrem Schaffen einen neuen Höhepunkt hinzuzufügen. Der Sound ist kerniger, die Kompositionen reifer, ihr Progressive Alternative Rock wirkt trotz aller Verspieltheit nicht mehr so widerspenstig. Allerdings muss man der Scheibe Zeit geben und Sänger Andrew Mailloux ist sicher auch nicht jemand, der sofort Begeisterungsstürme auslöst. Aber dafür ist er äußerst originell und selbst, wenn man seine Stimmfarbe nicht umjubelt, wird man seine Leistung mit einer Prise Objektivität zu würdigen wissen. Für Kenner von "Feathergun" bringe ich es mal so auf den berühmten Punkt: 'Dark Charade' ist noch besser als 'Downhill'. Der einzige Kritikpunkt betrifft nicht die Musik, sondern die Aufmachung der CD. Wer immer den Amerikanern erzählt hat, dass diese dämlichen Papphüllen mit limitiertem Informationsangebot hip wären, darf sich bei mir gerne mal eine Schelle abholen! Das gibt Punktabzug.
Note: 9/10

[Frank Jaeger]

Wie sage ich es meinem Kinde? Nach all' den warmen und teils überschwänglichen Worten meiner Kollegen war ich heiß auf dieses Album. Heute, nach über einem Dutzend Durchläufen, muss ich die Segel streichen. Ich komme mit RISHLOO überhaupt nicht zurecht und finde kaum Zugang zu der Musik. Woran scheitert es? Ich denke, es sind in erster Linie zwei Kriterien, die es mir schwer machen, hier Begeisterung zu empfinden. Auf der einen Seite habe ich oft den Eindruck, dass die Band den roten Faden verliert und einfach eine halbe Minute lang mitten in einem Song im musikalischen Freifall agiert. Das kann spannend sein, ist es für mich hier aber leider nicht. Auch die teils völlig abgehackten rhythmischen Diskurse kann ich oftmals nicht mitgehen. Dabei mag ich doch Primzahlen-Takte. Bei RISHLOO ist es aber nicht die Vertracktheit, sondern vielmehr ein für mich nicht nachvollziehbarer Grundkurs innerhalb eines Songs. Immer wieder gibt es tolle Momente, in denen ich denke:"Aha, das ist jetzt ein Ohrenöffner." Aber nach wenigen Minuten verzettelt man sich dann wahlweise im Notennirvana oder – hier kommen wir dann auch wunderbar zum zweiten Grundproblem – der Gesang wird unerträglich. Der Gesang. Sehr speziell und in beiden auf diesem Album vorgetragenen Stimmungslagen schwer konsumierbar. Die Art der Melodieführung finde ich über große Strecken ganz furchtbar. Da wird jede Spannung durch lang gezogene Vokale und gegen den Strich gebürstete Notenfolgen aufgebröselt, so dass ich manchmal an einen Pfannkuchenteig denke, der zu weit ausgerollt wurde. Er wird am Rand fransig und in der Mitte brüchig. So klingen für mich die Stücke auf diesem Album. Obendrein, hier kommt jetzt das zweite Extrem, finden wir Passagen, in denen völlig grundlos herumgebrüllt wird. Komme ich gar nicht mit klar. Schade, denn ich hätte das gern ganz toll gefunden.
Note: 5/10 Punkte
[Holger Andrae]

Ich habe mich, ehrlich gesagt, nach dem ersten Eindruck ein wenig darum gedrückt, etwas zu diesem Album zu sagen. Peter hat das Werk ja auch in den höchsten Tönen gelobt und beschrieben. Ansatzweise kann ich nachvollziehen, was er meint, aber magisch wird die Musik von RISHLOO für mich aber auch im dritten Durchhörgang nicht. Sicher sind die Entwürfe des Vierers teilweise ausgesprochen ausgewachsen, ungewöhnlich gebaut und auch durchdacht, jedoch auch zu zerkünstlert, zu verkopft und mir insgesamt zu zerklüftet. Schwebe ich mit den Mannen zunächst in ihre weitufernden und mehrflächigen Stücke hinein, so zerfranst mir die ganze Harmonie dann irgendwann im Laufe zu sehr. Letztens prüfte ich mich: Kann ich noch DREDG-Alben durchhören? Kann ich Sängern folgen, die das gefühlvolle Auf und Ab stimmlich sehr strapazieren können und mich zum Zuhören zwingen? Wo will ich das eigentlich alles hören? RISHLOOs Stücke sind wie Gemälde, die viele kleine Hinweise und Verstecke nicht verbergen wollen und mich suchen, suchen, suchen lassen. Auf der Suche nach dem Gesamteindruck, dem Dahinter, werde ich irgendwann überfordert. Und nur für ein nacktes, einfaches Wirkenlassen ist das alles zu üppig. Ich bin mir aber auch sicher, dass einzelne Stücke mich in späten Stunden und ganz frühen stillen Momenten sehr berühren könnten. Vorausgesetzt, ich erinnere mich daran, dass ich diese überbunte Galerie noch einmal betreten wollte.
Note: 5,5/10
[Mattes Freiesleben]

Mehr zu diesem Artikel:
Review von Peter Kubaschk und Soundcheck 06/2015.
Wenn euch jetzt das RISHLOO-Fieber gepackt hat, könnt ihr alle Alben der Band im Powermetal.de-Shop kaufen.

Redakteur:
Arne Boewig

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